Rassismus in Gaza

25th anniversary of Hamas celebrated in Gaza 11 by Hadi Mohammad cc 4.0

Instagram Reels sind ja immer so eine Sache – besonders, wenn es um Themen geht, die durch postkoloniale und intersektionale Perspektiven (oder was manche dafür halten) miteinander verwoben werden. Von unserem Gastautor Trevor Rhûnparth. 

Man kennt es: Aus irgendwelchen Gründen ist Gaza plötzlich entscheidend – für Umwelt, für Minderheitenrechte weltweit und für alles Mögliche – und ein Staat, der nicht größer ist als Hessen, ist angeblich an allem schuld.

Dass es auch anders geht, zeigt ein Video, das auf dem Kanal jewish life now veröffentlicht wurde. Eine Schwarze Frau erläutert darin, warum Gaza der rassistischste Ort der Welt sei.

 

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Ein Beitrag geteilt von Cindy Saltzman (@jewishlifenow)

So erfährt man im Video von 11.000 Afro-Palästinensern, die in Gaza wohnen – überwiegend im Distrikt al‑Jalla’a, wo sich das als „Al Abeed“ bekannte Viertel befindet. Ein Name, der mit der Geschichte der Sklaverei verbunden ist und bis heute rassistische Konnotationen trägt. Denn „Abeed“ bedeutet „Sklave“, womit das Viertel grob mit „Sklavenviertel“ übersetzt werden kann.

Befasst man sich näher mit dieser Bevölkerungsgruppe, erfährt man: Die Gemeinschaft lebt meist isoliert; Rassismus ist zwar selten offen, zeigt sich jedoch in Sprache und Alltagsverhalten. So berichten junge Afro‑Palästinenser, dass sie in kulturellen Bereichen – etwa dem traditionellen Dabke-Tanz – „doppelt so gut“ sein müssen, um Anerkennung zu finden. Der Alltag ist geprägt von Arbeitslosigkeit und Armut.

Schwarze in Armut, das Vorurteil, Schwarze könnten gut tanzen, die Erinnerung an Sklavenhandel – und das alles eingebettet in soziale Isolation und mangelnde Teilhabe an der Gesellschaft. All das gibt es also nicht nur im Westen, sondern auch an jenem Ort, dessen vermeintliche „Befreiung“ durch den jüdischen Staat von vielen als Fortschritt für Menschenrechte, Gleichheit oder Gerechtigkeit angesehen wird.

Ob die Schwarzen in Gaza wohl gerade dankbar sind, dass sie von jenen Milieus, die sich selbst als antirassistisch verstehen, so konsequent ignoriert werden – all das im Namen ihrer hehren Ziele?

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Wolfram Obermanns
Wolfram Obermanns
3 Monate zuvor

Abeed ist im Arabischen das Pendant zu „Neger“. Es bedeutet im Wortsinn Sklave, ist aber auch eine gängige Bezeichnung für Schwarze.
Damit ist „Abeed“ einer der Marker dafür, das der sogenannte Postkolonialismus einen ausgeprägten Hang zu unterkomplexen Narrativen hat.
Die konkrete Lebenssituation Schwarzer in Gaza kann zeigen, wie fein ausdifferenziert sich Rassismus artikuliert und selbstverständlich auch die Opfer von Rassismus selbst Rassisten sein können. Der Postkolonialismus zeigt sich so des öfteren als Radfahrerideologie, nach oben Opferposition einnehmen, nach unten treten.

Zur politischen Bewertung des Gazakonflikts tragen diese Umstände wenig erhellendes bei.
Netanjahu scheint sich die Parole „From the River to the Sea“ zu eigen gemacht zu haben. Hamas und Unterstützer bekommen beim gegebenen Kräfteverhältnis das, was sie bestellt haben.

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