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Die Ersetzbaren

Ein Runningback, der vier Yards erläuft, hält die Offensive am Leben Foto: Pixabay/Skeeze CC0 1.0

Von Mario Thurnes

Sie gehören zu den Stars und Bestbezahlten der NFL. Doch sie sind die Spieler, die am leichtesten zu ersetzen sind, wenn sie ausfallen: die Runningbacks. Meint zumindest Patrick „Coach“ Esume, Cheftrainer der französischen Football-Nationalmannschaft und Moderator bei Pro7Maxx. Doch zumindest in Dallas und Pittsburgh werden ihm die Fans widersprechen.

Die Quarterbacks und die Receiver sind die Männer für die Gala-Menü-Bilder der NFL: Pässe über 40 Yards, im Vorbeilaufen gefangen und dann noch einen 30-Yards-Lauf in die Endzone drauf gesetzt. Die Runningbacks sind das Brot des Footballs: Der Quarterback drückt ihnen den Ball in die Hand und dann heißt es „Lauf, Forrest!“.

Ein Runningback wird fast immer gestoppt. Erreicht er vier Yards, ist das ein gutes Ergebnis. Denn drei mal vier macht zwölf Yards. Drei Versuche haben die Teams, um zehn Yards zu schaffen. Gelingt das, gibt es drei neue Versuche. Ein Runningback, der vier Yards schafft, hält also die Offensive am Laufen und somit die Chance auf einen Touchdown aufrecht.

In Pittsburgh spielt der spannendste Runningback der NFL: Le’Veon Bell. Das heißt. Er spielt nicht. Denn der 26-Jährige ist im Streik. Derzeit ist Bell durch einen „Franchise Tag“ an die Pittsburgh Steelers gebunden. Einen solchen Tag können die Verantwortlichen ziehen, wenn sie den Spieler auch gegen dessen Willen halten wollen. Dann muss er zu festgesetzten Konditionen weiter für das Team spielen.

Bell ist stilprägend: Während andere Runningbacks gesagt bekommen, durch welche Lücke sie zu laufen haben, dann tun sie das. Auch wenn in dieser „Lücke“ zwischenzeitlich mehrere gegnerische Verteidiger stehen. Bell zögert vorm Loslaufen, wartet, bis sich eine echte Lücke auftut und stößt dann selbstsicher und athletisch hinein. Damit hat er es zu den Superstars der Liga geschafft.

Und er fehlt den Steelers. Sehr. Mit einem Sieg, einem Unentschieden und zwei Niederlagen hat das insgesamt erfolgreichste Team in der Geschichte des Super Bowls einen Fehlstart hingelegt. Und das 14:26 gegen die Baltimore Ravens zeigte, dass es in Pittsburgh auch und vor allem ein Problem mit den Runningbacks gibt.

Bells Ersatzmann James Conner kam gegen die Ravens in neun Versuchen gerade mal auf 19 Yards. Und ein schwaches Laufspiel beeinflusst auch das Passspiel. Funktioniert es, müssen sich die gegnerischen Verteidiger weit vorne aufstellen, um es zu unterbinden. Das erleichtert es dem Quarterback, tiefe, erfolgreiche Pässe zu werfen.

Gegen die Ravens funktionierte das Laufspiel nicht. Und so kam Wide Receiver Antonio Brown – auch ein Star der NFL – gegen die Ravens auf für seine Verhältnisse bescheidene 62 Yards. Quarterback Ben Roethlisberger war gezwungen, verstärkt kurze Pässe auf Ryan Switzer zu werfen. So konnte er wenigstens im zweiten Viertel die Ravens-Defensive beherrschen. Über die gesamte Partie gelang das den Steelers aber nicht.

Wie wichtig der Runningback ist, mussten im Vorjahr auch die Dallas Cowboys erfahren. In der Spielzeit 2016 waren sie das Team der regulären Saison. Das verdankten sie zwei Rookies. Ihrem damals neuen Quarterback Dak Prescott und ihrem Runningback Ezekiel Elliott.

Doch in der vergangenen Spielzeit wurde Elliott für sechs Spiele gesperrt. Ihm wurde häusliche Gewalt vorgeworfen. Weil die Sperre auf Vorwürfen, nicht aber auf einem Urteil, beruhte, klagte Elliott über den Weg der Sportgerichtsbarkeit gegen sie. Letztlich erfolglos. Zum Ausfall in sechs Partien belastete ihn das lange Hin und Her auch über den Rest der Saison sichtbar.

Für die Dallas Cowboys war es eine Saison zum Davonlaufen. Zuerst mussten sie zusehen, wie die Philadelphia Eagles die Division NFC East gewannen – und dann holte der Erzrivale auch noch den Super Bowl.

In dieser Saison spielt Elliott wieder unbelastet. 426 Yards hat er in vier Spielen erlaufen. Damit führt er die Wertung der Runningbacks an. Mit 88 Yards Vorsprung auf den Zweitplatzierten, Todd Gurley von den Los Angeles Rams. Die Cowboys selber stehen bei einer Bilanz von zwei Siegen zu zwei Niederlagen.

Gegen die Detroit Lions reichte es zu einem 26:24. Einen großen Anteil an dem Sieg hatte Elliott, er erlief 152 Yards. Obendrauf kamen noch 88 Yards Raumgewinn durch Bälle, die er fing – und ein Touchdown.

Eine ähnliche Story lässt sich von Sony Michel erzählen. Ihn wählten die New England Patriots in der ersten Runde des diesjährigen Drafts aus – der Verteilung der College-Talente auf die Profiteams der NFL. In seinen beiden ersten Einsätzen kam er zusammen gerade mal auf 84 Yards. Das Laufspiel der Patriots humpelte. Das Erfolgsteam der NFL startete mit einer 1:2-Bilanz.

Doch gegen die Miami Dolphins, selber mit 3:0 gestartet, kam es zu einer Leistungsexplosion. Auch von Michel, der 112 Yards erlief und einen Touchdown schaffte. Die Patriots gewannen mit 38:7 und dass, obwohl sie das letzte Viertel nicht mehr konsequent zu Ende spielten.

Auf die Runningbacks kommt es also durchaus an. Und so dürften die Steelers mit Erleichterung gehört haben, dass Bell sein Comeback plant: für die achte Woche, wenn es gegen die Cleveland Browns geht. Das berichtet Sport1.de.

Für das Comeback gibt es zwei mögliche Begründungen: Die bellsche. Der Runningback sagt, er habe ohnehin nicht bis zum Ende der Saison streiken wollen. Oder die von Sport1.de. Besser bekannt als die realistische: Nur wenn er während der Saison als Spieler zur Verfügung gestanden hat, erhält Bell für die nächste Saison den Status „Free Agent“. Dieser würde ihm ermöglichen, mit einer Franchise seiner Wahl einen neuen Vertrag auszuhandeln.

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