„Das Thema ist erledigt.“ – Die Polizei zum Totenkopf-Schlagstock

Auf der Studentendemonstration am 17.11.09 hatte ein Polizist einen Totenkopf-Aufkleber auf seinem Schlagstock. Wir haben Ulrich Faßbender, den Leiter der Pressestelle des Polizeipräsidiums Essen und Tanja Horn, die Pressesprecherin dazu befragt.

Ruhrbarone: Was ist in dieser Angelegenheit bisher passiert?

Horn: Derjenige ist relativ schnell identifiziert worden. Natürlich ist er innendienstlich sehr dazu befragt worden. Es ist ein Verfahren eingeleitet worden. Der Kollege hat glaubhaft erklärt, dass der Totenkopf aus dem Videospiel „Guitar Hero“ stammt. Da ist ein Aufkleber-Set dabei. Mit Rosen, Vögelchen und einem Totenkopf. Den hat er auf seinen Schlagstock geklebt. Mindestens geschmacklos, aber völlig nicht darüber nachgedacht.

Ruhrbarone: Was meinen Sie mit geschmacklos?

Horn: Damit meine ich, dass es nicht mehr und nicht weniger ist. Es ist kein Verstoß gegen irgendwelche gesetzliche Norm. Es macht ein ganz schlechtes Gefühl. Und ich finde es auch nicht in Ordnung. Und deswegen wurde der Kollege innendienstlich zur Rechenschaft gezogen.

Faßbender: Der Kollege hat uns glaubhaft versichern können, dass er die unterstellte Gesinnung in keinster Weise damit verbunden hat. Dieses Fehlverhalten des Beamten hat natürlich das Ansehen der Polizei in Misskredit gebracht. Wir müssen gucken, inwieweit es intern sanktioniert werde muss.

Ruhrbarone: Und inwieweit wird es sanktioniert?

Faßbender: Dem Kollegen wurde ordentlich der Kopf gewaschen und damit ist das Ding für die Zukunft erledigt.

Ruhrbarone: Keine dienstrechtlichen Folgen?

Faßbender: Genau.

Ruhrbarone: Keine Strafe?

Faßbender: Keine. Die Konsequenzen wären für ihn drastischer ausgefallen, wenn wir den Eindruck gehabt hätten, dass es Rechtstendenzen bei dem Kollegen gegeben hat. Aber das ist nicht der Fall.

Ruhrbarone: ..weil der Polizist unwissend war? Aber Unwissenheit schützt doch nicht vor Strafe.

Faßbender: Dass das jetzt mit Ahnungslosigkeit erklärt wird, das ist natürlich ein anderes Extrem. Wo sie natürlich zu Recht einhaken und sagen: dann darf ihm das trotzdem nicht passieren. Gut. Aber das sind auch alles nur Menschen, die Fehler machen.

Ruhrbarone: Werden die Polizisten während der Ausbildung denn nicht über die Nazi-Symbolik aufgeklärt?

Horn: Bestandteil der polizeilichen Ausbildung ist auch Staatsbürgerkunde. Da findet auch die deutsche Geschichte ihren Anteil. Da wird darüber geredet.

Ruhrbarone: Reicht ein Gespräch aus, damit das in der Zukunft nicht mehr passiert?

Faßbender: Das ist sehr präventiv. Das ist durch die Diskussion in der Öffentlichkeit nicht nur in Essen, sondern in ganzem Land ein Thema geworden. Dass dieser Kollege aus Gedankenlosigkeit, Gleichgültigkeit, keine Ahnung was, nicht darüber nachgedacht hat, was das bedeutet, bei einer Demo einen Schlagstock mit diesem Symbol zu tragen.

Ruhrbarone: Wie konnten die anderen Kollegen den Aufkleber nicht früher bemerken und melden?

Faßbender: Der Aufkleber ist ja schon in der Demo entfernt worden.

Ruhrbarone: Nachdem ihn einige Demonstranten bemerkt haben und Fotos davon gemacht haben. Warum nicht davor?

Horn: Ich weiß nicht, wie lange der Kollege den Aufkleber hatte. Ich weiß auch nicht, ob das andere Kollegen bemerkt haben. Wir haben auch niemanden aus der Hundertschaft dazu befragt. Das ist nicht gemacht worden. Man hat das mit dem Kollegen entsprechend so bearbeitet, wie wir das besprochen haben. Und wie es aus meiner Sicht auch richtig ist.

Ruhrbarone: Konnten Sie in diesem Gespräch nicht erfahren, wie lange er den Aufkleber schon hatte?

Horn: Ich weiß nicht, wie lange er den schon hatte. Wir haben ja das Gespräch nicht geführt, das haben seine Chefs gemacht. Alles was wir wissen müssen, ist bekannt.

Ruhrbarone: Haben Sie ein Protokoll von diesem Gespräch?

