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Bling, bling! Woher die AfD-„Fürstin“ vermutlich ihren Namen hat

Photo by Amanda Kerr on Unsplash

Warum legen manche Leute so großen Wert auf ein „von“ oder „zu“? Warum finden sie Adelige, die sie adoptieren und ihnen den Namen übertragen? Seit dem letzten AfD-Parteitag geistert die AfD-Politikerin Doris „von Sayn-Wittgenstein“ durch die Zeitungen, deren hohe Geburt im Zweifel steht. Sie spielt nur die neuste Rolle in einer endlosen Seifenoper, die schon so … ähem… seriöse Hauptdarsteller wie „Frédéric von Anhalt“, „Marcus von Anhalt“, und „Mario-Max Prinz zu Schaumburg-Lippe“ hatte. Nun liegt ein Hinweis vor, wie die AfD-Politikerin zu ihrem klingenden Namen gekommen sein könnte.

Da wir Ruhrbarone mehrheitlich bürgerlich sind, keine Ausgabe des Gotha in der Hausbibliothek haben und selten das Goldene Blatt lesen, haben wir jemanden gefragt, der sich besser auskennt: Alexander zu Schaumburg-Lippe. Er hat schon in einigen Ärger um den eigenen Familiennamen hinter sich und engagiert sich gegen das Adoptivgeschäft.

Adel verpflichtet“. Nur wozu?

Zu den abgedroschensten Redensarten der deutschen Sprache – die an abgedroschenen Redensarten nicht arm ist– gehört, dass „Adel verpflichtet“. Nur wozu? Den Adel als privilegierten Stand gibt seit dem Ende des Ersten Weltkrieges nicht mehr, was vorher Titel waren, sind heute Bestandteile des Namens. Diese können durch Adoption bis ins Erwachsenenalter legal übertragen werden. Wer einmal adoptiert wurde, kann den Namen dann selbst weitergeben.

Alexander zu Schaumburg-Lippe warnt, ein adliger Name sei ein Türöffner bei leicht zu beeindruckenden Menschen. Doch in aller Regel handele es sich bei „Adoptivstaplern“ um fragwürdige Zeitgenossen. Gegenüber den Ruhrbaronen bekräftigt er, „wer über seinen Namen und seine Herkunft die Unwahrheit sagt, sagt irgendwann auch über andere Dinge die Unwahrheit.“

Das deutsche Adoptivrecht macht das Geschäft mit dem Namen leicht. Spezialisierte Agenturen vermitteln zwischen statushungrigen Bürgerlichen und geldbedürftigen adligen Namensträgern. Sie verlangen selbstverständlich keine Gebühren, sondern „geringe Beratungspauschalen, evtl. Aufwandsentschädigungen/Spesen, nach Absprache“. Bei allen Seriositätsbeteuerungen darf das Versprechen nicht fehlen,  „Zugang zu privilegierten Gesellschaftsschichten und Unternehmerkreisen“ zu verschaffen.

Inklusive Geburtsurkunde

Wenn die Adoption zustandekommen ist, werden den Adoptierten die Dokumente zur Person auf den Adoptivnamen komplett neu ausgestellt, inklusive Geburtsurkunde. Diese Regelung sollte ursprünglich Kinder vor Stigmatisierung schützen, berichtet Alexander zu Schaumburg-Lippe. Doch auch ohne adeligen Namen Geborene können sich so ihren „Geburtsnamen“ berufen, ohne die Unwahrheit im engeren Sinne zu sagen. Und es wird schwierig nachzuvollziehen, wie ehrlich sie über ihre Identität sind.

Who the F… is Ralph?

Bei der AfD-Politikerin hat Alexander zu Schaumburg-Lippe dennoch eine Spur aufgetan. Im Genealogischen Handbuch des Adels, auch bekannt als „Der Gotha“, von 1971 fand er einen handschriftlichen Vermerk. Zwar kennt das akribisch gepflegte Werk keine Doris von Sayn-Wittgenstein, doch unter Elisabeth Gertrude von Sayn-Wittgenstein, der letzten bekannten geborenen Trägerin dieses Namens, ist von Hand die Adoption eines Ralph Q. vermerkt. Elisabeth Gertrude machte in den 1970ern Schlagzeilen, weil sie durch Heirat und Adoption den Namen an fragwürdige Männer weitergegeben hat.

Keine archaische Blutreinheitsideologie

Nun steht die Vermutung im Raum, dass eben dieser Ralph Q. durch eine weitere Adoption den Namen später an Doris Ulrich übertrug, wie die AFD-Politikerin mutmaßlich ursprünglich hieß.

Dass geborene Träger adeliger Namen die Adoptivpraxis so kritisch sehen, liegt für Alexander zu Schaumburg-Lippe vor allem am Mißbrauchspotential.  „Das ist keine archaische Blutreinheitsideologie. Leute legen sich diese Namen zu, um andere über den Tisch ziehen.“ Solch ein Verhalten sei „in unserer sozialen DNA nicht verankert. Das ruiniert den Vertrauensvorschuss, den wir dank des Namens genießen dürfen.“


Wir haben Doris Ulrich/von Sayn-Wittgenstein schriftlich und mit angemessener Frist um Stellungnahme zu den Vorwürfen gebeten. Bisher ist keine Antwort eingegangen. Selbstverständlich werden wir bei einer späteren Antwort den Artikel aktualisieren.

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Sara
Sara
6 Jahre zuvor

Hier auch wie bei Trump, anstatt die richtigen Dinge zu kritisieren werden Nebenschauplätze aufgemacht. Wen interessiert schon ob diese Politikerin einen Adelstitel hat oder nicht?

Klaus Lohmann
Klaus Lohmann
6 Jahre zuvor

@Sara: Es interessiert Diejenigen, die die Frage stellen, ob man populistisch-nationalistischen Mandatsträgern ein Quentchen Vertrauen entgegen bringen kann oder sie – wie Trump – als das bezeichnen muss, was sie sind: Lügner und Aufschneider.

thomas weigle
thomas weigle
6 Jahre zuvor

Da ein Adelstitel, ebenso wie ein Doktortitel Türen, die sonst verschlossen blieben, zu öffnen vermag, ist`s gewiss kein Nebenkriegsschauplatz, sondern offenbart, wenn er denn durch Betrug erschlichen wird, wie bspw. die Doktortitel bei Guttenberg, Schavan u.a. ein gehöriges Maß an betrügerischer Energie, Das möchte man dann doch schon wissen.

Bebbi
Bebbi
6 Jahre zuvor

"Solch ein Verhalten sei „in unserer sozialen DNA nicht verankert. Das ruiniert den Vertrauensvorschuss, den wir dank des Namens genießen dürfen.“
Glaubt der das wirklich? Genau wegen diesem Irrglauben ist das "Geschäft" doch so interessant für die "Käufer".

Holger Walditz
Holger Walditz
6 Jahre zuvor

Mich würden mal statt der berichteten Tausend Kinkerlitzen des AfD-Personals mal interessieren, wie die Redaktion die einzelnen Programmpunkte der Partei sieht. Bisher ist das komplette Fehlanzeige. Man kann den nächstenAfD-Artikel wohl erst erwarten, wenn sich Gauland eine Katzenkrawatte zugelegt hat.

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