Auswärtiges Amt: „Wir nehmen Blogs ernst“

Bloggertreffen in Kairo

Die Deutsche Welle Akademie veranstaltete ein deutsch-arabisches Bloggertreffen in Kairo. Es war auch ein Signal an die Regierungen der Region.

Lina  Ben Mehnn ist Bloggerin. Die 27jährige Tunesierin schreibt vor allem über Politik und das Bloggen – wie tausende anderer Blogger auf der Welt auch. Was in Deutschland für die meisten nicht mehr als ein harmloses Hobby ist, ist in Tunesien gefährlich. Tunesien wird von Staatspräsident Zine El Abidine Ben Ali mit harter Hand regiert. Es ist eine Scheindemokratie, bei den Wahlen wird die Opposition behindert. Tunesien ist ein Land, in dem die Pressefreiheit keinen hohen Stellenwert hat. Und Blogger, die sich dieses Recht einfach nehmen und schreiben was sie denken, erst recht nicht.

Ich lernte Lina auf dem Young Media Summit in Kairo kennen. Einem deutsch-arabischen Bloggertreffen, organisiert von der Deutsche Welle Akademie, finanziert über das Auswärtige Amt. Zwölf arabische und sechs deutsche Blogger, Markus Beckedahl (Netzpolitik), Hardy Prothmann  (Heddesheim-Blog) und Julia Seeliger (Zeitrafferin), Annina Luzie Schmidt (Girls can Blog), Teresa Buecker (Flanell Apparel) und ich trafen sich für fünf Tage in der ägyptischen Hauptstadt.

Und was Lina zu erzählen wusste, klang für uns wie Berichte aus einer anderen Welt: So wurden in Tunesien bei einer Demonstration für Pressefreiheit im Frühjahr alle Teilnehmer außer Lina verhaftet. Sie selbst durfte wenige Tage nach der Konferenz aus Tunesien nicht ausreisen. Etwas mit ihrem Pass sei nicht in Ordnung, wurde ihr gesagt. Was nicht in Ordnung sei, natürlich nicht.

Lina war eine Ausnahme. Die meisten anderen arabischen Blogger, die wir in Kairo kennen lernten, gingen die Regierungen ihrer Staaten – darunter Ägypten, Saudi-Arabien oder die Palästinensergebiete, nicht so offensiv an wie Lina und ihre Freunde. Sie waren, zumindest in unseren Augen, äußerst zurückhaltend und vorsichtig. Nur wenige von ihnen beschäftigten sich direkt mit Politik, griffen eher die Lebensumstände auf und mühten sich um mehr gesellschaftliche Freiheiten. Auch das sorgte schon für genug Ärger: Bloggerinnen aus Alexandria oder dem Gaza-Streifen erzählten zum Teil erschrocken davon, wie es ist, mit dem Vorwurf leben zu müssen, schlecht über den Propheten geschrieben zu haben. Und erklärten, dass sie dies natürlich nie getan hätten. Im von der Hamas regierten Gazah-Streifen ein gefährlicher Vorwurf.

Drei Tage lang diskutierten wir über Meinungsfreiheit und Tabus in unseren Gesellschaften. Zum Teil waren die Gespräche etwas zäh, weil die Konferenzsprachen Deutsch und Arabisch waren, und auch die besten Übersetzer aus jeder Diskussion die Geschwindigkeit herausnehmen, die sie erst spannend macht. Aber auf die Frage, worüber ich mich nicht zu schreiben trauen würde, viel mir nicht viel ein – und erst im Dialog mit Autoren, denen das anders geht wurde mir bewusst, was für ein Privileg das ist. Sicher, es gibt viele Themen über die ich auf dem Blog nicht schreiben würde, weil ich sie für zu privat halte, weil ich finde, dass sie niemanden etwas angehen. Aber zu wissen, ich könnte es tun ohne ein anderes Risiko einzugehen als das, mich lächerlich  zu machen, ist ein gutes Gefühl. Und man vergisst schnell, dass es nur wenige Länder auf der Welt gibt, in denen sich Autoren um Themen wie Zensur, Polizeibehörden und Geheimdienste keine Gedanken machen müssen.

