Hasst J. K. Rowling Transpersonen?

JK Rowling Foto: Carlsen Verlag, Lizenz: Lizenzfrei

Es könnte mir wahrscheinlich egal sein, ob sie das tut, denn ich bin weder eine Transperson noch eine Frau noch so jung, dass ich durch Harry Potter geprägt und dadurch irgendwie persönlich an Rowling interessiert wäre. Aber als jemand, der sich einerseits in verschiedenen Milieus bewegt und andererseits immer neugierig auf Argumente und Debatten schaut, kann ich nicht anders, als mich zu fragen, was dahinter steckt, wenn ein Teil meiner Bekannten ohne jeden Zweifel die Niedertracht dieser hasserfüllten Person anprangert und ein anderer Teil ebenso überzeugt feststellt, dass an all diesen Vorwürfen nicht mal ansatzweise etwas dran sei.

Es gibt noch eine dritte Gruppe von Personen, die zögerlich zugibt, nicht alles von ihr zum Thema gelesen zu haben, aber die einzelnen Beispiele gar nicht mal so hasstriefend interpretiert zu haben. Aber man wolle sich natürlich auf keinen Fall auf die falsche Seite stellen. Denen wird dann gerne entgegnet, dass man ihre Aussagen im größeren Kontext betrachten müsse, um sie als transphob einzuordnen. Und netterweise hat sich die Seite Vox.com die Mühe gemacht, akribisch alles zusammenzutragen, was Rowling zu dieser Thematik jemals gesagt oder getan hat. Wir können also, von der Neugier getrieben, was nun an diesen Vorwürfen dran ist, uns ein eigenes Bild machen.

Einordnung der Quelle

Einschränkend ist zu sagen, dass die Autoren dieser Zusammenstellung keinen Hehl daraus machen, dass ihr gesetztes Ziel die Beweisführung ist, um Rowling der Transphobie zu überführen. Der Beitrag ist nicht annähernd objektiv, sondern nutzt jede Gelegenheit, um die gewählte Seite in gutem Licht erscheinen zu lassen und die Aussagen der Gegnerin maximal negativ zu interpretieren. So wird, um ein Beispiel zu nennen, die Tatsache, dass Aktivisten vor Rowlings Privatadresse mit Bannern protestiert haben, damit relativiert, dass dies kein “Doxing” (=Bloßstellen privater Daten im Internet zum Zwecke der Einschüchterung oder Ermöglichung von Stalking) sei, weil ihre Adresse ja öffentlich bekannt sei. Außerdem habe Rowling ja ihrerseits Personen unterstützt (und zwar in Form von Likes oder Retweets), die selber Doxing gegenüber Transaktivisten zu verantworten hätten. Das Anklicken eines Like-Buttons bei einer mutmaßlich des Doxing schuldigen Person wird hier also en passant als hinreichendes Vergehen dargestellt, um das Endergebnis solchen Doxings – nämlich feindlich gesonnene Aktivisten vor der privaten Haustür – zu rechtfertigen.

Hinzu kommt, dass der Beitrag kaum konkrete Zitate bringt, sondern zumeist Aussagen paraphrasiert oder Diskussionsstränge interpretierend zusammenfasst. Er stellt also keine neutrale Quellensammlung dar, sondern muss seinerseits interpretiert werden. Optimistischer kann man vielleicht sagen, dass hier wirklich alles auf den Tisch kommt, das irgendwie gegen Rowling verwendet werden könnte und man nicht fürchten muss, vielleicht die schlimmste entlarvende Hassbotschaft übersehen zu haben. Der Artikel wurde auch mehrfach aktualisiert und wird hier in seiner Version von Mai 2024 betrachtet.

Die tendenziöse Natur und die nahezu besessene Akribie des Artikels könnten einen dazu verführen, automatisch Partei für die vermeintlich zu Unrecht diffamierte Person zu ergreifen. Das möchte ich vermeiden und versuche mich dem Thema möglichst unvoreingenommen zu widmen. Die Autoren von Vox könnten schließlich auch durch das erschütternde Ausmaß von Hass motiviert oder einfach wissenschaftlich nicht geschult sein und dennoch Recht haben.

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Sortierung der Vorwürfe

Versuchen wir also zunächst, die Vorwürfe irgendwie zu sortieren. Ich sehe zwei Ansätze dafür, nämlich nach dem Modus der auf Vox gesammelten mutmaßlichen transphoben Äußerungen und nach deren argumentativem Inhalt.

