Über die Szene des Ruhrgebiets

www.pottspotting.deBerlin, Hamburg oder Köln – das sind eindeutig Szenestädte. Das Ruhrgebiet kann da nicht mithalten. Um jungen Kreativen aus  dem Ruhrgebiet dennoch eine Plattform zu geben, haben Sven Stienen und Sven Neidig aus Bochum das Internet-Blog Pottspotting.de gegründet. Wir haben die Beiden getroffen und mit ihnen über das kreative Potenzial und den Sinn von RUHR.2010 gesprochen.

Was ist Pottspotting?

Stienen: Pottspotting ist ein Internet-Blog, auf dem wir gute Orte im Ruhrgebiet sammeln und vorstellen. Zu den Orten haben sich mittlerweile auch gute Initiativen und gute Leute gesellt. Wir machen das nicht nur an Orten fest, sondern berichten auch etwa über Künstler, Kollektive und Musiker. Alles, was uns auffällt und was wir gut finden.

Wie seid ihr auf die Idee gekommen?

Neidig: Wir haben ziemlich lange darüber gesprochen, ob das Ruhrgebiet eine Metropole ist, auch in Bezug auf die Kulturhauptstadt. Da kam dann auch oft der Vergleich mit Städten wie Berlin auf, wo das mit der Kultur ja scheinbar anders läuft. Und die Idee war, dass wir raus gehen und selbst gucken, was es denn hier alles gibt in der „Metropole“ und ob es nicht doch viel schöner ist, als man gemeinhin denkt. Zum anderen haben wir uns gedacht, immer nur theoretisch über Sachen zu quatschen, bringt ja auch nicht so viel – also muss man irgendwo anfangen und versuchen, irgendetwas zu bewegen.

Was hat euch in diesem halben Jahr Pottspotting am Ruhrgebiet am meisten überrascht?

Sven Stienen und Sven Neidig. Foto: C. HahnStienen: Wir hätten nie gedacht, dass hier wirklich so viel passiert und dass auch so coole Sachen passieren. Im Moment herrscht hier eine Aufbruchstimmung – wir merken das immer wieder in Gesprächen mit Kreativen und Kulturschaffenden, dass die Leute alle voll Bock haben. Die wollen was machen, die wollen was bewegen und das war echt unerwartet.

Neidig: Was mich teilweise überrascht hat, ist, wie viel unternehmerisches Denken da ist und das in einer sehr positiven Art und Weise. Wir haben zum Beispiel ein Feature mit jemandem aus Recklinghausen gemacht, der hat sein Leben lang auf dem Skateboard gestanden und auch in einem entsprechenden Laden gearbeitet. Irgendwann war in dem Laden keine Stelle mehr für ihn da. Jetzt hat er seinen eigenen Laden aufgemacht. Er ist zwar noch relativ jung, aber er hat es jetzt erstmal geschafft und ist Ladenbesitzer.

Es gibt das schöne Schlagwort von der Metropole Ruhr…

Stienen: Das findet bei uns nicht statt. Man wird nicht zur Metropole, indem man nur immer lauter ruft, man sei eine. Zum anderen fehlt eine kritische Masse an Leuten. Man sieht, dass gute Kulturveranstaltungen im Ruhrgebiet immer wieder große Probleme haben, weil das Publikum einfach fehlt. Dann fehlt vielleicht auch das Zusammengehörigkeitsgefühl. Um in so einer Liga konkurrieren zu können, müsste das Ruhrgebiet eine Stadt sein. Jede einzelne Stadt für sich hat nicht das Zeug dazu, eine Metropole zu sein. Aber alle zusammen schon – dazu müssten die Städte erst einmal zusammenwachsen von der Mentalität und vom Denken her, von der Infrastruktur.

Glaubt ihr, dass das Ruhrgebiet mitten im Wandel steckt – vom Kohlenpott zum kreativen Pott?

Neidig: Also wirtschaftlich ist es auf gar keinen Fall noch der Kohlenpott. Von der ökonomischen Basis her musste man sich völlig umorientieren. Das mit der Mentalität ist eine andere Sache. Zu einer Metropole gehört auch ein gewisses Selbstbewusstsein der Bewohner. Nach dem Motto „ich wohne in der Stadt und die hat einen Weltruf und man gehört halt dazu“. Und hier ist die Selbstwahrnehmung eher „wir sind irgendwie am Rand und nicht wirklich wichtig“. Tendenziell denkt man sich hier eher alles klein.

