„Die Liste der „Gottbegnadeten“ : Vergiftet für immer

Erwachender (1935), Ehrenmal in Lüdenscheid Foto: Silvercork Lizenz: CC BY-SA 3.0

Werden Kunstobjekte im öffentlichen Raum als Straßenmöbel übersehen, oder wie kommt es, dass 76 Jahre nach dem Ende des Tausendjährigen Reichs in Deutschland und Österreich immer noch Objekte aus der Hitler-Diktatur im öffentlichen Raum herumstehen oder Theaterfoyers und Ämter „schmücken“, dass Künstler unbehelligt sowohl nationalsozialistischer Propaganda sich andienen als auch nach Kriegsende sich in Trauerarbeiter verwandeln und so die Opfer verhöhnen konnten? Die Mühlen der Geschichte mahlen langsam.

Deutschland zu entnazifizieren, hatten 1945 die Siegermächte im Potsdamer Abkommen sich vorgenommen, 596 Objekte wurden als Propaganda identifiziert und von amerikanischen Soldaten in die USA geschafft, wo sie bis heute,  weitgehend abgeschottet von der Öffentlichkeit, lagern. Nach wie vor befürchten amerikanische Kunsthistoriker,  diese Werke könnten Neonazis anstacheln oder sich unter Rechtsradikalen zu Ikonen verwandeln,  während in der hiesigen Museumspraxis mittlerweile NS-Kunst, sachgemäß kommentiert,  in größeren thematischen Zusammenhängen gezeigt wird.

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Die Hindenburgstraße ist so wertvoll wie ein kaputtes Fahrrad

Die Hindenburgstraße spiegelt sich im Fenster der Neuen Synagoge Foto: R. v. Cube

Ein Teil der Ruhrbarone-Redaktion sitzt ja gar nicht im Ruhrgebiet, sondern in Mainz. Und hier ist gerade ein Streit neu aufgeflammt, um die Frage, ob man die Hindenburgstraße umbenennen soll. Diese Straße in der Mainzer Neustadt ist eine hübsche, kleine Allee, die sich insbesondere dadurch auszeichnet, dass sie weitgehend von Bomben verschont blieb, so dass sie einer der wenigen Flecken in Mainz ist, der noch den Charme der Jahrhundertwende-Architektur ausstrahlt. Der Name ist Programm. Außerdem liegt hier die eindrucksvolle Neue Mainzer Synagoge.

Der Inhalt des Streits ist rasch zusammengefasst: Die einen wollen die Straße umbenennen, weil Hindenburg Hitler zum Reichskanzler ernannt hat und ein Monarchist und Kriegstreiber war, die anderen wollen den Namen so lassen, weil Hindenburg doch nicht so schlimm gewesen sei und weil es Geld koste, alle Personalausweise umzuschreiben. Eine Anwohnerbefragung soll ergeben haben, dass die große Mehrheit gegen eine Umbenennung ist. Es gab eine Historikerkommission, die minutiös ausgerechnet hat, zu wieviel Prozent Hindenburg ein Nazi war, und die zum Ergebnis kam, dass die Nazihaftigkeit nicht die Schwelle erreichen würde, bei der man die Straße umbenennen muss. Da waren die Konservativen erleichtert, aber jetzt haben die Linken einen neuen Vorstoß gemacht und es könnte sein, dass die Straße von einer Mehrheit aus Linken, SPD und Grünen doch noch umbenannt wird.

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The Cure – Dunkelbunte Jahre

Es gibt Bücher, da ärgert man sich im Nachhinein kräftig, dass man sie nicht schon deutlich eher für sich entdeckt hat. Zu dieser Kategorie zählt für mich seit ein paar Wochen eindeutig auch der Bildband ‚The Cure – Dunkelbunte Jahre‘, der bereits im Sommer im Hannibal-Verlag erschienen ist, den ich aber leider erst jetzt entdeckte, als ich mich mit der Biografie von Stevie Van Zandt beschäftigt habe, die ich hier im Blog vor rund zwei Wochen vorgestellt habe.

‚The Cure‘ begleitet mich musikalisch schon seit den späten 1980er-Jahren. Viele Mädchen in meiner Schule begeisterten sich damals für die Band, von der ihr Sänger Robert Smith heute behauptet:  ‚Wir hatten nie die Absicht, so erfolgreich zu werden.‘

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Omoshirogara: Sonderbare Ermunterungen


Die hauchdünne Seide des über ein Bambusrohr geworfenen  Kimonos scheint in einem Walzertakt zu wehen, der von fern erklingt, anziehend schön. Beim Herantreten an das Objekt stutze ich: Flaggen prangen dort, wo auf dem kostbaren Stoff Blüten, Kraniche oder Fächer zu erwarten sind, wie sich herausstellt  Nationalflaggen von Italien, Japan und NS-Deutschland, die 1940 den Dreimächtepakt schlossen. Blitzartig sehe ich mich In meiner Neugier und Bewunderung in der Tradition jener, die um die Zeit des Fin de siècle fremde Kulturen

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Petition: Hände weg von Donald Duck!

Carl Barks 1982 in San Diego auf der Comic-Con International Foto: Alan Light – Carl Barks Lizenz: CC BY 2.0

Der Egmont Ehapa Verlag will die Donald Duck-Comics woker machen und sich damit an einem Stück Popkultur vergreifen. Mit einer Petition sammeln die Freunde Entenhauses Unterschriften gegen dieses Vorhaben:

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Sounds of Silence – ein Buchprojekt über Dortmunder Clubs im Lockdown

Der Lockdown machte die Clubs in Dortmund zur Geisterstadt – Sounds of Silence porträtiert das Ganze

Als Corona explodierte und die Clubszene stagnierte, fasste der Dortmunder Musiker und Grafik-Designer Marcel Richard sich ein Herz. Für sein Projekt ››Sounds of Silence‹‹ hat er Dortmunder Clubs vom Langen August über das Freizeit Zentrum West bis hin zur Westfalenhalle insgesamt 18 Clubs und Kneipen im pandemiebedingten Dornröschenschlaf porträtiert. So ist eine multi-visuelle Reise durch eine Zeit entstanden, die wir mit großer Sicherheit nicht vermissen werden. In der Hafenschänke subrosa stehen die Hocker auf dem Tresen, im domicil sind die stillen Schnapsflaschen im Glasregal momentan das einzige Publikum und beim Oma Doris haben die Discokugeln an der Decke schon Staub angesetzt.

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Kinogeschichte NRW: Wo jetzt Pixels herrschen


„Kino“ ist seit gut hundert Jahren ein Zauberwort für viele und die meisten haben eine Liebesgeschichte mit irgendeinem Vorstadtkino. Auch in der soeben erschienenen Kinogeschichte NRW der Film- und Medienstiftung NRW bezaubern die Erinnerungen von Regisseurinnen und Regisseuren, Filmvorführern und Kino-Betreibern. Ihre Erzählungen gleichen das Übergewicht an Fakten und Zahlen aus, die sich wohl zwangsläufig auftürmen, wenn es gilt, die Geschichte eines weltumspannenden populären Mediums auf eine einzige Region herunterzubrechen. Einerseits  braucht eine Edition wie die vorliegende zur Einordnung allgemeine Texte über hinlänglich bekannte Entwicklungen des Kinos von der Schaubude zum Lichtspieltheater, andererseits dürften regionale und lokale (auf Spielorte im Bundesland

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