Historische Chance für Wüst: Jetzt ist die Zeit für Vielfalt im NRW-Kabinett

Hendrik Wüst Foto: Raimond Spekking Lizenz: CC BY-SA 4.0


In einem Rekordtempo haben Hendrik Wüst und Mona Neubaur gemeinsam mit ihren Teams den Koalitionsvertrag von CDU und Grünen erarbeitet, heute um 13 Uhr soll er in Düsseldorf vorgestellt werden. Damit stellt sich für Wüst immer deutlicher die Frage, wen er in sein Kabinett berufen soll. Neben den üblichen Abwägungen hat der NRW-CDU-Chef auch eine historische Chance, wenn nicht sogar Pflicht – die CDU muss den Wandel im Land endlich auch in der Spitze anerkennen und eine Frau mit Migrationshintergrund zur Ministerin berufen.

Knapp 18 Millionen Menschen leben in dem bevölkerungsstärksten Bundesland, knapp jeder Dritte hat einen Migrationshintergrund. Und gut eine Million Menschen haben türkische Wurzeln. Aber noch nie gab es einen Minister mit Migrationshintergrund am Kabinettstisch in Düsseldorf. Die Grünen haben vorgelegt und die Kölnerin Berivan Aymaz zur Vizepräsidentin des Landtags gemacht. Jetzt muss Wüst nachlegen. Und er kann.

Gonca Türkeli-Dehnert hat sich in ihrer kurzen Amtszeit als Integrations-Staatssekretärin für ein höheres Amt empfohlen. Sowohl „Rheinische Post“ als auch „Kölner Stadt-Anzeiger“ haben diese Woche deutlich unterstrichen, dass die ehemalige Geschäftsführerin der angesehenen Deutschlandstiftung Integration, erste türkischstämmige Beamtin im Bundeskanzleramt, über Parteigrenzen hinweg als ministrabel gilt.

Wir erinnern uns: Ohne Zögern hat sie 2021 das Amt angenommen, obwohl die Niederlage der Union bei der Bundestagswahl auch katastrophale Auswirkungen auf NRW hätte haben können. Das zeigt vor allem eins: Türkeli-Dehnert setzt sich zu 100 Prozent für die Sache ein. Genau diese Art von Einstellung braucht Wüst. Türkeli-Dehnert, eine Voll-Juristin, kann integrieren, Menschen zusammenbringen und hat in ihrer Partei einen exzellenten Ruf: „Sie versteht die Feinheiten zwischen Machbaren und Anspruch“, betont ein Wegbegleiter.

Mit der Berufung von Türkeli-Dehnert in ein Ministeramt kann Hendrik Wüst auch ein Zeichen nach Berlin senden: Wir als CDU in NRW sind im Jahr 2022 angekommen. Wir verstehen, dass ein diverses Kabinett nicht nur am Geschlecht gemessen wird. Wir stehen für Aufbruch. Zudem wäre es dann die zweite historische Entscheidung einer CDU-geführten Landesregierung. Die Vorreiterrolle nahm 2010 bereits die CDU in Niedersachsen ein. Mit Aygül Özkan wurde die erste Landesministerin mit Einwanderungsgeschichte und muslimischen Glauben ernannt. Sie prägte als Ministerin für Soziales, Frauen, Familie, Gesundheit und Integration ein wichtiges Ressort, gilt heute noch als Vorbild. Auch in Niedersachsen wird übrigens 2022 gewählt, Bernd Althusmann hat gute Chancen, den jetzigen SPD-Ministerpräsidenten abzulösen.

Als mögliche weitere Kandidaten um ein Ministeramt von der CDU im Kabinett Wüst II werden übrigens der ehemalige Unions-Fraktionschef im Bundestag, Ralph Brinkhaus, Staatskanzlei-Chef Nathanael Liminski, Innenminister Herbert Reul, Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann, Heimat-Ministerin Ina Scharrenbach, Verkehrsministerin Ina Brandes, die Bundestagsabgeordnete Elisabeth Winkelmeier-Becker sowie Angela Erwin, Tochter des 2008 im Amt verstorbenen Düsseldorfer Oberbürgermeisters Joachim Erwin, genannt.

Bei den Grünen gelten neben Mona Neubaur die Fraktionsvorsitzenden Verena Schäffer und Josefine Paul, der Verkehrspolitiker Arndt Klocke (sein Partner ist der grüne Bundespolitiker Sven Lehmann, Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend), sowie der Umweltexperte Norwich Rüße (betreibt in sechster Generation einen Bauernhof in Steinfurt) als Anwärter auf einen Ministerposten.

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Frank Frauenstein
Frank Frauenstein
2 Jahre zuvor

Irgendwie fände ich es schön, wenn Posten und Ämter nur nach Qualifikation besetzt würden, und nicht nach Proporz-Denken. Mir wäre es egal, ob es sich um eine Frau oder einen Mann, eine türkischstämmige Dame oder einen deutschen Herren handelt, solange gute Arbeit gemacht wird. Wieso der Autor eine Berufung nach Herkunft wünscht, erschließt sich mir daher nicht.

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