
Die Diskussion um eine mögliche Wiedereinführung eines verpflichtenden Wehr- oder Ersatzdienstes in Deutschland nimmt Fahrt auf. Politikerinnen und Politiker unterschiedlicher Couleur argumentieren mit sicherheitspolitischen Notwendigkeiten, gesellschaftlichem Zusammenhalt oder auch der Stärkung des Zivilschutzes.
Doch unabhängig davon, ob man einen solchen Dienst grundsätzlich für sinnvoll oder überholt hält, gibt es eine Frage, die in der Debatte viel zu oft ausgeblendet wird: die der Gerechtigkeit zwischen den Geschlechtern.
Dienstpflicht nur für Männer? Ein Anachronismus
Sollte der Staat tatsächlich wieder einen verpflichtenden Dienst einführen, dann darf er diesen nicht – wie früher – ausschließlich auf Männer beschränken. Alles andere wäre im Jahr 2025 nicht nur anachronistisch, sondern auch schlicht unfair.
Die Bundesrepublik versteht sich als moderne Demokratie, in der die Gleichberechtigung von Frauen und Männern verfassungsrechtlich garantiert ist. Warum sollte also ein so gravierender Eingriff in die persönliche Freiheit, wie es die staatlich angeordnete Dienstpflicht darstellt, nur für eine Hälfte der Bevölkerung gelten?
Gleichstellung heißt auch gleiche Pflichten
Das alte System, bei dem nur junge Männer zwischen Wehrdienst oder Zivildienst wählen mussten, während Frauen gänzlich befreit waren, war schon damals ein schmerzhafter Ausdruck doppelter Standards. Es verfestigte stereotype Rollenbilder: Männer als „Verteidiger“ des Landes, Frauen als „zu Beschützende“.
Wer Gleichstellung ernst meint, kann diese Logik heute nicht mehr vertreten. Denn Gleichberechtigung bedeutet nicht nur gleiche Chancen und Rechte, sondern auch gleiche Pflichten.
Ein Dienstjahr für alle – oder gar nicht
Natürlich kann man argumentieren, dass Frauen in der Vergangenheit durch Schwangerschaft und Kindererziehung ohnehin besondere gesellschaftliche Lasten getragen haben. Aber genau deswegen braucht es eine ehrliche Debatte darüber, wie ein moderner Dienst gestaltet sein müsste: flexibel, mit Rücksicht auf Lebensumstände – und eben für alle. Ein verpflichtender Dienst nur für Männer wäre dagegen nichts anderes als institutionalisierte Diskriminierung.
Wenn die Politik also wirklich einen „Dienst für das Gemeinwohl“ will, dann muss sie die Karten offen auf den Tisch legen: gleiche Lasten für alle, gleiche Chancen für alle. Alles andere würde die ohnehin bröckelnde Akzeptanz staatlicher Eingriffe weiter untergraben und das Vertrauen in die Idee von Gleichberechtigung beschädigen. Ein neues Pflichtjahr, das nur Männer betrifft, wäre ein Schritt zurück – nicht nach vorn.
