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Dann wählt doch grün – ich finde es OK, aber falsch

Am Sonntag steht die Bundestagswahl an. Ja, echt. Nur für diejenigen, die die letzten Monate in einer Höhle verbracht haben, sei das kurz betont. Und ich zumindest bin wirklich gespannt, was danach an Koalitionsverhandlungen geschieht. Ja, ich sehe die SPD als die Gewinnerin der Wahl, mit ihrem Kanzlerkandidaten Scholz – und ich spare mir jetzt den Verlauf der letzten Wochen des Wahlkampfes nochmal und nochmal zu skizzieren. Mir geht es hier um etwas anderes: den Umgang mit dem Wahlverhalten des Einzelnen.

Ich werde FDP wählen. Jeder, der irgendwas Politisches in den letzten Monaten von mir wahrgenommen hat, weiss das. Und ich bin kein Freund der Grünen, auch das ist bekannt. Ich sehe die Grünen nach wie vor als eine Partei, die in besonderem Ausmaß glaubt, dass ein paternalistischer Ansatz dem Einzelnen und mit Blick auf die großen Transformationsaufgaben unserer Gesellschaft, hier besonders dem Klimaschutz, gut tut. Das widerspricht meiner grundsätzlich Haltung.

Aber und das ist der Punkt, den ich hier machen möchte, es ist für mich OK, wenn jemand grün wählt. Zunehmend bekomme ich von Grünen-Wählern mit, dass sie sich gewissermaßen grundsätzlich dafür rechtfertigen müssen, grün wählen zu wollen. Nicht dass ich falsch verstanden werde: ich finde die Wahl der Grünen falsch. Mich überzeugen ihre Ansätze nicht, Aussagen wie diejenige, nach der Verbote ein Innovationsmotor sind tun mir geradezu körperlich weh. Aber: die Grünen sind eine demokratische Partei, wie die SPD, die FDP, die CDU in großen Teilen – mit Blick auf den Maaßen-Flügel kann man das anders sehen, und die LINKE in kleinen Teilen. Die AfD ist es meines Erachtens eben nicht, da sie Rechtsextreme, und auch Antisemiten in ihren Reihen nicht nur toleriert, sondern ihnen einen großen öffentlichen Rahmen zubilligt.

Man muss sich nicht grundsätzlich dafür rechtfertigen, eine demokratische Partei zu wählen! Die großen Themen unserer Zeit sind in Deutschland der Klimawandel und die Digitalisierung. Und alle demokratischen Parteien haben das erkannt. Es geht darum, welche Wege wir zur Lösung dieser Probleme bestreiten wollen. Ich glaube primär an die Innovationskraft unserer Bürger, unserer Unternehmen, der Wirtschaft und des Marktes an sich. Christian Lindner hat dazu am Sonntag bei Anne Will noch einmal ausgeführt, dass es dafür durchaus eines staatlichen Ordnungsrahmens bedarf – das hat mich in der Form überrascht, und es war auch überraschend wie nah sich inhaltlich Habeck und Lindner da kamen. Es zeigte aber auch: Demokraten müssen einander reden, und sie müssen bereit sein, bei aller Unterschiedlichkeit auch Schnittmengen und Kompromismöglichkeiten zu erkennen. Davon lebt unsere Demokratie, und mit Blick auf die Notwendigkeiten eines Dreierbündnisses, niemand glaubt ernsthaft an die Option einer Minderheitsregierung, ist es essenziell.

Es ist richtig, die Wahl von Nicht-Demokration nicht OK zu finden. Dafür stehe ich klar, zeige klare Kante gegen diese. Aber ebensowenig wie ich mich grundsätzlich dahingehend rechtfertigen möchte, wieso ich überhaupt FDP wählen kann, sehe ich eben dies auch mit Blick auf Grünen-Wähler – und natürlich auch SPD-Wähler. Niemand der eine demokratische Partei wählt, ist ein schlechter Mensch, hat einen schlechten Charakter, nur weil er eben Wege und Ansätze anders beurteilt als ich das tue. Wir sollten da vielleicht alle ein wenig respektvoller miteinander umgehen, und ich schreite auch ein, wenn jemand, auch ein FDPler, dies mit Blick auf einen Wähler einer anderen demokratischen Partei anders tut.