Ich habe bei den aufgelisteten Beispielen folgende Modi der Kommunikation identifiziert:

  1. Likes, also Vorfälle, bei denen Frau Rowling Beiträge anderer Personen auf Social Media Plattformen (vor allem X/Twitter) mit “gefällt mir” markiert hat.
  2. Dinge, die ich unter “Kontaktschuld” zusammengefasst habe (möglicherweise auch keine ganz neutrale Bezeichnung, aber wenigstens griffig), also Solidaritätsbekundungen oder “Freundschaften” mit Personen, die dem Terf-Lager zugerechnet werden (Terf = trans-excluding radical feminist, eine abwertende Bezeichnung für Feministinnen, die je nach Lesart die Transbewegung kritisieren oder Transpersonen die Rechte aberkennen).
  3. Fiktion, also Beispiele aus Rowlings literarischen Werken, in denen Transpersonen oder Personen, die wie Transpersonen auftreten, negativ dargestellt werden.
  4. Mocking, also ironische, süffisante oder sarkastische Äußerungen.
  5. Äußerungen, die Vox als Dogwhistle bezeichnet, also solche, die objektiv betrachtet nicht eindeutig transphob sind, aber Eingeweihten als Zeichen dienen (ein typisches Beispiel für eine Dogwhistle ist etwa die von H. G. Maaßen gerne verwendete Formulierung “Globalisten”, die eine internationale Finanzelite andeutet, ohne das Wort “Juden” zu verwenden). Bei genauer Betrachtung des Textes wird allerdings die Dogwhistle nur eingangs unterstellt, ohne das eines der dann gelisteten Beispiele als solche klassifiziert würde.
  6. und eigentlich am Interessantesten: inhaltliche Statements im eigentlichen Sinne, insbesondere Tweets, aber auch Blogposts und ähnliches.

Inhaltlich gibt es einige wenige Oberbegriffe, unter denen sich meines Erachtens die meisten der inkriminierten Äußerungen zusammenfassen lassen. Die mit Abstand häufigsten Aussagen beziehen sich auf folgende Kategorien:

  1. Reaktionen auf Angriffe (zwölf Äußerungen und damit Spitzenreiter),
  2. Schutzräume und Gefahren (neun Äußerungen),
  3. biologisches Geschlecht/Sprache (fünf Äußerungen).
  • Eines der Beispiele betrifft ein Streitgespräch um das Ausmaß der Verfolgung von Transpersonen im 3. Reich.
  • Eine Aussage bezieht sich auf die Gefahren für Jugendliche.
  • Zwei Aussagen waren schwer zu kategorisieren und bezeichneten eher eine Art diffuses Unwohlsein oder eine fehlende Akzeptanz von Transpersonen.
  • Eine Aussage habe ich trotz mehrfachen Lesens nicht verstanden und daher aus der Wertung genommen.

Reaktionen auf Angriffe

Die “Reaktionen auf Angriffe” sind eigentlich am Uninteressantesten, machen aber den größten Posten aus und müssen daher zunächst aus dem Weg geräumt werden. Es handelt sich hierbei um Verlautbarungen, die Rowling in Reaktion auf Vorwürfe, Anfeindungen, Gegenargumente etc. gemacht hat. Etwa, siehe oben, das Öffentlichmachen der Tatsache, dass Menschen mit Bannern vor ihrem Haus stehen. Oder die Rückgabe eines Preises, nachdem sie von der preisverleihenden Organisation wegen ihrer Ansichten kritisiert worden war. Oder das Öffentlichmachen kritischer Tweets oder die Solidarisierung mit Personen, die angeben, wegen transkritischer Aussagen juristische oder gesellschaftliche Probleme zu haben. Hierunter fallen auch Aussagen, bei denen Rowling sich nicht auf konkrete Vorfälle bezieht, sondern generell beklagt, dass es eine feindselige, intolerante Bewegung gebe, die kritische Stimmen mundtot machen wolle.
Die Deutung des Artikels ist hier stets, dass Rowling solche Angriffe bewusst instrumentalisiere, um Transpersonen oder die mutmaßliche Trans-Bewegung generell zu diffamieren und in ein schlechtes Licht zu rücken. Es wird versucht, Rowling zu widerlegen, indem betont wird, dass sie ja keine konkrete Organisation nennt, die diese vermeintliche Bewegung repräsentiere – weswegen es so eine Bewegung offensichtlich gar nicht gebe. Die Leute, deren Tweets sie zitiere, seien „nur wütende oder traurige Menschen“, die ihre Enttäuschung ausdrücken wollen.

