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Ruhrbarone enthüllen: was den Ösis verschwiegen wird – die Wahrheit über 100 Iraner in Wien.

Präsident Trump wird vereidigt

War Donald Trump bewusst, dass eine vor laufenden Kameras gesetzte Unterschrift nicht nur das Leben von tausenden Reisenden, sondern auch den Arbeitsalltag österreichischer Behörden auf Monate bestimmen sollte? Und dass diese ungebetene Mehrbeschäftigung bis heute anhält? Man weiß es nicht. Was man jedoch weiß:

Auch im Jänner 2018 leben noch immer Iraner aus einer Gruppe von ursprünglich 900 Personen in Wien, die eigentlich alle längst in den USA sein sollten. Aber der Reihe nach.

Eine Unterschrift empört die Welt

Am 27. Jänner 2017, genau eine Woche nach Trumps Amtseinführung, lädt der 45. Präsident der Vereinigten Staaten Ehrengäste und Medien in die „Hall of Heroes“ im Pentagon. Der Saal im Verteidigungsministerium in Washington ist jenen gewidmet, die mit der höchsten militärischen Auszeichnung der USA, der „Medal of Honor“, geehrt wurden.

Auf der Agenda der Veranstaltung stehen die Ernennung des neuen Verteidigungsministers sowie die Abzeichnung mehrerer Papiere. Darunter befindet sich auch die Executive Order mit der Nummer 13769. Die Überschrift des Dokuments lautet: „Protecting the Nation From Foreign Terrorist Entry Into the United States“.

Trumps Einreiseverbote: Eine kleine Geschichte

Während der live im Internet zu verfolgenden Zeremonie wirkt die Stimmung gelöst. Präsident Trump, sein Stellvertreter Mike Pence und der gerade ernannte Verteidigungsminister James Mattis scheinen gut gelaunt.

In den folgenden Tagen jedoch bläst ihnen aus den Redaktionen vieler Medien ein weltweiter Sturm der Entrüstung entgegen (etwa hier, hier und hier). Das sechsseitige Papier macht – inhaltlich sehr großzügig ausgelegt – als US-Einreiseverbot für Muslime, als sogenannter „Muslim-Ban“, Schlagzeilen.

Mit der Direktive will Trump die Einreise radikaler Islamisten in die USA bestmöglich verhindern. Flüchtlingsprogramme werden für vier, die Ausstellung von Visa für drei Monate ausgesetzt. Insgesamt reduziert das Papier die Zahl der 2017 in den USA zuzulassenden Flüchtlinge von 110.000 auf 50.000. Betroffen von den verschärften Einreisebestimmungen sind Länder, die nicht den Anti-Terror-Anforderungen Washingtons entsprechen. Die Liste wird vom Department of Homeland Security (DHS) erstellt, regelmäßig überprüft und ist nicht unmittelbar Teil der Exekutive Order. Auf ihr stehen zunächst folgende Nationen: Irak, Libyen, Somalia, Sudan, Syrien, Jemen und: Iran.

In dem Moment, in dem Trump die Mappe mit dem Papier zuklappte, aufstand und, umgeben von Agents des Secret Service, den Saal verließ, gab es auch im 7.100 Kilometer entfernten Wien für Durchreisende aus ebendiesen Nationen kein Weiterkommen mehr. Weder nach vorne noch zurück. Allerdings handelte es sich dabei nicht – wie vielfach und über Agenturen berichtet – um Einzelfälle. Recherchen förderten zutage, dass allein aus der Islamischen Republik Iran 900 Personen betroffen waren. Unter ihnen befand sich kein einziger Muslim. Was war geschehen?

