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„Schon gehört?“

Zu Besuch beim Hörbuchfestival Lüdinghausen. Von unserer Gastautorin Marie-Claire Delarber.

Aus einem Ort, der eigentlich zum Sehen einlädt, zum Ansehen, Zusehen und Entdecken, wurde letzten Sonntag nun bereits zum vierten Mal ein Ort, an dem es nur um eins geht: um das Hören, genauer: das Zuhören. Gemeint ist die malerische Burg Vischering in Lüdinghausen, ländlich gelegen zwischen Dortmund und Münster. Beate Barth, die Inhaberin des Hörbuchverlages Pit&Land veranstaltet hier jährlich ein ganz besonderes Event für Liebhaber des Hörgenusses: Den Lüdinghauser Hörbuchtag. Hier treffen Interessierte und Fans auf renommierte Hörbuchsprecher, die Auszüge ihrer Hörbücher in Lesungen präsentieren. Zusätzlich gibt es ein buntes Rahmenprogramm, diesmal bestehend aus dem Auftritt des Saxophonquartetts „Pindakaas“, welches ihr Repertoire von anspruchsvollem Jazz und Klassik, bis hin zu Interpretationen bekannter Pop-Klassiker in ein komödiantisches Theaterstück einbetteten, sowie das Projekt:“Eine Stadt spricht ein Hörbuch!“ bei dem Einwohner und Besucher die Chance hatten, am Entstehungsprozess eines Hörbuches hautnah teilzuhaben, in dem sie selbst in einem Nebenraum der Burg Gedichte von Annette von Droste-Hülshoff für eine Hörbuchproduktion einsprachen.

Auch ich legte gleich los, mit dem Gedicht „Die tote Lerche“ und wurde während des Aufnahmeprozesses tatkräftig vom Aufnahmeleiter und einer Assistentin, die mir als Laie Tipps beim Einsprechen gab, unterstützt.  Überraschenderweise war ich schon nach fünf Minuten fertig (obwohl ich damit gerechnet hatte viel länger zu brauchen), muss auf das Ergebnis aber leider noch einige Wochen warten, denn da offensichtlich ohne Schnitt beim „Hörbuchmachen“ aufgenommen wird, konnte ich mir das Resultat vor Ort noch nicht zu Gemüte führen.

Zudem wurde die Burg Schauplatz eines einzigartigen Projektes, bei dem Fünftklässler eines ortsansässigen Gymnasiums Rittergeschichten schrieben, von denen die besten zehn von namhaften Sprechern wie Johannes Steck eingesprochen und beim Hörbuchtag inklusive eine liebevoll gestalteten Booklets verkauft wurden: der Erlös ging an die Klasse selbst. Voller Stolz hörten die jungen Autoren zu, wenn ihre Geschichte von bekannten Stimmen aus Film und Fernsehen auf der Bühne zum Besten gegeben wurden.

Auch wenn aufgrund des schönen Wetters der große Besucheransturm ausblieb: Das begeisterte Publikum zeigte, dass das Hörbuch immer noch ein ernst zu nehmendes Medium ist.  So unterschätzt Karl Menrad, bekannter Regisseur, Schauspieler und Hörbuchsprecher, auf keinen Fall den Einfluss des Hörbuches. Aus Erfahrung weiß er, dass dieses gerade bei den Jüngsten erstaunlich hohen pädagogischen Wert hat und vor allen Dingen die Lust am Lesen erwecken kann. So wollen viele der Kinder, so Menrad, nachdem sie zunächst begeistert das Hörbuch gehört haben, sich bald darauf mit der Buchvorlage befassen. Dass die Stimme eines Karl Menrad Kinder begeistern kann, ist nicht schwer zu verstehen. Nicht nur die jüngeren Besucher seiner Lesung aus dem „Kleinen Ritter Trenk“ (Kirsten Boie) lauschten gebannt und lachten mitunter laut, wenn Menrad die einzelnen Charaktere mit erstaunlich vielfältigen Dialekten und Sprechweisen in den Köpfen der Zuhörer zum Leben erweckte, nein, auch die erwachsenen Zuhörer konnten das eine oder andere Schmunzeln nicht unterdrücken. „ Die Gestaltung der Stimmen der einzelnen Charaktere wird den meisten Sprechern von den Autoren selbst überlassen. Das ist etwas natürliches, die Ideen, wie der eine oder der andere Charakter klingen muss, kommen einem spontan beim Leseprozess. Man hat da meistens alle Freiheiten.“, erklärte Menrad. Er selbst fand durch Zufall zum Hörbuch, wurde spontan als Sprecher entdeckt und übt diesen Job seitdem mit Leidenschaft aus. „Es macht einfach eine riesen Freude“, so seine Antwort auf die Frage, was denn genau das Reizvolle am Sprechen von Hörbüchern sei.

Ob Düsseldorfer Stadtsagen, Thriller oder Kindergeschichten, die familiäre und dennoch erhabene Atmosphäre der Burg Vischering bot eine angemessene Plattform für sie alle. Denn in alten Rittersälen, romantischen Burginnenhöfen und alten holzvertäfelten Kämmerchen hört es sich gleich doppelt so gut: Für die Veranstalter und auch die Besucher war der vierte Lüdinghauser Hörbuchtag ein voller Erfolg.

 

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