Was wäre, wenn die Hamas gewinnen würde?

Die israelische Armee will mit ihrer Offensive gegen die Terroristen der Hamas die täglichen Raketenangriffe auf Israel beenden und die Hamas zerschlagen.

Hamas Foto: Flickr/Mateus 

Das wird den Israelis leider nicht gelingen – sie kann die Hamas schwächen, aber nicht endgültig schlagen. Dafür werden schon die Hamas-Geldgeber aus dem Iran und anderen Staaten sorgen. Außerdem kann die Hamas auf eine lange Tradition zurückblicken.

Zwar wurde die Hamas erst 1988 gegründet, aber sie ging aus Teilen der Muslimbruderschaft hervor, und die Muslimbruderschaft ist die ideologische Mutter nahezu aller islamistischen Terrorbewegungen, und das seit 1928. Die Muslimbruderschaft und ihre Tochterorganisationen wurden schon oft verfolgt und fast zerschlagen – ganz vernichtet wurden sie nie. Den Preis dafür zahlen seit Jahrzehnten sowohl die westlichen Gesellschaften als auch die säkularen Araber. Nach unseren Maßstäben ist die Hamas eine Organisation irgendwo zwischen radikalem Islamismus und Neonazitum. Sie beruft sich neben einer strengen Auslegung des Korans in ihren Quellen auch auf die von dem zaristischen Geheimdienst erstellten „Protokolle der Weisen von Zion“, strebt die Unterordnung des Juden- und Christentums unter den Islam an und natürlich die Vernichtung Israels. Der Wikipedia Artikel über die Hamas zitiert den Führungspolitiker der Hamas, Mahmoud Al-Zahhar wie folgt:

In der Region hatten wir römischer Besatzung, persischer Besatzung, der Besatzung der Kreuzzügler und der britischen Besatzung zu trotzen. Sie sind alle fort. Der israelische Feind gehört nicht in diese Region. Er passt nicht in die regionale Geschichte, Geographie oder Glaube."

Al-Zahhar hat bei seiner Aufzählung allerdings noch ein paar „Besatzer“ vergessen: Die Araber, die Türken, die Ägypter, Assyrer und Neubabylonier und das Byzantinische Reich. Eigentlich hat beinahe jeder die Region in den vergangenen 3.000 Jahren schon einmal beherrscht – nur die Palästinenser nicht, so dass sich alleine durch den Mangel an Autonomie in historischer Zeit die Frage nach der Rechtmäßigkeit des Anspruchs auf Alleinherrschaft stellt. Diese Region wurde traditionell immer von den unterschiedlichsten Gruppen dominiert – und die „Palästinenser“ als „Volk“,  eher ein Konstrukt des letzten Jahrhunderts, waren immer nur eine von mehreren Mächten und in der Regel nicht die Wichtigste. Ein Besatzer löste bislang immer den anderen ab.

Würde sich das ändern wenn die Hamas morgen regieren würde? Malen wir uns einmal aus, was passieren würde, wenn die Juden den Staat Israel aufgeben würden. Wenn sie in Schiffe und Flugzeuge steigen und in Australien, Europa und Amerika um Asyl nachfragen würden, und die große Stunde der Hamas gekommen wäre. Und fragen wir uns bitte dabei, was ein einfacher Palästinenser davon hätte, der ein Dach über dem Kopf haben will, genug zu essen und auch nur mittelmäßige Bildungschancen für seine Kinder. Und vielleicht noch ein Krankenhaus in der Nähe und natürlich Frieden.

