Game, Set, Cash: Boris Becker vermarktet seinen Absturz

„Inside. Gewinnen – Verlieren – Neu beginnen“ – Boris Beckers neues Buch klingt wie ein Befreiungsschlag, ist aber vor allem eines: der Versuch, aus einem selbstverschuldeten Absturz Kapital zu schlagen.

Becker, der als Teenager in Wimbledon zur Legende wurde, hat in den Jahrzehnten danach weniger mit sportlichen Heldentaten geglänzt als mit Schlagzeilen über Affären, Prozesse und finanzielle Katastrophen.

Der einstige Nationalheld ist zum Dauerpatienten der Boulevardpresse verkommen – und nun auch zum Autor seiner eigenen Gefängnisgeschichte.

Becker inszeniert seine 231 Tage hinter Gittern als existenzielle Prüfung, die ihn gebrochen und zugleich gestählt habe. Er erzählt von Albträumen und schmerzhaften Erinnerungen, die ihn bis heute heimsuchen. Doch so ehrlich die Schilderungen auch klingen mögen: Sie ändern nichts daran, dass Becker im Gefängnis landete, weil er Vermögenswerte verschwieg und damit die Regeln missachtete – nicht aus Pech, sondern aus bewussten Entscheidungen heraus. Sein neues Buch liest sich daher weniger wie eine Abrechnung mit sich selbst, sondern wie ein weiterer Versuch, die eigene Geschichte auf die Bühne zu heben.

Symbolträchtig prangt die Häftlingsnummer A2923EV auf dem Cover, als wolle Becker auch diesen Makel in eine Marke verwandeln. Die geplanten Signierstunden und die mediale Begleitkampagne unterstreichen den Verdacht: Hier will jemand nicht nur seine Vergangenheit aufarbeiten, sondern sie auch gewinnbringend vermarkten. Selbst in der Rolle des Gescheiterten bleibt Becker dem Prinzip treu, alles zur großen Show zu machen.

Natürlich ist es faszinierend zu lesen, wie ein globaler Sportstar in die Niederungen des Gefängnisalltags stürzt. Doch das Buch wirft vor allem ein Schlaglicht auf Beckers Unfähigkeit, Verantwortung konsequent zu übernehmen. Statt aus Fehlern zu lernen, hat er sie über Jahrzehnte wiederholt – in Geschäften, in Beziehungen, im Umgang mit Geld und Ruhm. Dass er seine Misere nun als „Neubeginn“ verkauft, wirkt weniger wie Einsicht, sondern wie das nächste Kapitel eines endlosen Rechtfertigungsdramas.

Fazit: „Inside“ ist kein Mahnmal der Reue, sondern ein Lehrstück über maximale Selbstinszenierung. Boris Becker zeigt darin nicht, wie man sich neu erfindet, sondern wie man selbst den eigenen Absturz noch in eine Vermarktungschance verwandelt.

Wer das Buch liest, bekommt nicht die geläuterte Wahrheit eines gefallenen Helden – sondern die nächste, sorgfältig kuratierte Version der Becker-Show. Für Sportfans ist das Ganze trotzdem einen kritischen Blick wert…

Herausgeber: Ullstein Paperback

Preis der Gebundenen Ausgabe: 24,99 Euro

Erscheinungstermin: 10. September 2025

ISBN-13978-3864933561

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