The good ol? SPD

Das ganze Internet ist voller mehr oder weniger empörter mehr oder weniger junger Menschen, die wegen der Netzsperren von der SPD enttäuscht sind. Warum eigentlich?

Wer ist eigentlich Schuld daran, dass die SPD im Internet im Augenblick so beliebt, ist wie einer dieser ganz ekeligen Hautausschläge, die man so schwer wegbekommt? Dieter Wiefelspütz? Franz Müntefering? Frank Walter Steinmeier? Nein, sie alle haben auch in den vergangenen Wochen relativ unspektakulär das ganze sozialdemokratische Elend verwaltet. Haben sich tapfer nach der Europawahl vor die Kameras gestellt oder in irgendwelchen Berliner Kongresscentern die beste Rede ihres Lebens gehalten. Nein, Schuld an dem Donnerwetter, das sich gerade über die SPD entlädt, ist Oliver Zeisberger. Oliver Zeisberger ist der Chef der Online-Werbeagentur Barracuda, die für die SPD arbeitet, und er versteht seinen Job: Dass Thorsten Schäfer Gümbel mit seiner Twitterei für mehr Schlagzeilen sorgte als Ypsilanti mit ihrem gescheiterten Versuch ein Wahlversprechen zu halten, hat die SPD Zeisberger zu verdanken. Dass der öde Frank Walter Steinmeier eine Webseite hat, die attraktiver ist als die Internetpräsenz von Catherine Zeta-Jones ist Zeisbergers Verdienst und dass jeder Vorortjungsozialist zeitweise twitterte, als ob es um die Zukunft der Partei ginge, geht auch auf seine Kappe. Und das Schlimmste ist: Zeisberger machte seinen Job so gut, hatte so tolle Ideen und konnte die SPD-Mitglieder so motivieren, dass eine Menge Leute sich dachten: Hey, die Jungs und Mädels in der SPD sind ja eigentlich ganz cool drauf. Die sind ja so wie wir. Und das sollten auch viele denken. Prima.

Nein, nicht prima. Die SPD ist keine Partei voller lockerer, netter Kumpelinen sondern die Partei des öffentlichen Dienstes. Sie ist so sexy wie der Typ auf dem Finanzamt, der Deinen Antrag auf Stundung der Umsatzsteuervorauszahlung ablehnt und hat das Internet so gut verstanden wie die meisten von uns die Funktionsweise eines Quantencomputers. Sozialdemokraten sind ernste Leute, die sich mit Dingen beschäftigen, die man festlegen und regulieren kann. Und sie lieben es, Dinge zu regulieren und festzulegen. Dabei kommen ab und an gute Sachen heraus wie das Verbot der Kinderarbeit, aber oft auch Unfug wie die Netzsperren.

Und sie glauben an den Staat. Er bestimmt ihr Denken und ihr Fühlen. Und die SPD hat schon immer Idealisten enttäuscht, die glaubten, sie würde auf ihrer Seite stehen. Das war bei den Kriegskrediten so, als Nazis und Rechte 1932  in Preußen putschten und die SPD nicht zum militanten Widerstand aufrief, dass war beim Nato-Doppelbeschluss so und bei Hartz IV. Nicht alle Entscheidungen die die SPD getroffen hat waren falsch: Hartz IV und der Doppelbeschluss waren richtig. Aber die SPD ist keine idealistische Partei, sondern eine Partei, die gerne idealistisch wäre, aber pragmatisch ist. Und sehr konsvervativ.

Und weil Internetseiten, die zu solchen Leuten passen würden, Scheiße aussehen würden, hat sich Zeisberger gedacht, er macht Internetseiten, die zu Leuten passen, die modern  sind. Die kommunizieren wollen. Die auf Argumente hören und an etwas glauben. Solche Seiten sehen gut aus. Solche Leute sagen Sachen mit Gewicht, und sie meinen sie ernst. Und nun merken alle: Die SPD ist gar nicht so wie Zeisberger sie präsentiert hat. Eigentlich hätte er der SPD graue Seiten machen müssen. OK, das wäre nicht so gut angekommen, aber es wäre ehrlicher gewesen. Und niemand wäre enttäuscht gewesen, wenn er gemerkt hätte, dass die SPD das ist, was sie eigentlich fast immer war: Eine langweilige Partei mit langweiligen Leuten, deren letzte Idee die Neuausrichtung der Ostpolitik war. Und das ist jetzt schon 40 Jahre her…


