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Burbach: You can fool some people sometimes…

Das Protokoll der Bezierksregierung Arnsberg liegt den Ruhrbaronen vor. Foto: Jana Klein
Das Protokoll der Bezierksregierung Arnsberg liegt den Ruhrbaronen vor. Foto: Jana Klein

 

… but you can’t fool all the people all the time. Im zweiten Burbach-Skandal zeigt die Bezirksregierung Arnsberg mit dem Finger auf das Sicherheitsunternehmen BEWA und den Betreiber DRK. Dabei hat sie bislang selber eine eher unrühmliche Rolle gespielt, was sich nun erneut in einem Aussagenprotokoll mit in den Mund gelegten falschen Behauptungen spiegelt.

Seit Anfang Juni diesen Jahres durch einen Mitarbeiter der Bezirksregierung Anzeige erstattet worden ist, arbeitet die Bezirksregierung Arnsberg laut Eigenangaben die Vorfälle in einer „Task Force“ auf. Doch bislang fiel die Truppe nicht gerade durch konstruktive Tätigkeit auf. Statt sich zeitnah nach Bekanntwerden etwa mit zwei albanischen Zeugen zu treffen, die ihre Kontaktierbarkeit anwaltlich angezeigt hatten, wurde im Internet vom unterstützenden Refugees Welcome Bonn e.V. geradezu verlangt, die Zeugen rauszurücken. In Kommentarspalten wird etwa der haltlose Vorwurf erhoben, der Verein habe den beiden dabei geholfen, unterzutauchen. Als nach Wochen ein Treffen zustandekam, weil sich die Bezirksregierung schließlich doch noch bei der Anwältin zurückmeldete, wiederholten die beiden Brüder ihre Aussage. Danach fertigte die Task Force ein Protokoll an, in dem den Brüdern Behauptungen in den Mund gelegt wurden, die sie nie getätigt haben. Entgegen der Absprache einer Vorlage zur Korrektur wurde das Protokoll sodann unautorisiert an die Staatsanwaltschaft Siegen geschickt.

In einer Korrekturfassung, die den Ruhrbaronen vorliegt, werden teils haarsträubende Fehler des Arnsberger Protokolls benannt. Angefangen mit falsch geschriebenen Namen der albanischen Zeugen und der Behauptung, sie seien „Zuwanderer aus dem Kosovo“, über die Einschätzung, dass Serbien und Albanien „verschiedene Herkunftsregionen innerhalb des Kosovo“ seien, wirkt das Protokoll zunächst dilletantisch. Dann aber werden den Zeugen weitere Worte in den Mund gelegt, die aufhorchen lassen. Über die mutmaßliche Geschädigte der Entführung mithilfe von K.O.-Tropfen heißt es: „[…]  gab außerdem an, dass weitere Frauen, neben [der Geschädigten], angeblich der Prostitution nachgegangen seien.“ Dabei haben sowohl die mutmaßlich Geschädigte als auch der hier zitierte Hauptzeuge diese Behauptung, mit der von Anfang an die Glaubwürdigkeit der Frau unterminiert werden sollte, bestritten. Benjamin Kowitzke vom Verein Refugees Welcome Bonn e.V., der beim Gespräch dabei war, zeigt sich schockiert: „Der Zeuge hat nie dergleichen behauptet.“ Zwar hätten in Burbach durchaus Asylbewerberinnen mit Männern von BEWA und dem DRK sexuell verkehrt, nie aber die Angegriffene, geschweigedenn für Geld. Auch Anna Busl, Rechtsanwältin der albanischen Brüder, bestätigt gegenüber den Ruhrbaronen: „Bevor das Protokoll weitergegeben werden sollte, sollten die Mandanten die Möglichkeit bekommen, noch einmal nachzusehen, ob sie richtig zitiert worden sind. Das ist hier nicht geschehen. Ich habe gegen dieses Vorgehen Protest eingelegt. Das Protokoll enthält wesentliche Fehler.“

