NRW: Sichere Mandate statt Neuwahlen!

Vieles in NRW spricht für Neuwahlen. Für eine große Koalition spricht dagegen vor allem die Angst der Abgeordneten vor dem Verlust ihrer Mandate.

In NRW gibt es viele Gründe für Neuwahlen: Die Wunschkoalitionen von CDU und SPD haben keine Mehrheit. Dreierbündnisse wird es  nicht geben. Die beiden nicht mehr ganz so großen Volksparteien haben Probleme, sich in ihrem Patt darauf zu einigen, wer Koch und wer Kellner einer großen Koalition werden soll.

Kellner, das hat die SPD spätestens in großen Koalition unter Merkel gelernt, kann ein undankbarer Job sein.

Eine Koalition sollte auf einer halbwegs stabilen Basis stehen. Das wird in NRW bei einer großen Koalition kaum der Fall sein: Dafür ist das Mißtrauen zwischen Union und SPD zu hoch. Auch wenn man sich inhaltlich einigen könnte.

Das sind eigentlich gute Gründe für Neuwahlen – auch wenn viele Wähler nicht gerne wählen gehen. Ich kann dieses Nichtwählerverhalten zwar nicht ganz nachvollziehen, weil der Aufwand wirklich nicht groß ist, aber naja.

Warum es trotzdem eher nicht zu Neuwahlen kommen wird? Eine Mehrheit für die Auflösung des Landtages ist einfach nicht in Sicht – denn kaum einer der gerade frisch gewählten Landtagsabgeordneten kann sich dafür begeistern. Es geht ihnen nämlich auch um die eigene Zukunft, das eigene Mandat. Politische Überlegungen werden da ganz schnell zweitrangig.

Käme es zu Neuwahlen, würden die Wahllisten auf Parteitagen neu aufgestellt. Alle, die über die Liste in den Landtag gekommen sind, müssten zittern: Erhalten sie wieder einen guten Listenplatz? Und was ist überhaupt ein guter, sicherer Listenplatz? Das künftige Wahlergebnis kennt niemand.

Das gilt nicht nur für FDP Abgeordnete, die sich an dem Tag, an dem Neuwahlen beschlossen würden, schon mal beim Arbeitsamt melden könnten. Auch Grüne, Linke und SPDler müssten zittern. Die CDU brachte  keinen Abgeordneten über die Liste in den Landtag.

Die Karten würden neu gemischt.

Das gilt wenn auch abgeschwächt ebenfalls für die Abgeordnete, die ihre Wahlkreise direkt gewonnen haben. Bei einigen Siegern war der Vorsprung knapp. Zum Teil, wie im Kreis Recklinghausen, machten wenige hundert Stimmen den Unterschied. Auch solche Wackelkandidaten werden wenig Freude an Neuwahlen haben. Und nicht alle würden wieder aufgestellt.

Die Trägheit der Masse ist damit die Basis einer großen Koalition. Nur wenige werden ihre Mandate riskieren wollen, denn diese bieten immerhin fünf Jahre persönliche Sicherheit. Nicht die schlechtesten Aussichten in Zeiten wie diesen.

NRW-Neuwahlen: Letzte Chance für die Ampel

Verblühende rotgelbgrüne Tulpe
Die Ampel

Die Ampel ist tot? Die FDP will nicht mit Grünen und SPD? Das könnte sich in ein paar Monaten ändern. Wenn über Neuwahlen diskutiert wird.

Es reicht weder für Rot-Grün noch für Schwarz-Grün. Jamaica scheitert an den Grünen. Rot-Rot-Grün wird schwierig. Die FDP will die Ampel nicht – im Moment.

