Wie lange hält der Gaza-Hype?

Gaza 2023 Foto Fars Media Corporation Lizenz: CC BY 4.0 DEED


Protestbewegungen verlaufen in Zyklen: Sie bauen sich langsam auf, erreichen dann einen Höhepunkt, um anschließend wieder abzuflachen. Oft genug hinterlassen sie allerdings eine Spur der Verwüstung.

Als ich im Frühjahr 2018 die erste, von einem Lehrer angemeldete Fridays-for-Future-Demonstration durch Bochum zog, glaubte ich nicht daran, dass das der Beginn einer großen Protestwelle werden würde. Klar, die Demos gab es überall, aber letztendlich waren es nur ein paar Hundert Teenager, die gut gelaunt bei schönstem Wetter über den Westring zogen und ein paar Alt-Zausels im Schlepptau hatten, deren Gesichter man seit Jahrzehnten immer bei Protesten sah. Ich sollte mich irren: Innerhalb weniger Monate wurden die Klimaproteste in vielen mittel- und nordeuropäischen Staaten zu einem Massenphänomen und Greta Thunberg zu einer Ikone, die mit Jesus Christus verglichen wurde und deren Beschimpfungen und hysterische Anfälle demokratische Politiker andächtig über sich ergehen ließen. Zwei Jahre später begann die Pandemie, und wir alle hatten andere Sorgen und hörten auf, uns für die Launen einer schwedischen Schülerin zu interessieren.

Kaum waren wir alle geimpft und das Coronavirus halbwegs im Griff, rollte die Queer-Welle über uns. Regenbogen- und Transfahnen vor Clubs und Kneipen, die kleinste sexuelle Minderheit bekam breiten Raum in den Medien, und kaum ein Prominenter wollte noch ein heterosexueller Langeweiler sein. Der Höhepunkt der Welle war für mich erreicht, als ich in den biederen Ruhr Nachrichten einen vollkommen ironiefreien Artikel über eine Frau las, die sich in einer Partnerschaft mit einem Modellflugzeug befand und sich darüber beklagte, es in Deutschland nicht heiraten zu können.

Dann kam Bud Light, ein Bier, das man in Deutschland bedenkenlos auf Kindergeburtstagen ausschenken würde, das aber in den USA als „hartes Männerbier“ gilt, auf die Idee, mit einer Transfrau zu werben. Die Empörungswelle der harten amerikanischen Leichtbiertrinker beendete den Queerness-Hype.

Und nun Gaza: Der Hamas und ihren linksradikalen Unterstützern, unter ihnen zahlreiche trotzkistische und maoistische Zombies, ist es in Deutschland wie überall gelungen, eine breite Solidaritätswelle loszuschlagen. Der schon lange an den Unis propagierte postkoloniale Stuss lieferte den ideologischen Überbau. Dass die Hamas wie eine Barbarenhorde am 7. Oktober 2023 Israel überfiel, fast 1200 Menschen ermordete und Hunderte entführte, ist längst in Vergessenheit geraten. Es wird darüber hinweggesehen, dass sie die für die eigene Bevölkerung vorgesehenen Lebensmittel raubt und sich weigert, den Krieg durch Kapitulation zu beenden. Sicher, ihre PR-Strategie ist genial und einfach: Schon als ihre Gangs noch durch Israel zogen und die Tiefkühltruhen in Gaza noch voll mit Pizza Margherita waren, wurde auf deutschen Straßen schon laut gerufen: „Gaza, Gaza ist in Not, hat ein Wasser und kein Brot.“ Dazu klug über die sozialen Medien ausgespielte Kinderfotos und ein paar dramatische Geschichten – und schon lagen Millionen einer Bande von Islamfaschisten zu Füßen, unter deren Herrschaft sie es keinen Tag aushalten würden. Die ideologisch lobotomierten „Queers for Palestine“ würden nicht einmal so lange leben: Die Hamas wirft Queers in Gaza von Dächern oder legt ihnen brennende Autoreifen um den Hals.

Doch jede Dauerpropaganda kommt irgendwann an ihr Ende, jedes Aufregerthema wird irgendwann durch ein anderes ersetzt. Nach anderthalb Jahren, spätestens nach zwei dürfte der Gaza-Hype allmählich seinen Peak erreichen. In absehbarer Zeit könnten die Teilnehmerzahlen der Demonstrationen sinken und es könnte um die Kernaktivisten einsamer werden. Protest muss sich immer weiter steigern, und irgendwann kommt er an eine Wachstumsgrenze. Dann ist der Kipppunkt erreicht, und niemand interessiert sich mehr dafür, wenn Greta Thunberg mit ihrem Problempony durch das Mittelmeer dieselt.

Natürlich wird auch der Gaza-Hype wie die Klimabewegung eine Spur der Verwüstung hinterlassen: Der Antisemitismus – immer schon Teil der Gesellschaft, was die Anschlussfähigkeit seiner aktuellen Ausformung erleichtert – wurde auf breiter Front gesellschaftlich legitimiert; er wird künftig leichter und stärker abrufbar sein. Islamisten, Nazis und autoritäre Linke werden das zu nutzen wissen. Das Leben von Juden wird dauerhaft unsicherer und gefährlicher sein. Es macht also Sinn, sich heute schon Gedanken zu machen, wie man die Folgen des Bebens wieder in den Griff bekommt. Das wird nicht einfach – es wird Härte und Konsequenz brauchen, um den Antisemitismus zurückzudrängen. Vergeben und vergessen sind keine Optionen, wenn der Zahltag endlich gekommen ist.

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mike_mh
mike_mh
2 Monate zuvor
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