Markus Töns und die große Vergesslichkeit der SPD


Der SPD-Politiker Markus Töns (MdB) hat Bedenken bei der Zuwanderung in der EU – Foto: Frank Sikorski

Im Gelsenkirchener Lokalteil der WAZ war vor einigen Tagen Erstaunliches aus den Reihen der SPD zu lesen. Der Bundestagsabgeordnete Markus Töns räumte Fehler der Politik ein. Gemeint war die Osterweiterung der Europäischen Union und die Aufnahme von Bulgarien und Rumänien im Jahr 2005. In Gelsenkirchen kam es in der Folge zu einer Armutszuwanderung in die Schrottimmobilien der Stadt. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat nun die Aufnahme von Serbien, Kosovo, Albanien, Montenegro, Bosnien-Herzegowina und Nordmazedonien in die EU gefordert.

Eine Entwicklung, die seinem Parteifreund Markus Töns die Schweißperlen auf die Stirn treibt: „Das wäre politisches Harakiri. Ich verstehe die Zukunftsängste in Gelsenkirchen“. In Gelsenkirchen gibt es etwa 3000 Wohnungen in rund 500 Schrottimmobilien. Sie sind in einem katastrophalen Zustand und werden von kriminellen Zwischenhändlern gerne an Zuwanderer vermietet. Mit dem Interventionsteam Ost und dem 100 Millionen Euro schweren Landesprogramm „Zukunftspartnerschaft“ versucht die Stadt, die Häuser vom Markt zu nehmen. In die Quere kommen ihr dabei Spekulanten, die bei Zwangsversteigerungen heruntergekommene Häuser aufkaufen und kein Interesse haben, hier den vollen Kaufpreis zu zahlen. Hier wäre eine Gesetzesänderung nötig, die aber auf sich warten lässt.

Der „Europapolitiker“ Töns will die Fehler der Vergangenheit vermeiden, ohne sich selbst dafür verantwortlich zu machen. Er war von 2005 bis 2017 Landtagsabgeordneter in Nordrhein-Westfalen und wechselte dann in den Bundestag. Seit 2013 regiert die SPD im Bund mit und trägt Verantwortung für die Entwicklung. Kritische Worte zur Verarmung in Gelsenkirchen und anderen Revierstädten waren von dort bisher nicht zu hören. Nun droht sich die Situation durch die Aufnahme der Westbalkanstaaten weiter zu verschärfen. Dabei würde ein Blick auf die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Beitrittskandidaten helfen, die Lage besser einzuschätzen. Das wäre schon bei Rumänien und Bulgarien sinnvoll gewesen. Das Bruttoinlandsprodukt ist eine volkswirtschaftliche Kennzahl, die den Gesamtwert aller Güter und Dienstleistungen angibt, die innerhalb eines Wirtschaftsjahres innerhalb der Landesgrenzen einer Volkswirtschaft erwirtschaftet werden. Beitrittskandidat Montenegro liegt hier auf Platz 151, zwischen Somalia und dem Sudan.

„Man darf nicht die gleichen Fehler machen wie beim EU-Beitritt Rumäniens und Bulgariens“, fordert Töns. „Man hätte die Länder verpflichten müssen, sich um ihre Minderheiten zu kümmern.“ Der Umgang mit der eigenen Verantwortung für politische Fehler muss vor dem Hintergrund der Regierungsbeteiligung der SPD anders aussehen. Hier hofft man auf die Gedächtnislücken der Wähler. Inzwischen ist Gelsenkirchen die ärmste Stadt Deutschlands und viele Bürger sehen ihre Heimat von der Politik vergessen. Welche Lösungsvorschläge hat Markus Töns? Manchmal sagen Antworten auf einfache Fragen sehr viel über die Haltung von Menschen. Auf der Internetseite Abgeordnetenwatch können Bürger Fragen an Abgeordnete stellen.

Hier die Frage eines Bürgers an Markus Töns:
20.05.2023
„Ist es nicht ironisch, dass ein Bundestagsabgeordneter im Durchschnitt 121.000 € verdient, während in Gelsenkirchen das Durchschnittsgehalt bei 17.000 € liegt? Warum ist das so?“

Hier die Antwort von Markus Töns:
SPD – 23.05.2023

„Die große Verantwortung, die Abgeordnete in ihrer Funktion als Gesetzgeber tragen, die hohe Arbeitsbelastung und das berufliche Risiko, das mit der befristeten Tätigkeit als Parlamentarier verbunden ist, werden häufig nicht ausreichend berücksichtigt“.

Vielleicht stellen Sie – die Leser unseres Blogs – Markus Töns ja mal eine Frage. Vielleicht zu EU-Politik, Armutszuwanderung, Schrottimmobilien und dem Gedächtnis der SPD? Wir freuen uns auf die Antworten.

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