Denn wenn in ein paar Monaten keine neue Koalition zustande gekommen ist und die Rest-Regierung-Rüttgers mit dem Haushaltplanungen 2011 beginnt, wird von Neuwahlen gesprochen werden. SPD, Grüne und Linkspartei müssen die bislang nicht fürchten: Sie haben ihre Wähler nicht enttäuscht sondern die in sie geweckten Erwartungen weitgehend erfüllt. Bei der Union sieht das im Moment anders aus: Sie würde wahrscheinlich ein paar Prozent verlieren, könnte sich aber vielleicht noch immer in eine große Koalition flüchten. Die FDP würde auch ein paar Prozent verlieren – bei 6,7 kann das aber schnell gefährlich werden.

So toll sich Papke und Co auch dabei fühlen, das hohe Lied der Opposition zu singen – aus dem Landtags rauszufliegen ist sicher nicht ihr Wunsch. Regelmäßige Erwerbsarbeit, wohlmöglich noch in der freien Wirtschaft, das wollen die Papkes nicht. Gut möglich, dass sie dann noch einmal alles überdenken, ihre Verantwortung für das Land ins Feld führen, demokratietheoretische Defizite bei Neuwahlen entdecken und und und… . Wenn die SPD die Ampel will, sollte sie beginnen, über Neuwahlen zu diskutieren. In ein paar Wochen.

Und wer weiß – vielleicht fliegt ja auch die Linkspartei dann aus dem Landtag.

Der Ruhrpilot

Der Westen: Verschlimmbessert…Pottblog

CDU: Röttgen rangelt um Chefposten…Stern

NRW: Moron warnt SPD vor Linksbündnis…Spiegel

NRW II: Linke sondieren Bündnis in NRW…Bild

Ruhr2010: Hanna Schygulla gastiert erneut bei den Ruhrfestspielen…Der Westen

Ruhr2010 II: Wettbewerb zur Ruhrgebietsküche…Genussbereit

Ruhr2010 III: Festival Akzente verspricht magische Momente…Der Westen

Bochum: Europäische Bildungskongress Ende Mai…Bo Alternativ

Bochum II: Mobbing Vorwürfe gegen Ex-Polizeipräsident…Ruhr Nachrichten

Dortmund: Mehrheit der Dortmunder für Airport-Ausbau…Ruhr Nachrichten

Gelsenkirchen: Sommerfest in der Künstlersiedlung Halfmannshof…Hometown Glory

Blogs: Das neue Sozialhilfeniveau für Profiblogger…Blogbar

Arbeitsagentur: Bescheide jetzt ganz easy…Law Blog

Rotterdam: Genosse Ahmed…Achse des Guten

Online: Six Things You Need to Know About Facebook Connections…Zoom

Tauss: Prozess beginnt heute…Welt

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Überläuferträume

Seit gestern Vormittag geht das Gerücht rum, ein Überläufer aus der Fraktion der Linkspartei könnte Rot-Grün die Mehrheit sichern.

Eine Stimme fehlen SPD und Grünen zu einer Rot-Grünen Mehrheit im Landtag. Seit gestern Vormittag geistert das Gerücht herum diese eine Stimme könnte von einem Überläufer aus den Reihen der Linkspartei kommen. Nun gab und wird es immer wieder Fraktionswechsler gegen. Bis vor kurzem war der einzige Vertreter der Linkspartei, Rüdiger Sagel, selbst so einer: Der Wechsel von den Grünen zur Linkspartei sicherte Sagel sein Landtagsmandat, dass bei den Grünen nicht mehr sicher war.

Das ist reines Wunschdenken. Nicht weil Linken-Pressesprecher Ralf Michalowsky in der WAZ diese Gerüchte als „albern“ bezeichnet, sondern weil sie weder SPD noch Grünen nutzen würde: Eine Regierung, die ihre Mehrheit durch einen gekauften Abgeordneten hätte, wäre ohne Legitimation. Sie würde nicht den Willen der Wähler entsprechen, der nun einmal für ein kompliziertes Wahlergebnis gesorgt hat. Und ohne eine starke Legitimation kann man nicht fünf Jahre lang ein Land regieren.

