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Einbruch ins „Waffenarsenal der Demokratie“

Markus Beisicht, Pro NRW Foto: (CC BY-NC 2.0) , Flickr via strassenstriche.net

Salafisten und Pro NRW bedienen sich beide der Mittel, die ihnen die offene Gesellschaft zur Verfügung stellt, um gegen sie zu kämpfen. Das zu ertragen, ist kein Zeichen von demokratischen Bewusstsein sondern von Dummheit.

Sie haben den gleichen Feind und sind Anhänger autoritärer Ideologien. Die Freiheit des Individuums zählt für sie nichts, die Toleranz, auch die Gleichgültigkeit dem anderen gegenüber, ist ihnen fremd, das friedliche  Zusammenleben der Menschen eine grauenhafte Vorstellung. Pro NRW und andere Rechtsextreme haben vieles mit den Salafisten und anderen autoritären Gruppen auf der Welt gemeinsam. Muss man den ideologischen Überbau ernst nehmen? Sicher, jeder Unterschied ist bei der Beurteilung wichtig, aber der Kern beider Ideologien ist Menschenverachtung und Unterdrückung des einzelnen.

Und ja, das ist bei den Salafisten und beispielsweise offen auftretenden Neonazis deutlicher als bei Pro NRW und anderen Parteien, die sich in Europa im „rechtspopulistischen“ Spektrum treffen. Und ja, diese die Freiheit des Individuums bekämpfende Haltung haben Rechte und Religiöse nicht für sich gepachtet. Feinde der offenen Gesellschaft gibt es auch auf der linken Seite. Aber bleiben wir bei Pro NRW und den Salafisten. Beide haben in den vergangenen Wochen geschickt agiert, fast wie Hooligan-Trupps, die sich zum gegenseitigen Vergnügen zur Schlägerei jenseits des Stadions verabreden.

Den Islamhassern aus dem Umfeld von Pro NRW erscheint der klägliche Haufen um Markus Beisicht, der kaum mehr als ein oder zwei Dutzend Anhänger pro Kundgebung mobilisieren konnte, nun als Stoßtrupp im Kampf gegen den Islam. Und die Salafisten, unter den Muslimen in Deutschland weitgehend isoliert, dürfen sich jetzt als Verteidiger des wahren Glaubens fühlen. Beide haben sich, frei nach Goebbels, in der „Waffenarsenal der Demokratie“ bedient: Pro NRW, in dem es die Pressefreiheit nutzte, um  Gewalt zu provozieren, von denen die Anhänger von Beisicht wussten,  das nicht sie sondern Polizeibeamte die Opfer sein würden. Die Polizisten waren nicht mehr als die Geiseln von Pro NRW im Spiel um die öffentlich Aufmerksamkeit. Das hat nichts mit der Friedfertigkeit von Pro NRW zu tun, sondern ist Taktik. Die Kontakte zwischen militanten Neonazis und Pro NRW sind hinlänglich belegt und beschrieben, ebenso die Vergangenheit nicht weniger Pro Aktivisten in Neonazi-Organisationen. Meiner Ansicht nach ist Pro NRW aus reinem Opportunismus legalistisch.  Aus dem „Waffenarsenal der Demokratie“ nutzt Pro NRW die Presse und Kunstfreiheit sowie die Versammlungsfreiheit. Die schätzen auch die Salafisten von Zeit zu Zeit, nur dass sie das mit dem legalen, vorzeigbaren Arm und den davon formal getrennten Schlägertrupps noch nicht so gut raus haben wie die Rechten.

Aber sozialstaatliche Leistungen und das Aufenthaltsrecht wird von einigen von ihnen auch gerne in Anspruch genommen. Die offener Gesellschaft hat ein großes Herz, auch für ihre erbittertsten Feinde und viele halten das für einen ihrer größten Vorzüge. Ich nicht, ich halte das für Dummheit.