Stienen: Ich glaube, das setzt sich auch auf allen Ebenen fort. Hier wird viel Geld und Energie in Hochkulturprojekte investiert, um das fehlende Selbstbewusstsein aufzupolieren. Man schmückt sich lieber mit großen Leuchtturmprojekten, statt auf die eigenen Potenziale zu setzen, weil einfach das Selbstbewusstsein fehlt.

In ein paar Wochen ist die Kulturhauptstadt vorbei. Was glaubt ihr, was bleibt übrig?

In wenigen Wochen ist das Kulturhauptstadt-Jahr vorbei. Foto: C.HahnStienen: Wir glauben, dass die Kulturhauptstadt an sich viele schöne Projekte und viele schöne Events hatte, aber nachhaltig sind doch eher die Sachen, die ins Kulturhauptstadtprogramm vielleicht nur durch Zufall reingerutscht sind. Gerade die Leute, die von der Kulturhauptstadt enttäuscht waren und gesagt haben „warum werden wir nicht gefördert, wenn endlich mal Geld da ist?“ – gerade diese Leute haben aus Trotz in diesem Jahr unheimlich viel Initiative gezeigt. Diese Projekte sind die wirkliche positive Errungenschaft der Kulturhauptstadt. Das sind die Leute, die auch 2011, 2012 und 2013 weitermachen. Ich glaube, dass da ziemlich viel passieren wird und dass sich in der freien Szene jetzt super viel entwickeln wird.

Aber kann man denn Kreativität wirklich subventionieren und damit auch irgendwo erzwingen?

Neidig: Kreativität kann man nicht erzwingen. Menschen sind kreativ. Meiner Meinung nach muss man kreative Menschen lassen, die brauchen Freiraum. Und das heißt im Zweifelsfall 20 m² Leerstand irgendwo, wo man nicht sofort wieder raus geräumt wird. Wo man nicht so viel Miete zahlen muss, wo man nicht sofort Ärger kriegt, wenn man nicht vorschriftsmäßig einen Wasseranschluss hat oder sonstige Sachen. Das ist eigentlich nicht sehr viel, ist aber für Verwaltungen oft schwierig zu machen. Städte haben gerne Ordnung, aber der Aufwand, der betrieben wird, um ein Kreativquartier künstlich zu erzeugen, ist schon sehr hoch. Ich denke mit ähnlichem oder weniger Ressourcenaufwand könnte man auch Freiräume schaffen, in die man nicht eingreift und die von allein wachsen und sich entwickeln.

Stienen: Gerade dieser Versuch, von oben etwas zu installieren wie ein Kreativquartier, funktioniert nicht. Diese Viertel entstehen, wenn bestimmte Faktoren zusammentreffen. Die Kreativen gehen dorthin, wo es günstig ist, wo sie sich wohlfühlen und wo man sie machen lässt. Es geht nicht immer nur um Subventionen, sondern darum, einfach mal etwas zuzulassen. Und das ist das, was wir mit Pottspotting versuchen: wir dokumentieren und versuchen nicht, irgendwelche Meinungen zu machen. Wir wollen aufzeigen, was hier passiert – sei es, dass etwas gut funktioniert hat oder dass etwas schief gelaufen ist.

Berlin ist für viele die Szene-Stadt schlechthin. Haben wir auch eine Szene?

Stienen: Das Ruhrgebiet hat auch eine Szene, nur die ist sehr klein und sehr auf die einzelnen Städte bezogen. Dortmund hat eine Dortmunder Szene, Essen hat eine Essener Szene, Bochum hat eine Bochumer Szene. Mittlerweile fängt es so langsam an, dass die Leute auch mal in die Nachbarstädte fahren. Es fehlt noch die Masse, um diese Stadtgrenzen zu überwinden. In Berlin, Hamburg oder Köln ist das Ganze schon größer. Das ist die kritische Masse, die man braucht, um andere Leute anzuziehen. Also im Moment ist das Ruhrgebiet auch noch nicht so ein Anreiz für Leute von außerhalb, hierhin zu kommen.

Was machen Hamburg und Berlin besser als wir? Ist es das Image, das eine gewisse Eigendynamik mit sich bringt?

Neidig: Man sieht es ja schon am ganz konkreten Beispiel der Mode. Man ist in solchen Metropolen einfach ein bisschen mutiger. Das fängt schon in Köln an, wenn man dort mit der Straßenbahn fährt, sieht man Leute, die einfach ein bisschen gestylter und cooler sind, als die, die einem hier so begegnen. Das ist einfach ein gewisses Selbstvertrauen, was da mitläuft.

