Energiewende: No future for you

John Lydon 1977 mit den Sex Pistols Foto: Koen Suyk; Nationaal Archief, Den Haag, Rijksfotoarchief: Fotocollectie Algemeen Nederlands Fotopersbureau (ANEFO), 1945-1989 – negatiefstroken zwart/wit, nummer toegang 2.24.01.05, bestanddeelnummer 928-9663 – Nationaal Archief Lizenz: CC0

In der kommenden Woche wird die Bertelsmann-Stiftung eine Studie vorstellen, die zeigt, welche Auswirkungen die Energiewende auf den Wohlstand in Deutschland haben wird. Die FAZ berichtete am Freitag vorab über ihr Ergebnisse. Was passiert, wenn Deutschland seinen nationalökologischen Weg  zur Klimaneutralität weiterhin folgt, auf Sonne und Wind, aber nicht auf Kernenergie oder CO2-Speicherung setzt, wie es fast alle anderen Länder tun? Nun ja: „Im Jahr 2045 hätte sich Deutschlands Wohlstand insgesamt auf rund ein Siebtel reduziert.“ Die Alternative sei, schreibt die FAZ, dass die Wirtschaft in Deutschland weiter wachsen wie bisher, aber aus jeder Tonne CO2 sehr viel mehr Wirtschaftskraft herausholen müsse: „Die Treibhausgas-Intensität müsste viermal so schnell schrumpfen wie bisher. Ist das möglich? Eine „Herkulesaufgabe“ nennt es Studienmitautor Marcus Wortmann.“

Nun ist Deutschland gut darin, sich Herkulesaufgaben vorzunehmen. Mit deren Bewältigung klappt es dann meistens nicht so gut: Der Bau von Eisenbahnlinien, Autobahnen oder Radwegen dauert hier Jahrzehnte und das sind im Vergleich zum Umbau der Energieversorgung eines Industrielandes mit 80 Millionen Einwohnern eher einfache Vorhaben. Realistischer ist also, dass die Klimapolitik dieses Land und seine Menschen ärmer machen wird. Ein Siebtel des heutigen Wohlstandes entspricht übrigens ziemlich genau dem Niveau der 70er-Jahre. Das hatte auch schon die taz-Redakteurin  Ulrike Herrmann in ihrem im vergangenen Jahr erschienenen Buch  „Das Ende des Kapitalismus“ vorhergesagt. Herrmann gelang damit offenbar eine Punktlandung und ihre These, dass es kein grünes Wachstum, sondern nur ein grünes Schrumpfen geben kann wird offenbar durch die Bertelsmänner bestätigt. Ein Land, in dem Energie knapp und teuer ist, ist ein armes Land. Das ist weltweit so und wird in Deutschland nicht anders sein:

Nun waren die 70er-Jahre von der Mode, den widerlichen langen Haaren und der Musik vor Punk einmal abgesehen kein Schreckensjahrzehnt. Man ging damals, wie Herrmann ja auch schreibt, in den ersten Star-Wars-Film, die Menschen hungerten nicht und hatten ein Dach über dem Kopf. Sicher, es gab noch viele Wohnungen ohne Badezimmer und die Toilette auf dem Gang war keine Seltenheit, aber die Menschen kannten es nicht anders. Im Gegenteil, sie kamen sich ziemlich reich vor, denn sie hatten mit dem nach dem zweiten Weltkrieg einsetzenden Boom, der bis in die 70er-Jahre anhielt, eine massive Steigerung ihres Wohlstandes erlebt. Entsprechend ruhig war die politische Lage: Im Bundestag saßen mit SPD, CDU und FDP nur drei Parteien und alle waren irgendwie „Mitte“. Das mit der AfD eine rechtsradikale und der ehemaligen SED eine linksradikale Partei im Bundestag sitzen könnte, wäre für die meisten Menschen eine Horrorvision gewesen. Nichts hatte die Deutschen so sehr demokratisiert wie das Wirtschaftswachstum.

Wenn der Wohlstand zurückgeht und sich die Menschen an Zeiten erinnern, in denen es ihnen und ihrem Land besser ging, sieht das anders aus. Eine Studie aus Jena zeigt, dass in Regionen, die wirtschaftlich abgestiegen sind und in denen den Menschen das auch bewusst ist, vor allem rechtsradikale Parteien aufsteigen.

Wenn wir die Ergebnisse der beiden Studien zusammenfassen, ermöglicht das einen vorsichtig in die Zukunft dieses Landes: Deutschland könnte ein armes und rechtsradikales Land werden.

Für Ulrike Herrmann ist weniger Wohlstand kein Problem. Sie geht zwar davon aus, dass viele Jobs in der Industrie und auch in den Dienstleistungsberufen verschwinden werden, dafür werden neue Jobs in der Land- und Forstwirtschaft entstehen. Natürlich werden nicht alle in Zukunft auf den Feldern im Schweiße ihres Angesichts Biokartoffeln ernten oder Buchensetzlinge in Wäldern pflanzen.
Andere werden einfach dahin gehen, wo ihre Chancen besser sind: Ärzte, Ingenieure, Handwerker und Facharbeiter werden einfach auswandern. Nicht alle, aber viele. Das haben sie in Griechenland nach der Krise 2008 auch getan. Damals verließen mehr als  500.000 von zehn Millionen Einwohnern das Land und fast alle waren sie gut qualifiziert. Und die Griechenland-Krise 2008 war ein Witz im Vergleich zu dem, was auf Deutschland zukommt. Es gibt dann natürlich weniger Ärzte als heute, aber ein armes Land zu sein bedeutet ja auch, sich keine teure Medizin leisten zu können. Man sollte das nur einpreisen, dann ist man später nicht überrascht.