Als erstes gäbe es zwischen den Palästinensern einen Bürgerkrieg, wie es ihn 2007 nach der Wahl der Hamas im Gazastreifen gab: Die Gaza dominierende Hamas und die das Westjordanland beherrschende Fatah würden sofort um die Herrschaft in Israel Krieg führen. Dabei würden sie von verschiedenen arabischen und nichtarabischen Mächten unterstützt: Die Hamas könnte auf Geld und Waffen aus dem Iran setzen sowie auf Waffenhilfe aus dem Libanon: Die Hisbollah würde wohl sofort angreifen. Die Fatah könnte mit Hilfe aus dem Westen sowie von Staaten wie Ägypten rechnen. Die Folgen wären ein monate- wenn nicht jahrelanger Bürgerkrieg, in dem es keinen Sieger geben würde – denn die Nachbarstaaten des heutigen Israels hätten kein Interesse an einem starken palästinensischen Staat:

Jordanien zum Beispiel:
Der Staat ist nicht mehr als eine Erfindung der britischen Außenpolitik des frühen 20. Jahrhunderts. Die Bevölkerung ist zum größten Teil palästinensisch, das Herrscherhaus, die Haschemiten, stammt aus Saudi Arabien und bekam die jordanische Krone, weil die einstigen Hüter der Heiligen Städte in Saudi-Arabien leer ausgingen – dort setzten die Briten auf die Familie Saud.
Jordanien würde große Teile des Westjordanlandes für sich beanspruchen – es gehörte auch eine Zeit lang zu Jordanien. Und Jordanien wüsste: Wenn es ihm nicht gelingt, diese Ansprüche durchzusetzen, wären es die Palästinenser, die Ansprüche auf Jordanien anmelden – und militärisch durchsetzen würden.

Ägypten zum Beispiel:
Es gibt eine Konstante in der Ägyptischen Politik, die seit mehr als 3000 Jahren besteht: Keine feindliche Großmacht an seiner östlichen Grenze. Mit Israel hat das Land seinen Frieden gemacht, es wird von Israel nicht bedroht. Ein Hamas geführter Staat wäre für Ägypten eine existenzielle Bedrohung: Er würde den Muslimbrüdern, die ihren Ursprung in Ägypten haben, Auftrieb geben. Ägypten würde das niemals zulassen und einmarschieren. Es könnte dabei mit der Unterstützung aller Großmächte rechnen, denn der Suez-Kanal ist für den Welthandel lebenswichtig. Niemand, weder die  Europäer noch die Chinesen, Araber oder die USA wollen dort einen Unruheherd. Und wenn ägyptische Panzer für Ruhe sorgen, wird es ihnen auch recht sein. 

Libanon:
Auch der Libanon hat Gebietsansprüche gegen Israel, ist aber viel zu klein um sie durchsetzen zu können. Aber die vom Iran unterstützte Hisbolla würde keinen Meter, den sie erobert, freiwillig aufgeben.

Syrien:
Das Land würde sofort die Golan-Höhen zurückerobern und von dort aus das heutige Nordisrael bedrohen – auch wenn es palästinensisch regiert wäre.

Und wenn all das nicht geschehen würde? Wie sähe ein Hamas-Staat aus? Wohl wie ein radikaler Iran ohne Öleinnahmen: Ein bettelarmer Gottesstaat, in dem die religiösen Prinzipien mehr gelten würden als die Wohlfahrt der eigenen Bürger. Ein Staat, der vom ersten Tag seines Bestehens mit missionarischem Eifer versuchen würde, Einfluss auf seine Nachbarn zu gewinnen, ein Staat, in dem Frauen keinen Sport treiben dürften, verschleiert rumlaufen müssten, und in dem religiöse Inhalte die Ausbildung in den Schulen und Hochschulen dominieren würde. Es wäre ein Staat, der die Menschenrechte und das Individuum nicht achten sondern an der Umsetzung einer religiösen Agenda arbeiten würde.
Man wünscht Israel den Sieg über die Hamas. Und man wünscht den Palästinensern den Sieg Israels. Ein Sieg der Hamas wäre auch ihr Untergang.

Plogbar fällt aus

Eigentlich wäre heute wieder die Plogbar.

Doch zwischen den Jahren wird das wohl größte regelmäßige Bloggertreffen im Ruhrgebiet ausfallen, wie Jens vom Pottblog berichtet. Die nächte Plogbar ist dann wohl am 13. Januar wieder im Café Konkret – parallel zu unserer Pink-Slip-Party im Mandragora nur ein paar Meter weiter. Das ist doch eine schöne Gelegenheit, sich im gegenseitig mal zu besuchen.