Ruhrpilot

Das Navigationssystem für das Ruhrgebiet

Iran: Persepolis…Der Morgen

Arcandor: SAL. Oppenheim will raus…Handelsblatt

WAZ: Aus für Soest und Werl…ddp

Kommunalwahl: Pohlmanns Programm…Ruhr Nachrichten

Energie: Kraftwerk in Lünen?…Ruhr Nachrichten

Kino: 1. Türkische Filmtage…Der Westen

Agrarsubventionen: Mehr Transparenz…Zoom

Islam: Kompromiss bei Islam-Unterricht möglich…Der Westen

Berlin: Revier in der Hauptstadt…Der Westen

Bildung: Die 10. Bildungskrisen…taz

Politiker: Monitored…Kueperpunk

Netzsperren: Demo in Berlin…Netzpolitik

Netzsperren II: Auf Nimmerwiedersehen, SPD…Spreeblick

Netzsperren III: Community sagt alle Gespräche mit der SPD ab…AK Zensur

Netzsperren IV: Grüne wollen Namen…unkreativ

 

iSPD: Welche Funktionen ich mir wünsche

Cool: Bald kann ich mir ein SPD-App auf mein iPhone laden. Für das erste Update habe ich sogar schon ein paar Ideen.

SperrMe: Schnell Seiten melden, die man gesperrt haben will.

Jobless: Ein Button, der mir bei jedem neuen Umfragetief zeigt, welche SPD-Abgeordneten ihre Mandate verlieren werden.

Members: Wie viele Mitglieder verlassen gerade die SPD?

Juhuu: Automatische Jubelmeldungen bei neuen Spitzenkandidaten und Parteivorsitzenden.

Müntomat: Ich kann aus zehn Worten durch das Schütteln des iPhones neue Sätze bilden: Helm ,offen, festschnallen, kämpfen,  entschieden, nicht, Sauerland, Wahl, gut und Glückauf.

Raus: Der online Parteiaustritt – sicher, schnell und unbürokratisch.

Lach: Eingehende SPD-Wahlergebnissen meldet das iPhone durch lautes Lachen. 

Wir sind jetzt Iraner

Wir sind jetzt Iraner – zumindest auf Twitter. Und dafür gibt es gute Gründe.

Durch die Zensur der klassischen Medien sind Twitter, Blogs und Youtube für viele Oppositionelle im Iran die einzige Möglichkeit der Kommunikation. Aber auch im Netz werden sie verfolgt. Um sie zu schützen hat das Networkes Cultures einige Tipps herausgegeben, wie man ohne großen Aufwand die Opposition im Iran unterstützen kann.  Einer ist die Zahl der Twitterer aus dem Iran virtuell zu erhöhen und im Twitter-Account als Ort Teheran und die entsprechende Uhrzeit einzutragen: "Security forces are hunting for bloggers using location and timezone searches.  If we all become ‘Iranians’ it becomes much harder to find them."

Also sind wir auf Twitter bis auf weiteres Iraner. Via Piratenpartei

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Protest gegen Pro NRW

Pro NRW will über das Ruhrgebiet Nordrhein-Westfalen erobern. In Gelsenkirchen fand heute der Landesparteitag statt – gegen den Willen der Stadt und ihrer Bürger.

Frank Baranowski zeigt Pro NRW die rote Karte

Auch Regen und die wirklich grauenvollen, ja, die Milch sauer lassen werdenden Chöre der stalinistischen MLPD,  konnten am Sonntagmittag mehrere hundert Bürger nicht davon abhalten, an einer Demonstration gegen den Pro NRW Parteitag im Schloß Horst in Gelsenkirchen teilzunehmen. Pro NRW ist die Partei des Kölner Rechtsextremisten Markus Beisicht, der damit unter einem eher bürgerlichen Deckmäntelchen auf Stimmenfang  gehen will. Vor seiner Zeit bei Pro NRW war Beisicht Mitglied der Republikaner und der Deutschen Liga für Volk und Heimat.  Pro NRW versucht sich als antiislamische Partei zu profilieren und macht Stimmung gegen den Bau neuer Moscheen.

Gelsenkirchen ist für die Partei von taktischer Bedeutung: Der vom Berufsstudenten Kevin Gareth Hauer geführte Ortsverband Pro Gelsenkirchen soll der Partei erste Erfolge im Ruhrgebiet bringen. Der Parteitag sollte ein Schritt in diese Richtung sein – und zeigte doch nur eins: Gelsenkirchen will mit Pro NRW nichts zu tun haben.