Die Überläuferträume zeigen den Wunsch einiger, sich der Probleme, die das Wahlergebnis gebracht hat, zu entziehen: Wäre es nicht schön, wenn sich alle Schwierigkeiten wie durch ein Wunder von selbst auflösen würden?

Das wird nicht geschehen. Die Parteien haben eine harte Nuss zu knacken. Sie müssen eine politische Lösung finden und ein politisches Risiko eingehen. Das ist jetzt ihr Job. Und übrigens: Ein Überläufer aus der FDP oder SPD könnte auch Schwarz-Grün sichern. Die die jetzt von einem Linkspartei-Überläufer träumen würden dann am lautesten Zeter und Mordio schreien.

Schwarz-Grün kommt trotzdem näher

Klar, die ganze Aufregung der letzten Stunden kreist um den einen Sitz, der Rot-Grün letztendlich doch fehlt. Vielleicht bremst er tatsächlich das gestrige Retrogetue. Merkel zieht weiter wirkungsvoll ihre Strippen, und nur wenige merkens.

Rüttgers ist aus dem Verkehr gezogen, wahrscheinlich hat er einen Anruf aus Berlin bekommen, wie einst der abgetretene Kölner CDU-OB-Schramma („U-Bahnen in dichtbesiedelten Gebieten nicht mehr verantwortbar“) keinen Anschluss ins Ministerpräsidentenbüro bekam. Egal ob nun Laschet oder Röttgen inthronisiert werden (mein Tipp: Röttgen ist cleverer und verzichtet auf dieses Bausoldatentum), beide werden den Berliner Auftrag, weitere schwarz-grüne Fäden zu spinnen, weiterverfolgen.

Merkel sind gestern mehrere Steine vom Herzen gepurzelt:

1. Die FDP ist auf ihre tatsächliche Einflussgröße reduziert und bei Bedarf jederzeit auswechselbar. Merkel hat die Ausrede, sie würde ja gerne so viele schöne neoliberale Sachen, aber leider, leider, der Bundesrat ….. usw.

2. Wenn das Sektentum in der FDP zu weit um sich greift, hat Merkel die freie Wahl zwischen SPD und Grünen. Mein Tipp: vor der Bundestagswahl wäre die SPD billiger zu haben (staatspolitische Verwantwortung, wichtiges Steinmeier-Gesicht usw.). Nach der nächsten Bundestagswahl: kann man jetzt noch nicht wissen.

Die Grünen jubeln. ABER:

1. Das NRW-Ergebnis wirkt großartig, „verdoppelt“, aber von niedriger Ausgangsposition. Die Bundesumfragen, die bei allen Instituten um 14-16% liegen und auch schon auf 18 waren, wurden in NRW weit verfehlt. Viele Rot-grüne WechselwählerInnen sind zur SPD zurückgegangen. Dass sie jetzt vielleicht eine Große Koalition kriegen, haben sie natürlich nicht gewollt. Werden sies jemals lernen?

2. Dafür haben die Grünen etliche Schwarze mit ihrer Zweitstimme eingefangen. Ich kenne zwei über 70-jährige Männer persönlich, die erstmals dabei waren. So findet bereits ein WählerInnen-Austausch bei den Grünen statt, der Merkel sehr recht sein kann.

Folgender Gefahr für die CDU muss Merkel ins Auge sehen und hat noch keine Lösung: Der Kern der CDU schmilzt dahin, wie es die SPD schon hinter sich hat. Die sicherheitsbedürftigen, konservativen Katholiken lernen in diesen Wochen, dass auch eine Schwarz-Gelbe Wunschkoalition nicht die Sicherheit schafft, für deren Verlust sie so gerne Rot-Grün verantwortlich gemacht haben, siehe die Griechenland- und Euro-Krise. Sie sind am Sonntag zuhause geblieben, sie verstehen die Welt nicht mehr, auch ein Bildungsproblem. Merkel wird sie nur mit Roland-Koch-Strategien zurückgewinnen können, mit denen sie die schwarz-grünen Fäden durchtrennen würde. Ausserdem würde sie sich international und geopolitisch damit desavouieren. Diesbezüglich hat sie jetzt schon in EU und Eurozone zuviel Schaden angerichtet. Sie hats eben auch nicht leicht. Aber sie lernt.