Was sich ja in Wirklichkeit gar nicht ausschließt. Eine Bewegung (die freilich keinen offiziellen eingetragenen Verein benötigt) setzt sich aus wütenden und traurigen Individuen zusammen. Die haben das Recht, wütend zu sein, aber die Zielperson dieser Wut hat auch das Recht, sich dagegen zu wehren. Letzteres abzusprechen funktioniert nur in einem moralisch geschlossenen System, in dem die Person schon als böse feststeht, wenn sie Kritik übt, weswegen die wütende Gegenreaktion gerechtfertigt ist, weswegen ein Wehren gegen diese Wut nur wieder Ausdruck der Boshaftigkeit ist. Die Tatsache, dass sich jemand gegen Vorwürfe wehrt, soll als Beweis dienen, dass an den Vorwürfen etwas dran sein muss, weil das Wehren ja die Vorwerfenden schlecht dastehen lässt. Ein Zirkelschluss.

Diese zwölf Fälle von “Reaktionen auf Angriffe” sind also langweilig und führen uns nicht weiter bei der Frage, ob Frau Rowling Transmenschen hasst. Wenn sie sie hasst, wird sie sich von ihnen wahrscheinlich nichts gefallen lassen (wobei noch nicht geklärt ist, ob es sich hier überhaupt um die gleiche Gruppe handelt). Wenn sie sie nicht hasst, würde sie sich gegen solche dann ja ungerechtfertigten Vorwürfe womöglich erst recht wehren.

Schutzräume und Gefahren

Kommen wir also zum Thema, das Rowling offensichtlich wirklich umtreibt: das der Schutzräume und der Gefahren durch Männer in weiblicher Gestalt, die in diese Räume vordringen. Dieses Thema scheint sie so beschäftigen, dass sie es sogar mehrfach fiktional verarbeitet hat. Man kann diskutieren, ob man eine fiktive Handlung heranziehen sollte, um eine Aussage über ihre Urheberin zu treffen. Aber ich will das Abkürzen und unterstellen, dass die fiktiven Ereignisse nicht für eine doppeldeutige oder abstrakte Auseinandersetzung mit dem Thema stehen, sondern schon den deutlichen Eindruck machen, parallel zu ihren Ansichten zu verlaufen. Ihre Ansicht ist hier sehr scharf zu erkennen: Sie legt wert darauf, dass Frauen aufgrund ihres biologischen Geschlechts die Möglichkeit haben, sich vor biologischen Männern zu schützen. Dazu müsse es möglich bleiben, diesen biologischen Unterschied zu benennen. Sie hat Angst, dass zukünftig Männer in weiblicher Gestalt diesen Schutz durchdringen könnten. Das ist der Kernpunkt des gesamten Streits. Denn ihre Gegenspieler finden, dass für die Unterscheidung zwischen Mann und Frau die Geschlechtsidentität das alleinige Merkmal sein soll. Also etwas, das nur die betroffene Person selber beurteilen kann. Das sind unvereinbare Positionen.

Hausrecht

Es stellt sich aber die Frage, wo sie in der Praxis überhaupt von Bedeutung sind.
Wirklich existenziell wird die Frage meines Erachtens vor allem bei Frauenhäusern. Hier kann es um Leben und Tod gehen. Für eine Transfrau, die vielleicht Opfer von häuslicher Gewalt ist und verzweifelt nach einem Schutzort sucht. Für eine Cis-Frau, die vielleicht Opfer von sexualisierter Gewalt ist und für die es von seelischer Unabdingbarkeit sein kann, einen Ort zu finden, an dem sie sich darauf verlassen kann, keinem Menschen mit Penis zu begegnen. Beides hat seine Berechtigung und eines der beiden Bedürfnisse abzutun, heißt unmenschlich zu argumentieren. Nun ist es aber so, dass es ohnehin keinen gesetzlichen Anspruch auf Betreten eines Frauenhauses gibt. Die Forderung nach “Transrechten” ergibt zumindest für dieses konkrete Beispiel keinen Sinn.