Auch an anderen Stellen wirkt das Arnsberger Protokoll nicht so, als wolle sich die Task Force an einer Aufklärung beteiligen, im Gegenteil. So sind in einer enthaltenen Auflistung die Namen von zwei Tatverdächtigen des vorgeworfenen Angriffs mit K.O.-Tropfen, die bereits vor dem Gespräch durch den Zeugen gegenüber den Ruhrbaronen und nun auch gegenüber der Bezierksregierung namentlich genannt worden waren, nicht im Protokoll auffindbar. Auch die Beschreibung zweier Autos, mit denen BEWA-Securitys die Brüder in Burbach verfolgt haben sollen, wurde geändert: statt von einem schwarzen Audi und einem weißen Opel Corsa wird behauptet, es sei ein schwarzer Mercedes benutzt worden. Zusätzlich enthält das Protokoll noch im Zusammenhang weiterer Vorwürfe, die die Zeugen gegenüber dem Burbacher Heim gemacht haben, nun bestrittene Aussagen, etwa in Bezug auf den Rauswurf durch BEWA-Mitarbeiter aus einem Heim in Bonn, der als „Transfer“ im Text auftaucht. Auch sollen die Zeugen laut Protokoll nach dem vorangegangenen Rauswurf aus der Burbach Einrichtung durch einen Mitarbeiter der Bezirksregierung nach Bonn gebracht worden sein. In Wahrheit haben sie die Zugreise aber aus eigener Tasche zahlen müssen.

Benjamin Kowitzke vom Verein Refugees Welcome Bonn e.V., der die Brüder dann in Bonn untergebracht und sie unterstützt hat, sagt: „Das Protokoll offenbart meiner Meinung nach eine Mischung aus Nachlässigkeit und möglicherweise vorsätzlichen Falschangaben. Einerseits passt die Falschchreibung der Namen der Zeugen und das falsch wiedergegebene Herkunftsland ins Bild einer Bezirksregierung, die sich erst kürzlich die Blamage lieferte, einen chinesischen Touristen in Flüchtlingslager zu verfrachten. Bei der untergeschobenen Aussage einer vermeintlichen Prostitution des mutmaßlichen Opfers oder dem Weglassen ausdrücklich genannter Namen glaube ich nicht, dass dies allein durch Nachlässigkeit erklärt werden kann.“

In der Zwischenzeit hat sich die BEWA-Security, gegen die sich bisher das Gros der Vorwürfe gerichtet hatte, gegenüber anderen Zeitungen und dem WDR zu Wort gemeldet. Anfragen der Ruhrbarone hingegen beantwortete BEWA bis heute nicht. Einerseits gesteht das Siegener Unternehmen reuig ein, in der Überprüfung der Mitarbeiter nacharbeiten zu müsssen, andererseits ging es vor kurzem anwaltlich gegen die Berichterstattung des WDR vor. Die Facebookseite des Unternehmens ist noch immer deaktiviert, Mitarbeiter haben ihre Profile seit dem letzten Bericht der Ruhrbarone entschärft. In einer Stellungnahme behauptet die BEWA auf die Berichterstattung durch die Ruhrbarone anspielend, es sei ein Screenshot eines NPD-Likes eines Mitarbeiters verbreitet worden, der nie in Burbach gearbeitet habe. Dabei handelte es sich bei besagtem Screenshot um einen Auszug aus der Like-Liste einer Mitarbeiterin, Ann-Kathrin F., die sich auch auf einer aus BEWA-Kreisen zugesandten internen Liste der Burbacher Belegschaft wiederfindet.

Die Arnsberger Regierungspräsidentin Ewert hat BEWA bereits in der vorletzten Woche die Kündigung der Aufträge angedroht, sollte sie sich nicht an einer zügigen Aufklärung beteiligen. In einem Tweet hatte der Pressesprecher der Bezirksregierung, Benjamin Hahn, der auch wortführend am Gespräch zwischen „Task Force“ und den albanischen Brüdern beteiligt war, verbreiten lassen: „Je mehr öffentlicher Druck, desto besser. Auch für uns. Für eine wachsame, kritische Öffentlichkeit sind wir immer dankbar“. In einem einvernehmlich aufgezeichneten Telefonat mit Refugees Welcome Bonn e.V. von Ende Juni jedoch beschwert sich Hahn, dass die Vorgänge auf einem Blog veröffentlicht wurden, statt sich schriftlich an die Bezirksregierung zu wenden. Weiter heißt es dort: „Es war ehrlich gesagt ein sehr, ja sagen wir mal, wenig charmanter Weg. Und wir haben uns auch ein bisschen, sagen wir mal, also man konnte das Gefühl haben, dass ihnen nicht so sehr an der Aufklärung der Dinge gelegen ist als daran, irgendwie Behörden vorzuführen.“

