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Dummheit lacht

Reaktionen unter dem Artikel: „Dresden plant Toten-Transport in andere Bundesländer“ (Abruf: 28.12.20, 14.18 Uhr; Quelle: Facebookauftritt von BILD.de)

Lachen ist eine schöne Sache. Eigentlich. Es bringt Menschen zusammen, erfreut, entlastet. Gemeinsames Lachen kann eine einzigartige Verbindung zwischen Menschen zum Ausdruck bringen, das Lachen über „Insider“ stiftet und betont Gemeinschaft. In Zeiten der Pandemie kann der Witz, der Humor – und damit auch das Lachen – den Irr-Sinn des Alltags erträglich machen. Und doch gibt es ein anderes Lachen.

Den Lachsmiley. Er kommt zunächst harmlos daher, und birgt erst einmal das Versprechen, wie das echte Lachen zu funktionieren. Aber er tut es, zunehmend, und seit Monaten nicht.

Viele schreckliche Nachrichten erreichen uns jeden Tag. Viele stehen mit der Pandemie im Zusammenhang. Meldungen über Tote, über steigende Anzahlen Erkrankter, über menschliches Leid, die traurig, fassungslos oder wütend machen. Sollten. Und doch findet man dann immer und immer wieder den Lachsmiley unter diesen Artikeln in Sozialen Netzwerken, genauer: auf Facebook. Wir hatten das alles schonmal, nach der Flüchtlingssituation 2015 wurden entsprechend Artikel besmileyed.

Wer auf den Lachsmiley drückt, bringt dann dadurch Verachtung, Belächeln, Ablehnung und auch Hass zum Ausdruck. Und letztlich seine eigene Dummheit. Diese Reaktion macht je nach Tagesform traurig bis wütend. Manchmal, aber nicht immer, gehen mit dem Lachsmiley menschenverachtende bis abgrundtief dumme Kommentare einher. Diese kann man wenigstens kommentieren, kann Paroli bieten – auch wenn es ein schmaler Grad ist, zwischen dem Füttern des Trolls und dem Dagegenhalten im Sinne der Menschlichkeit.

Diese Möglichkeit ist bei der reinen Verwendung des Lachsmiley zum Zwecke der Zuschaustellung der eigenen Verrohung und Verdummung genommen. Einen wirklich produktiven, entlastenden Weg zum Umgang mit ihm fehlt. Man kann nur aushalten, sich vergegenwärtigen, dass da eine laute Minderheit letztlich sich selbst entlarvt und diskreditiert.

Schwer zu ertragen bleibt es trotzdem.

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Manfred Michel
Manfred Michel
3 Jahre zuvor

Ich muss einräumen, dass ich auch schon oft den Lachsmiley benutzt habe. ZB. bei einer Phishing- Mail, die an meine Bankdaten wollte. Ansonsten benutzte ich auch schon mal Bilder wie den Nero aus dem Film, "Quo Vadis", oder das legendäre Alfred Tezlaff- Zitat: "Der Sozi ist nicht grundsätzlich dumm, sondern hat nur sehr viel Pech beim nachdenken." Was meinen IQ betrifft, habe ich beim Mensa IQ- Kurz- Test, 21 von 33 Punkten geholt. Ich gehöre also definitiv nicht zu den Hochbegabten. Denn erst wenn man 27 Punkte geholt hat, besteht eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass man einen IQ> 130 hat. Diese narzisstische Kränkung musste ich erst mal verarbeiten. Ansonsten halte ich mich an die Corona- Regeln, Abstand halten, Maske tragen, usw. so gut ich kann. Ich bevorzuge Stoffmasken, die ich waschen und wiederverwenden kann. Nachdem ich sie gewaschen habe, tu ich sie in einem Kochtopf und übergieße sie mit heißem Wasser aus dem Wasserkocher. Ich finde, sie haben auch einen guten Tragekomfort. Ich habe auch immer Ersatzmasken dabei. Nur das beschlagen der Brille geht mir auf den Keks. Ich frage mich aber, wenn die Masken so wichtig sind, warum werden dann die Kosten für Bedürftige nicht übernommen. Ansonsten ist das mit dem Lachsmiley auch ein Ausdruck unserer narzisstischen Bashing- Gesellschaft. Was die Corona- Auswirkungen betrifft, versuche ich mich an seriösen Statistiken zu orientieren.