Stell Dir vor es ist Wahlkampf…

…und keiner merkt es. So ging es mir an den Feiertagen.

Wie immer zu Weihnachten machte ich auch in diesem Jahr eine kleine Tour durch Hessen: Erst nach Frankfurt, dann nach Offenbach und schließlich einmal quer durch das ganze Land nach Rotenburg an der Fulda.
Irgendwann sah ich ein Wahlplakat und es es fiel mir wieder ein, dass im Januar Landtagswahlen in Hessen sind.
Was mir auffiel: Es sind sehr wenige Wahlplakate zu sehen – alle Parteien scheinen noch vom letzten Wahlkampf – auch finanziell – erschöpft zu sein.
Thorsten Schäfer-Gümbel (TSG), der neue Spitzenkandidat der SPD, soll ja Obama-Like voll auf das Internet setzen.

Die Internetseite von TSG ist aber eher langweilig – auch wenn der Kandidat sympatisch rüber kommt. Aber sind 50.000 Zugriffe auf seinen Podcast, die TSG selbst angibt, nach dem bundesweiten Medienhype wirklich viel? Und was soll ein Online-Wahlkampf in Nordhessen, wo es in vielen Dörfen und Gemeidnden keine DSL-Zugänge gibt?

Da bleiben dann nur die Plakate und die sind eher bieder. "Wirklich wieder Koch?" finde ich schlicht peinlich. Die drei Nikoläuse sind schon eher witzig, aber auch nicht der Knaller. Mal schauen – für die heisse Wahlkampfphase hat die SPD neue Motive angekündigt – Wähler können Plakatstandorte sponsorn. Ein Blick auf die Umfragen zeigt allerdings, dass auch überzeugte Sozialdemokraten mehr davon hätten, ihr Geld für einen Äbbelwoi oder eine Ahle Worscht auszugeben.

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Wilde Prophezeiungen: 2009 wird Nessie gefunden!

Die Wahrsagerin Nikki Pezaro hat ihre Prognosen für das kommende Jahr veröffentlicht.

Für die GWUP, die  Gesellschaft zur wissenschaftlichen Untersuchung von Parawissenschaften e.V., gehört der Wahrsagercheck sicherlich zu den größten Späßen des Jahres: Selten blamiert sich die Esoterik-Branche so sehr wie bei der Überprüfung von Prophezeihungen: GWUP: "Insgesamt war die Bilanz der Astrologen, Wahrsager und Hellseher auch 2008 katastrophal. Nikki Pezaro, die für das laufende Jahr wieder über 100 Prognosen auf ihrer Internetseite veröffentlichte, lieferte wie gewohnt ein paar besondere Skurrilitäten: So sollte ein Transvestit an der Wahl zur Miss America teilnehmen, und in der englischen Grafschaft Surrey würde ein Riesenkaninchen entdeckt werden."

Auch für das kommende Jahr hat Pezaro wieder eine ganze Liste von Prophezeiungen abgegeben. Die schönsten Wahrsagereien: Das Ungeheuer von Loch Ness wird entdeckt , Sarah Palin verstrickt sich in einen Sex Skandal und endlich werden grüne Flamingos gefunden.

Ein paar von Pezaros Prophezeiungen sind allerdings so banal, dass sie gute Chancen haben sich zu bewahrheiten: Ein Sex Skandal im britischen Parlament ist wohl häufiger als genehmigte Haushalte,  ein Teil des Polareises wird auch 2009 wieder im Sommer schmelzen und  dass sich Elizabeth Taylor um ihre Gesundheit sorgen sollte ist bei einer Dame von über 70 auch nichts besonderes.

Klar ist: 2009 wird am 31. Dember 2009 beendet sein. Und bis dahin wird eine ganze Menge passieren – nur was wissen wir nicht.

Lippe dicht

In der vergangenen Woche machte die letzte Zeche in Gelsenkirchen dicht.

Hometown-Glory hat das Ende des Bergbaus in Gelsenkirchen mit einer ganzen Reihe von Artikeln und sehr vielen Fotos und Videos das Aus der Zeche dokumentiert.