Die Tage in Kairo zeigten mir aber auch, dass vieles im persönlichen Umgang deutlich lockerer war, als ich es mit vorgestellt habe. Während einer Diskussionsrunde erklärte ich meinen arabischen Kollegen, dass ich im israelisch -arabischen Konflikt hinter Israel stehen würde. Dass ich wenige Minuten auf dem Balkon des Marriot mit Blick auf den Nil mit dem im Westjordanland lebenden Mohammed Abuallan bei einer Zigarette weiter über das Thema diskutieren würde, hätte ich nicht erwartet. So kontrovers viele Diskussionen auch waren – es waren Diskussionen und keine Kämpfe.

Ein anderes Vorurteil, dass ich revidieren musste: Ob verschleiert, mit Kopftuch, Minirock oder enger Jeans – die arabischen Frauen bestimmten die Gespräche, gingen stärker in die Kontroversen hinein, als die Männer und hatten auch deutlich mehr Selbstvertrauen.

Erschreckend allerdings, dass eine dieser selbstbewussten, jungen Frauen als eines ihrer Vorbilder den ägyptischen Schriftsteller Sayyid Qutb nannte. Er war einer der wichtigsten Vordenker des modernen Islamismus. Ohne Qutb würde es kaum Terrororganisationen wie Al Qaida oder die Hamas geben. Er war der Mann, der die Büchse der Pandora öffnete.

Die Bundesregierung hat dieses Bloggertreffen nicht aus Zufall gefördert. Zum einen soll es der Auftakt einer Reihe von Treffen von Medienmachern aus Deutschland und den arabischen Staaten werden. Vielleicht treffen sich im kommenden Jahr Radioreporter oder Lokalredakteure irgendwo, um sich näher kennen zu lernen. Die Veranstaltung war aber auch ein politisches Signal in die Region hinein. Am Rande des Botschaftsfestes zum 20. Jahrestag der Wiedervereinigung wurde uns erklärt, dass die Bundesregierung mit diesem Treffen zeigen wolle, dass sie die Blogs in der arabischen Welt als Medien ernst nimmt. In der vagen Hoffnung, dass die Staaten der Region dieses Signal gegen die Verfolgung der Blogger wahrnimmt. „Wir nehmen“, sagte ein Diplomat “die Blogs ernst“

Der Fall von Lina  Ben Mehnn zeigte, dass dieses ehrenwerte Vorhaben bislang leider wenige Früchte trug.

Aber wir hätten ohne dieses Treffen keinen Gastbeitrag von Ben Mehnn über die Unterdrückung der tunesischen Blogger auf den Ruhrbaronen veröffentlicht. Wir kennen uns jetzt, stehen in Kontakt miteinander und wenn einem der arabischen Kollegen etwas passiert, werden wir darüber berichten. Das ist nicht viel, aber es ist ein Fortschritt.

Ein Artikel von mir zu diesem Thema erschien auch in der Welt am Sonntag.

Carlos‘ Kumpel, homegrown Terror

Seit heute läuft im Kino der Film über Carlos, den legendären venezuelanischen Terroristen, in Frankreich inhaftiert. Immer an seiner Seite war ein Kind des Ruhrgebiets.

Für Johannes Weinrich (Filmfoto) wird wohl eine der obskursten deutschen Webseiten geführt, das Sozialnetz in Berlin befasst sich mit dem Schicksal des Leidensgenossen. Listet dabei seine Lebensstationen auf. Brakel, Schwerte, Bochum. Und in Bochum hat sich der spätere Helfer von Carlos ziemlich lange aufgehalten. Und eingebracht. Weinrich gründete als SDS- und AStA-Mitglied meines Wissens ein örtliches Studentenwerk, eine der Vorgängerorganisationen des heutigen Akademischen Förderungswerks (Akafö).

Übrigens – das Akafö ist heute zuständig für Wohnheime, auch das, in dem einer der Selbstmordpiloten des 11. September bei seiner Freundin wohnte, kitschige Liebesbriefe austauschte, die so gar nicht an globalen Terror erinnern, der gleichwohl aber auch in Bochum in radikalen islamistischen Kreisen verkehrte.

Aber das ist natürlich nur ein seltsamer Zufall der Geschichte.