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Burbach Anonym
Burbach Anonym
7 Jahre zuvor

Der Bezirksregierung Arnsberg und der ermittelnden Staatsanwaltschaft liegen nun die Ergebnisse neuer Recherchen vor, die sehr stark an den Vorwürfen selbst und auch an der Glaubwürdigkeit der mutmaßlichen Zeugen zweifeln lassen. Eine Vielzahl von Seiten mit Protokollen, Belegen, eidestattlichen Erklärungen, Polizeiaktenzeichen usw. scheinen ein ganz anderes Bild aufzuzeigen.
Auch der WDR berichtet bereits:
http://www1.wdr.de/nachrichten/westfalen-lippe/burbach-missbrauch-fluechtlingsfrau-ermittlungen-drk-bewa-zweifel-100.html
Weiteres wird folgen.

Moritz Flesch
7 Jahre zuvor

Eure Ablenkungsmanöver und störfeuer wirken auf neutrale Beobachter genau so, wie es der behördenmitarbeiter beschreibt. Gut, dass es noch kritische Medien gibt, die eure Spielchen hinterfragen. Aber ihr findet schon noch Wege, euch als gute Menschen zu fühlen. Das schafft ihr ja immer. Man muss nur allen anderen Menschen unterstellen, sie seien nicht im Besitz der absoluten Wahrheit und mindestens nazis…. 😉

Norbert Krambrich
Norbert Krambrich
7 Jahre zuvor

Wer über längeren Zeitraum das Wirken und Schaffen dieser Task Force miterlebt hat weiß, das der nach dem Krisengipfel propagierte " Paradigmenwechsel" eben nicht stattgefunen hat.Nach wie vor gibt es keinerlei unabhängiges Beschwerdemanagment, die Einbindung ehrenamtlicher Arbeit sich eher nach dem Nutzem für den Träger der Einrichtung richtet, als sich am Nutzen für die Geflüchteten orientiert.Weit verbreitet ein Schweigen der ehrenamtlichen Helfer, um nicht mit Hausverboten überzogen zu werden und durch Eskalation die Situation noch weiter zu verschlimmern.Nach fast 30 Jahren in der Arbeit mit und für Geflüchtete hat sich bei mir in erster Linie das Gefühl des Angewidertseins breit gemacht, angewidert von der Asylindustrie, von staatlichen Einrichtungen, die den Rechtsstaat tagtäglich ad absurdum führen, angewidert von der anmaßenden Einteilung in " gute" und "schlechte" Geflüchtete.Und lieber bin ich einer jener " naiven" Gutmenschen als nur im Ansatz niederen Instinkten zu folgen, Insofern: Danke für Deine Hartnäckigkeit Jana

Burbach Anonym
Burbach Anonym
7 Jahre zuvor

@#2 Sport frei für die nächste Runde 🙂

Norbert Krambrich
Norbert Krambrich
7 Jahre zuvor

Gibt es denn inzwischen Erklärungen von Herrn Sommer oder Frau Rademacher zu den Abläufen bei der Taskforce oder verweisen Abteilungsleitung und Hauptdezernat wieder einmal auf die Rahmenbedingungen der laufenden Verträge für Erstaufnahmeeinrichtungen?

Yilmaz
Yilmaz
7 Jahre zuvor

Politisch Verantwortlicher ist Ralf Jäger, politische Konsequenzen? Keine!

Spätestens nach den unerträglichen Vorfällen an Silvester in Köln hätte NRW-Ministerpräsidentin Kraft ihren Innenminister Jäger entlassen müssen. Er ist untragbar, inkompetent und klebt an seinem Stuhl. So wird Kraft die nächste Landtagswahl nicht gewinnen.