Frauenhäuser sind Einrichtungen in der Hand von Trägern, die ihre jeweiligen Bedingungen formulieren und sie können überbelegt sein oder für bestimmte Fälle reserviert. Auch eine biologische Frau kann nicht einfach in ein Frauenhaus marschieren, um dort einen Kaffee zu trinken oder Leute zu nerven. Wenn eine junge Frau dort Schutz gesucht hat und beispielsweise ihre übergriffige Mutter da rein will, um sie zu verprügeln, dann hat die auch nicht einfach Zutrittsrecht, nur weil sie eine biologische Frau ist. Und wenn ein Mann in Frauenkleidern oder eine Transfrau (zu dem etwaigen Unterschied komme ich noch) dort erscheinen würde, könnte er oder sie auch nicht einfach hinein. Es ist völlig denkbar, dass es verschiedene Frauenhäuser gibt, von denen manche sich für Transfrauen öffnen und andere nicht und in keinem der Fälle kann sich da jemand einklagen.

Toiletten

Und auch bei anderen sogenannten Schutzräumen halte ich für fragwürdig, ob sich jemand einklagen kann. Mir ist jedenfalls kein Gesetz bekannt, nach dem getrennte Toiletten betrieben werden müssten und nach dem jemand auf bestimmten Toiletten Zutritt hätte oder gerade nicht. Es handelt sich hier vielmehr um gesellschaftliche Konventionen und die sind fließend. Wir hatten schon in den 90er Jahren in unserer Schule auf einer Etage (wohl aus baulichen Gründen) eine “koedukative” Toilette. Auf Großveranstaltungen ist es gar nicht unüblich, dass Frauen auch aufs Herrenklo gehen, weil einfach die Schlangen bei den Damen so lang sind (ob den Männern das unangenehm ist, fragt übrigens nie jemand). Umgekehrt würde ich erwarten, dass ich, sagen wir bei akutem Durchfall, auch mal auf eine Damentoilette stürzen dürfte.

Das sind Dinge, die im Einzelfall zwischen Erwachsenen ausgehandelt werden und die keiner gesetzlichen Lösungen bedürfen. Ich für meinen Teil will jedenfalls weder mit Leuten zu tun haben, die vor Gericht gehen, weil jemand ihr Klo benutzt hat, noch solchen, die vor Gericht gehen, weil sie jemandes Klo benutzen wollen.

Ob Toiletten oder Umkleiden tatsächlich auch Schutz bieten, kann ich als Mann nicht so gut beurteilen. Ich würde denken, dass eine leere Toilette in abgelegener Lage für eine Frau gefährlich ist, unabhängig davon, ob sie strikt geschlechtergetrennt ist oder nicht. Aber vielleicht steigen die Chancen für einen Vergewaltiger, dort auf eine Tatchance zu lauern, wenn er sich unhinterfragt dort aufhalten kann.

Weiche Faktoren

Viele Aspekte, bei denen sich Transmenschen mehr Rechte erhoffen, betreffen eigentlich weiche Faktoren, die eher mit Respekt, Umgangston, Akzeptanz zu tun haben als mit harten Rechten und Pflichten, die sich einklagen lassen würden. Das Selbstbestimmungsrecht regelt jetzt einen bürokratischen Akt, den Geschlechtseintrag im Ausweis. Das hat natürlich auch eine symbolische Bedeutung. Was das im Gesetz geregelte „Offenbarungsverbot“ in der Praxis heißt, wird sich erst noch zeigen müssen. Das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend erklärt auf seiner Seite, dass sich dies auf öffentlich Stellen bezieht und kein generelles Verbot von „Deadnaming“ bedeute (welches aber ohnehin gegebenenfalls unter „Mobbing“ falle). Inwieweit sich das Gesetz anwenden lässt, um jemanden rechtlich zu zwingen, das neue Geschlecht einer Person anzuerkennen, wird sich wohl noch erweisen müssen. Aber viel interessanter ist ja die Frage, wem damit gedient ist, wenn so etwas vor Gericht ausgefochten wird.