Stienen: Aber auch da spielt die Menge der Leute wieder eine wichtige Rolle. Ich glaube nicht, dass das in Berlin von den Voraussetzungen her anders ist: Das Ordnungsamt macht da genauso Läden zu wie hier. Es gibt da aber auch Beispiele, dass politische Entscheidungen dazu führen, dass man einen Kiez sich einfach entwickeln lässt. In Berlin sind aber auch einfach viel mehr Leute, die Szene entwickelt sich dort viel schneller, Bars, Clubs und Galerien öffnen und schließen in einem schnelleren Rhythmus, da kommen die Behörden nicht immer nach. Auf der anderen Seite hat die Szene dort aber auch eine stärkere Tradition, da haben sich in der Wendezeit Strukturen etabliert, die bis heute eine gewisse Beständigkeit behalten haben, und so etwas fehlt im Ruhrgebiet. Hier fängt das gerade an, hier ist die Off-Szene eine kleine, aufblühende Geschichte. Die Überpräsenz der Regulierungen macht es aber schwer, solche Sachen dauerhaft zu machen. Wenn du hier irgendwas machst, dann steht das Ordnungsamt mit dem Zollstock daneben. Wenn das so läuft, kann aber nichts entstehen. Wo Kreativität und Kunst aufblühen sollen, da kann man nicht immer alles genau abmessen.

Das Dortmunder U ist eröffnet

Das Dortmunder U Zentrum für Kunst und Kreativität wurde gestern eröffnet. Rüttgers war dabei. Von der ursprünglichen Idee ist nicht viel übrig geblieben.

Das Dortmunder U ist ein schönes Beispiel dafür dass man dem Gerede von der Kreativwirtschaft im Ruhrgebiet nicht allzuviel Glauben schenken sollte. Und es ist ein Beleg dafür, wie geschickt es Städten gelingt, die Landesregierung zu blenden, wenn es um die Umsetzung ihrer eigenen Projekte geht.

Mit einem zum Hip-Thema Kreativwirtschaft passenden Konzept wurde das Land überzeugt, Geld für das U zu geben. Die ursprünglichen Pläne des damaligen OB Gerhard Langemeyer das Museum am Ostwall in das U-Umziehen zu lassen waren damit scheinbar passe: Unter einem Dach sollten im Dortmunder ‚U’
Kunst, Kultur, Wirtschaft, Wissenschaft und Medien zusammengeführt.
Im Mittelpunkt sollten dabei die Aktivitäten der Dortmunder Hochschulen mit einem neuen Institut für Bewegtbildmedien des Filmemachers Prof. Adolf Winkelmann (Jede Menge Kohle) und ein Existenzgründungsprojekt für Künstler (Kultur, Unternehmen, Dortmund) der TU Dortmund stehen.

Daneben war geplant, dass das renommierte Future Lab des Ars Elektronica Centers aus Linz eine Zweigstelle im Dortmunder ‚U’-Turm
eröffnen sollte. Das Museum am Ostwall und der Dortmunder Hartware MedienKunst- Verein sollten in das Konzept integriert werden.

Davon ist nicht viel übrig geblieben. Das U wir vor allem ein Museumsbau, denn das Museum am Ostwall wird komplett in das Gebäude an der Rheinischen Straße einziehen – so wie es Langemeyer einst geplant hat – ein Konzept, dass das Land nie finanzieren wollte. Das U wird nun vor allem ein Museum – und von der Kreativwirtschaft ist nur Ecce übriggeblieben – das European Centre for Creative Economy. Für die Immobilien rund um das U ist Kreativwirtschaft längst nur eine Option. Zwar haben sowohl Dieter Gorny, der für die Kreativwirtschaft zuständige Direktor der Ruhr2010 GmbH, als auch Wirtschaftsminsterin Christa Thoben kritisch über die Verwässerung, ja die Umdeutung des ursprünglichen Konzepts geäussert, aber da das U eines der wenigen geplanten Bauprojekte der Kulturhauptstadt ist, dass überhaupt in diesem Jahr fertig wird, fehlte der Mut einzugreifen – wahrscheinlich war es ihnen im Kern auch egal ,was wirklich mit dem U und den Millionen der Steuerzahler passiert.

Kreativwirtschaft: Der Konkurrent heißt Shanghai

Die Kreativwirtschaft soll ein Motor der wirtschaftlichen Erneuerung des Reviers werden. Der Vergleich mit Düsseldorf und Köln fällt wenig schmeichelhaft aus.