Klaus Lohmann
Klaus Lohmann
7 Jahre zuvor

@#3 Moritz Flesch:
"…wirken auf neutrale Beobachter genau so, wie es der behördenmitarbeiter beschreibt". Nö. Und ich habe weder "Freunde" im Security-Umfeld noch bei Refugees Welcome oder in Arnsberg, gelte also als neutral. Eine Nazi-Unterstellung sehe ich hier auch nirgendwo, nur Hinweise auf skandalöses Behördenhandeln bzw. -Nichthandeln.

Die "Hätte, Könnte, Möglicherweise"-PR-Meldung des DRK (WDR-Kurznews) passt übrigens in die gesamt-nebulöse "Performance" eines Arnsberger Pressemitarbeiters, der auch hier nur durch Vermutungen und Arbeitsverweigerung seitens seiner Behörde aufgefallen war.

Heinz-Gerd
Heinz-Gerd
7 Jahre zuvor

Diese Diskussion ist vollkommen irrelevant geworden. Und auch nicht zu gewinnen. Denn egal, was auf dieser Welt passiert, Frau Klein wird an ihrer These festhalten, in allem nur das Negative sehen und sich ihre eigene Wahrheit basteln. Dass die nachher mit der Realität so viel zu tun hat, wie eine Kuh mit Stricken, ist dann auch irrelevant. Kurz: das ist hier argumentatorisch nicht zu gewinnen.

Eine fanatische 22-Jährige sieht die Chance ihres Lebens, im "Journalismus" eine Rolle zu spielen, träumt vielleicht insgeheim vom Pulitzer-Preis (der ihr aber vermutlich viel zu kapitalistisch sein dürfte).

Da muss man das Thema natürlich möglichst lange hoch halten und auf super-"professionelle" Weise sein journalistisches Geschick unter Beweis stellen, in dem man einfach auf alles drauf schlägt, in allem Gewalt, Nazis und Hooligans sieht. So ist das, wenn man so weit links ist, dass alles andere nur noch rechts sein kann. Und sich mit seinem Verhalten quasi schlimmer verhält, wie die, denen man das vorwirft, damit das, was die deutsche Nation traumatisiert hat, nie wieder vor kommt. Alles Nazis – ausser den "Linken" (nicht die Partei ist gemeint).

"Ring frei zur nächsten Runde" – daraus leitete sich der Satz meines Vorredners ab (und im Übrigens: den sehr unpassenden Bezug zum Sport, der deutlich zeigt, welche Absichten Frau Klein hat, der kam von ihr selbst 😉 ) ein Begriff aus dem Boxsport – na, die Herren Klitschko und Co werden sich freuen, in den Bereich der Hooligans gerückt zu werden, was auch immer man von dieser Sportart halten mag.

Die Aufklärung der Vorwürfe wird nicht mehr allzu lange dauern, da es unabänderliche Fakten gibt, die deutlicher nicht sein können. Da spielen Namen oder Fehler in einem Protokoll gar keine Rolle. Ganz egal, welches Verschwörungsprotokoll die junge Dame gerne sehen möchte.

Und dann wissen wir, wie es weiter geht: die Beweise liegen auf dem Tisch, die Behörden reagieren entsprechend, aber es kann nicht sein, was nicht sein darf. Spätestens dann wird es für Frau Klein vermutlich ganz schön eng.

Guten Morgen

H-G L

PS: auf die Antwort auf meinen Brief an Frau Klein warte ich auch noch – oder liegt es daran, dass ich irrtümlich schrieb, sie käme aus Siegen? Mea culpa.

Norbert Krambrich
Norbert Krambrich
7 Jahre zuvor

Welche Fakten liegen denn auf dem Tisch Herr H-G.L? Das Protokoll der Befragung etwa? Eine Befragung durch Mitarbeiter, die vor ihrer Tätigkeit bei der Task Force Ermittlungserfahrungen beim Eichamt oder in der Lebensmittelkontrolle gesammelt haben? Es ist doch hanebüchen zu glauben, dass eine Task Force, die sich seit ihrer Gründung durch Untätigkeit, Inkompetenz und Ùberforderung ausgezeichnet nun plötzlich kompetent agiert und " saubere" Ermittlungsergebnisse liefert.Und das nunmal spätestens seit der NSU erhebliche Zweifel an der Arbeit von Sicherheitsbehörden bestehen dürfte eigentlich auch dezidierte Nichtlinke nicht verwundern

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