Ich glaube, dass dieser Punkt von beiden Seiten überbetont wird. Es wäre juristisch äußerst befremdlich, wenn so ein kleiner Paragraph zur Folge hätte, dass Menschen eine ihnen bekannte Tatsache (Person XY hat eine Transition gemacht) offiziell leugnen müssten. Das wäre tatsächlich Orwell. Aber in dem Wort „Offenbarung“ steckt ja schon, dass es um das Offenlegen von Geheimnissen geht und im Gesetzt steht auch etwas von „Ausforschen“. Man möchte also die „Terf“-Seite fragen, ob sie wirklich glauben, dass jetzt 1984 angebrochen ist. Man möchte aber umgekehrt auch die „Trans“-Seite Fragen, ob sie wirklich vorhatten, jetzt jeden zu verklagen, der auf eine bekannte Tatsache Bezug nimmt. Beides spricht für ein befremdliches Verständnis von Justiz.

Sport

Bleiben noch zwei Aspekte, bei denen das Geschlecht rechtlich relevant werden könnte: Sport und Quote. Sport ist einfach, denn es handelt sich sowieso nur um ein Spiel, einen Fantasiewettbewerb, den sich irgendwann jemand ausgedacht hat und bei dem jemand festgelegt hat, dass bei dem Spiel Männer oder Frauen, schwere oder leichte Leute, acht gegen acht oder elf gegen elf spielen, zehn Minuten oder bis einer zwei Punkte hat, mit Schläger oder ohne und der Schläger darf maximal 90,5 cm lang sein oder nicht kürzer als 90,5cm oder was auch immer. Es ist zwar zu befürchten, dass Gerichte mit der Frage beschäftigt werden, ob Transpersonen irgendwo teilnehmen dürfen oder gerade nicht, aber echte Menschenrechte betrifft das nicht, weil es eh alles ausgedacht ist. Sollen sie halt Gewichtsklassen einführen oder was auch immer nötig ist, um es fair zu machen.

Frauenquote

Die Frauenquote hingegen ist ein intellektuelles Problem. Man könnte jetzt versuchen, Quoten generell in Frage zu stellen, um dem Problem auszuweichen. Ansonsten sehe ich keine klare Begründung dafür, die Quote eher ans biologische oder ans identitäre Geschlecht zu knüpfen – beide Sorten von Frauen sind benachteiligt. Problematisch ist für viele wahrscheinlich auch gar nicht die Vorstellung, dass eine langjährige Transfrau, an die sich alle schon gewöhnt haben, irgendwann auf einem Frauenquotenplatz landet, sondern dass Männer sich extra als Frauen bezeichnen könnten, um sich so einen Platz zu erschleichen.

Transfrauen vs. Männer in Frauengestalt

Und damit sind wir wieder bei Rowlings Furcht. Denn sie fürchtet sich nicht vor “richtigen” Transpersonen (was auch immer das heißt), sondern vor Männern, die alles Schweinische von Männern behalten haben, aber das Transgewand benutzen, um sich etwas zu erschleichen. Alle ihre Äußerungen zu Gefahren in Schutzräumen laufen auf diese eine sehr spezielle Befürchtung hinaus. Dass Männer in Frauenkleidern in weibliche Schutzräume eindringen und dort Frauen vergewaltigen könnten. Das klingt im ersten Moment schon ein bisschen paranoid. Man fragt sich, warum das Thema für sie so bedeutsam ist.

Oder?

Eigentlich fragt sich das keiner, eigentlich ist die Antwort darauf immer schon da: Weil sie transphob ist und Horrorfantasien verbreitet. Ob sie womöglich tatsächlich etwas Derartiges erlebt hat und nicht darüber sprechen will, fragt komischerweise niemand, in einem Milieu, das ständig von Safe Spaces, Traumata und Triggerwarnungen spricht.

Ich habe nichts gegen, aber!

Aber man muss natürlich auch die andere Seite sehen. Wenn jemand sagen würde: “Ich habe ja nichts gegen Schwarze, aber man sollte sie natürlich nicht in die Nähe von Schulen kommen lassen, damit sie Kindern keine Drogen verkaufen. Natürlich verkaufen nicht alle Schwarzen Drogen, aber die Gefahr ist doch groß!”, hätten wir ja auch keinen Zweifel daran, dass er rassistisch denkt. Und auch von weniger unverhohlenen Vorurteilen lassen wir uns nicht täuschen. Wenn etwa die AfD den ganzen Tag davon spricht, kriminelle Ausländer abschieben zu wollen, erkennen wir durchaus, dass sie Ausländern generell misstraut. Wenn wir überhaupt davon ausgehen, dass es Transphobie gibt (und warum sollte es die nicht geben?), dann ist schon zu erwarten, dass intelligente Menschen sie irgendwie so ähnlich verkleiden wie das, was wir bei Rowling sehen.