Immerhin: Freitag im Bundestag zur Griechenland-„Hilfe“ haben Regierung und Grüne zusammen gestimmt. Sowas vergisst die Kanzlerin nicht.

NRW-Landtagswahl: „Morgen Kinder wihird es was geben…“

Gleich gehe ich wählen. Und ich weiß wo ich meine Kreuzchen machen werde. Schade ist, dass mir keiner sagte, was in den nächsten Jahren auf mich zukommen wird.

Es wird gespart. Sobald die Koalitionsverhandlungen abgeschlossen sein werden. Egal welche Koalition es geben wird. Und es wird hart gespart werden: Im Bund, im Land und in den Städten. Getrost kann man alle Wohltaten vergessen, die im Wahlkampf angekündigt wurden. Ich hätte mich gerne zwischen verschiedenen Sparkonzepten entschieden, aber die wollte mir ja niemand erklären.

Vielleicht gibt es auch gar keine verschiedenen Sparkonzepte. Vielleicht wird einfach auf die Ausgabenbremse getreten dass es kracht.

Ich glaube viele ahnen, dass dieser Wahlkampf eine noch schlimmere Show-Veranstaltung  war, als die meisten vorher gehenden Wahlkämpfe.

Das Interesse an der NRW-Wahl war nur in den Medien groß,  die Wahl hatte  massive Auswirkungen auf die Bundespolitik der vergangenen Monate.

Aber habt ihr das Gefühl, dass die Menschen der Wahl entgegenfieberten? Die Einschaltquoten des Duells Rüttgers-Kraft im WDR waren mies. Bei uns liefen viele NRW-Wahl-Geschichten höchstens im Schnitt, oft aber auch stark drunter.

In Kneipen und auf Partys habe ich mehr Gespräche über das iPad, Apple, das miese Wetter und die Griechenland-Krise miterlebt, als über die NRW-Wahl. An den Ständen der Parteien war wohl auch nicht die Hölle los. Und die politischen Veranstaltungen waren oft schlecht besucht. Wechselstimmung? Angst vor Rot-Rot-Grün? Hoffnung auf einen Aufbruch? Ich habe davon nichts mitbekommen.

Außerhalb der Medien und der Politik hat der Wahlkampf die Menschen nicht erreicht. NRW-Themen schon gar nicht. Das könnte sich in den nächsten Monaten ändern, wenn die Sparpläne auf den Tisch kommen. Dann wird es sich rächen, dass die Parteien diese Wahl nicht dazu genutzt haben, sich die einstehenden Einschnitte vom Wähler legitimieren zu lassen.

Bauausstellung 2.0 und der Wahlkampf

Blühende Landschaften an der Emscher versprach Ministerpräsident Jürgen Rüttgers Mitte April dem Wahlvolk. Das sollte zwar nicht sofort geschehen, aber mit einer Neuauflage der Internationalen Bauausstellung will der Landesvater neue Maßstäbe setzen. „Wir wollen ein grünes Band von Dortmund bis Duisburg schaffen, das weit über die reine Renaturierung der Emscher hinausgeht“, erklärte er vor geladenem Publikum beim Politischen Forum in Essen.

