Ein paar hoffentlich letzte Worte zu Corona

3D-Grafik des SARS-CoV-2-Virions Bild: CDC/ Alissa Eckert, MS; Dan Higgins, MAM – This media comes from the Centers for Disease Control and Prevention’s Public Health Image Library (PHIL), with identification number #23312 Lizenz: Gemeinfrei


Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach hat die Corona-Pandemie in Deutschland für beendet erklärt. Zeit für einen persönlichen Rückblick.

Als ich im Januar 2020 zum ersten Mal etwas von einer neuen Seuche mit dem Namen Corona hörte, hat es mich nicht weiter interessiert. Nachrichten über neue Seuchen gab und gibt es alle paar Wochen, bisher war alles gut gegangen. Die ersten Kranken in Deutschland, Mitarbeiter der Firma Webasto in Bayern, waren schnell wieder gesund geworden. Anfang Januar, die Nachrichten aus China wurden langsam bedrohlicher, saß ich mit einem Freund beim Essen. Er nahm Corona ernst, war sich aber sicher, es würde vor allem Menschen in Afrika treffen, wo die Gesundheitsversorgung nicht gut sei. Es wäre ungerecht, sagte er, aber wir im reichen Westen würden davon wieder einmal kaum etwas mitbekommen. Er sollte sich irren.

Woche um Woche verging, das Thema interessierte mich nicht besonders. Als in einer Facebookgruppe in der ich Mitglied bin, das Thema „Was muss man im Fall einer Pandemie hamstern?“ aufkam, machten die meisten Witze: Kippen, Kaffee und Bier seien die wichtigsten Güter, die man im Haus haben sollten. Die Stimmung kippte, als ein Mitglied sagte, es würde im Gesundheitswesen arbeiten und dort würde man diese Corona-Sache sehr ernst nehmen. Ein paar Lebensmittel im Haus zu haben sei nie schlecht. Und auf Klopapier wolle ja wohl auch niemand verzichten.

Am nächsten Tag, es war Rosenmontag, begann ich zu hamstern. Als der erste Fall in Gangelt bekannt wurde und die Pandemie an Fahrt gewann, waren bei mir Kühlschrank, Tiefkühltruhe und Vorratsschrank gut gefüllt.

Wie es weiter ging, haben wir alle erlebt: Lockdowns, die im internationalen Vergleich vor allem in Nordrhein-Westfalen vergleichsweise lässig waren, die Freude über die Entwicklung der ersten Impfstoffe noch im November 2020, das Versagen der Europäischen Union, sie wie Großbritannien, Israel oder die USA schnell den Bürgern zur Verfügung zu stellen, die autoritären Visionen der Zero-Covid-Fraktion, die Corona nutzen wollte, um den ihr verhassten Kapitalismus lahmzulegen und vor allem ein Gefühl der Angst, dass die meisten über Monate nicht losließ.

Ich war selten in meinem Leben so erleichtert wie am 27. Mai 2021, als ich meine erste Impfung bekam. Mittlerweile wurde ich fünfmal geimpft und erkrankte einmal an Corona: Es war dank des Schutzes der Impfung nicht mehr als eine milde Erkältung. Die Quarantäne verbrachte ich auf dem Balkon.

Die Pandemie und der Krieg in der Ukraine, der für uns ja vor allem ein Medienereignis ist, leiden tun die Menschen ja vor Ort, waren zwei Ereignisse, die Anfang Januar 2020 außerhalb meiner Vorstellungskraft lagen. Beides waren ein großer Stresstest, der Krieg ist es noch immer – für jeden Einzelnen, die Gesellschaft und natürlich auch mich persönlich.

In einigen Texten, die ich in dieser Zeit schrieb, ließ ich mich von der Hysterie, die mich erfasst hatte, mitreißen. Ich habe bei vielen Maßnahmen, welche die Freiheit einschränkten, nicht kritisch genug nachgefragt. Beim nächsten Mal werde ich versuchen, die Ruhe zu bewahren und Abstand zu halten – auch vor mir selbst.

Nun hat Gesundheitsminister Lauterbach die Pandemie für beendet erklärt. Für mich ist sie das seit meiner Infektion im vergangenen Sommer. Das Thema hat aufgehört, mich zu interessieren. Ich hatte das Glück, das niemand, den ich persönlich kannte, starb. In meinem Freundes- und Bekanntenkreis sah das leider anders aus. Viele verloren Menschen, die sie liebten.