Horn: Nein.

Ruhrbarone: Es ist also nicht auszuschließen, dass Kollegen, die über diese Symbolik wussten, den Aufkleber bei ihrem Kollegen bemerkt haben. Und nichts gemacht haben. Finden Sie das nicht interessant zu hinterfragen?

Horn: Ja doch, das finde ich auch interessant. Aber ich weiß es jetzt einfach nicht.

Ich war beim ersten Mai

Ich habe demonstriert. In Bottrop. Vor der Sparkasse. Wir waren zu 300, vielleicht. Später kamen die Jungs von der Zeche dazu. Auf ihren Motorrädern. Dann waren wir gut 500. Männer, Frauen, Kinder. Kleine Arbeiterbewegung. Aber gut, dass mindestens die da waren.

In der ersten Reihe stand Peer Steinbrück. Der SPD-Finanzminister und Ex-Ministerpräsident. Daneben der Bottroper Oberbürgermeister Peter Noetzel, ein paar Landtagsabgeordnete und sonstige Randpolitiker. Ich weiß nicht, warum der Peer Steinbrück nach Bottrop gekommen ist. Als Signal an die Zechen? Das die nicht dicht gemacht werden? Jedenfalls war auch der Chef der versammelten Zechenbetriebsräte da.

Das letzte Mal habe ich Peer Steinbrück in Bottrop gesehen im Wahlkampf 2005. Da war er bei einem Jugendprojekt im Süden. Der Arche Noah. Peer hat ein Pferd gestreichelt. Dann hat ihn der Gaul angerotzt. Fetter Pferde-Schleim über die Jacke. Der WDR hat die Szene damals nicht gesendet. Es war der Anfang vom Untergang der SPD in NRW.

In den Reden ging es um Mindestlöhne. Die waren heute wichtig. 7,50 Euro die Stunde. Gut, das lohnt sich. Dann ging es um Nazis. Mies, die sind schlecht.

Mir ist aufgefallen, dass die meisten Demonstranten von der Zeche Prosper Haniel kamen. Die Kumpel, die bringen Leute mit, eine Demonstration für die Wahlen. Wer mobilisiert, darf bestimmen.

Dann waren da noch jede Menge Verdi-Leute aus der Stadtverwaltung.

Demonstriert haben also vor allem Leute, die von Steuergelder leben.

Gut, das war jetzt eine unfaire Spitze. Schließlich sind Stadtverwaltung und Pütt die beiden größten Arbeitgeber in Bottrop.

Ansonsten sind noch ein paar duzend von den üblichen Verdächtigen mitgelaufen. Hier ein Häuflein IG-Metall, da ein paar Verrückte von der MLPD. Und ziemlich in der Mitte eine Gruppe vom christlichen Gewerkschaftsbund.

Ich glaube, der Schützenverein Bottrop-Fuhlenbrock war auch gut vertreten. Zumindest hatten die Schützen mehr Mann mitgebracht, als die Linke. Die Jusos standen mit vielleicht einem halben duzend Mann beim Bierwagen und hielten sich sonst im Hintergrund. Ihre Chefin hatte schwarze hochhackige Stiefel. Und rot gefärbte Haare. War es das?

Nein, das war es nicht. Als die Bergleute in ihrem beeindruckenden Motorrad-Korso durch die Stadt fuhren, wendeten sich die Blicke aller von der Blaskapelle zu den Bikes. Die Kumpel hielten an. Stiegen ab. Begannen zu rauchen. Auch ein alter Mann und eine alte Frau waren von den Macht der Maschinen angetan. Beide Mitte 80 etwa. Sie fuhren in ihren Elektrorollstühlen zwischen die Männer. Mitten rein in den Korso. Hinter die Bikes. Niemand hat das gestört.

Foto: Yashar / Schäferchef

Meine Jungs hatten Spaß an der Demo.

Zum Abschied wurde dann das Lied gesungen "Brüder, zur Sonne, zur Freiheit".

1. Brüder, zur Sonne, zur Freiheit,
Brüder zum Lichte empor.
Hell aus dem dunklen Vergangnen
leuchtet die Zukunft hervor.

2. Seht nur den Zug der Millionen
endlos aus Nächtigem quillt,
bis eurer Sehnsucht Verlangen
Himmel und Nacht überschwillt.

3. Brüder, in eins nun die Hände,
Brüder das Sterben verlacht:
Ewig der Sklaverei ein Ende,
heilig die letzte Schlacht.

4. Brechet das Joch der Tyrannen,
die uns so grausam gequält;
Schwenket die blutrote Fahne
über die Arbeiterwelt. "

Nur die letzte Strophe haben die Kumpel nicht gesungen

5. Brüder, ergreift die Gewehre,
auf, zur entscheidenden Schlacht!
Dem Kommunismus zur Ehre,
ihm sei in Zukunft die Macht!