„Im Namen der Toleranz sollten wir uns das Recht vorbehalten, die Intoleranz nicht zu tolerieren.“ schrieb Karl Popper in seinem Buch Die offene Gesellschaft und ihre Feinde. Popper schrieb es 1945 unter dem Eindruck der damals in Europa vorherrschenden autoritären Ideologien, dem Faschismus in Italien und Spanien, dem Stalinismus in der Sowjetunion und dem Nationalsozialismus in Deutschland. Bei allen Unterschieden, vor allem was die rassistische Ausrichtung und rassistisch motivierte Brutalität dieser Ideologien betrifft, eint sie alle die tiefsitzende Feindschaft, der abgrundtiefe Hass auf das Individuum, seine Freiheit  und seine Möglichkeiten. Der Aufzählung muss man heute den religiösen Fundamentalismus zufügen – nicht nur den islamischen. Das  Christentum in Westeuropa ist domestiziert. Es ist ein  Pudel, niedlich anzusehen. Nimmt man den Druck der Domestizierung weg, würde es sich innerhalb kürzester Zeit wieder zum mörderischen Wolf entwickeln, der es über Jahrhunderte war.

Und es gibt keinen Grund, diese Ideologien zu tolerieren. Es gibt keinen Grund, ihnen und ihren Anhängern den Schlüssel zu  „Waffenkammer der Demokratie“ zu geben, denn wenn wir es tun, werden wir irgendwann in den Lauf realer Waffen schauen. Es gibt diesen Satz. Er lautet: Keine Freiheit den Feinden der Freiheit.“ Er ist wahr.

 

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Albrecht Kolthoff
Albrecht Kolthoff
11 Jahre zuvor

Finde ich ausnahmsweise mal nicht so gut. Über den Begriff „Toleranz“ kann man ja vielleicht streiten, er hat ja auch (historisch) etwas mit Duldung von Minderheiten bzw. allgemein von Gruppen durch die jeweils Herrschenden (bzw.durch die Mehrheitsgruppe) zu tun – im Grunde also ein Recht, das sich aus Gnade und Großzügigkeit ableitet. Also: tolerieren muss man das gewiss nicht, aber ertragen, so wie man generell die Existenz Anderer ertragen muss … und dazu gehört auch, Unsägliches und Unmögliches zu ertragen, solange es keine konkrete kriminelle Handlungsweise beinhaltet. Das muss die Linie im Sand sein, nicht die Verwerflichkeit der Ansichten und Überzeugungen.

Tichy
Tichy
11 Jahre zuvor

Was will uns dier Artikel sagen??! Freiheiten und Bürgerrechte noch mehr einschränken und den Rechtsstaat noch weiter abschaffen? „Presse und Kunstfreiheit sowie die Versammlungsfreiheit“.. genau diese wurden in den letzten Jahren und Jahrzehnten doch sukzessive eingeschränkt. Komischerweise merkt man diese Einschränkungen aber fast nur gegen Links oder bei Globalisierungsgegnern. Die (noch vorhandenen restlichen) Freiheiten und Bürgerrechte können also nicht das Problem sein, eher dass unser Staat auf dem rechten Auge blind ist. Man sollte eher mal anfangen z.B. den Verfassungsschutz sofort und komplett abschzuschaffen, das würde mehr braunen Sumpf trockenlegen als alles andere. Ansonsten, was sind die konkreten Vorschläge?