Bevor Johannes Weinrich in den Kampf für ein freies Palästina, gegen PLO und Weltimperialismus eintauchte, hatte er jedenfalls ein großes Herz für Mit-Studenten, der Akafö-Kindergarten an der Fachhochschule auch die Sozialbeiträge und einiges mehr gehen wohl auf das Wirken des heutigen Langzeitknackis zurück. Außerdem gründete Weinrich in Bochum eine politische Buchhandlung. Herausgegeben wurden an der Unistraße später Schriften gegen Zensur, für Gewalt und Solidarität mit politischen Gefangenen. Auch diesen Laden gibt es heute noch, seit genau 25 Jahren macht sich hier das Antiquariat Ubu breit, eher was für Freaks, Kiffer, Spontis, nichts für die radikale Sperrspitze der Bewegung.

Weinrich verstand sich, versteht sich vielleicht noch heute, als Mitglied der Revolutionären Zellen, die im Ruhrgebiet einige Spuren hinterlassen haben. Es ist heute nur noch schwer zu begreifen, aber der Terrorismus von RAF oder RZ hatte viele Anhänger. Ich habe 1986 mit einer Reihe von erklärten Sympatisanten das Studium begonnen. Die hatten ihr Abi am Dortmunder Kolleg im zweiten Bildungsweg gemacht, trugen sehr lange, wüste Haare, karierte Hemden, Zimmermannshosen, sahen ein bisschen aus wie Curt Cobain und führten in der Einführungsübung in die Politischen Wissenschaften eindrucksvoll vor, wie aus einem Seminar ein Tribunal wird.

Ich glaube, es ging um die Frage, ob Rauchen erlaubt sein darf, wenn es Anwesende gibt, die der Qualm stört. Klare Antwort: Natürlich! Die genaue Begründung der autonomen Radikalen habe ich vergessen, es wurde viel Gramsci zitiert – aber vielleicht erinnert sich Politikprofessor Klaus Schubert noch daran. Er resignierte irgendwann angesichts der genauso mitreißenden wie überlangen Wortbeiträge – und zündete sich eine an. Dabei wurde die Übung eigentlich meines Wissens nur gesprengt, weil einige die Hausaufgaben nicht gemacht hatten.

Während wir an der Ruhr-Uni in GC ziemlich wirre Nachmittage erlebten, wurde gleichzeitig eine Bochumer taz-Mitarbeiterin in der Innenstadt vor der Polizei gewarnt. Corinna Krawaters tauchte jahrelang unter, eine Odyssee durch Europa, schließlich stellte sie sich, bekam eine relativ milde Haftstrafe. Sie war wohl Mitglied der Roten Zora, die feministische Ausgabe der Roten Zellen, gab zu, einen Wecker der Marke besessen zu haben, die auch bei Sprengstoffattentaten zum Einsatz kam.

Die Rote Zora war im Ruhrgebiet stark, plante Anschläge auf einen Textilgroßhandel, fälschte Busfahrkarten und verschwand irgendwann von der Bildfläche wie auch die Revolutionären Zellen.

Terrorismus-Unter-Uns begegnete mir ein letztes Mal im AStA der Ruhr-Uni – ich war dort Nach-Nach-(…)-Nachfolger von Johannes Weinrich als Sozialdezernentreferent. Meine Kommilitonen aus der Erstsemesterübung saßen plötzlich auf der anderen Seite. Der AStA wurde für besetzt erklärt, gefordert wurde die „Zusammenlegung der politischen Gefangenen“, für die der verdreckte, zwischen autonomen, sponti- und gewerkschaftlichen Linken aufgeteilte AStA nicht ganz der richtige Ansprechpartner war. Trotzdem zog sich die Besetzung in die Länge.

Ich erinnere mich noch an die echte Verzweifelung der Sympatisanten, an ihre Todesangst um die inhaftierten Genossen und an diese tiefe Abscheu gegenüber uns Pseudo-Linken, die sich mit Dingen wie der Beibehaltung des Nachschlags in der Mensa befassten und nicht mit der Bekämpfung des Schweinesystems.

Dabei hatte selbst Johannes Weinrich mal so angefangen.

Allerbeste Infos zum Terrorismus Marke Carlos, mit O-Tönen vom Schakal, heute noch mal um 14 Uhr auf arte, hier der trailer. Danach in den unermesslichen Weiten des Netzes.

Der soziale Verfassungsschutz und die DKP

Irgendwann in den späten 90ern. Ich besuchte den Verfassungsschutz in NRW. Und erfuhr etwas über das soziale Gewissen der Inlandsagenten.