IBA II soll das Projekt heißen, aber weitere Erläuterungen blieb Rüttgers bislang schuldig. Etwas mehr Aufklärung verspricht ein Positionspapier aus der Staatskanzlei in Düsseldorf. Da wird das Emschertal bis 2020 zum Herzstück der Metropole Ruhr aufgewertet und die Botschaft spart nicht mit starken Worten: „Es verbindet Arbeiten, Wohnen, Freizeit, Kunst und Umweltschutz zu einem europaweit einzigartigen Modellprojekt für mehr Lebensqualität, mehr Kreativität und sozialen Zusammenhalt in der umweltfreundlichen Industrieregion der Zukunft“. Natürlich fehlt nicht der allgegenwärtige Hinweis auf Neuauflage „eines Programms für Kreativquartiere, die im neuen Emschertal konzentriert werden“. Das kreative Element ist mittlerweile eine politische Allzweckwaffe, wenn man sich besonders modern und innovativ geben will. Die Realität der Kreativen an der Ruhr sieht leider anders aus und die Arbeitsbedingungen sind weiterhin schwierig. Dazu tragen die öffentlichen und kommunalen Institutionen bei, die Aufträge lieber an vermeintlich hippe Agenturen aus Düsseldorf oder Köln vergeben.

Es steht nicht die Umnutzung alter Industriegebäude auf der Agenda der Landesregierung, sondern die Entwicklung einer „Zukunftswerkstatt“. So sollen „innovative und zukunftsfähige“ Konzepte des Städtebaus entstehen. Dazu will Jürgen Rüttgers „die besten internationalen Architekten, Städteplaner und Denker wie Richard Senett, Saskia Sassen, John Howkins, Charles Landry, Richard Florida, Martin Heller, aber auch Künstler wie Ai Wei Wei oder Olafur Eliasson“ an die Emscher einladen. Man möchte sich die IBA II etwa 200 Millionen Euro kosten lassen. Woher das Geld kommen soll, ist dabei genauso unklar, wie die mögliche Beteiligung der klammen Kommunen an der Emscher. Das Projekt soll nicht zu Lasten der bereits geplanten Investitionen von rund 2,8 Milliarden Euro im Bereich des Emscherumbaus oder der Stadtentwicklung gehen. Allerdings ist die CDU seit Regierungsantritt bemüht das Förderprogramm „Soziale Stadt“ einzuschränken, womit in vielen Stadtteilen im Ruhrgebiet seit Jahren erfolgreich Stadtentwicklung betrieben wird.

Die rot-grüne Opposition im Landtag hat die wenigen Informationen zur IBA II bisher vor allem aus der WAZ erhalten und das überrascht nicht wirklich. Allerdings sind die Christdemokraten im Lande auch nicht besser dran. „Die CDU-Fraktion im Düsseldorfer Landtag unterstützt grundsätzlich die Vorschläge, die ihr Landesvorsitzender und NRW-Ministerpräsident Jürgen Rüttgers macht“, erklärt Achim Hermes, Pressesprecher der Landtagsfraktion. „Der Vorschlag zur Internationalen Bauausstellung ist in der Fraktion noch nicht vorgestellt und erörtert worden“. Das will man nach der Wahl nachholen, wobei die politischen Konstellationen dann ganz andere sein dürften.

Es gibt eine Reihe von Fragen zu diskutieren und die Finanzen sind es nicht alleine. Zur Umsetzung einer „neuen IBA“ wird über die mögliche Gründung einer neuen Landesgesellschaft spekuliert. Die dürfte neben den bereits etablierten Institutionen wie der Emschergenossenschaft oder dem RVR ihre Geschäfte vorantreiben. Das würde bei den bereits chaotischen Strukturen im Ruhrgebiet keinen Sinn machen und den administrativen Überbau weiter aufblähen. Stefan Laurin hat in seinem Beitrag über den Ruhrplan des Büros Albert Speer die Vorschläge von Jürgen Rüttgers als heiße Luft bezeichnet und damit dürfte er sehr nah an der Wahrheit liegen. Die IBA II ist nicht mehr als ein glückloser Versuch im Wahlkampf ein paar Punkte zu machen.