*wink*
Tichy

Kai
Kai
11 Jahre zuvor

Was Schreiberlinge wie Laurin nicht so recht kapieren. Die Schreihälse von Pro NRW sind nicht das Problem. Nazi Ideologie ist fest im Mittelstand verwurzelt. Und sie wird auch wieder hervorkriechen wenn die Zeit da ist.
Mit Hartz IV. Der damit einhergehenden Entrechtung von Menschen und ihrer Verelendung ist der erste Schritt getan. Wer glaubt das Faschismus unbedingt die braune Suppe sein muss in der sich Nazis gerne suhlen, der irrt.
Währt ihr „Intellektuellen“ pennt ist ein neuer autoritärer Staat doch schon längst in Arbeit.
Geduldet und hofiert von den Medien und großen Teilen des sogenannten Mittelstandes, der panische ANgst vor dem Abstieg und dem Verlust seiner Pfründe hat. Leiber buckelt und kriecht als aufzubegehren.
Es fängt damit an das es heißt: „Die können doch die Straße fegen. Die wollen nicht arbeiten“ usw.
Womit es enden „kann“ sollte jeder Deutsche eigentlich wissen.

Besucherin
Besucherin
11 Jahre zuvor

Kai. Was heißt hier ein neuer autoritärer Staat ist in Arbeit ? Er ist längst da. Mein Sohn ist Fußballfan, wenn Polizisten provozieren und alte Leute , angebliche Randalierer zu Boden schmeißen oder 12 jährige mit Pfefferspray attakieren, wissen Sie was dann kommt.
a. in der Presse: Fans haben randaliert.
b. wenn man nach dem Namen zwecks Anzeige den Polizisten fragt, heißt es grinsend Müller!
c. Die Polizisten , ganz schlimm die Bayern und Berliner, können hier treiben wie sie es mögen, manche freuen sich schon auf Einsätze.
In den Zügen fahren immer zivile Polizisten, Azubis als Vermittler mit, die haben mehr damit zu tun mitfahrende Landespolizei zu beruhigen, die kommen gleich mit Pfefferspray, wenn jemand mal ein Bier verschüttet. Letzens wurde ein ganzer Zug vernebelt, die anderen Fahrgäste haben sich sicher gefreut. Sicher gibt es angetrunkene Fans, aber solange diese nur singen oder mal ein Bier verschütten, sollte man großzügig sein. Schließlich sollten wir nicht vergessen, dass Fußball auch ein kleines Ventil für junge Männer ist. Auf alle Fälle besser, als wenn sie woanders ihre Kräfte austoben z.B. bei den Bandidos. Und dies ist auch die Wahrheit, was nicht in der Zeitung steht. Es gibt auch heute Zensur.

Als nächstes, ich komme aus der EXDDR, man sagt bei uns die Überwachung ist schlimmer als zu DDR-Zeiten. Durch Handy und EC-Karte, Kameras in der Stadt oder diese beliebten Bonuskarten werden wir total überwacht. Man weiß, wo, wann, was man tut: Tanken, einkaufen und Handy überwacht deinen gesamten Weg. Schlimm ist auch, das es gar kein Bankgeheimnis mehr gibt.
Wenn die Stadtkasse glaubt Geld zu bekommen, wird gleich ohne Ankündigung dein Konto gepfändet und du mußt zu Behörden, das freischalten lassen und bei der Bank, dauert dies wieder 3 bis 4 Tage da z.B. Deutsche BAnk nur eine Abteilung dafür hat und überlastet ist. Die Pfändungen haben enorm zugenommen.Mir ist das einmal passiert, 2 Wochen ohne Girokonto. Herrlich, keine Sau kümmert sich um dich, ob du noch was im Kühlschrank hast. Seit dem ist für mich die Bank tabu. Ich lasse nur die Abbuchungssachen drauf. Meine Geldanlagen habe ich auch gleich gekündigt. Alles jetzt auf einer deutschen Depobank. Ja da kommen wir zum nächsten großen Problem Schufa, Kreditreform. Da muß der Staat festlegen , dass jeder Bürger 1mal jährlich einen kostenlosen Auszug bekommt, damit er prüfen kann, ob Einträge berechtigt oder aktuell sind. Wo kommen wir denn da hin , hier ist doch jeder 3 Eintrag falsch. Man bekommt dann schlechter Kredite usw. Schufa gibt es nur in Deutschland . In anderen europäischen Staaten geht es ohne und die Staatskrisen haben nun wirklich nichts mit fehlenden Schufaeinrichtungen zu tun. Dies ist eine Riesensauerei. Und ich kann langsam die Befürworter vom Deutschen Reich verstehen. Und hier wird auch alles unter Nazi abgetan. Juristisch haben diese recht, es geht um Verfassung, fehlenden Friedensvertrag usw. also vor Hitler das 2 deutsche Reich. Warum mußte bei der Wiedervereinigung Russland, England, Frankreich zustimmen ? Weil die BRD immer noch juristisch gesehen Besatzungszone ist, also kein souveräner Staat. Es war keine Wiedervereinigung, die DDR wurde nur einverleibt, z.B. wie Saarland. Dies meine ich nur juristisch gesehen, kenne dazu Aussagen von Rechtsanwälten, natürlich bin ich sehr sehr froh, das es wieder ein gemeinsames Territorium gibt. Ich sage mit Absicht nicht Staat. Es hätte längst eine gesamtdeutsche Verfassung her gemußt, da das Grundgesetz ja nur für vorübergehend geschrieben wurde, steht ja auch drin. Im Grundgesetz steht, die BRD hat die Kosten der Besatzungsmächte zu tragen. Wir werden alle für dumm verkauft. Warum ist eigentlich das Finanzamt eine Gmbh ? Die Stadtverwaltung muß eigentlich auch wie jede Firma handeln und nicht ohne Mahnung usw. einfach Pfänden, dies passiert aber am laufenden Band.