Ich war nie ein Freund der DKP. Wie man einer Partei angehören konnte, die hinter einem Staat wie der DDR stand, der seine Bürger ermordete, wenn sie über die Grenze wollten und Kinder als Spitzel auf ihre Eltern ansetzte konnte ich nur nicht v erstehen. Ich fand das widerwärtig. Trotzdem wunderte ich mich, dass die bereits Ende der 90er Jahre überalterte, unwichtige und dank fehlender Ost-Knete auch bettelarme Partei noch vom Verfassungsschutz überwacht wurde. Diese Greisentruppe war doch keine ernstzunehmende Gefahr mehr. Was sollten die schon machen? Mit dritten Zähne werfen?

Und als ich damals im Rahmen einer Recherche beim Verfassungsschutz in NRW war fragte ich nach, ob man denn die DKP noch als Berdohung der Freiheitlich demokratischen Grundordnung sehen würde.

Die Antwort: Nein. Klar, die Partei sei gegen die Demokratie, aber nicht mehr Handlungsfähig. Aber man hätte eine soziale Verpflichtung den langjährigen Mitarbeitern, die in der DKP zum Teil seit Jahrzehnten für den Verfassungsschutz aktiv seien. Auch das seien ältere Damen und Herren und ihnen von heute auf morgen zu sagen: Vielen Dank, wir brauchen Euch nicht mehr wäre unsozial. Also würden die weiter  berichten und etwas Geld bekommen. Alle waren Glücklich. Wahrscheinlich sogar die DKP, die bestimmt enttäuscht gewesen wäre, wenn sie aus dem Verfassungsschutzbericht wegen mangelnder Bedeutung gestrichen worden wäre.   Ob das heute noch so ist? Keine Ahnung. Die DKP steht immer noch im Verfassungsschutzbericht. Vielleicht ist ja wieder gefährlicher geworden.

NRW: Neuwahlen! Yo!

Die Linkspartei droht der Landesregierung damit, den Haushalt durchfallen zu lassen. Und die Grünen sind Neuwahlen nicht abgeneigt. Nach Monaten der Ödnis wird es langsam wieder spannend in Düsseldorf.

Eine Stimme aus einer anderen Fraktion braucht die Minderheitsregierung aus SPD und Grünen, um ihren Haushalt im Landtag durchzubekommen. Die Linkspartei will die nicht einfach so liefern. 200 neue Steuerprüfer will sie und endlich nicht mehr vom Verfassungsschutz kontrolliert werden. Klar, viele ihrer Mitglieder werden es als Demütigung empfinden, von der ehemaligen Konkurrenz überwacht zu werden – vor allem wenn man die früher  als Deppentruppe verachtete. Bei den Steuerprüfern wird die Landesregierung der Linkspartei entgegen kommen  – vielleicht werden es ein paar weniger, hört man in Düsseldorf, aber auch SPD und Grüne brauchen Geld. Und das würden die Steuerprüfer recht zuverlässig liefern.

Bei der Verfassungsschutznummer sieht es anders aus. Wenn Ralf Michalowsky, der Parlamentarische Geschäftsführer  der Linksfraktion, fordert dass es „keine politisch motivierte Überwachung geben“ dürfe, hat er in all seiner intellektuellen Brillanz sicher nur zufällig übersehen, dass es im Umkehrschluss auch kein politisch motiviertes Ende einer Überwachung geben darf. Ob eine Überwachung notwendig ist oder nicht müssen Fachleute entscheiden – oder die Gerichte.

Grüne und SPD werden der Linkspartei in der Frage des Verfassungsschutzes nicht folgen. Und die  wird deswegen schäumen – aber viel mehr auch nicht. Denn auch in ihren Reihen gibt es viele, die kein Interesse an Neuwahlen haben. Aus ganz persönlichen Gründen: „Viele in der Linkspartei“, weiß ein langjähriges Mitglied, „haben zum ersten Mal seit Jahren einen vernünftigen Job. Sei es als Landtagsabgeordneter oder als Fraktionsmitarbeiter. Die möchten nicht schon wieder in Hartz IV abrutschen.“

Am Tag der Abstimmung, so kalkuliert, trotz aller Rhetorik, auch die Landesregierung, wird sich vielleicht einer daran erinnern, dass er bei Neuwahlen aus dem Parlament rausfliegen könnte – und zustimmen.