Die 2006 geschlossenen Zeche Dinslaken-Lohberg ist eines der acht Kreativquartiere des Ruhrgebiets. Die sollen, so einst die Planung der Kulturhauptstadtmacher, Kristallisationspunkte eines wirtschaftlichen Aufbruchs werden. Der Plan: Das  Ruhrgebiet soll sich durch die Kreativwirtschaft erneuern. Neue Jobs sollen entstehen, das Revier insgesamt dadurch auch für Unternehmen attraktiver werden. Auf Lohberg haben sich Künstler angesiedelt, die sich auf einen Aufruf der Stadt und des Zechenbesitzers, der RAG Montan Immobilien, gemeldet haben. Sie zahlen nur eine kleine Miete. Für Stefan Conrad von der RAG ein Übergangskonzept: „Wir sind ein Wirtschaftsunternehmen. Wenn wir eines Tages diese Räume zu einem höheren Preis vermieten können, werden wir es tun.“ Für die Künstler würde man dann auf dem Gelände neue Räume finden. Platz genug gibt es auf dem Zechengelände. Für viele Gebäude bestehnt noch kein Plan für ein neue Nutzung.

So erfolgreich Lohberg auf den ersten Blick ist, den Eindruck wirtschaftlichen Aufbruchs macht das Kreativquartier nicht. Und auch sonst wird die Kreativwirtschaft im Ruhrgebiet kaum ihrer Rolle als Hoffnungsträger gerecht. 22.400 Unternehmen hat die Branche im Revier. 11.300 von ihnen hatten 2007 einen Umsatz von weniger als 17.500 Euro und fielen damit noch nicht einmal unter die  Umsatzsteuerpflicht. Von den 86.000 Erwerbstätigen der Branche im Revier war zudem 2007 mehr als jeder Vierte ein Minijobber. Gerade einmal die Computerspieleindustrie konnte nennenswerte Zuwächse verzeichnen. Wie die Situation heute in der Krise ist, weiß niemand. Zahlreiche Verlage und Agenturen haben in den beiden vergangenen Jahren maasiv Personal abgebaut. Erst in der vergangenen Woche hat die VVA aus Essen Insolvenz angemeldet.

Das dürfte zu einem Anstieg der Unternehmenszahlen der Branche geführt haben, denn viele der Entlassenen haben sich selbstständig gemacht und kämpfen nun um den kleiner gewordenen Kuchen.

Vergleicht man die Bedeutung der Kreativwirtschaft im Ruhrgebiet mit der in Düsseldorf und Köln wird deutlich, wie bestimmend das Wunschdenken bei der Betrachtung der Potentiale dieses Wirtschaftszweiges ist: Die Kreativwirtschaft im Ruhrgebiet ist nach den Beschäftigtenzahlen einer Studie der Landesregierung insgesamt kleiner als in Düsseldorf und Köln. Dabei hat das Revier zehn mal so viele Einwohner wie Düsseldorf und fünf mal so viele wie Köln.

Von einem großen wirtschaftlichen Potential will Dieter Gorny, der für die Kreativwirtschaft zuständige Direktor der Ruhr2010-GmbH auch nicht mehr sprechen: „Wir wollen aufzeigen, wie wichtig die Kreativen für das Ruhrgebiet sind und haben es geschafft, dass die Städte und Wirtschaftsförderer heute wissen, dass es diese Branche überhaupt gibt, und dass sie wichtig ist und ein großes Potential hat.“ Der ehemalige Chef des Musiksenders VIVA erwartet keine Wunder mehr, sieht aber noch immer Entwicklungschancen:„ Woher sollen denn  die neuen Jobs sonst kommen?“ Nun, nicht von Gornys Ruhr2010: Ob Ruhr2010 Leitagentur, Ruhr2010 TV oder die schwächelnde Internetseite 2010lab – die spektakulären Kulturhauptstadtaufträge gingen an den Unternehmen im Ruhrgebiet vorbei.

Andere Projekte, wie ein Immobilienpool für junge Kreative, sind noch nicht einmal gestartet. Auch in den Städten glaubt man nicht mehr an den Boom der Kreativwirtschaft. Bochums Kulturdezernent Michael Townsend: „Man darf da keine übertriebenen Erwartungen haben.“

Das sieht auch Werner Lippert, der für die Kreativwirtschaft in NRW zuständige Clustermanager so: „Wir leben in einer Zeit der globalen Märkte. NRW steht auf dem Feld der Kreativwirtschaft im Wettbewerb mit New York und Shanghai.“ In dieser Liga kommt das Ruhrgebiet als Standort nicht vor. Gerade die Szeneviertel in Bochum, Dortmund und Essen hätten im Ansatz die urbane Qualität, das Gemisch aus Kneipen, attraktiven Altbauten und Unternehmen, die ein Kreativquartier mit einer gewissen Strahlkraft ausmachen würden. Lohberg und all die anderen Bemühungen um Kreative findet Lippert trotzdem gut: „Das ist schön für die Agenturen, Maler und Musiker in diesen Orten.“ Daran, dass dort die Grundlage für eine wirtschaftliche Erneuerung entsteht, glaubt er nicht.