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Blog zum TV-Duell zwischen Rüttgers und Kraft

Noch vor wenigen Wochen sah die politische Lage in Nordrhein-Westfalen so aus:
Ministerpräsident Jürgen Rüttgers erklärte die Wiese für gemäht und die Landtagswahl am 9. Mai 2010 für schon entschieden. Gut möglich, dass er sich schon Pläne gemacht hat, wie es danach weiter gehen würde – entweder damit wie er weiterhin ein Stachel im Fleisch von Angela Merkel sein könne oder aber wie er sich selber zum einzig geeigneten Nachfolger von Bundespräsident Horst Köhler aufbauen ließe.

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Ist Merkel allen Kerlen über und auf dem Weg in die schwarzgrüne Republik?

Angela Merkel Foto: CDU/Foto: Andreas Herzau by Katinka Krieger Repräsentanz

Ich glaube ja, und wünsche mir das nicht. Dies vorausschickend frage ich mich, warum die Kerle diese Frau nicht verstehen. Warum verstehen die Journalisten sie nicht? Warum bleiben ihre potenziellen Rivalen als Opfer am Wegesrand zurück?
Kann sich noch jemand an den Andenpakt erinnern?

Das waren die Jungs, die Merkel die Hausfrauenarbeit nach Kohls Parteispendenaffäre und Wahlniederlage machen lassen wollten, um dann, wenn die Zeit reif sei, den Laden zu übernehmen. Den Laden CDU. Die Kerle, wie hiessen sie noch? Dieser aus dem Südwesten, der jetzt mit dem schlechten Englisch zur EU gegangen ist, weggebissen von den Haien im eigenen Laden. Dann dieser grinsende Schwiegersohn aus Hannover, der in den Machtkämpfen bei VW quasi aus der öffentlichen Wahrnehmung verschwunden ist. Und dieser pickelige Krawallbruder aus Hessen, der zuletzt dem Ansehen seiner Partei bei einem Machtkampf im ZDF so nachhaltig geschadet hat, dass er für kein öffentliches Amt mehr infrage kommen wird. Und zuguterletzt, der Mofa-Rowdy aus dem Sauerland, der jetzt lieber richtiges Geld verdient, als als schlechtbezahlter Parlamentarier in Berlin zu vergreisen.

Interessant aber auch, mit wem sich Merkel umgibt, und was aus diesen Leuten wird. Respektvoll aber auch denunzierend war lange von ihrem Girlscamp die Rede. Ihre Büroleiterin Beate Baumann, ihre Medienberaterin Eva Christiansen, ihre zeitweilige Staatsministerin Hildegard Müller, die mittlerweile auf einen besserdotierten Lobbyistinnenjob umgestiegen ist. Ihr Regierungssprecher Ulrich Wilhelm, den sie aus Stoibers Mannschaft übernommen hat, auf den der kundigste Hauptstadtbeobachter Günter Bannas Lobeshymnen veröffentlicht, und der nun mit den Stimmen der SPD Intendant des Bayrischen Staatsrundfunks werden soll. Und da ist der bisherige Kanzleramtschef Thomas de Maiziere, der jetzt als Innenminister mit ganz neuen Seiten reüssiert, z.B. dass er sich für Netzpolitik nicht nur unter polizeilichen Gesichtspunkten interessiert (und der übrigens bemerkenswert ungeschoren von der ganzen „Sachsensumpf“- und Landesbanksaffären-Debatte blieb, in der seine sächsischen CDU-Adlaten nach Kräften eine schlechte Figur abzugeben versuchten; nur er blieb fleckenfrei, sauber und rein). Diesen Figuren ist gemeinsam, dass sie extrem loyal für die Kanzlerin arbeiteten. Es gehörte zu ihren Leistungen, nicht selbst in den Medien aufzutauchen, sondern für das Bild ihrer Chefin zu arbeiten. Eine Leistung, zu der auch Roland Pofalla als Parteigeneralsekretär beitrug, er allerdings in einer anderen Rolle, nämlich der des Punchingball für Journalisten und Kabarettisten. Solche Leute werden von Merkel belohnt. Pofalla ist jetzt Kanzleramtschef.

