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Formen als Herausarbeiten – Pia Bohrs Skulpturen in Essen

Ein Gespräch am Rande der Vernissage von "Kraft und Anmut – Neue Holzskulpturen von Pia Bohr" im Essener Hotel Margarethenhöhe. Passend zum Namen ihrer Website, piacensored.com, nahezu ungekürzt und fast wie gesprochen.

Ruhrbarone ?: In der Vorstellung gerade wurde Hans Arp und seine Initialzündung für Deine Beschäftigung mit verschiedenen Holzarten angesprochen. Aber er hat doch eher mit Kupfer, anderen Metallen und sogar Papier gearbeitet…

Pia Bohr !:
Es geht nicht um das Material dabei, sondern um die Glätte, die Harmonie, die Rundungen. Und darum wie fasziniert ich war, dass das ein Mann gemacht hat, wo Männer ja vom Klischee her eher grob mit Objekt und Werkzeugen umgehen.

?: Du entwickelst die Skulpturen dagegen schon an den Maserungen, den Gegebenheiten des Holzes allgemein, entlang…

!: Das Holz zeigt mir den Weg, ja. Es ist ein ständiges Kommunizieren auf eine Art. Bei manchen Hölzern stoße ich auf Unregelmäßigkeiten, und manchmal begegnen mir auf dem Weg ins Innere auch ganze Termitenfamilien. Dann ist darin halt eine Rinne, mit der dann gearbeitet wird. Ich schimpfe dann hin und wieder, aber wenn ich angefangen habe, dann wird das auch beendet.

?: Es kommt dann ja immer etwas sehr Aesthetisches dabei heraus. Ist es leicht festzustellen, wann etwas fertig ist?

!: Das Schleifen allein dauert sehr lange, und da ist dann immer der Gedanke, dass hier und da noch etwas verfeinert werden sollte. Aber dann kommt ja immer noch die Ölung – obwohl manche Hölzer das gar nicht bräuchten – und damit leben die Skulpturen dann für mich.

?: Und die dürfen oder sollen ja dann sogar angefasst werden, wie es gerade in der Begrüßungsrede hieß. Auch eher untypisch für den normalen Kunstbetrieb. Es ist doch sicher auch spannend zu sehen, wie die Gäste dann reagieren…

!: Ich komme ja nun nicht von der Akademie oder so, sondern bin wie in der Musik auch Autodidaktin. Schön ist es wenn, wie gerade, direkt ein Mann sagt, wie schön sich das anfühlt. Aber es gibt auch andere Reaktionen. So kann ich in Dortmund zum Beispiel teilweise nicht ausstellen, ohne Mitglied in einer Vereinigung zu sein. Oder manche sagen, meine Arbeit sei sexistisch. Dabei habe ich das doch gemacht!

?: Ich kann mir schon vorstellen, dass da so old school Feministinnen kommen und von Reduktion auf Geschlechtsmerkmale erzählen.

!: Die sollen mal gerne kommen! Die habe ich besonders gerne!

?: Dabei stehen die Skulpturen ja ziemlich deutlich für sich und brauchen gar nicht viel Erklärungen…

!: Ich kann ja verstehen, dass bei einem Beuys oder so jemandem eine Einführung in das Werk nötig ist, aber so ist das bei mir nicht.

?: (zu sich:) Der Kunstmarkt funktioniert halt gerne so: Vereine, Professuren, Kuratorenjobs, Sekundärliteratur…
Zum Titel: "Kraft und Anmut" ist ja eben nicht gerade ein Gegensatzpaar hier. Obwohl Kraft gerade in einer Regionalkultur Ruhrgebiet immer noch vor allem mit Muskeln und Schweiß gleichgesetzt wird….

!: Kraft und Anmut haben vor allem die Skulpturen selbst, damit ist gar nicht mal das Arbeiten daran gemeint, obwohl ich zunächst ja auch mit groben Werkzeugen arbeite. Manche verstehen meine Arbeit und gerade was ich daran liebe halt überhaupt nicht. Wobei viele Männer grundsätzlich Probleme mit Weiblichkeit in der Kunst haben, viele gar nicht und viele ja.

Die Ausstellung im Hotel Margarethenhöhe ist noch bis zum 29. März zu sehen.
Phillip Boa & the Voodooclub sind mit dem neuem Album "Diamonds Fall" ab Ende Februar auf Tour und u.a. am 10. März in der Bochumer Matrix.

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Cathrin B.
14 Jahre zuvor

Ganz ganz phantastisch, dieses Durchsetzungsvermögen! Endlich einmal kein Wenn oder Vielleicht und „Was ist wenn es keinem gefällt, wenn es nicht ankommt..“ Ich weiss, das eine Frau in der darstellenden Kunst kaum eine Daseinsberechtigung hat, wenn sie nicht mindestens ein Studium vorzuweisen hat, nicht mindestens in drei Vereinen mitschimpft..
Zumal ihre Stücke von einem absoluten Talent und einer Schöpfungskraft zeugen. Weiter!!

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