Susanne Scheidle
Susanne Scheidle
3 Jahre zuvor

@ Manfred Michel
Ich glaube, es ging nicht so sehr um die Verwendung des Lach-Smilies an sich – den Lach-Smilie unter einen geposteten Witz, einen witzigen Cartoon oder ein Katzen-Gemälde von Susan Herbert (oder eine Ratten-Zeichnung von Susanne Scheidle!) zu setzen, ist vollkommen okay.

Nicht okay ist, es zum Brüllen komisch zu finden, wenn – siehe Beispiel oben – Dresden Toten-Transport in andere Bundesländer plant.
Und die Frage, um was für Menschen es sich da wohl handelt, die so etwas tun, ist mehr als berechtigt.

Psychologe
Psychologe
3 Jahre zuvor

" Wir hatten das alles schonmal, nach der Flüchtlingssituation 2015 wurden entsprechend Artikel besmileyed."

Noch schlimmer fand ich früher den folgenden Kommentar unter einschlägigen Threads: "Blubb blubb blubb"

Die Hässlichkeit und Niedertracht des Menschen kennen da keine Grenzen, Herr Kollege. Inzwischen ist ja auch Sozialdarwinismus wieder ganz groß und legitim. Gerade erst wertete jemand in einem Userkommentar (Welt Online oder Zeit Online) die Impfung einer 101-jährigen als "Perlen vor die Säue".

Claudia
3 Jahre zuvor

Auf Twitter gibt es ja ein "Herz", das ein "Like" sein soll – blöd angesichts der Vergangenheit, wo es einfach ein Sternchen war für "merken".
Die bloße Verwendung als "merken" habe ich mir abgewöhnt, nutze es aber durchaus auch als "Belohnung" für die Weitergabe relevanter News (auch wenn das keine "guten" Nachrichten sind.)
Es bleibt jedoch eine zwiespältige Angelegenheit, da ja offen ist, ob man das "Herz" als "die News gefällt mir" oder "gut, dass du es getweetet hast" interpretiert.

Berthold Grabe
Berthold Grabe
3 Jahre zuvor

Tja, es stellt sich eher die Frage ob der Autor den Lachsmiley richtig interpretiert. sicher wird Dummheit dieses Ausdruckselement auch dumm nutzen.
Aber nicht alles was im Auge des Belächelten dumm erscheint muss es auch sein.
Belächelt wird von Vielen wohl auch die naive Sicht auf humane Katastrophen, deren fokus auf Empörung und Mitleid, aber nicht auf echten Lösungen liegt, die sie meist nicht mal anbieten können, außer das Geld anderer Leute in die Hand zu nehmen.
Das ist die ernstzunehmende Kritik dahinter, die offensichtlich von Vielen nicht verstanden wird.
Es ist auch sicher nicht die feine Art so von oben herab damit zu kritisieren, aber die arrogante Selbstüberschätzung vieler Berichterstatter, die zu dem notorisch ignorant gegenüber damit verbundene Problemen agieren, hat das auch massiv provoziert.
Ich weis nicht ob der Autor dies bei seinen Artikeln auch verdient hat oder nicht.
Aber viele solcher Reaktionen sind genau dieser Motivation geschuldet ob nun kompetent oder nicht eingesetzt.

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[…] Coronaverharmloser und Lach-Reaktionen zu Beiträgen über Coronatote machen Pater Tobias wütend. Kurz bevor wir an diesem Abend bei ihm […]

Andreas G.
Andreas G.
1 Jahr zuvor

Diese Schlapplach-Emoji-Setzer haben aus meiner Sicht nichts anderes als ein aufgeweichtes Weizenbrötchen unter der Hirnrinde.

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