Wir haben bereits einen Kontrollstaat, ganz zu schweigen von Telefon und PC-Überwachung. Bei Bedarf bin ich natürlich dafür. Es wird aber schon übertrieben. Der Staat möchte ganz genau wissen , was seine Bürger so machen, mit welchem Recht eigentlich. Gerade kleine Unternehmer werden gegängelt von IHK, Gewerbeamt usw. mit welchem Recht ?

Julia
Julia
11 Jahre zuvor

Presse- und Kunstfreiheit sowie die Versammlungsfreiheit gelten dann also nur für Meinungen, die einem auch genehm sind ? Und werd legt das dann fest ?

Nansy
Nansy
11 Jahre zuvor

Eine Demokratie muss auch die Nichtdemokraten aushalten. Und es gibt ein Gleichheitsgebot laut Grundgesetz, das betrifft eben auch diejenigen, die man nicht leiden kann. Eine Demokratie kennzeichnet besonders auch der Umgang mit Minderheiten. Deshalb ist das Ertragen solcher Gruppen in rechtsstaatlichen Grenzen) auch kein Zeichen von Dummheit.

Blaubart
Blaubart
11 Jahre zuvor

@Besucherin

Was für ein Unsinn.
Leider bräuchte ich mehr als einen Tag um das alles im Detail zu widerlegen und kein Mensch würde es lese, so lang wie es werden müsste.

Daher nur das für Verbraucher wichtige: Der Staat hat längst ein Recht auf Auskunft bei Scoring-Anbietern geschaffen.

Warum wollen immer noch Menschen das Reich zurück? Und wie verirren die sich hier her? Haben die ProNRW in der News suche im Abo?

Freidenker
Freidenker
11 Jahre zuvor

Nach dem Artikel „Salafisten und Pro NRW erreichen ihr Ziel: Gewalt“ und der nachfolgendem Debatte konnte Herr Laurin nicht anders und musste nun selbst zur Tastatur greifen. Um klarzutellen, was man gefälligst unter eine „offenen Gesellschaft“ zu verstehen hat. Und nur wer seine Interpretation teilt, kann auch mit gutem und liberalem Gewissen schlafen, weil er eben nicht dumm, sondern auch ein Freund dieser offenen Gesellschaft ist. Aber auch hier zeigen sich bei den Kommentaren schon wieder einige Unbelehrbare, die es einfach nicht lassen können. Diese Dummen! Es geht allerdings nicht mehr um die Verfassung und um Meinungsfreiheit, sondern um den Kampf gegen rechts, den sich die Ruhrbarone bakanntlich ganz oben auf die Agenda gesetzt hat.