Wien als Helfer für US-Flüchtlingspolitik

Im Rahmen eines speziellen Flüchtlingsprogramms der USA für religiöse Minderheiten arbeitet Österreich seit über 25 Jahren schon mit dem State Department zusammen. Innerhalb des Außenministeriums war bis zum 27. Jänner 2017 sogar von einem Vorzeigeprojekt im Sinne von Verfolgten und der zwischenstaatlichen Kooperation die Rede. Konkret geht es dabei um Mitglieder spezifisch benannter Konfessionen aus dem Iran. Weil die USA in Teheran seit 1980 und aufgrund der Geiselnahme in der damaligen Botschaft keine eigene Vertretung mehr haben, wickelt Washington die Einreise der betroffenen Personen über Wien ab. Das funktioniert so:

Nach Vorab-Überprüfungen durch die USA erhält die Republik Österreich eine Namensliste mit iranischen Staatsbürgern. Sie alle sind entweder Mandäer, Zoroastrier, Bahai, Juden oder Christen und können an der österreichischen Botschaft in Teheran im Rahmen des sogenannten Lautenberg-Programms Visa vom Typ D beantragen. Diese Aufenthaltstitel berechtigen dazu, bis zu sechs Monate in Österreich zu leben. Die Weiterreise in andere Schengen- oder EU-Staaten ist den iranischen Visa-Inhabern nicht erlaubt.

Auszug aus einem Bericht des State Departments an den Kongress, in dem das Lautenberg-Programm kurz beschrieben ist.

Während ihrer Zeit in Wien bürgen die USA gewissermaßen für die Flüchtlinge. Betreut werden sie von der amerikanischen Nichtregierungsorganisation HIAS an ihrem Wiener Stützpunkt. HIAS hat hierfür mit dem State Department einen Leistungsvertrag und wird für die Projektabwicklung von der US-Regierung bezahlt. Die Organisation kümmert sich um Unterkunft, Verpflegung und Gesundheitsversorgung. Und bereitet die Flüchtlinge gemeinsam mit anderen Partnern in Kursen auf das Leben in den Staaten vor.

Bemerkenswert an den Ereignissen im Jänner 2017 war, dass das von Kritikern beanstandete „Muslimverbot“ der Trump-Regierung im konkreten Fall ausschließlich Christen, Juden und Mitglieder von Kleinstreligionen traf, die aufgrund ihrer Staatsbürgerschaft (auf genau die zielen die Executive Order 13769 und ihre Nachfolger ab) vorerst nicht in die USA weiterreisen durften. Die folgende Grafik zeigt, wie viele Mitglieder der betroffenen religiösen Minderheiten im Lauf der vergangenen Jahre als Flüchtlinge aus dem Iran in die Staaten einreisten. Die überwältigende Mehrheit dürfte nach Angaben des österreichischen Außenministeriums über Wien gereist sein. Präzise Aufzeichnungen dazu existieren jedoch nicht.

Mit Präsident Trumps Unterschrift in der „Hall of Heroes“ brach zwischen dem Wiener Außen- und Innenministerium mit einem Schlag geschäftiges Treiben in der Sache aus. Die Frage, die die Beamten zu klären hatten, lautete: Wohin mit den gestrandeten Iranern? Auch die Telefonleitungen zur US-Botschaft, die offenbar ebenfalls von Trumps Plan überrascht worden war, liefen heiß.

Anschließend informierte Wien die österreichische Botschaft in Teheran. Diese hatte zuvor eine Liste mit den Namen von 300 weiteren Flüchtlingen übermittelt bekommen, die demnächst über Wien in die Staaten reisen sollten, und denen in der Zwischenzeit D-Visa ausgestellt worden waren. Diese Visa wurden eilig widerrufen, weil die Weiterreise der betroffenen Iraner plötzlich nicht mehr gesichert war. Zumindest dieser Teil der Geschichte wurde bisher auch in Österreich öffentlich (etwa in diesem und diesem Artikel, beide aus dem gleichen Agenturmaterial erstellt).

