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Baerbocks Schwächeln

Annalena Baerbock, MdB GRÜNE, Plenarsitzung Deutscher Bundestag by Olaf Kosinsky_1757 CC 3.0

Annalena Charlotte Alma Baerbock will Bundeskanzlerin werden. Auch wenn der Leser es natürlich weiß, sei noch einmal betont, dass sie sich damit um das defacto mächtigste Amt in diesem Lande bewirbt. Und für einige Wochen sah so aus, dass sie etwas schaffen kann, was kein Grüner vor ihr geschafft hat. Die Umfragewerte der Grünen waren hervorragend, die Sympathiewerte für Baerbock als Person umso mehr. Armin Laschet sah schon wie der sichere Verlierer aus, der vielleicht mit seiner Partei in einer Koalition mit den Grünen den Juniorpartner geben würde.

Seitdem hat Laschet nicht geliefert. Das mittlerweile dann doch vorgestellte Wahlkampfprogramm der CDU überzeugt letztlich nicht. Es ist ein Weiter-so, in einer Zeit, in der Deutschland einen neuen Aufbruch in so vielen gesellschaftlichen Bereichen braucht – sei es im Bereich der Digitalisierung, sei es im Bereich der Gesundheit, des Bildungssystems, sei es in der Klimapolitik und in vielen Bereichen mehr, die seit Jahrzehnten verkrusteten. Mit der CDU ist da wenig zu holen. Das hat Laschet immer wieder klargemacht. Und dann war da noch die Causa Maaßen, bei der Laschet eine mehr als unglückliche Figur gemacht hat.

Und trotzdem sieht es derzeit so aus, als könnte Armin Laschet eben doch der nächste Bundeskanzler werden. (Über Olaf Scholz brauchen wir hier nicht ernsthaft sprechen.) Das liegt daran, dass Baerbock letztlich über Lappalien gestolpert ist, die aber eben auch geeignet sind, ein Bild von Unprofessionalität der grünen Kanzlerkandidatin zu erzeugen.

Zunächst wurden da Einkünfte zu spät gemeldet, dann gab es Unregelmäßigkeiten im Lebenslauf von Baerbock und schließlich sieht es nun so aus, dass auch bei ihrem Sachbuch nicht alles einwandfrei war. Alles vermeidbare Fehltritte, aber gerade deshalb wiegen sie umso schwerer.

Die Grünen sprechen nun von einer Hetzkampagne. Man muss sich jedoch fragen, was bei einem personenzentrierten Wahlkampf denn von der Öko–Partei erwartet wurde. Natürlich rückt die Person Baerbock in den Fokus der Betrachtung, natürlich geht es um ihre Fehltritte, natürlich geht es dem Gegner darum, sie als Person zu diskreditieren. Wenn die Grünen da einen anderen Wahlkampf machen wollen, dann können sie das natürlich, und vielleicht verfängt es bei ihrer Klientel auch besser. Aber es geht als Kanzler darum, eben mehr als die bisherige Wählerschicht anzusprechen – zumal für die Grünen. Und die tickt eben so, wie sie tickt.

Positiv ist in jedem Fall, dass Baerbock nicht herumeiert, sondern ihre Fehler stets offen eingeräumt und bedauert hat. Es ist aber derzeit unklar, ob sie damit noch punkten kann. Die Aufbruchstimmung von vor ein, zwei Monaten, die sich bei vielen im Land einstellte, ist in jedem Fall gebrochen. Dabei wäre es doch wichtig, dass das von der CDU angestrebte Weiter-so eben nicht funktioniert. Deutschland braucht Bewegung, Deutschland braucht Veränderung.

Nun kann man sich natürlich fragen, ob dies in einer CDU-Grünen-Koalition so wäre. Letztlich sind beide Parteien von einer tiefen Staatsgläubigkeit durchdrungen, und setzen wenig auf die Eigenverantwortung des Bürgers und auf seine Wahrnehmung der individuellen Freiheit. Dies ist eher etwas, was man von den Liberalen bei der FDP erwartet.

Allerdings hat die Lindner-Partei während der Corona-Pandemie wenig punkten können. Zu oft war es so, dass der Eindruck entstand, dass sie einfach gegen alle Maßnahmen war, auch wenn sie zuletzt beim Thema Ausgangssperren dann doch glaubhaft liberales Profil zeigen konnte.

