#ZeroCovid – Ein Abgesang auf eine weitere sozialistische Idee

Auch Mario Sixtus unterstützte ZeroCovid Foto (Ausschnitt): re:publica Lizenz: CC BY 2.0

Erinnern Sie sich an ZeroCovid? Gerade sechs Monate ist es her, als eine nahezu ausschließlich im linken Spektrum verortete Gruppe einen „soldarischen“ Lockdown forderte. Vordergründig, um die Menschheit vor dem Coronavirus zu schützen wurde das Virus benutzt, um System Change Prozesse voranzutreiben und Kapitalismuskritik zu üben.

Ein Lockdown, die Reduktion auf 0 Neuinfektionen und die Ausrottung des Virus sei die einzige Möglichkeit, die Menschheit langfristig zu schützen. Bereits damals lief man schnell Gefahr, als Covidiot, Querdenker oder anderweitig Gestörter verunglimpft zu werden, der sich nichts sehnlicher wünsche, als hemmungslos Menschen zu opfern.

Die Älteren unter uns erinnern sich vielleicht, wie scharf die Rhetorik war. Ich habe mich damals sehr scharf gegen die Bewegung ausgesprochen, deren Forderungen selbst die taz als „utopisch und weltfremd“ titulierte. Um fair zu bleiben: Die Bewegung hat sich derartig schnell radikalisiert und wurde in einem Maße von Extremisten gekapert, dass sich auch innerhalb der linken Szene zunehmend Widerspruch regte.

Die Rhetorik, die Forderungen und das schon abstoßende Spiel mit der Angst der Menschen war so scharf, dass es heute kommentiert werden muss:

Die ZeroCovid Bewegung, der ideologische Grundansatz und ihre Jünger haben mal wieder versagt.

Das ist jetzt sechs Monate her und die ZeroCovid-Bewegung ist genauso schnell verstummt, wie jeder von obskuren Ideen geleiteter Hype, der offensichtlich gescheitert ist. In der nachträglichen Übernahme von Verantwortung zeigt sich hier ein ähnliches Verhalten, wie es bei esoterischen Verschwörungstheoretikern der Fall ist, einen Tag, nachdem das angekündigte Großereignis doch nicht eingetreten ist. Wegducken und hoffen, dass sich niemand zu lange erinnert. ZeroCovid ist das Sinnbild für undurchdachte Ideen, die ideologisch-kollektivistische Handlungsmaximen über den Glauben an die Freiheit der Menschen und den Kapitalismus stellen.

Sechs Monate später können wir festhalten: Es waren kapitalistische Unternehmen, die der Welt Impfstoffe brachten. Kapitalistische Unternehmen, die innerhalb kürzester Zeit Hygieneartikel im Übermaß produzierten und anboten. Kapitalistische Unternehmen, die in firmeneigenen Impfzentren die Versorgung der eigenen Belegschaft übernommen haben. Und es sind, das zeigen die aktuellen Entwicklungen, Impfverweigerer, die „solidarische Masse“, die eigentlich gar nicht so sonderlich solidarisch ist, die den Fortschritt der Impfkampagne aufhalten. Nicht der Kapitalismus.

Es waren, wie in den vergangenen Jahrzehnten, erneut der Kapitalismus und der unbedingte Glaube an die Freiheit des Menschen, die Lösungen erarbeitete.

Europa ist gerade dabei, wieder zu öffnen und den Gedanken der geeinten Union mit neuem Leben zu füllen. Trotz steigender Inzidenzen bieten Impfstoffe und Hygienekonzepte eine Perspektive, die Menschen Mut macht und dabei einem gefährlichen Virus nach und nach den Schrecken nimmt. Und es ist ebendiese EU, die weltweit als Vorbild dienen kann.

Wer Beispiele sucht, wie es mit einer ZeroCovid Strategie gelaufen wäre, der findet weltweit genügend Möglichkeit. Australien und China stehen vor der Erkenntnis, dass es ihnen selbst mit ZeroCovid-Stratgien nicht gelungen ist, das Virus aus dem Land zu halten. In allen Staaten (mit Ausnahme von Neuseeland), die ZeroCovid-Strategien gefahren haben, kam es immer wieder zu Ausbrüchen neuartiger Mutationen. Neben zunehmender gesellschaftlicher Kritik äußern sich weltweit Journalisten kritisch über die gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Folgekoste, die als völlig unverhältnismäßig angesehen werden. Wurde Europa einst als abschreckendes Beispiel formuliert, wird es zusehends zum Sehnsuchtsziel.