Auch bei vielen Abgeordneten von Union und FDP klafft zwischen lauter Empörung über die Politik der Landesregierung und der eigenen Befindlichkeit viele Angeordneter eine große Lücke. Gäbe es Neuwahlen, stünden die Chancen für die FDP schlecht, wieder in den Landtag zu kommen. Und die Stimme eines Liberalen beim Haushalt reicht, um Rot-Grün zu stützen. Auch viele Chrisdemokraten könnten, angesichts des drohenden Endes der persönlichen politischen Laufbahn, schwanken.

Ob das Kalkül der Landesregierung aufgeht, mit einer Angststimme den Haushalt durchzubekmommen? Wahrscheinlich schon. Aber soll es dann bis 2015 so weitergehen? Neuwahlen würden diesen Krampf hoffentlich beenden und dafür sorgen, dass es stabile Verhältnisse in NRW gibt. Nur außer den Grünen wird kaum einer für Neuwahlen votieren – sie wären die einzigen, die gute Chancen hätten, gestärkt in den Landtag einzuziehen.

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S21-Tag in Bochum

Gleich zwei Demonstrationen nehmen sich heute in Bochum dem Thema Stuttgart 21 an.

Stuttgart 21 ist weit. Und was in der Maultaschen-Metropole so passierte interessiert ausserhalb Schwabens normalerweise kaum jemanden. In diesem Jahr ist das anders. Der Konflikt um denBahnhofsneubau in  der Baden-Würtembergischen Landeshauptstadt ist der Konflikt des Herbstes – und Stuttgart im Moment der Hotspot der Republik.

Und der Streit um den Bahnhof reicht bis ins Ruhrgebiet. Gleich zwei Demos gibt es heute in Bochum. Eine für und eine gegen S21.

Der Bochumer CDU-Ratsherr Dirk Schmidt wird ab 16.30 Uhr vor dem Hauptbahnhof für das Milliardenprojekt demonstrieren. Für ihn auch ein Zeichen der Solidarität mit den Christdemokraten in Stuttgart, die gerade dabei sind, sich in die Opposition zu beamen.

Der DKP-Ableger Soziale Liste hält zeitgleich und daneben dageben und will das Bahnhofsgeld lieber im Ruhrgebiet verbaut sehen.

Und nein, es werden keine Massenveranstaltungen, sondern eher Beiträge zum Skurrilen-Herbst 2010.

Rot-Grün in NRW: Die nächsten 100 Tage werden spannender

Die rot-grüne Landesregierung in NRW feierte sich für die ersten 100 Tage im Amt selbst. Die größte Leistung bisher: Man kam skandalfrei durch die Sommerpause. Die nächsten 100 Tage werden spannender.

In der vergangenen Woche feierte sich die rot-grüne Landesregierung selbst. Die ersten 100 Tage waren geschafft, die Stimmung ist noch immer gut, nur die Minister und ihre Behörden rangeln im Hintergrund darüber, wer was zu sagen hat. Die beiden bisherigen Höhepunkte der Regierung Kraft: Eine Rekordneuverschuldung und das Scheitern der Abschaffung der Studiengebühren. Der Linkspartei gingen die Pläne von Rot-Grün nicht weit genug – also bleibt erst einmal alles, wie es ist.

Spannender werden die nächsten 100 Tage, denn jetzt muss langsam regiert werden. Datteln IV wird Rot-Grün noch viel Freude bereiten. Die IGBCE ist eine Macht innerhalb der SPD in NRW und das werden die Grünen schon bald zu spüren bekommen. Bei den großen Themen der Koalition wie Bildungsreform und Energiewende wird schnell deutlich werden, wie sehr SPD und Grüne auf die Zustimmung der Linkspartei angewiesen sind. CDU und FDP werden Kraft gegen die Wand laufen lassen – und die Zustimmung der Linkspartei im Parlament wird teuer. Beim Haushalt setzt man auf einen Abweichler aus den Reihen der Linken –  mehr würde nicht benötigt. Redet man mit den Koalitionären, stöhnen die nur über die Deppen, mit denen sie es bei der Linkspartei zu tun haben. Unprofessionelle, alte Männer die nun ihre politische Pubertät ausleben wollen. Das wäre eigentlich kein Problem – wenn man deren Stimmen nicht dringend brauchen würde. SPD und Grüne sollten diese Tage noch einmal geniessen. Sich zurücklehnen. Die Seele baumeln lassen. Es könnten die letzten schönen Tage in der Landesregierung gewesen sein.