Es wird spannend im Herbst. Und man kann davon ausgehen, dass natürlich die weitere Entwicklung bei Corona eine Rolle spielen wird, dafür, wie das Handeln der Parteien bewertet wird. Auch hier gilt es mit Blick auf liberale Ideen leider anzuerkennen, dass die Eigenverantwortung des Einzelnen während der Corona Pandemie kaum funktionierte, und ohne staatliche Maßnahmen die Situation sich noch weiter verschlimmert hätte.

Vielleicht wäre es für dieses Land ganz gut, wenn am Ende eine Koalition von CDU, Grünen und FDP regieren würde. Irgendwie wäre dann auch letztlich egal, ob Armin Laschet oder Annalena Baerbock das Rennen als Kanzler machen würde.

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DAVBUB
DAVBUB
2 Jahre zuvor

@ Autor: "Positiv ist in jedem Fall, dass Baerbock nicht herumeiert, sondern ihre Fehler stets offen eingeräumt und bedauert hat."
Aber was sagt mir das? In einem Interview äußerte sich Baerbock sinngemäß, daß "…sie sich am meisten über ihre Fehler ärgere…". Eine Vorsitzende einer Partei ist nicht in der Lage, einen fehlerfreien Lebenslauf abzuliefern. Die Partei lenkt, auch mit ihrer Zustimmung, Steuergelder aus der Parteienfinanzierung als Erfolgsprämie auf die Privatkonten ihrer führenden Mitglieder. Für mich der eigentliche Skandal. Und dann schreibt entweder sie oder ihr Ghostwriter wörtlich, wenn auch aus öffentlich zugänglichen Quellen ab; als Autorin über dem Buchtitel steht aber Baerbock. Das sind keine "Fehler", das ist im besten Fall Schlamperei, im schlechtesten vorsätzliche Täuschung. Das ist das Privatisieren von Steuergeldern in einer Partei, die dies gerne und oft anderen vorwirft. Das zuletzt aufgeführte ist einfach billig. Und es spiegelt das Mißverhältnis bei den Grünen zwischen Anspruch und Wirklichkeit.

spaetburgunder
spaetburgunder
2 Jahre zuvor

Es gab mal eine Zeit, da haben Wahlkämpfer einer dann tatsächlich erfolgreichen Partei Praktika in den USA gemacht, bei einer Kampagne, die funktioniert hat. Und es gibt ein Buch eines damaligen US-Journalisten, der das "Drumherum" des Wahlkampfes gut beschreibt. Hätte man, wenn man schon keinen schönen Wahlkampf als Praktikumsplatz hatte, mal nachlesen können: "Primary Colors". Insbesondere das Thema "vetting" wird da sehr ausführlich, und realistisch, beschrieben. Aber gut – die Zeiten ändern sich, und so richtig mit den Fakten hat man es heute nicht mehr …

Karl Hawa
Karl Hawa
2 Jahre zuvor

Die gnadenlose Kampagne der Springern Presse ( Bild, Welt ) mit der täglichen Entkräftung der Kompetenz für Frau Baerbock hat doch gut funktioniert. So zerstört man Umfragewerte und Sympathien. CDU und Springer scheinen ja richtig Angst vor den Grünen zu haben.
Wären die Medien mit Herrn Habeck auch so umgegangen ?

Mawa
Mawa
2 Jahre zuvor

Die Kandidatur Baerbocks ist eine Einladung zum Abschuss, mindestens eine Beleidigung des Wahlvolks. Kein Zeichen von Lebenserfahrung oder Erdung zu erkennen und natürlich sind immer die anderen Schuld. Das sind schlechte Aussichten, wenn noch mehr aus der Generation so ticken.

Helmut Junge
Helmut Junge
2 Jahre zuvor

@Karl Hawa, Dabei hat gerade die "Bild" anfangs Baerbock in den Polithimmel gehoben.
Da scheint die Idee von der feindlichen Springerpresse nicht so richtig zu greifen.
https://www.bild.de/politik/inland/politik-inland/kanzlerkandidatur-entscheidung-der-gruenen-fuer-annalena-baerbock-statt-habeck-76115044.bild.html
Die Grünen haben durch ihr Verhalten diese Geschichte selber hochgekocht. ARD und Presse angegriffen usw. Falsche Verteidigungsstrategie halt.

ingenhorst
ingenhorst
2 Jahre zuvor

Ähem, wo bitte hat das Annalenchen den Fehler mit dem Plagiat offen eingeräumt und bedauert? Habe ich was verpasst?