Die rote Linie verläuft zwischen Demokraten und Nicht-Demokraten, nicht zwischen Demokraten!

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Bochumer
Bochumer
2 Jahre zuvor

Guter Artikel. Die FDP hat sich allerdings mit Hilfe der AfD ein Bundesland regieren wollen… aber grundsätzlich ist es eine demokratische Partei.

paule t.
paule t.
2 Jahre zuvor

Zitat: "… und ich schreite auch ein, wenn jemand, auch ein FDPler, dies mit Blick auf einen Wähler einer anderen demokratischen Partei anders tut."

Na, da ham Sie hier aber was zu tun.

Ke
Ke
2 Jahre zuvor

Die FDP. Warum? Lindner macht seine übliche Show und wird vor Verantwortung flüchten, um der Gefahr zu entgehen, entzaubert zu werden.
In NRW zeigt die Partei dann, dann sie keine Inhalte bieten kann.
Die Schul-Politik war in Corona Zeiten ein Desaster. Frau Gebauer hat lokale Lösungen mehrfach blockiert, um ihre Position zu zementieren. Ein typisches Verhalten von führungsschwachen Personen, die nicht lösungsorientiert sind.
In den Reden vom Wirtschaftsminister fällt zwar in fast jedem Satz das Wort Digitalisierung, das war es dann auch. Dann haben wir noch Kubicki mit seinen Bild Kommentaren, die zeigen, dass die Partei immer von Freiheit und Steuersenkungen spricht, wenn sie komplett unpassend sind.

Meine Stimme gibt es für die aktuelle FDP nicht.
Die Union geht aktuell auch nicht. Laschet eben.

Die Alternative lautet wohl SPD, die aktuell einfach das beste Paket bietet. Damit bestätigt sich mein Eindruck, den ich schon vor dem Scholz Hype hatte.

Benedikt
Benedikt
2 Jahre zuvor

@Bochumer
Und rot rot grün hatte in thüringen nur dank eines ex-afd'lers weiterhin eine Mehrheit, nachdem eine spd'lerin zur CDU wechselte.
Oskar Helmerich soll auch in der SPD dabei weiterhin sehr afd nahe Positionen gehalten haben. Aber wen interessiert das schon…

Manfred Michel
Manfred Michel
2 Jahre zuvor

Ich weiß gar nicht wie die Grünen sich das vorstellen. So langsam müsste man mal über die Infrastruktur für die vielen E- Autos nachdenken. Ich vermute mal, dass man einige 100000 Schnellladestationen bräuchte. Und ich stelle mir auch vor, wie in PKW- freien Städten, alte und gebrechliche Menschen mit geringem Einkommen mit dem Lastenrad zum Getränkegrosshandel fahren. Ich bin mit mit Schwarz- Gelb in NRW sehr zufrieden. Besondes schätze ich, dass als Modellprojekt, in Zusammenarbeit mit Bayern, eine Telefonnummer für Männer, die Opfer von Gewalt geworden sind eingerichtet worden ist. Sowas ist mit der SPD und den Grünen undenkbar. Bei den Linken scheint da ein Umdenken stattzufinden.

Manfred Michel
Manfred Michel
2 Jahre zuvor

Ich muss mich korrigieren. Baden Würtenberg ist aufgesprungen und macht jetzt auch bei dem Projekt für Männer mit und wird von den Grünen regiert. In Hamburg ist ein Hilfetelefon für Männer allerdings abgelehnt worden, weil der Antrag von der AfD kann. Olaf Scholz hat sich mal damit hervorgetan, dass er reinen Männervereinen die Gemeinnützigkeit entziehen wollte. Von reinen Frauenvereinen war selbstverständlich nicht die Rede. Er ist deswegen von Laschet deutlich kritisiert worden. Wenn Scholz Kanzler wird, wird es auf jedenfall nicht langweilig.

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