Update: Linkspartei-Abgeordneter Dehm zur Gauck-Wahl: „Wahl zwischen Hitler und Stalin“

Diether Dehm Bundestagsabgeordneter der Linkspartei äußerte sich gestern im Fernsehen zur Alternative Gauck – Wulff.

Zur Frage,  ob  die Linkspartei auch Gauck wählen könnte, äußerte sich gestern Diether Dehm im Fernsehen. Er fragte den Reporter: „Was würden Sie denn machen, sie hätten die Wahl zwischen Stalin und Hitler? “

Man kann sie beide ablehnen. Aus guten und aus weniger guten Gründen. Aber die Wahl zwischen Gauck und Wulff mit der Wahl zwischen Hitler und Stalin zu vergleichen ist.. ja, was ist es? Dehm ist übrigens ein alter, überführter Stasi-Spitzel, kommt aus dem Westen und war früher in der SPD.

Mittlerweile hat sich Dehm entschuldigt und erklärt, er sei missverstanden worden. Blöd für Dehm, dass an dem Video wenig misszuverstehen ist.

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SPD: Hoffnung auf den Doppelschlag

In der SPD kursiert ein Plan: Schaffen es CDU und FDP nicht Wulff als Bundespräsidenten durchzusetzen kommt es zu Neuwahlen im Bund – und in NRW. Ein Doppelschlag soll die Sozialdemokraten zurück an die Macht bringen.

Hannelore Kraft und der SPD-Vorstand haben die neue Linie vorgegeben: Die Regierung Rüttgers bleibt im Amt während SPD und Grüne im Parlament  die Politik bestimmen. Unterstützt von den Stimmen der Linkspartei.

An diesem Wochenende wird die Parteibasis und die mittlere Funktionärsebene auf vier Regionalkonferenzen über den Kurs der Partei informiert. Die neue Linie wird Bestand haben. Mindestens bis zum 30. Juni. Denn im Landesvorstand der SPD kursiert ein Doppelschlag-Plan: Wenn am 30. Juni der CDU-Präsidentschaftskandidat Christian Wulff gegen den Kandidaten von Rot-Grün, Joachim Gauch verlieren sollte, bricht die Koalition in Berlin auseinander. Es könnte zu Neuwahlen kommen. Die SPD würde dann ihren Kurs ändern und auch für zeitgleiche Neuwahlen in NRW eintreten. Ein Doppelschlag in Berlin und Düsseldorf soll die SPD in Düsseldorf und Berlin wieder an die Macht bringen.

Ein wagemutiges Unterfangen. Zwar streiten sich die Parteien der Bundesregierung untereinander wie ein zerstrittenes Alkoholikerehepaar, aber Neuwahlen stehen erst einmal nicht an: CDU und FDP wären wohl die sicheren Verlierer. Warum sollten sie mit ihrer Mehrheit das eigenen Aus beschließen? Auch wenn die Bundesregierung auseinanderbricht, gäbe es kaum eine Mehrheit für Neuwahlen.

Und noch ist die Wahl von Wulff wahrscheinlich. Auch wenn Gauck der beliebtere Kandidat ist, hat er bislang keine Mehrheit in der Bundesversammlung. Bekommt die Koalition Wulff durch, könnte sie vielleicht sogar wieder Tritt fassen. Darauf setzen zumindest Christdemokraten und Liberale.

Und ohne den ersten keinen zweiten Teil des Doppelschlages. Die SPD müsste dann über einen längeren Zeitraum der Regierung Rüttlers mit den Stimmen von Grünen und Linken Gesetze vorschreiben, die die nicht umsetzen will. Und die von der Verwaltung in den Ministerien blockiert werden.

Die Sozialdemokraten gehen davon aus, dass sie in diesem Trio die Führung haben werden. Das ist naiv. Die Linkspartei wird die SPD vor sich her treiben und von allem immer etwas mehr fordern. Ein Spiel, das die SPD nicht gewinnen kann.

Und auch die Liebe der Grünen zu den Sozialdemokraten ist längst nicht so intensiv wie man der Öffentlichkeit glauben machen will. Viele in der Landtagsfraktion könnten sich künftig auch eine Schwarz-Grüne Regierung vorstellen. Und die Sozialdemokraten wissen das. Ein guter Grund für Misstrauen.

Die Chancen für den Doppelschlag stehen schlecht. In ein paar Wochen oder Monaten wird Kraft dann einen erneuten Strategiewechsel zu verkünden haben. Dann stehen Neuwahlen auf dem Programm. Kann gut sein, dass die Wähler dann die Nase voll haben von dem Chaos in Düsseldorf. Verantwortlich machen werden sie dafür Kraft. Und die könnte das an einem noch fernen Wahltag im kommenden Winter oder Frühjahr zu spüren bekommen.

Es gab übrigens schon einmal einen Plan für einen Doppelschlag in NRW: Jürgen Möllemann (FDP) wollte mit ihm Rot-Grün in Berlin und Düsseldorf ablösen. Hat auch nicht geklappt.