Ein Weihnachtsbraten für Mutter

Heiligabend kommt meine Mutter. Und ich mache ihr einen italienischen Rinderbraten.

Foto: Flickr/hiflix

Vor meinem ersten Rinderbraten hatte ich einen gehörigen Respekt: Regelmäßig war meine Großmutter daran gescheitert, aus einem Stück Rundfleisch ein essbares Gericht zu machen. Meist wurde der Braten zu einem zähen Klumpen und alle Tricks halfen nicht: Sie konnte so viel Schnaps über die sterblichen Reste des Wiederkäuers kippen wie sie wollte – zart wurde das Fleisch nicht mehr.
Das ist mir bei meinen mittlerweile sechs Rinderbarten noch nie passiert. Vier Stunden muss der Braten im Topf bleiben – dann gleitet das Messer durch das Fleisch wie Butter.

Was man braucht:
Ein Stück Rinderbraten (1 Kilo sollte es schon sein)
Fünf Zwiebeln
Vier Knoblauchzehen
Kräuter (Oregano, frische Petersilie etc. Nehmt was Euch schmeckt)
Drei Lorbeerblätter
Tomatenmark
Frisches Suppengemüse
Eine Peperoni
Etwas Fleischbrühe
Salz
Pfeffer
Eine Flasche Rotwein (Wenn es geht italienischen Wein)
Sonneblumenöl
Zucker

Und so geht es: Erst einmal alles klein schneiden. Dann das Öl in den Bräter oder einen anderen großen Topf. Öl erhitzen und dann den Braten hinein. Achtet darauf, dass er von allen Seiten gut anbrät. Nun die Zwiebel und den Knoblauch hinein. Wenn die Zwiebel glasig sind kommt das Tomatenmark dazu – es darf ganz leicht anbrennen. Jetzt schnell 0,5 Liter Rotwein und 0,25 Liter Fleischbrühe heinkippen, das Gemüse, die Lorbeerblätter und die Peperoni auch. Mit Salz und Pfeffer würzen. Deckel drauf und vier Stunden lang köcheln lassen. Ab und zu den Braten wenden. Eine Viertelstunde bevor der Braten auf den Tisch soll alles abschmecken, Kräuter hinzugeben, vielleicht noch etwas Zucker – jeder wie er will.
Dazu gibt es am Heiligabend Gnochi und gedünstete Grüne Bohnen mit etwas Tomaten.
Arbeitszeit insgesamt: Vielleicht eine Dreiviertelstunde.
Ein Tipp zur Bratensauce: Wer die Gemüseklumpen in der Sauce nicht mag kann alles mit einem Pürierstab zerkleinern. Heraus kommt dann eine sehr sämige Sauce.

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Der neue Prinz

Stadtmagazinen geht es nicht gut: Das Verbot der Zigarettenwerbung hat diese Zeitschriftengattung schwer getroffen. Trotzdem: Prinz wagt den Neustart.