Seehofer hat Unrecht und tut das Richtige

Horst Seehofer Foto: Bayern.de Einwanderung und zur multikulturellen Gesellschaft sind Unfug. Aber dass er sie äussert ist gut und wichtig.

Inhaltlich ist alles zu Horst Seehofers Einlassungen zur Einwanderung gesagt:   Eine alternde und schrumpfende Gesellschaft ist auf vor allem qualifizierte Einwanderer angewiesen, wenn sie ihren Wohlstand halten will. Und da diese Leute es sich aussuchen könne, wo sie hingehen, stellen sie die Bedingungen und nicht wir. Punkt.

Aber Seehofers populistischer Rechtsschwenk ist trotzdem gut. Er könnte dazu beitragen, Rechtsextreme und Rechtspopulisten aus den Parlamenten zu halten. Seehofer will deren Wählerpotential an die Union binden. Wenn das klappt – und es hat bei der union über Jahrzehnte geklappt, hat er einen guten Job gemacht. Damit das Spiel funktioniert, müssen natürlich jetzt alle auf Seehofer losgehen – erst das verschafft ihm in diesen Kreisen die notwendige Glaubwürdigkeit. Aber auch da spielen ja alle mit. Wenn die SPD vor ein paar Jahren nicht Gestalten wie Clement und Konsorten an ihrer Spitze gehabt hätte, sondern ein paar taktisch versierte Instinktpolitiker wie Seehofer, wäre uns die Linkspartei in den Parlamenten vielleicht erspart geblieben. Die SPD war zu blöd das linke Protestpotential zu binden. Hoffen wir, das Seehofer mehr Glück hat.

Blogs: Censorship in Tunisia – Zensur in Tunesien

Anfang Oktober nahm ich auf Einladung der Deutschen Welle Akademie an der Young Media Summit 2010 in Kairo statt. Auf der Veranstaltung trafen deutsche und arabische Blogger zusammen. Es  waren spannende und schöne Tage. Am Rand der Veranstaltung fragte ich die tunesische Bloggerin Leena, ob sie bereit wäre, einen Gastbeitrag über die Zensur und Verfolgung von Bloggern in Tunesien zu schreiben. Hier ist Leenas  Text. Stefan Laurin
Kommentar bitte nur in Englisch. For this article we ask you to  write your comments  in English.

Starting from the last days of April, an enormous and violent wave of censorship hit the blogosphere and the internet, in general, in Tunisia. Young Tunisian net surfers expressed their anger and disdain in different ways such as launching virtual campaigns against censorship. From our Guest Author Leena Ben Mhenni

Discussions about organizing a demonstration or gathering led to the creation of a mailing list to discuss the matter thoroughly. Progressively a date has been fixed. Two young persons without any political affiliation namely Slim Amamou and Yassine Ayari volunteered to deliver the gathering affidavit to the ministry of interior.

In fact, they drafted the document with the help of some friends with a good mastering of Tunisian laws.

Once in front of the ministry of interior, they were denied the access to the building. So they tried to deliver the document to the general director of national security, but they have known the same fate there and have been referred to the governorate of Tunis. There, the same has happened again.

Therefore, Slim Amamou and Yassine Ayari sent the document to the three institutions listed above with acknowledgement of receipt via post. But, they never received a reply.

After the first trial of the delivery of the document. Yassine and Slim sent a fax with the details of the story that they wrote with the help of Hana and myself , and a copy of the documents to all the Tunisian newspapers. But just one newspaper “Al mawkif”, the piece mouth of a dissident party published an article about the story .

Meanwhile, they consulted an attorney in order to avoid any infringement of the laws. The latter suggested some improvements on the document and advised them to add a third signature to it, to avoid the rejection of the gathering notice. Lina Ben Mhenni( Me) , a Tunisian blogger with no political affiliation signed the document too. The three of us re-sent it to the same three institutions, with acknowledgement of receipt but we never received any replies and we did not know about the fate of the previous documents as we never received the acknowledgements of receipt.

We went to inquire about the matter in the post office and to present a complaint.

According to Tunisian laws an affirmative answer or the absence of reply equals the legitimacy of the gathering.Nevertheless , we decided to record a video , to announce that we never received a reply and to advise people to avoid coming on Saturday .

But before , recording the video Slim and Yassine disappeared. In fact , they had been arrested and forced to make videos to announce that the gathering has been delayed .

