
In Gelsenkirchen wird die Produktion bei Thyssenkrupp Electrical Steel (tkES) bald stillstehen: Das Unternehmen wird seine Produktion im laufenden Geschäftsjahr reduzieren und ab Mitte Dezember die Werke in Gelsenkirchen und im französischen Isbergues bis zum Jahresende vollständig schließen. Das Tochterunternehmen von Thyssenkrupp Steel reagiert nach eigenen Angaben damit auf massiv gestiegene, niedrigpreisige Importe, insbesondere aus Asien. Das habe zu einer erheblichen Unterauslastung der europäischen Produktionsanlagen geführt.
Thyssenkrupp Electrical Steel ist einer von zwei verbliebenen europäischen Herstellern von kornorientiertem Elektroband, einem Spezialwerkstoff für die Energiewirtschaft. Das Material wird für Transformatoren für Umspannwerke und den Netzausbau, Generatoren in Windkraftanlagen, große Elektromotoren, Teile der Bahnelektrifizierung sowie Speicher- und Industrieanwendungen gebraucht. Ohne Elektroband stockt der Netzausbau – und ohne Netzausbau scheitert jede Form von Elektrifizierung.
Weil China seinen Strom zu 58 Prozent aus billiger Kohle erzeugt und ihn dann auch noch subventioniert, gerät Europa auch bei strategisch wichtigen Stählen, die es für die Energiewende benötigt, noch mehr in die Abhängigkeit Chinas. Selbst der preiswerte französische Strom aus Kernenergie kann da nicht mithalten, der Strom aus Deutschland sowieso nicht. Europa redet gerne von strategischer Autonomie – und gibt gleichzeitig jene Industrien auf, ohne die es strategisch nicht autonom sein kann.
Aus Treue zur Energiewende und einem Freihandelsdogmatismus, der auf einem illusionären Glauben an eine regelbasierte internationale Ordnung fußt, gibt Europa seine strategischen wirtschaftlichen Grundlagen auf.