Viele Kerle unter den Journalisten verstehen sie nicht. So behauptete Stefan Braun in der Süddeutschen, unter Merkel sei die CDU „ein Lernverein ohne enge und gefühlte Bindung.“ Die CDU ächze bei jeder Veränderung, „weil diese Veränderung nicht durch eine leidenschaftliche Debatte und eine klare Entscheidung endgültig verinnerlicht worden ist. So gewinnt die CDU nicht an neuem Zusammenhalt und verliert zugleich ihre alte Grundierung.“ So hätten Journalisten gerne den öffentlichen Diskurs: „leidenschaftlich“ und dann „mit klaren Entscheidungen“. Politik ist aber kein Pokalfinale, sehr wohl aber ein Mannschaftsspiel, und, so kurzlebig sie auch oft agiert, mit einem längeren Prozesshorizont, als nur eine Ligasaison. Wer langfristig oben stehen will, muss Prozesse verstehen, im richtigen Moment richtig steuern, aber auch mal laufen lassen können. Das hat zumindest Zeit-Redakteur Bernd Ulrich, mit dem ich nur wenige Meinungen teile, richtig verstanden (hier). Er missversteht jedoch, Merkel würde ihr Personal danach aussuchen, bestimmte Sachprobleme zu lösen. Besonders witzig die angebliche Aufgabe Frau von der Leyens, uns zeugungs- und gebärfreudiger zu machen – so blöd wie Ulrich ist Merkel nicht.

Die Aufgabe der CDU-MinisterInnenriege ist nicht eine bestimmte Politikkonzeption durchzusetzen, sondern das Bild des CDU-Personals in der Öffentlichkeit wirksam zu korrigieren. Ohne jede Feminismusstrategie wird der Frauenanteil vergrößert. Statt des hässlichen Wadenbeissers Koch werden gutaussehende Kerle und Mädels befördert, die neben der Loyalität zur Chefin Interesse an neuen gesellschaftlichen Fragen haben, statt nur alte Schlachten, die das Publikum seit Jahren anwidern, zu schlagen. Die, ähnlich wie in den 80ern Heiner Geißler, das Schrödersche „Gedöns“ für soziale Zukunftsfragen halten, und der SPD so weitere Themenkompetenzen wegnehmen, so unauffällig, dass die – blöd genug – es erst bemerkt, wenn es schon geschehen ist. Röttgen ist so ein Fall und de Maiziere auch.

In urbanen Zentren ist die CDU nur noch bei den über 60-jährigen stärkste Partei. Da das aber viele sind und die jungen nur wenige, reicht das für – relative – Wahlsiege. Darum werden auch weitere reaktionäre Gespenster durch die Arena getrieben, seien es Vertriebene oder Zensursula. Sie mobilisieren diese pflichtbewußte Generation zu den Wahlurnen. Gleichzeitig werden die Konkurrenzparteien zielgerichtet demobilisiert. Das entscheidende weibliche Wählerinnenquentchen erringt Merkel allein dadurch, dass sie nicht nur eine Frau ist, sondern ständig von männlichen Wölfen umkreist wird, die sie erfolgreich immer wieder abwehrt – ein klassisch-modernes weibliches Rollenmodell, zeitgerechter geht es kaum. Weder SPD noch Linkspartei machen sich bisher auch nur den geringsten analytischen Begriff davon und führen intern ihre alten Männerkämpfe. Die Grünen dagegen werden davon magisch angezogen. Sie können bei der traditionellen Linken keine moderne Strategie erkennen, mit der was zu gewinnen ist. Da sie selbst eine Gewinnerstraße gefunden haben, demografisch begünstigt, gesellschaftlich verankert als moderne Manager in prosperierenden urbanen Zentren wie Freiburg, Tübingen, Hamburg, werden sie zueinander finden. Eine Partei mit „Zusammenhalt und alter Grundierung“ (Braun/SZ) brauchen nur noch aus der Zeit gefallene TraditionalistInnen – auch das wird sich demografisch erledigen.
Ich bin übrigens selbst einer.