Tolduso
Tolduso
2 Jahre zuvor

Die gnadenlose Kampagne der Reste-Presse (Zeit,, TAZ, Spiegel) mit der täglichen Beschwörung angeblicher Kompetenz der Frau Baerbock hat dann wohl weniger gut funktioniert.
So wird das nichts mit Umfragewerten und Sympathien. Grüne und Reste-Presse scheinen ja richtig Angst zu haben. Wovor ist dann ja auch egal, Hauptsache Angst, näh.
Wären Die Medien™ mit Herrn Schwartemagen-Schmitz auch so umgegangen?
Fragen über Fragen.

discipulussenecae
discipulussenecae
2 Jahre zuvor

Bei der Lektüre des Artikels wähnte ich mich zunächst im falschen Blog, etwa bei den RUHRGRÜNEN …

Baerbock die ehrliche Haut, die Sympathieträgerin, die für den Aufbruch in die Zukunft steht.
Dagegen Laschet, das bräsige Weiter-so, das für den lähmenden Stillstand steht.

Als ich am Ende dann das Lob der Lindner-Partei und ihrer liberalen Ideen, verbunden mit der aufrichtigen Hoffnung auf eine schwarz-grün-gelbe Koalition las, in der die Frage nach der Besetzung des Kanzleramtes sekundär bliebe, war ich doch wieder beruhigt: Es sind immer noch die RUHRBARONE …

Obwohl ich diese Hoffnung für vielleicht sehr naiv halte! Sollte grün-rot-gelb rechnerisch möglich sein, werden sich Grüne und Rote noch am Wahlabend unter der queeren Regenbogenfahne die Hochzeit versprechen. Und Herr Lindner von der gleichnamigen Partei wird es nicht riskieren, noch einmal den Spielverderber zu geben und stattdessen als Trauzeuge fungieren.

DAVBUB
DAVBUB
2 Jahre zuvor

Die Vizemeister im Beleidigtsein schlagen zurück: https://www.welt.de/politik/deutschland/article232227641/Oliver-Krischer-Laschet-Politik-kostet-Menschen-das-Leben.html
Ist das jetzt noch Krischer'sche Schlichtheit oder die neue grüne Wahlkampfstrategie?

Bochumer
Bochumer
2 Jahre zuvor

Übliches Mediengetue…jemand wird in den siebten Himmel gehoben und dann fallengelassen… so etwas gibt es halt einfach… und wird es immer geben.
Die Grünen haben dann eine Chance, wenn Juli und August besonders heiß werden. Selten hat das Wetter eine Wahl so deutlich beeinflusst.

Yilmaz
Yilmaz
2 Jahre zuvor

Mit einem unrichtigem Lebenslauf wie dem von Annalena Baerbock würde man in einem Unternehmen sofort rausfliegen.

Bei einem Schulaufaufsatz, würde man eine 6 bekommen, wenn man abschreibt / kopiert.

Mit dieser Moral und diesen Ansichten kann man nicht ernstgenommen werden und würde keine Schulprüfung bestehen und keinen Job bekommen.

Aber Kanzlerkandidatin der Grünen kann man damit werden…

Armin Specht
2 Jahre zuvor

Also ehrlich gesagt, wenn ich das Drama mir um das Buch von der Spitzenkandidatin der Bundes-Grünen anschaue….

"Jetzt: Wie wir unser Land erneuern " – Die Kanzlerkandidatin der Grünen erklärt, wie sie Deutschland verändern will und worauf es ankommt, wenn wir es in eine gute Zukunft führen möchten.

….dann stelle ich mir die berechtigte Frage ob in dieser Partei die eigenen Gefolgsleute und Wählerschaft für ziemlich Dumm gehalten werden.

Die Antwort kann sich jeder Baerbock-Fan und Grünen Wähler eigentlich selbst geben.

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