Merkel geht die Düse

Bundeskanzlerin Angela Merkel wird ihrem Übervater, Helmut Kohl, im Regierungsstil immer ähnlicher: kritische Entscheidungen werden ausgesessen, von Visionen keine Spur und parteiinterne Gegner werden wegbefördert. Nun holt sie zum nächsten Schlag aus: Sie will die Kontrolle über die Bundesversammlung.

Die Bundesversammlung, die traditionell den Bundespräsident wählt, ist von vielen schon mit einer herrenlose Kanone verglichen worden, die, aus der Verankerung gerissen, im Mittelalter für die hölzernen Kriegsschiffe eine ebenso große Gefahr darstellten wie die gegnerischen Geschosse. Unkontrolliert schwingt sich die Kanone von einem Ende des Schiffs zum anderen, haut Menschen und Material weg, was ihr in die Quere kommt. Das Ende kann desaströs sein. Genau so etwa fürchtet wohl nun auch Bundeskanzlerin Angela Merkel.

Glaubt man der aktuellen Ausgabe der „Welt am Sonntag“, dann geht der Hosenanzug-Trägerin aus der Berliner Waschmaschine (so die Berliner über das Kanzleramt) gehörig die Muffen. Denn die Regierungschefin und Parteivorsitzende der CDU hat sich gehörig verspekuliert. Weil sie unbedingt der Parteitaktik bei der Benennung des nächsten Bundespräsident den Vortritt vor der Staatsräson gegeben hat, muss sie nun miterleben, wie sich nicht nur die Öffentlichkeit auf Joachim Gauck festlegt, sondern auch die Medienmacher. Ungewohnt offen votiert daher sogar die Springer-Presse gegen Angela Merkel – und damit gegen eine enge Vertraute der Verlegerwitwe von Axel Cäsar Springer. Dieser Schritt ist schon ungewöhnlich genug. Noch ungewöhnlicher ist aber, dass dies dieses Mal nicht im Alleingang geschieht: Auch der Spiegel hält Gauck für den besseren Kandidaten. Der Focus wird nachziehen. FAZ und SZ haben dies bereits gemacht.

Frau Merkel, zu deren Regierungsstile die Politik via SMS und Liebesentzug gehören, steht allein – auch weil sie mit Niedersachsens Ministerpräsident Wulff einen aus den Hut gezaubt hat, der ihr niemals gefährlich werden kann. Das öffentliche Votum für Gauck ist daher auch ein Votum gegen sie als Regierungschefin. Das Volk und die öffentliche Meinung in Gestalt der Medien pochen eindrucksvoll auf ein urdemokratisches Vorrecht: Die verfassungsmäßigen Checks und Ballances, die jeder pluralistischen Gesellschaft zu Eigen ist. Mit Gauck soll ein Gegenpart zu Merkel das Amt des Bundespräsidenten inne haben, um der Regierung auf die Finger zu schauen. Gauck wäre daher der falsche Kandidat – aus Sicht Merkels.

Merkel will daher ihren Kandidaten durchsetzen und kann in der Bundesversammlung auf 21 Stimmen mehr als die absolute Mehrheit zählen – soweit auf dem Papier. Nimmt man nur das rot-grüne Lager sind es sogar 163 Stimmen mehr, weil die Linke Gauck nicht wählen will. Die Nachfolge-Partei der SED und Auffangbecken von früheren Stasi-Mitgliedern will offenbar späte Rache an einem Mann nehmen, der den tiefen Sumpf der ethisch moralischen Verstrickungen von Parteimitgliedern offen gelegt hat. Hier zeigt sich einmal mehr, dass die frühere SED weiterhin nicht in der Bundesrepublik angekommen ist.
Merkel will in der Bundesversammlung aber trotz Vorsprung auf Nummer sicher gehen, denn es könnte ja die „loose cannon“ das unmögliche wahrwerden lässt: dass nämlich Wulff duchfällt und Gauck gewählt wird.

Die „loose cannons“ haben sogar einen Namen: die unabhängigen Delegierten. Seit der Gründung der Republik ist es usus, dass die Bundesversammlung das Spiegelbild der Gesellschaft darstellt. Also nicht nur Berufspolitiker oder Beamte und Juristen, sondern auch Schauspieler, normale Bürger, Studenten, Wirtschaftsführer. Das Problem an dieser Gruppe: Sie werden zwar von den Parteien vorgeschlagen. Doch ob sie auch richtig wählen, das kann niemand überprüfen. Und so kann es razfaz passieren, dass sie den falschen aus Sicht von Merkel wählen. Daher greift Merkel laut „Welt am Sonntag“ nun zum äußerten: Wulff soll als erster Bundespräsident nicht mehr von der ganzen Gesellschaft gewählt werden, sondern nur von Claceure gewählt werden, die namen- und charakterlos im Ortsverein Neuss-Norf aktiv sind und parteitreu sind. Merkel will nur Partei-Leute und „sicherer“ Wähler an die Wahlurne lassen. Damit wird ein weiterer Tiefpunkt in der politischen Kultur Deutschlands erreicht – und man kann nur hoffen, dass die Geschichte Recht behält: Ein Wechsel im Bundespräsidenten-Amt folgt später immer ein Wechsel im Kanzleramt. Eine geistig moralisch Wende täte gut.

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