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Ausgangssperren: „There ain’t no such thing as a free lunch“

Blick auf Mainz mit den Bonifazius-Türmen und dem Dom Foto: Judith Pense Lizenz: Gemeinfrei


Mainz bekommt also nun ab Donnerstag für knapp zwei Wochen eine nächtliche Ausgangssperre mit allerlei Ausnahmen.

Grundsätzlich haben sich solche Ausgangssperren als wirksam erwiesen. Obwohl ich die Zielsetzung also als richtig anerkenne und auch das Instrument den Studien folgend grundsätzlich für geeignet halte, empfinde ich bei der Nachricht doch einen nicht zu leugnenden Widerwillen, über den ich eben auch erstmal nachdenken musste. Dieses Gefühl des Widerwillens möchte ich an dieser Stelle mal verbalisieren und den rationalen Kern darin ansprechen.

„There ain’t no such thing as a free lunch“, oder auf Deutsch „Es gibt kein kostenloses Mittagessen“, sagt der wunderbare Robert Heinlein in einem seiner Romane. Es beschreibt die Einsicht, dass nichts wirklich kostenlos ist, erhält man etwas geschenkt, hat jemand anderes dafür gezahlt (und verspricht sich in der Regel was davon). Opportunitätskosten nennt man das in der Entscheidungstheorie. Der Ökonom Gregory Mankiw beschrieb das mal kurz und treffend so: „Um eine Sache zu bekommen, die wir mögen, müssen wir üblicherweise eine andere Sache aufgeben, die wir mögen. Entscheidungen zu treffen bedeutet, Ziele gegeneinander abzuwägen.“

Ich kann mich des Eindrucks nicht erwehren, dass manche Entscheidungsträger in der Bundespolitik diese wichtige Lektion, dass es nämlich kein kostenloses Mittagessen gibt, nicht verinnerlicht haben und denken, dass Lockdownmaßnahmen solch ein kostenloses Mittagessen wären. Ziel von Lockdowns z.B. war immer und richtigerweise, Tode zu verhindern und Zeit zu gewinnen, um das Virus dauerhaft zu bekämpfen. Das Virus dauerhaft bekämpfen, das können Lockdowns nämlich nicht, darin kann man sich zumindest einig sein. Das hatte aber eben einen Preis und diesen Preis haben wir alle in unserem Privatleben und etliche Menschen wie Gastronomen, Künstlerinnen, Friseure und andere auch in ihrem wirtschaftlichen Leben bezahlt. Die meisten bereitwillig. Leben retten und Zeit gewinnen, das ist eingängig, das ist ein gutes Ziel, dahinter kann man sich als Gemeinschaft versammeln.

Diese teuer erkaufte Zeit, sie wurde – ich ziehe mich hier auf den kleinstmöglichen gemeinsamen Nenner der Kritik zurück – zumindest nicht optimal genutzt. Es kam zu Fehlern und Fehlkalkulationen. Der schnellste Ausgang aus der Pandemie, die Tür über der in großen leuchtenden Lettern „IMPFEN“ steht, sie wurde nicht auf dem allerdirektesten Weg angesteuert. Führende und verantwortliche Bundespolitiker äußerten sich erst überheblich und leichtfertig, dass es auf keinen Fall einen erneuten Lockdown geben würde, um dann einen „kurzen Wellenbrecher-Lockdown“ anzuordnen, der nun schon fast ein halbes Jahr dauert. Eine Maßnahme, die natürlich nicht im Grundsatz falsch, sondern richtig ist, aber mit Überheblichkeit, Kurzsichtigkeit, durchaus auch schlechtem Management flankiert wurde und am allerschlimsten, auch mit der Selbstbereicherung weniger im Angesicht der Opferbereitschaft vieler.

Ich hab das mit dem exponentiellen Wachstum verstanden und das auf das Steigen der Infektionen das Steigen der Todeszahlen folgt. Ich werde also auch diese Ausgangssperre mittragen, weil Studien zeigen, dass sie wirken wird. Und auch die Verlängerung des Lockdowns, oder seine Verschärfung. Ich bin bereit, um es mit Mankiws Worten zu sagen, für die eine Sache die ich will, eine andere Sache, die ich will, aufzugeben. Ich gehe nämlich gern an den Rhein oder ins Restaurant, oder in den Biergarten, oder treffe mich mit Leuten. Dass ich das aufzugeben bereit bin, ist Folge rationaler Überlegung und Abwägung, es bereitet mir keine Freude.

Aber ich hätte gern, dass die Leute die da Candycrush spielend, sich cliquenhaft wie in der achten Klasse über das „schlumpfige Grinsen“ anderer Anwesender echauffierend, „Im Großen und Ganzen ist nichts schiefgelaufen“ sagend beisammen sitzen, sich ein bisschen mehr Mühe geben, mir durch Worte und Taten zu zeigen, dass sie wissen, dass das Mittagessen nicht kostenlos war.

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Ali Mente
Ali Mente
2 Jahre zuvor

"Ich bin bereit, um es mit Mankiws Worten zu sagen, für die eine Sache die ich will, eine andere Sache, die ich will, aufzugeben"

Ich werde überhaupt nichts aufgeben, um das zurück zu bekommen, was man nie hätte nehmen dürfen, nämlich die Grundrechte. Ich kann auch nicht hingehen und jemandem sein Auto stehlen und dann sagen, dass ich ein Fahrrad möchte, wenn ich schon das Auto zurückgeben soll.

DAVBUB
DAVBUB
2 Jahre zuvor

@ Autor: "Ich hab das mit dem exponentiellen Wachstum verstanden und das auf das Steigen der Infektionen das Steigen der Todeszahlen folgt."
Das ändert sich aber i.A. stark.

Yilmaz
Yilmaz
2 Jahre zuvor

Ausgangssperren gelten in Bayern fast durchgehend und fast flächendeckend seit Ende vergangenen Jahres… ihre Wirkung kann man an den hohen Fallzahlen in Bayern deutlich ablesen: keine.

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