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Zielgruppe woke

Webseite des Rheingold Instituts Foto: Screenshot

Durchbruch in der alternativen Medizinforschung: ein Marktforschungsinstitut, eine Krankenkasse und eine Werbeagentur entdecken zusammen einen neuen Krankheitserreger.

Vorurteile und Diskriminierung machen krank.[1] Im Werbegeschäft nennt man es eine Haltungskampagne. Ein Anbieter schaltet Anzeigen, in denen er aber nichts anbietet. Stattdessen will er scheinbar nur reden. Er will über etwas reden, das ihn beschäftigt. Er will vor allem mit einer bestimmten Zielgruppe reden. Was euch beschäftigt, will er ihr mitteilen, das beschäftigt auch mich.

Alle Menschen haben Vorurteile, aber nur 38 Prozent sind sich ihrer eigenen bewusst. Ein gutes Beispiel ist eine im Sommer gestartete Kampagne der IKK classic. Die IKK classic ist eine Krankenkasse in Dresden; eine Werbeagentur in Düsseldorf und ein Marktforschungsinstitut in Köln haben die Kampagne für sie entwickelt. Und Zielgruppe ist das Segment der jüngeren Bessergestellten.

Helfen Sie dabei, Vorurteile in unserer Gesellschaft abzubauen. Jüngere Bessergestellte sind für Krankenkassen besonders interessant, sie sind gesünder und zahlen höhere Beiträge. Andererseits sind sie gerne auch woke. Sie sind gegen Vorurteile. Ginge es nach ihnen, wären Vorurteile an praktisch allem schuld. Und hier, in der Kampagne der IKK classic, geht es ganz unbedingt nach ihnen.

Unsere Studie beweist: Vorurteile machen krank. Die Kampagne spricht von einem Beweis, tatsächlich hat das Marktforschungsinstitut nur eine Umfrage durchgeführt. Tatsächlich hat die Umfrage nur ergeben: Menschen, die sich schlechter behandelt fühlen, fühlen sich oft auch gesundheitlich schlechter. Zielgruppe sind besonders jüngere Bessergestellte, die den Unterschied zwischen Korrelation und Kausalität noch nicht kennen.

Jetzt Studie runterladen. Das Marktforschungsinstitut heißt Rheingold, die Werbeagentur heißt Scholz & Friends, und Zielgruppe sind erst recht jüngere Bessergestellte, die nicht wissen, was eine Studie überhaupt ist. Die sogenannte Studie enthält vor allem Sinnsprüche und bunte Bilder. Die Sprüche hat das Institut beigesteuert, die Bilder die Agentur. Ein stilisiertes Gehirn etwa steht für Denken. Ein Schubladenschrank steht für Schubladendenken. Und den Satz Unser Gehirn liebt Schubladen illustriert eine Kuh, und die Kuh hat eine Sprechblase, und in der Sprechblase steht »Wuff!«.

Diskriminierungserfahrungen führen zu Erkrankungen. Die IKK classic hat sich das Institut bewusst ausgesucht. Die Wokeness-Bewegung ist eine im Kern esoterische Bewegung, und das Rheingold-Institut ist ein im Kern esoterisches Institut. »Stellen Sie sich vor«, beschreibt es im Netz sich selbst und seine Leistungen, »Sie könnten in die Seele Ihrer Kunden schauen und ihre geheime Logik verstehen«. Die IKK classic hat getan, was sie nur konnte. Aber ob das auch reicht?

Diese Studie ist der Startschuss zu einem langfristigen Engagement. Die IKK classic es kann nur hoffen. Aladin El-Mafaalani, immerhin, hat die Studie mit der bellenden Kuh gleich weiterempfohlen, die Antidiskriminierungsstelle des Bundes ebenso. Andererseits starten tagtäglich mehr Haltungskampagnen, gerade solche für die Zielgruppe woke. Falls es diskriminierungskritische Drogeriemärkte oder Tankstellen gegen Rassismus nicht eh schon gibt, wird es auch die bald geben.

Jetzt zur IKK classic wechseln. Und am Ende wird selbst der jüngste Bessergestellte begreifen: sie reden von Diskriminierung und wollen dann doch nur dein Geld.

[1]Alle kursiv gesetzten Zitate aus diversen Netzbeiträgen der IKK classic, insbesondere: Vorurteile und Diskriminierung machen krank. Die sogenannte rheingold Grundlagenstudie gibt es hier.

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paule t.
paule t.
2 Jahre zuvor

Ja, es ist natürlich ein großes Problem, wenn man den Unterschied zwischen Korrelation und Kausalität nicht beachtet.

Immerhin könnte es ja genauso gut sein, dass der kausale Zusammenhang genau andersherum ist und Menschen nicht etwa krank werden werden, weil sie als Leute mit Migrationshintergrund/ LSBTIQ*/ … Diskriminierungserfahrungen machen, sondern deswegen als Leute mit Migrationshintergrund/ LSBTIQ*/ … Diskriminierungserfahrungen machen, weil sie krank sind. Nicht wahr?

Oder dass beide Phänomene eine nicht betrachtete andere Ursache haben. Also dass es irgendetwas gibt, was sowohl dazu führt, dass Menschen als als Leute mit Migrationshintergrund/ LSBTIQ*/ … Diskriminierungserfahrungen machen, als auch dazu, dass sie krank werden, ohne dass beides einen direkten kausalen Zusammenhang hat. Auch eine absolut logische Annahme.

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