Die Judenfeinde siegen

Hamburgs scheidender Antisemitismusbeauftragter Stefan Hensel. Foto: Senatskanzlei Hamburg • CC BY-SA 4.0

Der Hamburger Beauftragte gegen Antisemitismus, Sefan Hensel, selbst Jude, gibt wegen der Flut antisemitischer Angriffe seit dem 7. Oktober auch auf ihn sein Amt auf. Eine bedauerliche Entscheidung, weil sie Judenhassern Genugtuung verschafft.

Wie verlassen müssen sich Juden in Deutschland fühlen, wenn selbst ein aufrechter Mann wie Stefan Hensel den Anfeindungen nicht mehr stand hält? Seit vier Jahren ist der 45Jährige der erste Beauftragte des Hamburger Senats für jüdisches Leben und die Bekämpfung und Prävention von Antisemitismus. Einer der besten überhaupt. Er hat u.a. dafür gesorgt, dass Antisemitismusbekämpfung als Staatsziel in der Landesverfassung steht. Im Frühsommer jedoch attackiert ihn und seine kleine Tochter ein Islamist, nur weil er ihr im Auto hebräische Schlager vorspielte. Und auch sonst war er wie viele Juden ständige Angriffen ausgesetzt.

Nun kann es es offensichtlich nicht mehr verkraften. Wer wolte es ihm verdenken. „Die ständige Konfrontation mit Hass, Hetze und antisemitischen Übergriffen und Bedrohungen – besonders seit dem 7. Oktober 2023 – sowie der enorme zeitliche Aufwand dieses Ehrenamts haben mich zu diesem Schritt bewegt“, begründete Hensel am Mittwoch seinen Rücktritt zum Jahresende. Künftig wolle er sich den positiven Seiten des jüdischen Lebens widmen.

Ein sehr nachvollziehbarer Wunsch. Und doch ist es traurig und beschämend, dass die Hamburger Gesellschaft und Politik ausgerechnet einen Juden, der dazu beitragen sollte, Jüdinnen und Juden in der Stadt besser zu schützen, nicht genügend schützen konnte, sodass er entmutigt sein Amt aufgibt. Am schlimmsten aber ist, dass nun all die Judenfeinde frohlocken werden, was man ihm keineswegs zum Vorwurf machen darf.

Der Antisemitismus hört nie auf

Ich habe Stefan Hensel zuletzt am Sonntagabend getroffen bei der Premiere eines Theaterstücks zur geplanten Wiedererichtung der zentralen Hamburger Bornplatzsynagoge, fast 90 Jahre nach ihrer Zerstörung durch die Nazis und Anwohner, die nach der Brandstiftung in der Reichsprogromnacht die Fensterscheiben des jüdischen Gotteshauses zerschlugen – daher der lange gebräuchliche Begriff „Reichskristallnacht“, Kultgegenstände und die Thorarollen schändeten, zerstörten und raubten und weitere Feuer legten. Bis die jüdische Gemeinde auf eigene Kosten die Ruine abreißen musste. Und sie das arisierte Grundstück auch nach 1945 vom Senat nicht zurück erhielt.

Das alles schildert das sehr aktuelle Theaterstück eindringlich und erinnert daran, dass der Antisemitismus selbst im liberalen, sozialdemokratisch regierten Hamburg nach dem Ende der Naziherrschaft nie aufgehört hat. Sondern er seit dem schlimmsten Progrom seit der Shoa schreckliche Urständ feiert, diesmal vor allem durch eingewanderte Islamisten und ihre links gelesenen Unterstützer und Hamas-Fans.

Stefan Hensel wirkte bei der Premierenfeier bedrückt. Ich führte das auf den Angriff auf ihn und seine Tochter zurück, weil ich da noch nichts von seinem beabsichtigten Rücktritt wusste. Durch ihn bin ich in die Deutsch-Israelische Gesellschaft (DIG) gekommen, deren Hamburger Arbeitsgemeinschaft er geleitet hatte, bis er das neue Amt übernahm. Was damals übrigens umstritten war, weil er von der jüdischen Gemeinschaft vorgeschlagen worden war. Auch das bezeichnend.

Ich werde wie andere weiter in seinem Sinne in der DIG und auch sonst wirken. Und bin mir sicher, dass er an anderer Stelle dazu beitragen wird, dass jüdisches Leben sichtbar bleibt. Und es besser geschützt wird gegen alle Feinde.

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