Visa laufen aus

Schwierig ist die Lage derzeit für jene 100 Iraner, die bis heute in Wien sind. Vor allem in Bezug auf ihren Aufenthaltsstatus. Denn inzwischen wird die Zeit knapp. Eigentlich ist für Visa vom Typ D, sogenannte Aufenthaltsvisa, keine Verlängerung vorgesehen. Nur in Ausnahmefällen ist eine Erstreckung der Gültigkeit von sechs auf maximal zwölf Monate möglich. Und auch diese Frist läuft nun aus. Einerseits besteht zwischen Washington und Wien ein diplomatisches Gentlemen’s Agreement, demzufolge die USA verlässlich dafür sorgen, dass im Rahmen des Programms über Österreich geschleuste Flüchtlinge das Land auch wieder verlassen. Andererseits widerspricht derzeit die Politik von Präsident Trump ebendiesem Agreement. Sie ist gewissermaßen wenig gentlemanlike.

Beschreibung der Bestimmungen zu Visa vom Typ D auf der Webseite des österreichischen Innenministeriums. Faksimile

Erste Zwischenfälle

Wie lange alle Beteiligten noch die Nerven bewahren, wird spannend. Erste Zwischenfälle gab es bereits. Einer der betroffenen Iraner, dessen Visum ausgelaufen war, wurde in Tschechien bei Znaim als „Illegaler“ in einem Spielcasino erwischt. Die Übergabe an die österreichische Polizei, der Rücktransport nach Wien und seine Befragungen durch die Behörden wurde nach Angaben von Beteiligten von zwei Männern in einer schwarzen Limousine beobachtet. Ein Beamter äußerte den Verdacht, dass Regierungsmitarbeiter der USA so die Gruppe von Iranern möglichst unter Kontrolle und im Auge behalten wollen.

Immerhin könnten die betroffenen Iraner außerhalb des diplomatischen Gentlemen’s Agreement in Wien nun auch Asylanträge stellen. So weit soll es jedoch nicht kommen. Genauso wenig wie zu einer Abschiebung. Aus dem Innenministerium heißt es dazu: „In einer engen Kooperation von Außen- und Innenministerium mit US-Behörden ist es gelungen, 800 Betroffenen Schritt für Schritt die Weiterreise in die USA zu ermöglichen. Für die noch in Österreich aufhältigen Personen bemühen wir uns weiterhin um eine Lösung.“

US-Regierung äußert sich nicht

Ob, und wenn ja wie, das seit 1990 bestehende Lautenberg-Programm weitergeführt wird, ist unklar. Obwohl sich HIAS-Geschäftsführer Mark Hetfield öffentlich bereits deutlich zu Trumps Einreiseverbot geäußert hat (der Jüdischen Allgemeinen vom 16. Februar 2017 erklärte er, er habe sich, als Trump den Erlass unterzeichnete, „geschämt, Amerikaner zu sein“), wollte man uns bei der New Yorker Geschäftsstelle der Organisation keine Fragen beantworten.

Stattdessen verwies man uns an das US-Außenministerium. Ebendort, in Washington, teilte das Bureau of Population, Refugees and Migration am 22. Dezember 2017 mit, dass man an der Beantwortung unserer Fragen arbeite.

Die Antwort steht bis heute aus. 

Ihr kennt den Text irgendwo her? Gut möglich: Er erschien am 15.1.2018 bei Addendum, die ihn uns freundlicherweise zur Nutzung überließen.
Jetzt fragt ihr euch, vielleicht, zurecht: Wieso bringen die denn jetzt einen Artikel, der fast 3 Monate alt ist?
Am 2.3. brachte der Standard exakt diesselbe Gesichte, als neu und ohne Verweis auf Addendum. Und einen weiteren Monat weiter, am 4.4., brachte dann Falter dieselbe Geschichte als neu und, man ahnt es, ohne Verweis auf Addendum.
Da dachte ich mir: ach, das können wir auch. Und die Kollegen von Addendum fanden das auch ok.
Aber so ganz ohne Quellennennung war mir dann doch zu doof. Sowas macht man einfach nicht.

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