Soutphommasane und Stears, beide Professoren an der Universität Sydney formulierten in der vergangenen Woche „Zero-COVID is no longer an effective strategy. We need to learn from other countries how to adapt“. CNN schlussfolgerte gestern, dass die Analysten zur Verbreitung der Delta-Variante die ZeroCovid-Strategie der chinesischen Regierung zunehmend in Frage stellten und im Telegraph wird diskutiert, dass die Kosten der ZeroCovid-Strategie für Australien, angesichts weltweiter Gegenbeispiele, zunehmend den Nutzen überstiegen.

Dass sich das Virus eben nicht ausrotten lässt, kommt wenig überraschend. Bereits in der Februar-Ausgabe der Nature äußerten sich zahlreiche Wissenschaftler, dass das Coronavirus endemisch wird, völlig unabhängig vom gewählten Simulationsmodell und somit nur eine Strategie bliebe:

Zu lernen, mit dem Virus zu leben und es medizinisch bestmöglich zu bekämpfen. Genau das tut Europa gerade. Ganz ohne System Change und autoritäre Fantasien.

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Adrian E.
Adrian E.
2 Jahre zuvor

China, Japan, Südkorea, Australien und andere machen es, es funktioniert sehr gut, und auch die Wirtschaft profitiert davon, dass kaum mehr COCID-19-Infektionen vorkommen. Aber in Europa sieht man sich von vornherein als unfähig und denkt sich alle möglichen dummen Ausreden aus, weshalb das, was du n Ostasien sehr gut funktioniert, ein weltfremdes Hirngespinst sei. Es givt wahrscheinlich nicht viele bessere Symbole für den Niedergang Europas, man hat schon gar keine Ambitionen mehr, die vielen vermeidbaren Opfer bezeichnet man als unvermeidlich und auch dafür, dass die Wirtschaft in Europa unter dem halbherzigen Dauerhalblockdown viel mehr leidet als unter der in Ostasien sehr effektiven Zero-Covid-Politik, die es erlaubt, die Wirtschaft schnell wieder in Gang zu bringen, findet man armselige verlogene Ausreden.

S. Falkenbach
S. Falkenbach
2 Jahre zuvor

Ich schaue am liebsten nach Schweden – entspannt sind sie ohne jeglichen Lockdown durch die Pandemie gesegelt. Am Anfang hat es beim Schutz der vulnerablen Gruppen gehakt, aber das hat es hier trotz des Aktionismus auch gewaltig. Und wenn man jetzt bei Johns Hopkins bspw. schaut, sieht man, dass die Sterberate über die Monate verteilt nicht schlechter war als in Ländern mit Lockdowns.

Nun Dänemark, Großbritannien, oder auch etliche US-Bundesstaaten, die sich von Lockdownfantasien und Bürgergängelung befreit haben, und wo es allen Unkenrufen zum Trotz gut läuft.

Es galt immer die Prämisse, eine Überlastung der Intensivstationen zu vermeiden. Dieses Ziel war nie in Gefahr, aber die Politik hat immer neue Ziele dazu erfunden. Und glasklar sollte sein: Sobald alle ein Impfangebot bekommen haben, müssen die Grundrechtseinschränkungen für Alle unverzüglich aufgehoben werden.

ccarlton
ccarlton
2 Jahre zuvor

Japan und Südkorea hatten schon Maßnahmen eingeleitet, als man in Deutschland noch als Verschwörungstheoretiker galt, wenn man auf eine mögliche Gefährlichkeit von Corona hingewiesen hat.

Australien ist schon deswegen kein Vorbild weil die eine Insel sind. Weiterhin nicht, weil dort jetzt das Militär zur Durchsetzung der Lockdowns eingesetzt werden muß.

Es gibt aber ein Land, daß sehr wohl ein Vorbild sein könnte. Dort hatte man 2020 nicht nur geringere wirtschaftliche Schäden als in Deutschland sondern auch weniger(!) Tote als in den Vorjahren. Leider ist dieses Land das masken- und lockdownfreie Schweden, weswegen es für die hiesige Politik als Vorbild ausfällt.