In der Welt am Sonntag habe ich gemeinsam mit Guido Hartmann einen Text zum selben Thema veröffentlicht.

Ruhrpilot – Das Navigationssystem für das Ruhrgebiet

schmidt_rwiRWI: Kreativwirtschaft wird überschätzt…Der Westen

NRW: Das große Zittern…Bild

NRW II: Die Kosten einer Affäre…FAZ

NRW III: Eine Affäre, die allen Parteien schadet…Handelsblatt

NRW IV: Abgeordnetenwatch gestartet…Pottblog

Ruhr2010: “Ruhr 2010? Peinlichkeiten ohne Ende“…Der Westen

Ruhr2010 II: Riesenbanane wackelt…Ruhr Nachrichten

Ruhr2010 III: Bier, Rubbellose und jetzt auch Sekt und Wein…Hometown Glory

FDP: Prof. Dr. Populist…Zeit

Twitter: Das 140 Zeichen Orakel…Weissgarnix

Ruhr: Schwermetalle im Kemnader Stausee…Ruhr Nachrichten

Online: Medienkompetenz und das Internet…Kontextschmiede

Kreuze im Gericht: Weltanschaulich neutral…Law Blog

Duisburg: SPD gegen höhere Steuern…RP Online

Gelsenkirchen: CDU  gegen höhere Steuern…Der Westen

Ruhr2010 IV: „3Abschied“ – Anne Teresa de Keersmaeker…FR Online

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Der neue Theo

Das Ruhrgebiet im Kino war selten so abgerockt, liebenswert und erfolgreich wie in den "Theo"-Filmen. Die zwei Streifen mit Marius Müller Westernhagen atmeten den Versuch ohne Pütt zu überleben, weiter zu machen – jung, bekloppt, neu, schnell, hartnäckig, loser with attitude. Damals war das Revier in einem Aufbruch als die Kreativwirtschaft noch kein Cluster war. Und jetzt ist Theo wieder da…

Nee, natürlich ist das …

Theo 2010.

Adam Bousdoukos spielt Zinos Kazantsakis. Besitzer einer alten Lederjacke und Industriehalle in einem Gewerbegebiet, in der er die "Soul Kichen" betreibt. "Das ist ein romanisches Kaffee, die Leute werden euch die Bude einrennen", sagt der Meisterkoch zu dem speziellen Ambiente, das wir im Ruhrgebiet ja ganz gut kennen.

Doch der nette Film von Fatih Akin übers Weiterleben, über DAS Projekt, übers Durchwursteln, zur Not auf der letzten Bandscheibe, dieser neue Theo-Streifen mehr als dreißig Jahre später spielt nicht mehr im Ruhrgebiet, sondern irgendwo in Hamburg. Schade. Aber auch kein Wunder.

Im Ruhrgebiet jenseits von Wanne, Eickel oder Herne werden nächste Woche Bundespräsidenten auf Zeche Zollverein die Kulturhauptstadt vor 1.200 Ehrengästen eröffnen. Mit Damenprogramm, wochenlanger Vorbereitung, einem Sicherheitsaufwand und Protokollstab rund um Horst Köhler, als ob er Angst hat, dass ihn sonst keiner bemerken würde. Und so Unrecht hat er ja nicht damit. Im größten Freilichtmuseum der Welt freuen wir uns auf die Eröffnung des Berthold-Beitz-, pardon, Folkwang-Museums, auf die Erweiterung der Küppersmühle im Innenhafen, auf das U in Dortmund. Auf Volksfeste, Fischerchöre, Theaterfestspiele. Und haben damit auch nicht ganz Unrecht.

Nur Theo Gromberg, Schmutz, Dreck, Gosse, der "Kinderschänder von Herne", der ewige Zocker, der doch nur seinen eigenen Laster haben will und sein Ding machen, die Keimzelle von allem, der ist nicht mehr hier.

Fürchte, da hilft auch keine "kreative Klasse". 

PS: Wotan Wilke Möhring (Bild 1) sieht nur so aus wie Theo, spielt in Soulkitchen einen fiesen Audifahrer; wuchs aber im wirklichen Leben immerhin in Herne auf, heute, natürlich, Köln.