Zwischenfazit

Um schon mal ein Zwischenfazit zu geben: Ich glaube nicht, dass man Rowling anhand ihrer Äußerungen Transphobie nachweisen kann. Ich halte es umgekehrt allerdings für durchaus möglich, dass ihre Ansichten und Äußerungen von transphoben Gefühlen motiviert oder bestärkt sind. Das ergibt sich schon daraus, dass fast alle Menschen mit Ressentiments und Aversionen zu tun haben. Jemand, der behauptet, keinerlei rassistische Gefühle oder Vorurteile zu haben, macht sich sehr verdächtig. Es ist natürlich, sich vor fremdartigen Menschen mehr zu fürchten als vor vertrauten. Die Frage ist nur, ob einem das auffällt. Ob man seine Entscheidungen und Einschätzungen auf solchen Gefühlen aufbaut oder ob man reflektiert genug ist, sie als mögliche Fehlerquelle zu betrachten. Rassisten kennzeichnet nicht unbedingt, dass sie mehr negative Gefühle gegenüber Fremden haben, sondern dass sie ihre politische Haltung darauf ausrichten, solche Gefühle vermeintlich rational zu rechtfertigen und sie zur Grundlage ihrer politischen Haltung machen.

Gründe für transphobe Gefühle

Und all das gilt selbstverständlich erst Recht für transphobe Gefühle. Transpersonen verstoßen gegen tiefsitzende ästhetische Prägungen, sie stellen Schönheitsideale in Frage und konfrontieren uns mit einer verstörenden Körperlichkeit. Wir müssen im Umgang mit Menschen permanent unbewusste Grenzen ziehen, Einordnungen machen, subtile Regeln beachten. Eine Berührung kann unterschiedlichste Bedeutungen haben, ein Blick ebenso, je nach Kontext. Wenn ich versehentlich den Hintern eines Menschen in der U-Bahn streife, werde ich innerhalb von Sekundenbruchteilen entscheiden, wie peinlich mir das ist, je nachdem, bei wem es mir passiert ist.

Wir stehen mit unseren Mitmenschen in ständigem unausgesprochenem Austausch über Intimität und Distanz, Möglichkeit oder Ausschluss von Sexualität, Attraktion und Abstoßung. Man müsste schon eine Art Übermensch sein, wenn man vor diesem Hintergrund nicht mindestens irritiert, wahrscheinlich aber sogar aversiv auf Leute reagiert, die sich diesem fein justierten Spiel entziehen. Natürlich gibt es auch Menschen, für die die verschwimmende Geschlechtergrenze nicht mehr fremd, vielleicht sogar attraktiv ist. Aber viele Menschen werden sich von solchen gebrochenen Schönheitsidealen intim berührt fühlen, sich dadurch abgestoßen fühlen. Das ist eine Reaktion, die nicht im Gegenüber begründet liegt, sondern in der eigenen Fähigkeit, Nähe, Distanz und potentielle Sexualität zu sortieren und auszuhalten. Denken Sie an den Film Harold und Maude, wo der Pfarrer sich über die Vorstellung empört, dass das “welke Fleisch” sich mit dem jungen vereint. Es geht ihn freilich nichts an und niemand zwingt ihn, sich diese Vereinigungsszenen bildlich vorzustellen. Aber er kann nicht anders. Er fühlt sich davon belästigt. Das wäre eigentlich sein Problem, aber er wehrt diese Gefühle ab, indem er die Liebesbeziehung moralisch verurteilt.

Gefühle und Verhalten

Und Gefühle sind nichts, was wir willkürlich steuern könnten. So wenig, wie wir entscheiden können, ob uns der Zeh wehtut, wenn jemand drauftritt, können wir entscheiden, ob uns etwas traurig macht, uns Angst macht oder uns ekelt. Interessant ist nur, ob wir uns von solchen Gefühlen dazu verleiten lassen, bestimmte Handlungen durchzuführen, ob wir den Selbstbetrug begehen, uns politische Haltungen auszudenken, die das Gefühl scheinbar rechtfertigen.