Zum Protest gegen die Partei aufgerufen hatte die Demokratische Initiative, ein Bündnis aus SPD, CDU, FDP und Grünen sowie Kirchen und Gewerkschaften. In seiner Rede erklärte der Gelsenkirchener OB Frank Baranowski (SPD): "In Gelsenkirchen ist kein Platz für die Feinde der Deomkratie. Wir gehen heute als wehrhafte Demokraten gegen die Feinde der Demokratie auf die Straße und sagen: Wir wollen Euch nicht in unserer Stadt."

Gerd Rüsing, der Pfarrer der katholischen Kirchengemeinde St. Hippolytus betonte die gute Zusammenarbeit zwischen den Gläubigen aller Religionen in Gelsenkirchen und wandte sich ebenfalls gegen Pro NRW: "Sie sind hier nicht willkommen." Die Kundgebung wurde von zahlreichen Bands wie 15 Watt, Die Wut und Muddy Echos unterstützt, die ein musikalisches Rahmenprogramm boten.

Ein im Schloß Horst angebrachtes Protestplakat gegen den Parteitag der vom Verfassungsschutz in NRW wegen rechtsextremistischer Tendenzen beobachteten "Bürgerbewegung Pro NRW"  war bereits zu Beginn des Parteitages von Anhängern  der Partei zerstört worden, berichtete uns ein Sprecher der Stadt. Die hatte versucht, den Parteitag auf dem Rechtsweg zu verhindern, war aber in zwei Instanzen gescheitert. 

Kleines Schmankerl am Rande: Ein Freund von mir kam auf der Demo ins Gespräch mit einem jungen MLPD-Aktivisten, der mit großem Eifer den Hitler-Stalin-Pakt verteidigte. Da fragt man sich warum sich die MLPD an den Protest gegen Pro NRW dranhängte und nicht einen freundlichen Grußredner ins Schloß Horst  entsandte.

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Grafik: Hometown Glory

Pro NRW: Nieder mit dem rechten Mob…Gelsenkirchen Blog 

NRW School: Blog zum Superwahljahr…Keine Experimente

Arcandor: Metro mach Tempo bei der Fusion…Berliner Morgenpost

Tafeln: Soziologe warnt vor Expansion…Der Westen

Wittke: Neue Vorwürfe…WDR

Duisburg: Stadtfest mit fast 40 Band…Der Westen

Buch: Der Terrorist als Gesetzgeber…Patje

Geld: Die Staatsbankrotss-Hitparade…Verlorene Generation

Köln: Stadtarchivs-Katastrophe wird schöngeredet…Welt

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Böhning Antrag gescheitert

Der SPD-Parteivorstand hat den Antrag von Björn Böhning für den morgigen Bundesparteitag kassiert.

Keine wirkliche Überraschung: Björn Böhning ist mit seinem Antrag gegen Netzsperren schon im SPD-Parteivorstand gescheitert. In einem neuen Beschluss setzt die SPD auf "Löschen vor Sperren" was besser klingt als es ist, weil auch auf diesem Weg die  Internetsperren kommen, die später ausweitet werden können. Die SPD hat sich nicht getraut, gegen die Netzsperren Stellung zu beziehen. Die Angst vor einer schlechten Presse und einer sicher erfolgten Kampagne der Union war zu groß. Man wollte den PR-Bundesparteitag nicht mit einem kontroversen, aber aus Sicht der Parteiführung eher randstänigem, Thema belasten. Böhning gab sich auf  Twitter enttäuscht: "SPD-Parteivorstand hat meinen Antrag gegen #zensursula-gesetz abgelehnt. Beschluss verbessert, aber ich kämpfe weiter gegen Gesetz!" Der SPD-Internetexperte Jörg Tauss hält den Beschluss zumindest für eine gute Diskussionsgrundlage. Auch Jens vom Pottblog hat die Hoffnung noch nicht ganz aufgegeben. Der Grüne Bundestagsabgeodrnete Volker Beck brachte es allerdings auf den Punkt: "Manche Sachen kann man nicht gut machen, sondern nur lassen" und ergänzte: "Wiefelspütz hat es doch schon ausgeplaudert, was selbstverständlich ist: wer anfängt macht weiter. Gegen Terrorismus, Extermismus…"

Der Einstieg in die Netzsperren ist also beschlossene Sache.  Einen schönen Satz formulierte der Blogger Jens Ohling auf Twitter: SPD beschliesst Wahlkampf gegen das Internet