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Die Rührküche

Stimmt, es gibt den FC Ruhrgebiet – zuletzt haben die Kochexperten in Berlin das Fest des Westens bekocht. Mit molekularer Crossoverküche versuchen sie sich an der Neuerfindung des Ruhrpottmampf und entwerfen Strammer Max von der Wachtel mit Shiitake oder Knusperbonbon von Panhas mit Chiliapfel. Doch das ist nur eine Seite der kulinarischen Medaille im Revier – die andere ist die "Ruhrküche", wie sie jetzt ein Kochbuch pflegt. Mir geht dieses Büchlein sehr zu Herzen – nicht Ruhrküche, Rührküche!

Foto: Ruhrküche, Garant, 2009

Als gäbe es keinen Innenhafen, keine Technologieparks, kein Starbucks, kein Dekubitas, keine Atkins-Diät, kein Bocuse lebt das Altrevier hier wieder auf. Zum Nachtisch reicht man "Beschwipste Apfelsuppe", "Pumpernickelsuppe mit Rosinen" oder das "Errötende Mädchen". Vorher werden allein derbe, fettige, plumpe fleischreiche Speisen gereicht, als würden sich alle Ruhrgebietler noch Unter Tage Schicht für Schicht die Scheiße aus dem Körper malochen. Und bei dem endlosen Klotzen, Wullacken, Mottecken, Beikommen i´m Streb und vor dem Hammer gehört am Abend schon Specksauce auf den Tisch, Dicke Bohnen, Schlabberkappes, Panhas und als Vorspeise die Hafergrützsuppe mit Backpflaumen!

Also, dringende Kaufempfehlung: Seelenfraß aus einem seeligen Ruhrpott. Ruhrküche, Renningen 2009. Schon für 2.99 bei der Mayerschen.         

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Perik
14 Jahre zuvor

Es geht auch anders: Im soeben erschienenen Edel-Kultur-Ruhr-usw.-Magazin „zwanzig 10“ Nr. 5 gibt’s eine seitenlange Reportage (von mir) über Protagonisten der aktuellen Ruhrgebietsküche. Die vorgestellten fünf Küchenchefs sind auf ihre Weise einzigartig, haben bundes- und zum Teil weltweit Preise und Auszeichnungen eingeheimst und stehen für das hohe Niveau, das hier bei uns halb im Verborgenen erkocht wurde.
Bühler & Bach (2*), Stemberg junior (neudeutsch-regional; FC Ruhrgebiet), Ante Kunac (biozertifiziert, Eurotoques), Lothar Buss (bester Chocolatier; FC Ruhrgebiet) und Heiko Antoniewicz (bestes Kochbuch der Avantgardeküche; FC Ruhrgebiet) sind Exponenten einer visionären Ruhrgebietsküche, von der man bundesweit noch sprechen wird. Und deshalb repräsentiert gottlob eben ein Verein wie der FCR das Ruhrgebiet bei der ITB oder kocht für NRW – und nicht ein Vertreter der nostalgischen Malocherküche. Da könnte man sonst ja gleich sein Grubenhemd anziehen und im Kadett nach Berlin fahren…

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