Wenn man sich anschaut, was transphobe Menschen so von sich geben, wird das oft auf geradezu peinliche Weise deutlich. Es gibt diese Accounts, die sich vordergründig als transkritisch gerieren, aber unter einem dünnen Firnis von Kritik ganz offensichtlich voller Ekel und Aversion sind und neben nachvollziehbarer Kritik auch unverhohlene Abscheu zur Schau stellen. Es ist hier offensichtlich, dass es Menschen gibt, bei denen der Transhass zuerst da war und die Kritik nur dessen intellektuelle Rechtfertigung ist.

Ironie erlaubt

Derartige höhnische, ressentimentgeladene Beiträge gibt es aber von Rowling nicht. Ich halte für denkbar, dass Ressentiments bei ihr eine Rolle spielen, weil ich das zum Einen bei jedem denkbar halte und ich zum Anderen eine gewisse übertriebene Fixierung auf dieses Thema zu sehen meine. Etwa, wenn es gleich mehrfach literarisch verarbeitet wird.

Was ich allerdings nicht als Indiz gelten lasse, sind die unter Mockery zusammengefassten Äußerungen. Im Gegensatz zu oben angedeuteten hasserfüllten, höhnischen “Witzen” und transphoben Memes, die sich zumeist auf Äußerlichkeiten beziehen, macht sich Rowling nämlich in den mir bekannten Beispielen immer nur über Ideologen, oder sagen wir wertfreier: Ideen, lustig.

Ja, sie veräppelt die Idee, “menstruierende Person” statt “Frau” zu sagen. Sie veräppelt die Ankündigung der schottischen Polizei, in Mitteilungen Vergewaltiger als Frauen zu bezeichnen, wenn diese es so wünschen. Und sich in einer Debatte auch mittels Ironie oder Humor oder Sarkasmus zu äußern, ist eine legitime Art der Kommunikation. Ihre Gegner tragen auch keine Samthandschuhe.

Verschiebung als Trick

Die Strategie, mit der diese Art von Äußerungen unterdrückt werden sollen, ist stets die Gleiche: Es wird darauf abgestellt, dass Transpersonen benachteiligt, oft sogar Opfer von Gewalt sind und dass es daher unanständig wäre, sich über sie lustig zu machen. Ein Witz, der auf Kosten von “trans” geht, wäre demnach eine Art Nachtreten gegen ein Opfer. Das ist aber auf mehreren Ebenen unredlich. Denn zum einen ist nicht jede Transperson automatisch Opfer, es gibt auch welche, denen es gut geht und die wenige Probleme haben. Zum anderen ist ein Witz auf Kosten einer Idee (zum Beispiel der Vorschlag, “menstruierende Person” zu sagen) nicht identisch mit einem Witz auf Kosten einer Personengruppe. Und die Leute, die solche Vorschläge machen, sind nicht mal zwangsläufig selbst Transpersonen.

Der Trick ist, so zu tun, als wäre die vorgeschlagene Idee bereits eine definitive Lösung aller Probleme einer Personengruppe und sie nicht anzuerkennen oder ernst zu nehmen wäre ein direkter Angriff auf diese Personen. Aus “Rowling findet diese Idee, die wir vorschlagen, um Transpersonen zu helfen, nicht gut” wird “Frau Rowling findet die Idee, Transpersonen zu helfen, nicht gut”. Es ist das gleiche Muster wie beim Gendern und anderen Themen. Die Unterstellung, aus Rowlings Äußerungen spreche Transhass, lässt sich weitgehend auf diesen argumentativen Kniff zurückführen.

Wann ist ein Mann ein Mann?

Es gibt aber einen zweiten Punkt, bei dem eine Verschiebung der Bedeutungen erfolgt. Die Sorge, egal wie begründet sie nun sein mag, bezieht sich nämlich stets auf Männer, auf Vergewaltiger, auf Personen mit Penis, die sich nicht wie Frauen verhalten. Frauen vergewaltigen nicht (bitte verschonen Sie uns mit etwaigen Ausnahmebeispielen). Rowling spricht nicht von Transfrauen, die sich wie Frauen verhalten oder womöglich gar keinen Penis mehr haben, mittels dessen sie jemanden vergewaltigen könnten. Sie sagt auch nirgends, dass sie erwartet, dass die Mehrzahl aller “Männer in Frauengestalt” in Wirklichkeit verkleidete Vergewaltiger sind. Es wird ihr in den Mund gelegt, dass sie mit dieser Angst Transpersonen generell meine und dass sie behaupte, Transpersonen seien generell gefährlich, unheimlich oder was auch immer. Sie legt lediglich wert auf die Feststellung, dass durch die Aberkennung des biologischen Geschlechts als mögliche Kategorie für Zugangsbeschränkungen die Möglichkeit entsteht, dass ein Mann in Frauengestalt in Schutzräume eindringt.