abraxasrgb
abraxasrgb
2 Jahre zuvor

Ich hätte es den Schweden ja eigentlich ja auch nicht zugetraut es hinzubekommen, sie waren ja lange das sozialdemokratische Paradies in Skandinavien.
Manchmal hat Alfred Tetzlaff doch unrecht, der Sozi an sich hat ja Probleme mit dem Denken, aber manchmal findet auch ein rotes Hühnchen ein Korn 😉
Die nächste totalitäre Attacke der „Systemveränderer“ im Schafsfell läuft ja gerade: „Klima“, Kaugummi-Begriff auf ähnlich validem Alu-Hut Niveau, wie Chemtrails, HAARP oder Illuminaten 😉

thomas weigle
thomas weigle
2 Jahre zuvor

Mal schauen,was hier zu lesen sein wird, wenn sich in Afrika Mutationen entwickeln, die von den tollen neuen Impfstoffennicht nicht zu bremsen sind. Von den vielen Toten,die der kapitalistische Patentschutz in Afrika fordert, ist oben nicht die Rede. Das war noch anders ,als man den hiesigen Behörden die Toten vorwarf, die das beklagenswerte Versagen der EU in Sachen Impfstoff generiert hatte.
Dieser in dieser Pandemie völlig verachtenswerte Prinzip des Patentschutzes wird uns, so oder so, auf welche Weise auch immer, noch teuer zu stehen kommen. Und seien es "nur" neue Flüchtlingswellen, die das von Impfstoff überfließende Europa überspülen werden. Flüchtlinge, die Mutationen mitbringen, sich aber Impfstoff erhoffen. Der dann gegen ihr mitgebrachtes Virus nicht hilft. Und was hilft Europa dann? Frontex? Mal abgesehen davon, dass dann diese ungesunde Melange aus Verschwörungstheoretikern,Impfgegnern,Reichsbürgern, Neonazis durch neue Wellen noch stärkeren Aufschwung nehmen wird. Die AfDwird ich ins Fäustchen lachen und ordentlich im sichtbaren Hintergrund den "Widerstand" orchestrieren.

Stefan Laurin
Admin
2 Jahre zuvor
Reply to  thomas weigle

Ohne Patente hätte es gar keinen Impfstoff gegeben. In jedem Impfstoff stecken Patente unterschiedlichster Firmen. Das ist alles etwas komplizierter als Genderkram und Ausdruckstanz – und es muss ja auch funktionieren. Bei ernsten Problemen wie Pandemien sollte man Versagerdenken meiden.
PS: Astra wird in Indien hergestellt und Biontech ruft in armen Ländern niedrigere Preise auf. Und wenn irgendwann eine Mutation kommt, gegen die kein Impfstoff hilft? Dann hoffen wir auf eine Lösung aus dem Bereich der Betroffenheitswissenschaft 😀

thomas weigle
thomas weigle
2 Jahre zuvor

@ Stefan Laurin In den 50ern und den beginnenden 60ern gab es hierzulande mehrere Polioepedemien, u.a. 60 und 61 in NRW mit jeweils 300 Toten. Bereits1960 bot ein uns Älteren ein nicht ganz unbekannter Willi Stoph der BRD 3 MillionenImpfdosen gegen Polio an- kostenlos. Wieviel Leid hätte verhindert werden können, wenn nicht ein ein bornierter Adenauer dieses Angebot ausgeschlagen hätte.
Der DDR-Sozialismus in seiner realen Ausgestaltung hatte durchaus Erfolge im Gesundheitswesen und v.a. bei Impfungen. Und war oftmals schneller zur Hand mit Durchimpfungen per Pflicht gegen die sog. Volkskrankheiten als der Klassenfeind. In Sachen Polio jedenfalls hatte die DDR aber für Jahre die Nase ganz weit vorn. Ab 60 war Polio dort ausgerottet.

ccarlton
ccarlton
2 Jahre zuvor

#6: Wie sollen sich in einer Region, wo fast niemand geimpft ist resistente Erreger bilden? Sowas wird eher dort passieren, wo viele, aber nicht ausreichend viele geimpft sind. Weiterhin beobachtet man auch bei Corona wie bei vielen anderen Viren, dass Mutationen ansteckender, aber weniger tödlich werden.

Das Herumhacken auf dem Patentschutz geht völlig am Thema vorbei. Die Produktion ist teilweise so aufwendig, dass das selbst in Industrieländern kein Kinderspiel ist. Wie soll das ein Drittweltland hinbekommen? Außerdem gibt es mit Astra einen patent freien Impfstoff und spätestens wenn die 1. Welt voll versorgt ist, werden die Preise für die Dritte deutlich sinken. Wenn dort Kaufinteresse besteht. Denn zu guter Letzt sollte man sich klar machen, dass Afrika viel, viel gravierende Probleme hat als Corona. Zum Beispiele der fehlende Zugang zu sauberem Wasser, was weit mehr Menschen tötet.

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