Economist: Deutschland sollte die Laufzeiten seiner Kernkraftwerke verlängern und das Fracking-Verbot aufheben

Ging Ende 2021 vom Netz: Kernkraftwerk Brokdorf Foto: Alois Staudacher Lizenz: CC BY-SA 3.0


Hohe Erwartungen hat das britische Magazin „Economist“ an Bundeskanzler Olaf Scholz und seine Regierung: „Putins Kriegstreiberei könnte sich als Katalysator erweisen, der Deutschland in seinen eigenen Albtraum verwandelt: ein stärkerer, mutigerer und entschlossenerer Führer eines geeinteren Europas.“

Deutschland habe diesen Anstoß dringend nötig gehabt. Selbstgefällig und ein wenig selbstzufrieden habe das Land nach 16 Jahren Merkel erkannt, wie schnell sich die Welt verändert habe. Jetzt aber sei eine bemerkenswerte Chance in greifbarer Nähe, denn die Deutschen würden etwas erleben, was in einer Demokratie selten sei – „einen Konsens über die Notwendigkeit eines umfassenden, tiefgreifenden Wandels in Wirtschaft und Sicherheit“.

Die gute Nachricht sei, dass die Herausforderungen für das Land überschaubar seien. So zum Beispiel in Sachen Energie. Als Putin einmarschierte, habe Deutschland 55 Prozent seines Gases aus Russland bezogen: „Schwarzmaler warnten, die Versorgung würde abreißen, deutsche Fabriken würden schließen und Familien würden in ihren Küchen zittern. Tatsächlich hat sich der Anteil Russlands am deutschen Gasmarkt zwar halbiert, doch die Gasvorräte für den Winter werden in normalem Tempo aufgebaut. Die Industrie sagt, dass sie den Verbrauch stärker als erwartet drosseln kann“, so der „Economist“.

Angesichts höherer Preise und Sparmaßnahmen würden die privaten Haushalte ebenfalls ohne Murren sparen. Der „Economist“ ist in seinem aktuellen Leitartikel überzeugt: „Deutschland nimmt eingemottete Kohlekraftwerke wieder in Betrieb. Es wird in erneuerbare Energien investieren. Es sollte – und wird wahrscheinlich – die Laufzeit von drei Kernkraftwerken verlängern, die vorschnell abgeschaltet werden sollten. Es sollte auch das Fracking-Verbot aufheben, das die beträchtlichen Schiefergasreserven des Landes unerreichbar gemacht hat.“

Deutschland habe Europa klug und konsequent in den Mittelpunkt seiner Bemühungen gestellt. Doch angesichts der politischen Herausforderungen für die EU durch Polen, Ungarn und möglicherweise einer neuen rechtsgerichteten Regierung in Italien müsse Deutschland eine entscheidende Rolle spielen, um Europa zusammenzuhalten.

Die Digitalisierung und Ökologisierung der Industrie würden zwar alle Kräfte fordern. Die zahlreichen mittelständischen Unternehmen könnten aber die Grundlage für Deutschlands wirtschaftliche Stärke bleiben, wenn sie sich jetzt der digitalen Herausforderung stellen würden.

Glücklicherweise würden sich sowohl die Wirtschaftsführer als auch die Bundesregierung pragmatisch zeigen. Die Einwanderungsbestimmungen würden derzeit überarbeitet, um mehr qualifizierte Arbeitskräfte ins Land zu holen. Deutschland sei auch viel offener für Investitionen, nicht nur im eigenen Land, sondern auch in Europa.

Der „Economist“ verbreitet da insgesamt gute Laune: „Da die Unternehmen nach Möglichkeiten suchen, ihre Lieferketten robuster und zuverlässiger zu gestalten, wird Deutschland in Zukunft ein attraktiver Investitionsstandort sein.“

Dann sollte doch auch das Ruhrgebiet endlich wieder eine wichtige Rolle spielen, so mitten in der Mitte Europas.

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Christopher Temt
2 Jahre zuvor

Dda die AKWS ja schon ab- bzw ausbezahlt sind, wer würde bei Fortführung den Gewinn erhalten?

Guiseppe Bottazzi
Guiseppe Bottazzi
2 Jahre zuvor

Gegen diesen „Wandel“ dürfte sich die technikfeindliche Degrowth-Fraktion aber bis zum letzten Blutstropfen sperren. Da muss erst allen staatlich alimentierten *beauftragten, *aktivisten und *experten der Geldhahn abgedreht werden.

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