Wie auch schon kürzlich der Gastautor schreibt auch Laurin etwas über Salafisten (und Linke), fokussiert jedoch die Gefahr eindeutig auf die Rechten als wahre Bedrohung für die Menschheit im 21. Jahrhundert. Da kennen die Ruhrbarone keinen Spaß, erst recht keine Meinungsfreiheit mehr – da wird auch alles in einen, den rechten Topf geworfen. Da wird Popper zitiert, Voltaire natürlich vernachlässigt. Da werden Kommentare nicht veröffentlicht. Dieser Kampf gegen Rechts ist löblich und objektiv korrekt; da ist man immer auf der richtigen Seite. Darum gehts doch hier nicht. Es wäre ausgesprochen löblich, wenn die Protagonisten der Diskussion diesen doch recht simplen Sachverhalt intellektuell endlich zu erfassen in der Lage wären: Pro NRW hat ebenso das Recht, sich zu präsentieren, wie die Anhänger der Ostermärsche. Sie müssen ihre Motive auch nicht erst bei Herrn Laurin prüfen lassen, ob sie eine Gefahr darstellen. Aber o.k., suum cuique! Man muss das nicht gut findet, allerdings hinnehmen. Man kann sich dagegen positionieren und dies vorort auch zeigen. Die schlechteste Lösung wäre, das Zeigen der Karikaturen zu verbieten! Gings übehaupt darum in diesem Artikel? Ich weiß es nicht…

btw: Diese rechten Heinis werden in diesem Land eine Randerscheinung bleiben. Man sollte sich solche Artikel merken, in 20 Jahre hervor holen und mit den Entwicklungen in Deutschland (und Europa) vergleichen.

Arnold Voß
Arnold Voß
11 Jahre zuvor

@ Besucherin # 4

„Als nächstes, ich komme aus der EXDDR, man sagt bei uns die Überwachung ist schlimmer als zu DDR-Zeiten.“

Immerhin können sie das hier jetzt alles öffentlich sagen und schreiben, ohne dass sie einer abholt und wegschließt. Kann also nicht mehr ganz so schlimm sein wie in den offensichtlich von ihnen zurückgesehnten DDR-Zeiten, oder?

Arnold Voss
11 Jahre zuvor

@ Freidenker #8

Natürlich gibt es bei den Ruhrbaronen Kommentare, die nicht veröffentlicht werden. Allerdings ist das Meinungsspektrum, auch innerhalb der Ruhrbarone, hier nachwievor so groß, dass auch sie immer wieder zu Wort kommen. Auch mit ihrer Behauptung, dass es hier keine Meinungsfreiheit gäbe. Also bleiben sie bitte auf dem Teppich, Freidenker

Helmut Junge
11 Jahre zuvor

Selbst wenn ich jeden Satz im Artikel unterschreiben könnte, läßt Stefan doch einen Vorschlag vermissen, wie wir Intoleranz „nicht tolerieren“ sollen.
Insofern hat der Artikel einen rein appellativen Charakter. Wir sollen also beginnen darüber nachzudenken, dass hier Entwicklungen im Gange sind, die letztlich unsere Demokratie zerstören können.
Natürlich wissen wir alle, auch der Autor, dass es in der Demokratie Gewaltenteilung gibt, und deshalb Politiker nicht einfach sagen dürfen, die und die wollen wir verbieten.
Was aber sonst?
Ich kann mich ja selber fragen.
Wo also kann ich als Privatperson „weniger Toleranz“ gegen Intoleranz einsetzen?
Jeder kann (theorethisch) Intoleranz als solche erkennen. Aber er könnte sie auch als solche benennen.
Das tun aber viele nicht.
Alleine hier im Thread wird oft Intoleranz nur einer Seite als solche erkannt, bzw. als schwerwiegender als die der anderen Seite bezeichnet. Die Intoleranz der anderen Seite wird verharmlost, oder sogar als Reaktion auf verschiedene Dinge, Vorkommnisse usw. gerechtfertigt. Ja, das gibt es sogar sehr oft, dass jemand glaubt so etwas rechtfertigen zu müssen.
In Wirklichkeit ist Intoleranz gleich Intoleranz. Die menschlichen Grundzüge sind immer gleich. Menschenverachtung, das ist die gemeinsame Basis.
Ich denke, die Rechtfertiger von Intoleranz sollten viel häufiger als solche benannt werden. Einige von denen werden dann sicher in ungläubiges Staunen verfallen, dass sie dazu gerechnet werden. Ja, sie gehören immer dazu.