Leena Ben Mhenni is the Author of the Blog A Tunisian Girl

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Bochumer CDU-Ratsmitglied organisiert Demo für S21

Kunstaktion oder Politik? Der Bochumer CDU-Ratsherr Dirk Schmidt hat eine Demonstration pro Stuttgart 21 organisiert.

Die Befürworter des Milliarden-Bahn-Projekts Stuttgart 21 bekommen unerwartete Unterstützung aus dem Ruhrgebiet: Der Bochumer CDU-Ratsherr Dirk Schmidt will am 21. Oktober vor dem Bochumer Hauptbahnhof für den Neubau des Stuttgarter Hauptbahnhofs demonstrieren. OK, wegen dem teuren Bahnprojekt in Schwaben können auch im Ruhrgebiet die Bahnhöfe nicht renoviert und Projekte wie der Rhein-Ruhr-Express nicht oder erst später umgesetzt werden, aber darum geht es Schmidt nicht. Er sieht die Gefahr, dass beschlossene Großprojekte in Deutschland in Zukunft kaum noch umgesetzt werden können:

Stuttgart 21 geht uns alle an, denn es geht auch darum, ob legitim beschlossene große Infrastrukturprojekte in Deutschland noch realisiert werden können. Rund 15 Jahre ist über Stuttgart 21 beraten worden und ein Ausstieg nach Planungen, Auftragsvergaben und Baubeginn ist mit dreistelligen Millionenschäden verbunden. Die Planungen und Beschlüsse sind demokratisch legitimiert. Und nicht nur in Baden-Württemberg sind die Vorteile des realisierten Projekts eines Tages zu spüren. Die Fahrzeit von derzeit 54 Minuten zwischen Stuttgart und Ulm wird sich auf 28 Minuten verkürzen. Das sind 26 Minuten weniger für jede Fahrt von und nach München.

Vielleicht ist die Demonstration auch der ganz persönliche Beitrag von Dirk Schmidt zum lahmenden Kulturhauptstadtjahr: Eine dadaistische Demonstrations-Performance. So etwas hat in Bochum Tradition. Beim Kulturhauptstadtprojekt Platz des Europäischen Versprechens kann man seinen Namen in eine Platte eingravieren lassen und ein Versprechen für Europa abgeben – oder auch versprechen, jeden Tag drei Flaschen Bier zu trinken. Egal.

Wer mitmachen oder zuschauen will: Donnerstag,  21. Oktober um 16.30 Uhr geht es am Hauptbahnhof Bochum los. Um 18.00 Uhr soll die Party dann zu Ende sein.

Grüne: Mit Sicherheit gegen Atomkraft

Die rot-grüne Minderheitsregierung in Nordrhein-Westfalen sieht nur geringe Aussichten, über strengere Auflagen gegen die von der Bundesregierung geplante Verlängerung der Atomlaufzeiten vorzugehen. Die Grünen favoritisieren eine andere Strategie.

Reiner  Priggen setzt in Zusammenarbeit mit anderen Bundesländern auf den Widerstand im Bundesrat. „Sollte die Bundesregierung versuchen, die Verlängerung der Atomlaufzeiten am Bundesrat vorbeizuschleusen, werden wir vor das Bundesverfassungsgericht gehen.“

Im Falle eines Regierungswechsels in Berlin würde zudem die Verlängerung der Atomlaufzeiten sofort zurückgenommen. Viel Rücksicht auf die Wünsche der Energieversorger würde dann nicht mehr genommen werden. „Wir haben aus dem Atomkompromiss gelernt: Wir haben in den Energieversorgern keinen  vertrauenswürdigen Partner, wenn es um Atomkraft geht. Geschlossene Verträge und Kompromisse scheinen sie nicht zu interessieren.“

Es gäbe genug Möglichkeiten, die Sicherheitsbedingungen künftig so zu verschärfen, dass die Laufzeiten deutlich kürzer als geplant ausfallen würden.

Priggen, der als Befürworter schwarz-grüner Bündnisse gilt, rechnet mit einem klassischen Lagerwahlkampf zur nächsten Bundestagswahl – mit dem Thema Atomkraft im Zentrum. Von der Union ist der Aachener Landtagsabgeordnete enttäuscht: „Für die CDU scheint der Konservatismus nur noch aus zwei Punkten zu bestehen: Gymnasium und Atomkraft.“