Der Staat hat Fehler gemacht: Der, den ich ihm nie verzeihen werde, ist, dass die Europäische Union und die Bundesrepublik nicht in der Lage waren, den Impfstoff schnell und in ausreichenden Mengen zu besorgen und zu verteilen. Viele Tausend Menschen sind wegen dieser Unfähigkeit gestorben.

Ja, die Impfstoffe hatten offenbar mehr Nebenwirkungen als zuerst vermutet und sie waren auch auf die Dauer nicht so wirkungsvoll wie erwartet. Allerdings hat sich das Virus auch verändert, was ja nicht unabsehbar war. Die Wissenschaft konnte Triumphe feiern, aber Wunder hat sie nicht vollbracht. Die habe ich allerdings auch nicht erwartet. Mehr Offenheit und Selbstkritik, weniger Ignoranz wären besser gewesen. Und das gilt nicht nur für den Staat, das gilt auch für mich.

Corona wird jetzt langsam im Dunklen verschwinden. Das ging auch der Spanischen Grippe so. Wir sind als Menschen gut darin, schlimme Ereignisse zu verdrängen. Auch unser psychische Apparat ist ein Produkt der Evolution. Es ist oft gut für uns, zu vergessen.

Betrauern wir also die Toten und seien wir froh, dieses Mal dank der Leistung von Wissenschaftlern und Pharmaunternehmen davon gekommen zu sein.

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Es staunt der Bauklotz
Es staunt der Bauklotz
1 Jahr zuvor

Ich würde gerne im Zusammenhang mit den Anfängen von Corona nochmal an Li Wenliang erinnern. Er war Arzt in Wuhan und hatte im Dezember 2019 das Aufkommen dieser neuen Lungenkrankheit und und eine mögliche Verbingung zum Wildtiermarkt beobachtet. Daraufhin hatte er seine Arztkollegen vor diesem neuen Krankheitsbild gewarnt. Die lokalen Parteibonzen schicktem ihm daraufhin die Polizei auf die Bude das er seine Klappe halten soll – viel wertvolle Zeit ging verloren und das Virus konnte sich weiter ausbreiten.
Es ist Spekulation, ob die Pandemie durch frühzeitige Maßnahmen der chinesischen Gesundheitsbehörden hätte verhindert werden können.
Trotzdem ist Corona in meinen Augen ein Systemversagen der chinesischen Diktatur – viel Unglück hätte verhindert werden können, wenn es einen offenen Austausch von wissenschaftlichen Beobachtungen und Informationen gegeben hätte, und es eine Gewaltenteilung gegeben hätte, die Ärzte und Gesundheitsbehörden einfach ihre Arbeit ohne jede politische Bevormundung machen ließe.
Diese Geschichte mit dem Laborunfall wurde stängig als neue Sau durchs Dorf getrieben – das offensichtliche Systemversagen, wo Parteibonzen und Polizei die Ärzte in ihrer Arbeit behinderten, scheint keinen zu interessieren.

Es gab zu Beginn der Pandemie einen Mangel an Masken und Schutzkleidung, die internationalen Lieferketten waren durch die Lockdowns unterbrochen. Zahlreiche Pressevertreter verkündeten das Ende der Globalisierung und eine Rückkehr zu mehr Produktion im eigenen Land. Die deutschen Unternehmer, die damals in Produktionsmaschinen investierten, bleiben heute auf ihren Masken sitzen, weil die aus Fernost billiger sind – wo bleibt denn jetzt der Aufschrei dieser Pressevertreter?

Ich hatte die Maßnahmen der Politik für richtig gehalten. Jetzt scheint mir vieles übertrieben.
Ich bin und war absoluter Impfbefürworter. Allerdings muss ich heute anerkennen, dass die Menschen körperlich sehr induviduell auf die Impfung reagieren. Für die meisten ist es ein wichtiger Schutz, aber es gibt und gab auch einige, für die eine Impfung sehr schädlich sein kann. Daher halte eine absolute Freiwilligkeit für notwendig und betrachte im Nachhinein solche Maßnahmen als absurd, als ungeimpfte Arbeitnehmer lange für einen Coranatest anstehen mussten, um zur Arbeit zu dürfen.

Die Impfzentren waren aufgeblasene Bürokratiemonster, die in meinen Augen die Impfkampagne eher behindert haben.
Sehr gut fand ich zum Schluss die dezentralen, offenen Impfstellen, die in den Stadtteilen und Innenstädten angeboten wurden.

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