Die Forderung Sex, mit Kindern zu legalisieren kostete den Grünen 1985 den sicher geglaubten Einzug in den Landtag von Nordrhein-Westfalen. Um den Parteitag in Lüdenscheid, auf dem die Päderarsten-Forderung beschlossen wurde ranken sich Legenden.
Am 10. März 1985 beschlossen die nordrhein-westfälischen Grünen auf ihrem Parteitag in Lüdenscheid den Programmteil „Sexualität und Herrschaft“, in dem unter anderem auch die Entkriminalisierung von Sexualkontakten zwischen Erwachsenen und Kindern gefordert wurde. Der Kernpunkt des Papiers: „Einvernehmliche Sexualität ist eine Form der Kommunikation zwischen Menschen jeden Alters, Geschlechts (…) oder Rasse und vor jeder Einschränkung zu schützen.“
Eine Woche später, sowohl in den Medien als auch in der Partei hatte der Beschluss für heftige Kritik gesorgt, wurde der Programmteil durch den Landeshauptausschuss zurückgezogen. Im letztendlich beschlossenen Wahlprogramm bekannten sich die Grünen ausdrücklich zur Schutzaltersgrenze. Sex mit Kindern wollten sie nicht mehr zulassen. Aber die Kurskorrektur kam zu spät: Die Grünen verpassten den sicher geglaubten Einzug in den Landtag von NRW mit 4,55 Prozent deutlich – auch wegen des Skandals, den der Programmteil „Sexualität und Herrschaft“ ausgelöst hatte.
Schon kurz darauf setzte eine Legendenbildung ein, die bis heute anhält. Eine kleine Gruppe hätte die „Debatte als Debatte über die Liberalisierung von Sexualmoral (…) als Trittbrettfahrer benutzt, um ihre kruden Forderungen einzuspeisen“, sagte Sven Lehmann, Vorsitzender der Grünen in NRW der FAZ, Eckhard Stratmann-Mertens, ehemaliger Bundestagsabgeordnete der Grünen in den 80er Jahren sagte der Welt „In NRW gab es 1985 auf einem Parteitag einen unachtsamen Moment.“ Andere berichten, die Delegierten seien auf dem Parteitag so erschöpft gewesen, dass sie gar nicht mehr richtig mitbekommen hätten, was sie da beschlossen. Sicher, Parteitage der Grünen waren in den 80er Jahren chaotisch und anstrengend, die Debatten um das knapp 500-Seiten Programm für die Landtagswahl und die Aufstellung der Reserveliste zogen sich über mehrere Parteitage hin. Unterlagen, die diesem Blog vorliegen beweisen jedoch: Die Lüdenscheid-Legende ist eine Lüge. Die Delegierten wussten genau was sie taten.