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Die ‚Letzte Generation‘ schadet ihren eigenen Anliegen!

Proteste von Klimaaktivisten am 18.9.21 im Berliner Tiergarten. Archiv-Foto: Robin Patzwaldt

Als ehemaligem ‚Grünen‘ sind mir viele Anliegen der Klima-Aktivisten, trotz meiner inzwischen recht ausgeprägten Vorbehalte gegen die Partei ‚Bündnis 90/Die Grünen‘, die am Ende auch zu meinem Parteiaustritt im Jahre 2012 geführt haben, wohl noch immer wesentlich näher als vielen anderen Autoren dieses Blogs. Und doch machen mich Bilder, wie sie uns heute wieder einmal aus Berlin erreichen, extrem wütend.

Sich für mehr Klimaschutz und umweltfreundliches Verhalten einzusetzen, halte ich grundsätzlich für völlig richtig und auch für dringend geboten. Was sich aber zum Beispiel die Vertreter der ‚Letzten Generation‘ in diesen Tagen rausnehmen ist völlig inakzeptabel und wirkt in Bezug auf deren Ziele auch kontraproduktiv. Viel ungeschickter und unverschämter geht es nicht, wird hier doch nicht nur das Leben von Unbeteiligten auf für mich nicht akzeptable Art in Mitleidenschaft gezogen, spaltet es die Gesellschaft doch auch, auf kontraproduktive Weise.

In einer aktuellen Telefonumfrage von ntv sprechen sich heute über 90 Prozent der Teilnehmer gegen die Aktionen aus, die das Leben in Berlin in dieser Woche auch weiterhin möglichst stark beinträchtigen sollen. Von ‚lahmlegen‘ ist da sogar die Rede. Keine 10 Prozent Unterstützung, das zeigt schon, dass dies nicht der richtige Weg sein kann, die Mehrheit der Gesellschaft hinter sich zu bringen, die Leute aufzurütteln sich stärker für den Kampf gegen den Klimawandel zu engagieren.

Wenn ich sehe, wie in der Bundeshauptstadt diverse Polizeibeamte scheinbar hilflos neben festgeklebten Aktivisten auf einer blockierten Kreuzung stehen, dann macht mich das sogar aggressiv. In meine Fantasie wünsche ich mir dann fast, dass die Ordnungshüter notfalls körperlich entschlossener dagegen vorgehen würden. In diesen Augenblicken bin ich über mich selber erschrocken und muss mich zur Mäßigung aufrufen. Meine ganze Antipathie richtet sich in Anbetracht solcher Aufnahmen dann gegen diese Aktivisten. Ist es wirklich das, was diese bei mir und vielen anderen erreichen wollen? Das kann ich mir nicht vorstellen.

Der normale Weg, seinen Anliegen mehr Gehör zu verschaffen und diese am Ende auch politisch umsetzen zu lassen, wäre der demokratische, der über die Wahlurnen. Da die Aktivisten mit ihren vielfach jedoch sehr radikalen Ansichten hierzulande (noch) nicht mehrheitsfähig sind, haben sich etliche von ihnen jetzt eben für diesen Weg entschieden.

Klug erscheint mir das nicht, haben die Vorhaben dieser Gruppe doch mehr Potenzial als knapp unter 10 Prozent der Bürger hinter sich zu versammeln, wie es die Umfrage im TV heute nahelegt. Nun mag man darüber streiten, ob das Publikum von ntv den Durchschnittsbürger repräsentiert, doch ist die Tendenz so eindeutig, dass sie den Klimakämpfern nicht gefallen kann. Weder denen der ‚Letzten Generation‘ und ihren Mitstreitern auf der radikalen Seite, noch dem etwas gemäßigterem ‚Arm‘ dieser Interessenvertreter, wozu man wohl auch die Partei der Grünen zählen darf/kann/muss.

Letztendlich schaden solche radikalen Aktionen nur der eigenen Sache. Das ist, bei allen Diskussionen, der entscheidende Punkt. Wieso die Protestler, die heute in Berlin einmal mehr diese die Gesellschaft spaltenden Bilder produzieren, trotzdem diesen Weg gewählt haben und ihn auch trotz des vielen negativen Feedbacks weiter fortsetzen, wird wohl deren Geheimnis bleiben.

Wenn sich selbst die überwiegende Mehrheit aus meinem ‚grünen‘ Umfeld gegen ihre Aktionen ausspricht, dann kann dieser Weg im Sinne des gemeinsamen Anliegens einfach nicht sinnvoll, geschweige denn zielführend sein.

 

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war is peace
war is peace
11 Monate zuvor

Glaubhaft wäre die „Letzte Generation“, wenn sie wirklich AKTIVITÄTEN für den Klimaschutz unternehmen würden, und sich nicht einfach nur PASSIV provozierend aufspielen würden. Folgende Aktivitäten würden die Glaubhaftigkeit unmittelbar fördern:
1. Wind- und Solarparks planen und bauen. Von A bis Z. Dazu muss die „Letzte Generation“ u.a. folgende Rohstoffe gewinnen: hohe Mengen an Eisenerz aus Brasilien, Kupfer aus Peru und Chile, Silber aus Mexiko und Argentinien, Bauxit aus Guinea sowie Seltene Erden aus China. Aber Vorsicht: beim Abbau dieser Rohstoffe kommt es regelmäßig zu Problemen. „Durch die Verschmutzung von Luft, Wasser und Böden werden Anwohnerinnen und Anwohnern die Lebensgrundlagen entzogen“, sagt Pirmin Spiegel, der Hauptgeschäftsführer von Misereor. „Bei Entscheidungen über Bergbauprojekte werden Mitbestimmungsrechte indigener und bäuerlicher Gemeinschaften verletzt. Umweltschützer und Menschenrechtsverteidiger werden oft kriminalisiert, verfolgt und manchmal ermordet.“
2. Ausbildung zum Elektriker*in mit Spezialgebiet Wärmepumpen beginnen.
3. Arbeiten und Gehalt spenden für bedürftige Familien und Einzelpersonen, die sich ohne die finanzielle Unterstützung keine vernünftigen Isolierungen, umweltverträgliche Heizungen und E-Mobilität leisten können.

Das wären konkrete Maßnahmen für dieses Land. Auf internationaler Ebene: 1. Der indischen, chinesischen, afrikanischen und südamerikanischen Bevölkerung klar machen, dass sie gefälligst arm zu bleiben haben. Eine Verbesserung ihres Lebensstandards (Wohnung, Kühlschrank, Klimaanlage, Auto, Roller) ist einfach schlecht für die Umwelt. Die bisher verarmte Bevölkerung dieser wirtschaftlich aufstrebenden Regionen nimmt die Tipps von wohlstandsverwöhnten Kids und Bürgern aus dem Reichen Norden der Welt sicherlich gerne auf und versorgt uns weiterhin mit Rohstoffen für unser gutes Gewissen.

Es ist leider wie bei fast allen globalisierten Wirtschaftsprozessen: Die nachhaltig orientierten Energieverbraucher des reichen Nordens bekommen ihren Ökostrom demnach auch deshalb so kostengünstig, weil in Schwellen– und Entwicklungsländern Natur und Menschen ausgebeutet werden.

Die hässlichen Folgen der Energiewende finden versteckt vor dem guten Gewissen der Klimapassivisten auf der anderen Seite der Erdkugel statt.

Last edited 11 Monate zuvor by war is peace
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