Der Fall Bärbel Bas, oder: Die SPD begreift es einfach nicht

Sozialpopulistin Bärbel Bas. Foto: Sandro Halank, Lizenz: Wikimedia Commons, CC BY-SA 4.0


Ja, Auslachen ist fragwürdiger Stil – egal übrigens, ob es einen Minister trifft oder irgendjemand anderen. Allerdings kann Auslachen, gerade wenn dies einem Spitzenpolitiker gilt, auch ein Akt des grimmigen Entsetzens und der politischen Notwehr sein.

„Wir finanzieren diese Haltelinie aus Steuermitteln, Sie belasten damit die Beitragszahler nicht“, hatte Bundesarbeitsministerin Bärbel Bas ihren Zuhörern beim Arbeitgebertag zum Thema Rente eröffnet, worauf dann jene majestätsbeleidigende Heiterkeit einsetzte.
In der SPD wurde dies sogleich als quasi staatsgefährdender Akt skandalisiert. Schließlich einigte man sich im Genossenkreis auf das bewährte Universal-Tool zur Abwehr von Kritik: Sexismus. Einem Mann, so die absurde These, wäre das nicht passiert.

Rein formal betrachtet war die Aussage der Duisburger SPD-Politikerin nicht zu beanstanden, sie war halt nur auf groteske Weise unterkomplex. Denn wirklich schlüssig finden kann den Satz eigentlich nur, wem die Fähigkeit fehlt, Dinge im Zusammenhang zu denken. Kein Mensch ist ja nur Beitragszahler, sondern hat in der Regel noch ein paar andere Rollen und Funktionen in diesem Gemeinwesen – unter anderem die des Steuerzahlers.

Satte zwei Drittel des gesamten Steueraufkommens resultieren aus Einkommen- und Umsatzsteuern. Die meisten Beitragszahler auf Arbeitgeber- und vor allem auch auf der Arbeitnehmerseite erwirtschaften diese Steuern direkt oder indirekt mit ihrer Erwerbsarbeit – und bekanntlich rangiert Deutschland bei der Abgabenlast bereits weltweit an der Spitze.
Selbst wenn diese ohnehin schon hohen Abgaben für die Stützung der Rentenkassen nicht weiter erhöht werden – was mittelfristig noch abzuwarten bleibt –, so ist doch offensichtlich, dass der öffentlichen Hand dieses Geld für andere wichtige Aufgaben, etwa für Investitionen, fehlt.
Es kann den Steuerzahlern – und damit in Personalunion auch den allermeisten Beitragszahlern – also keineswegs egal sein, wenn immer mehr Steuermittel für die Rente rausgehauen werden. Weil Ministerin Bärbel Bas genau dies aber suggerierte, erntete sie zu Recht Gegenwind.

So zu tun, als habe Steuergeld gefälligst „irgendwie“ und in üppiger Menge vorhanden zu sein, ist freilich typische SPD-Denke. Für den klassischen Funktionär ist es in seiner Staatsvergötterung ja nicht etwa ein Problem, wenn den Bürgern immer weniger Netto vom Brutto bleibt. Ganz im Gegenteil glauben die Bärbel Bas’ dieser Welt, dass dem Staat – also ihnen – dieses Geld zusteht, da sie besser zu wissen meinen, was damit zu tun ist.

Sparen, Ausgabenkritik, schlanker Staat? Um Gottes willen: nein!
So ist auch erklärlich, dass die Duisburgerin gar nicht verstand, was es denn zu lachen gäbe an ihrer Umverteilungslogik. Und deshalb ist es auch ziemlich müßig, nach den Gründen zu forschen, ob ein solcher Satz aus Unfähigkeit oder Kalkül fällt. In der staatsfrömmelnden Bubble der Bärbel Bas ist schlicht und einfach alles im Lot.

Durchaus nicht überraschend kam deshalb auch die primitive Klassenkampf-Breitseite, die die schwerst beleidigte Bundesministerin für Arbeit und Soziales als Revanche einige Tage später beim Juso-Kongress abfeuerte.
„Männer in ihren bequemen Sesseln, der eine oder andere im Maßanzug“ habe sie gesehen, und ihr sei dann klar geworden, „gegen wen wir eigentlich gemeinsam kämpfen müssen“.

Erst mal Respekt, dass eine Sozialdemokratin auf so große Entfernung von einem Rednerpult aus Maßanzüge erkennt. Könnte man die Adressaten als Opfergruppe lesen, müsste man zwar von „Clothing Shaming“ als Spielart des Body-Shaming reden, aber wir wollen nicht kleinlich sein – und uns freuen, dass Bärbel Bas nicht auch noch ein paar dicke Zigarren in den Mundwinkeln der reichen Schnösel hat hängen sehen.
Dann wäre das 1920er-Jahre-Klischee vom bösen Kapitalisten perfekt gewesen. Auch so fühlte man sich durch ihre Worte an die Agitprop-Dinosaurier von der DKP erinnert – nur dass die wahrscheinlich die guten alten „Nadelstreifenanzüge“ gesehen hätten.

In jedem Fall hat die Bundesarbeitsministerin ein Bild von Wirtschaft entworfen, das mit der Realität nichts zu tun hat. Die SPD, so scheint es, begreift es einfach nicht. Es steht derzeit – und noch sehr lange – nicht weniger auf dem Spiel als der Wirtschaftsstandort Deutschland.
Die Rettung wird nur gelingen, wenn die geschmähten Arbeitgeber investieren, Arbeitsplätze schaffen und erhalten – was wiederum Steuern und Sozialbeiträge in allerdings verträglicher Höhe ermöglicht.
Die Politik muss dafür die Grundlage schaffen. Klassenkampftöne und andere Ausflüchte in Teilen der Bundesregierung machen das sicherlich nicht leichter.
Es sei denn, man meint, Wachstum wäre entbehrlich – und Arbeitnehmer sollten doch am besten beim Staat anheuern. Das funktioniert aber allenfalls auf Juso-Kongressen.

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