Wer einen Job in systemrelevanten Bereichen wie Genderstudies oder der Umweltverwaltung hat, kann sich natürlich ebenso entspannen wie alle, die Vermögen haben. Wer zum Beispiel wie Luisa Neubauer zum Reemtsma-Clan gehört, Aktien ausländischer Unternehmen besitzt oder Subventionen abkassieren kann, muss sich weniger Sorgen machen als diejenigen, die am Morgen aufstehen und dann zur Arbeit gehen. Die Energiewende war vom ersten Tag an ein großes Umverteilungsprogramm: Wer zur Miete wohnte oder kein Geld hatte zu investieren, zahlte über den Strompreis oder die Steuern die Subventionen, die Besitzer von Solar- und Windparks glücklich machten oder die energetischen Umbauten seines Vermieters.

Sollte es einen Industriestrompreis geben, würde dieses Spiel weiter gehen. Weil nach dem politischen Willen in Deutschland keine günstige Energie geben darf, muss der Strom für die Industrie subventioniert werden, damit die nicht vollkommen ihre Wettbewerbsfähigkeit verliert. Und diese Subventionen zahlen natürlich die Bürger. Das hat in letzte Konsequenz natürlich mehr mit Show- als mit Industriepolitik zu tun. Patrick Graichen, der wichtigste Staatssekretär von Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hat ja schon klar gemacht, dass ihm Industriejobs egal sind. Nur ist allen klar, dass es für die Stimmung im Land nicht gut wäre, wenn VW, Bayer oder Siemens innerhalb kurzer Zeit große Werke dichtmachen würden. Da käme so manche vielleicht auf die Idee nachzufragen, ob dieses Land wirtschaftlich vielleicht doch auf dem falschen Weg sei. Mittelständler sterben leise, da regen sich weniger Menschen auf und hören wir nicht alle seit Jahren, wir würden ohnehin in einer postindustriellen Gesellschaft leben? Das ist zwar Unsinn, die Exporte der Industrie sind nach wie vor die Grundlage des Wohlstandes, aber es passt so schön zur grünen Erzählung.

Gestern wurde Charles III gekrönt. Eine gute Gelegenheit, sich an ein Stück der Sex Pistols zu erinnern. John Lydon sang „God Save the Queen“  1977 anlässlich des silbernen Thronjubiläums von Elisabeth II, der Mutter des grünen König Karl III. Heute klingt es aktuelle als damals:

Don’t be told what you want
Don’t be told what you need
There’s no future
No future
No future for you

Lassen dir nicht vorschreiben, was Sie wollen
Lass dir nicht sagen, was du brauchst
Es gibt keine Zukunft
Keine Zukunft
Keine Zukunft für dich

Mehr:

FAZ: Muss das Wachstum weg?(€)
Ruhrbarone: Energieversorgung: Mit Wind und Sonne steigt Europa wirtschaftlich ab
Ruhrbarone: Wo man sich an verlorene wirtschaftliche Stärke erinnert, wird häufiger AfD gewählt
Ruhrbarone: Bundesregierung will 500.000 Industriearbeitsplätze auf dem Altar der Energiewende opfern

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CTemt
1 Jahr zuvor

Auf eine Technologie wie der Kernkraft zu setzen ist aus folgenden Gründen falsch:

  1. Es gibt noch immer kein Endlager
  2. Keine private (Rück-)Versicherung übernimmt das Risiko
  3. sie ist teurer als Wind- oder Solarenergie
  4. und sie folgt dem alten Konzept der zentralen Enegieerzeugung, aber das Energiesystem der Zukunft muss dezentral bis (fast) autark sein

Wenn sie Ulrike Hermann wirklich verstanden hätten, wüßten sie, dass sie nicht von einem nationalen Alleingang, sondern von einem gemeinschaftlichen Kraftakt aller Länder spricht, also vor allem ALLE Industriestaaten müssen mit einem Wohlstandverlust rechnen und lernen damit umzugehen.

CTemt
1 Jahr zuvor

Deutschland muss bis zum Jahr 2030 den Anteil erneuerbarer Energien am Stromverbrauch auf 65 Prozent erhöhen, um die Klimaziele zu erreichen. Dazu müssen laut einer Schätzung des Bundesverbandes Erneuerbare Energie (BEE) etwa 8.000 bis 9.000 Megawatt (MW) an erneuerbaren Energien pro Jahr neu gebaut werden. Dies entspricht etwa 3.000 bis 4.000 Windkraftanlagen oder 25.000 Hektar Solaranlagen PRO JAHR!
Sollte Deutschalnd dies nicht erreichen, so kann es auch nicht 2045 klimaneutral sein und hat damit zu wenig Energie. Dann muss – wie Ulrike Hermann beschreibt – Energie rationiert werden, denn mit der Natur kann man nicht verhandeln.

Die einzige Freiheit, die wir noch haben ist, entweder die Umstellung jetzt demokratisch und friedfertig anzugehen oder später von den Klimakonsequenzen überrannt zu werden und sowohl die Demokratie als auch Wohlstand zu verlieren.

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