Thomas Wessel
Admin
11 Jahre zuvor

Ein „mörderischer Wolf“, der eingedrungen ist ins Haus – lat. domus – und freie Individuen gerissen hat, die diesen Wolf nun Tag für Tag „domestizieren“ müssen, so dass er aussieht wie ein „Pudel“, aber ein Wolf im Pudelpelz ist?

Ein seltsamer Einschub in einem sonst so klaren Text, lieber Herr Laurin, der Einschub hat allerdings Folgen, Zitat: „Es gibt keinen Grund, diese Ideologien zu tolerieren.“ DIESE bezieht sich auf Faschismus, Stalinismus, Nationalsozialismus und, wörtlich, „religiösen Fundamentalismus – nicht nur den islamischen. Das Christentum …“ und dann folgt die oben skizzierte Fabel:

„DIESEN“ allen null Toleranz und allen ihren Anhängern „keine Freiheit“? Für rund ¾ der Bevölkerung? Ist das nicht doch etwas wenig an Freiheit?

paule t.
paule t.
11 Jahre zuvor

Aus dem Artikel:
„Das Christentum in Westeuropa ist domestiziert. Es ist ein Pudel, niedlich anzusehen. Nimmt man den Druck der Domestizierung weg, würde es sich innerhalb kürzester Zeit wieder zum mörderischen Wolf entwickeln, der es über Jahrhunderte war.“

Ich formuliere meine – anscheinend nicht veröffentlichungsfähig satirisch knapp formulierte – Meinung dazu mal um: Dieses generalisierte Urteil über eine komplette Religion, sie – und also damit auch ihre Anhänger – seien ausschließlich wegen äußerem Druck und nicht etwa auch aus eigener Einsicht und Lernprozessen zu friedlichem Zusammenleben in der Lage, empfinde ich als Anhänger dieser Religion als ziemlich unverschämte Diffamierung. Es geht ja in dem Satz nicht mehr nur um fundamentalistische Strömungen, sondern gleich um „das Christentum“!

Wenn man das Gegenüber nicht mehr als zum friedlichen Zusammenleben bereit anerkennt, sondern behauptet, dies sei grundsätzlich nur der Zufall der historischen Situation geschildet, ist mMn der Schritt zur grundsätzlichen Diffamierung auch in der aktuellen Situation und den jetzt lebenden Gläubigen gegenüber, wie es PRO NRW und die sonstigen Islamfeinde gegenüber dem Islam tun, nicht mehr weit.

Im Übrigen könnte man dieselbe Verdachtsrhetorik auch gegenüber religionskritischen Stellungnahmen formulieren: „Jetzt sind die Religionskritiker friedlich und beschränken sich auf demokratische Meinungsäußerung, weil die Kirchen noch Einfluss haben und damit die Religionskritik und schach halten. Aber wehe, wenn solche Positionen politisch vorherrschend werden – dann endet es wie im Terreur der Französischen Revolution, wie in der Religionsverfolgung der kommunistischen Staaten.“ Das wäre verleumderischer Unsinn? Natürlich.

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