Und besonders schwer haben es die Verkaufstitel. In beinahe jeder Stadt müssen sie sich gegen Gratistitel behaupten. Dazu kommt die zunehmende Konkurrenz aus dem Internet: Der Klein- und Kontaktanzeigenmarkt war früher einmal ein wichtiger Umsatzträger – und ist heute fast komplett ins Internet abgewandert.
Auch die Kalender, traditionell das Herzstück der Stadtmagazine, finden sich längst online und sind dort sogar noch aktueller. Man muss sie noch nicht einmal mehr selbst erstellen: Einen passablen Kalender kann man für 400 Euro im Monat von entsprechenden Dienstleistern kaufen.
Und in so einer Situation hat der Jahreszeiten Verlag dem Prinz eine Frischzellenkur verabreicht.
Das wäre eigentlich kein Thema für uns, denn der Prinz ist nicht das dominierende Stadtmagazin des Ruhrgebiets. Diese Rolle hat seit langem das Coolibri inne.  Also warum doch ein Artikel über Prinz? Weil das Magazin ursprünglich aus dem Ruhrgebiet kommt. 1978 wurde es als Guckloch von zwei Brüdern in Herne gegründet. Jahrelang lieferten sich in der Folgezeit Guckloch und Marabo einen Wettbewerb, wer die besten Geschichten im Heft hat. Tja, so etwas gab es mal im Ruhrgebiet. Dann wurde Guckloch in Prinz umbenannt und es wurden deutschlandweit Lokalredaktionen gegründet. Der Jahreszeitenverlag übernahm das Heft. Als der Mitte der 90er Jahre vor der Wahl stand, Prinz oder Tempo zu schließen, entschied man sich für das Tempo Aus. 1999 gab es dann den letzten großen Relaunch. Prinz wurde sehr kleinteilig, sehr modeorientiert und fuhr die regionale Berichterstattung zurück. Und Prinz senkte den Preis um über die Hälfte auf nur noch zwei Mark.
Das sorgte damals für eine steigende Auflage – im Ruhrgebiet sollen zeitweise über 20.000 Exemplare verkauft worden sein – nutze aber langfristig nicht viel: Heute verkaufen alle dreizehn Prinz-Ausgaben laut IVW noch 211.000 Exemplare. Dass darunter fast 50.000 Hefte für Lesezirkel sind, aber nur gut 69.000 Magazine am Kiosk verkauft werden zeigt, dass es dem Prinz nicht gut geht. Zahlen zu den einzelnen Städten gibt der Verlag nicht heraus.

Umso beeindruckender, dass der Jahreszeiten Verlag Prinz nicht einfach dicht gemacht hat, sondern umgebaut. Das Ergebnis kann man seit Donnerstag am Kiosk kaufen und ich habe es getan. (Naja fast, ehrlich gesagt habe ich die Ausgabe an der Tankstelle gekauft).
Zufällig hatte ich auch die Dezember-Ausgabe im Haus. Die lag bei einem der klassischen Senioren-Konditoren aus und ich konnte sie kostenlos mitnehmen. Ein glücklicher Zufalle: So konnte ich beide vergleichen. Eine Erkenntnis: Prinz ist älter geworden.

Das Layout
Das Prinz Layout hat mir schon immer gut gefallen. OK, zeitweise war es sehr hektisch, aber es machte immer einen frischen Eindruck mit viel Liebe zum Detail. Das trifft auch auf das neue Layout zu. Es macht ein paar Retro-Anleihen in den 70er und 80er Jahren und die Schriften erinnern mich zum Teil an den stern der frühen 70er Jahre. Aber das alles wirkt modern und nicht altbacken.  Neuer Art Direktor ist Gunter Schwarzmaier – früher für Neon und Spex tätig.

Der Inhalt
Der Prinz kehrt zurück zu seinen Wurzeln. Aus mageren Acht Seiten „Ruhrgebiet Live“ nun 13 Seiten „Stadt geworden.“ Und auch die Themen haben sich verändert: Die „Stadt Ruhr“ kommt drin vor, es gibt ein paar Interviews und fünf Bochumer mit einer Papiertüte auf dem Kopf erklären, warum sie sich nicht auf die neue Symphonie freuen. Portraits über den Essener Norden und den Autor und Regisseur Kristo Sager runden den Lokalteil ab. Das alles kann man noch lange nicht mit Tipp, dem Journal Frankfurt oder der Köln Stadtrevue vergleichen, ist aber mehr als alle anderen Titel bieten – denn regionale Infos zu Bands, Theater oder Restaurants kommen im hinteren Teil des Heftes noch hinzu – noch einmal ganze 18 Seiten. Über 30 Seiten Redaktion über das Ruhrgebiet – ohne Kalender und Kleinanzeigen – können sich sehen lasse. Vor allem weil zahlreiche Themen abgedeckt werden und die Artikel nicht nur weitere Infos zum Kalender sind.
Dafür wurde der Kalender etwas eingedampft: 1.500 Termine sind nicht wirklich viel, aber sie reichen. Nein: es sind zu viele. Der Gesamtüberblick gehört heute ins Internet. In das Heft gehören die Termine, die wirklich empfehlenswert sind. Prinz geht hier zumindest Schritte in die richtige Richtung.

