Thyssenkrupp-Betriebsrat wünscht sich grüne Stahlproduktion mit Fantasiawasserstoff

Arbeiter am Hochofen Foto: Bundesarchiv, B 145 Bild-F079044-0020 / Lizenz: CC-BY-SA 3.0


Der Betriebsrat von Thyssenkrupp Steel setzt auf die Herstellung von klimafreundlichem Stahl mit Wasserstoff. Doch wie der hergestellt werden soll, ist vollkommen unklar.

Der Betriebsrat von Thyssenkrupp Steel drängt auf den Bau einer weiteren Anlage zur Produktion von klimafreundlichem Stahl mit staatlicher Unterstützung. Noch in diesem Jahr müsse Deutschlands größter Stahlkonzern einen neuen Förderbescheid für eine zweite Direktreduktionsanlage (DRI-Anlage) in Duisburg einreichen, sagte Ali Güzel, der Vorsitzende des Betriebsrats am größten Duisburger Thyssenkrupp-Stahlstandort Hamborn-Beeckerwerth, im Gespräch mit der Westdeutschen Allgemeinen Zeitung. „Spätestens 2030 muss die nächste DRI-Anlage hier stehen und laufen. Wir haben keine Zeit zu verlieren. Der Standort braucht eine Perspektive“, sagte Güzel der WAZ. Der Arbeitnehmervertreter zeigte sich besorgt angesichts der aktuellen Lage im Unternehmen. „Die Wolken über unserem Standort werden immer düsterer“, sagte Güzel. „Dem Unternehmen geht es finanziell nicht gut.“

Die Wolken über dem Standort Duisburg würden auch immer düsterer werden, sollte sich diese oder eine nachfolgende Bundesregierung dazu entschließen, eine weitere DRI-Anlage zu fördern. Ganz abgesehen von der Frage, ob sich das Geld im Bundeshaushalt finden würde, könnte sich der Einsatz von Wasserstoff in der Stahlproduktion als Wunschdenken herausstellen. Das liegt nicht nur am Preis, der auf absehbare Zeit hoch bleiben wird. Das Handelsblatt schrieb Ende des vergangenen Jahres, dass statt der erhofften drei Euro pro Kilogramm für grünen Wasserstoff ab 2030 voraussichtlich Preise zwischen fünf bis acht Euro aufgerufen werden. Abgesehen davon, dass vollkommen offen ist, woher die Mengen an grünem Strom kommen soll um Wasserstoff herzustellen, fehlt es auch an den Anlagen, mit denen man ihn produzieren kann.

Um mit Strom Wasser in Wasserstoff und Sauerstoff aufzuspalten, werden Elektrolyseure benötigt. Und es herrscht weltweit ein Mangel an diesen. Dieser Mangel wird auf Heise beschrieben. Dort bezieht man  sich auf eine Studie der Stiftung Wissenschaft und Politik. Elektrolyseure könnten sich demnach als globaler Flaschenhals bei der Produktion von Wasserstoff herausstellen. Die Stiftung kommt zu dem Schluss: „Trotz der erwarteten fünffachen Steigerung der europäischen Produktionskapazitäten bis 2023 werden diese voraussichtlich nicht ausreichen, um die europäischen Ambitionen zu erfüllen. Die Verwirklichung der EU-Pläne würde einen für Energietechnologien beispiellosen Fortschritt in der Produktion und Installation von Elektrolyseuren erforderlich machen – was vermutlich nur mit einer zentralen Steuerung von Ressourcen wie in Kriegszeiten möglich wäre. Dem entsprechend wahrscheinlich ist es, dass Europa auf die wachsende chinesische Elektrolyseurindustrie zurückgreifen muss – neue Abhängigkeiten inbegriffen.“ Auch der Import von grünem Wasserstoff sei keine Lösung, schreibt Heise. Denn auch in den möglichen Exportländern seien Elektrolyseure knapp. Kurzum: Es gibt nicht genug industrielle Kapazitäten zur Herstellung von grünem Wasserstoff. Er wird knapp und teuer bleiben. Und es ist ja nicht nur die Stahlindustrie, die auf seinen Einsatz drängt: Künftig soll er auch in Gaskraftwerken verfeuert werden, um die Stromversorgung bei Dunkelflauten aufrechtzuerhalten, wenn Windräder still stehen und die Sonne nicht scheint. Mit einer neuen Direktreduktionsanlage zur Stahlherstellung würde ThyssenKrupp mit Gaskraftwerken , die noch gebaut werden müssen, um den Zugriff auf grünen Wasserstoff konkurrieren, der überhaupt nicht hergestellt werden kann. Das klingt nach vielem, aber nicht nach einer Zukunftsstrategie. Vielleicht sollte der Betriebsrat den Arbeitern lieber erklären, dass sie nicht zu den Gewinnern des „grünen Wirtschaftswunders“ gehören werden.

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