Fazit
Weniger Hypekram, längere Texte – der Prinz ist älter geworden. Das ist gut und vernünftig, denn die Leser unter 30, die klassische Zielgruppe der Stadtmagazine, sind im Netz und nur noch selten am Kiosk. Und der Prinz ist lesbarer geworden und kein Magazin mehr für Leute, die keine Magazine mögen. Der neue Prinz ist ein erwachsenes Lifestylemagazin mit starken regionalen Wurzeln. Es macht Spaß ihn zu lesen.

Vestischer Quatsch

Die Landräte im Ruhrgebiet leiden darunter, dass sich für ihre Kreise so recht niemand interessiert. Jochen Welt wollte das in seinem Kreis ändern. Aus dem Kreis Recklinghausen soll der „Vestische Kreis werden“. Aber niemand interessiert das…

Umfrage: RZ

Mit Namenänderungen ist das so eine Sache: Außer in den Pressemitteilungen des RVR benutzt zum Beispiel kaum jemand den Begriff der Metropole Ruhr. Und auch dass der Kreis Recklinghausen das „Vest“ heißen soll stößt bei den Bürgern nur auf wenig Gegenliebe.
Das geht zumindest aus einer Online-Umfrage der Recklingäuser Zeitung hervor. Sicher, mit Online-Umfragen ist das so eine Sache. Aber wenn fast 80 Prozent von über 2.000 Teilnehmern auf die Frage „Soll der „Kreis Recklinghausen“   in Kreis Vest Recklinghausen“ umbenannt werden mit „Nein“ antworten, ist doch alles ziemlich klar.

Dabei ist das Vest Recklinghausen ein uralter Begriff. Vest Recklinghausen  hieß schon der mittelalterliche Gerichtsbezirk – nur hatte er mit dem heutigen Kreis kaum etwas zu tun: Gelsenkirchen, Oberhausen und Bottrop gehörten dazu, Castrop und Teile von Dorsten und Haltern nicht. Und dann kommt da noch der Geschichtsbruch hinzu. Mit der Entstehung des Ruhrgebiets sind durch zahlreiche Einwanderer die alten Strukturen zerstört worden und gerieten später in Vergessenheit. Das merkt man immer dann, wenn Städte versuchen, an alte Traditionen anzuknüpfen.

Das Problem ist, die Traditionen sind gar keine – eine  Tradierung fand gar nicht statt. In meiner Heimatstadt Gladbeck wurde versucht, das alte westfälischen Appeltatenfest wieder zu beleben. Nur dass es in Gladbeck in den 90er Jahren längst nicht mehr besonders viele Apfelbäume gab, die Apfelrezepte längst aus dem Dr. Oetker Backbuch stammten und auch niemand eine Appeltatenkönigin vermisst hatte – zumal dazu immer eine besonders gute Bäckerin gewählt wurde. Bitte einmal nachdenken: Zur Weinkönigin wählen sie auch nicht die Frau mit den stämmigsten Waden, nur weil man damit besonders gut Trauben stampfen kann. Heute besteht das Appeltatenfest vor allem aus Bier- und Pommesbuden und dem üblichen Stadtfestklamauk. Tradition? Vergiss es. Ausser in einem Randbereich: Regelmäßig ist nach dem Fest in der Lokalpresse zu lesen, dass zu viele Besoffene unterwegs waren. Da klappt auf einmal die Tradition: Aus genau diesem Grund wurde es an der Wende vo19. Zum 20. Jahrhundert auch verboten.

Und so ist es auch mit dem Vest – es hat für die meisten Menschen im Kreis Recklinghausen keine Bedeutung. Das hat es mit dem ganzen Kreis an sich. Der ist eigentlich überflüssig. Seine Aufgaben könnte man locker auf eine zentrale Ruhrgebietsinstanz übertragen. Bei vier Kreisen könnte man auf diesem Weg eine Menge Geld sparen.