Wie wahrscheinlich ist das denn?

Das wird dann natürlich als absurd und paranoid geframet, wie oft soll das schon vorkommen, dass ein Mann sich verkleidet, wie so ein Bankräuber in Maske, um irgendwo jemandem aufzulauern? Transpersonen sind selber Opfer von Gewalt! Sie brauchen selber Schutz! Die würden niemals so etwas tun, die sind lieb! Der letzte Satz klingt übertrieben, aber die beiden Sätze davor könnten eins zu eins von einem Transaktivisten stammen. Es wird deutlich, was für eine unsinnige Verallgemeinerung in diesen Sätzen mitschwingt. Man kann anerkennen, dass Transpersonen oft Opfer von Gewalt und Unterdrückung sind und dennoch ebenso anerkennen, dass das Label “Trans” einen nicht automatisch zu einem Engel macht. Die Sorge vor einem Übergriff damit abzutun, dass Transpersonen so etwas grundsätzlich nicht tun, wäre ja an Naivität kaum zu übertreffen.

Wann ist ein Trans ein Trans?

Es kommt aber hinzu, dass die Bezeichnung “trans” nicht dem Copyright unterliegt und dass gar nicht so klar ist, wer alles darunter fällt. Neben Menschen mit einer klaren, auf ihren Körper bezogenen, Geschlechtsdysphorie, versammeln sich unter dem Label auch “non-binäre”, “genderfluide” und sonstige Personen. Es sei ihnen auch nicht verwehrt. Aber es sei auch erlaubt, festzuhalten, dass damit relativ verschiedene Phänomene subsumiert werden.

Es ist zu begrüßen, dass starre Rollenklischees aufweichen, dass Männer, denen das gefällt, sich weiblich kleiden können (auch wenn das beileibe nicht so neu ist, wie manche zu glauben scheinen). Es muss aber auch beobachtet werden dürfen, dass all das zunehmende Akzeptanz erlangt, dass es absolut “cool” ist, wenn beim ESC unzählige Teilnehmer irgendwie genderfluide auftreten, dass es in bestimmten Milieus fast schon zum guten Ton gehört. Daraus folgt nicht automatisch, dass es wertlos, unecht oder was auch immer wäre. Aber so zu tun, als wären queere Personen derzeit in unserer Gesellschaft etwas total Seltenes, Unsichtbares oder Unmodernes, wäre wirklich albern. Und wenn das nun mal so ist, wenn man in bestimmten Milieus eben nicht total verlacht wird, wenn man als biologischer Mann Röcke trägt oder sagt, man sei “non-binär” oder eine Frau, dann steigt eben auch die Wahrscheinlichkeit, dass jemand sich in diesem Bereich tummelt, der noch eine ordentliche Portion Männerscheiße in sich trägt und auch einen Penis am Leib hat.

0-%ige Vergewaltigungswahrscheinlichkeit

Selbst wenn „trans“ eine göttlich gegebene oder genetisch festgelegte Eigenschaft wäre, die automatisch mit 0%-iger Vergewaltigungswahrscheinlichkeit einher ginge, könnte es immer noch gut sein, dass auch Leute ohne dieses Gen sich in den entsprechenden Milieus mal als solche inszenieren, einfach weil es ihre Bekannten auch tun.

Das heißt, in dem Maße, in dem es gesellschaftlich akzeptierter wird, dass Männer sich wenigstens vorübergehend und teilweise als Frauen präsentieren, steigt zwangsläufig das Risiko, dass da auch welche dabei sind, die am Ende doch keine “richtigen Transfrauen” waren. Das ist ein negativer Begleiteffekt einer sonst positiven Entwicklung. Das diffamiert auch nicht Transfrauen, das diffamiert Männer. Die sind, wie die Geschichte lehrt, gewalttätig und unberechenbar. Und gerade Transfrauen, die nicht wollen können, dass sie durch solche Männer in Verruf geraten, müssten eigentlich interessiert daran sein, den Unterschied zwischen diesen Personengruppen zu betonen, statt jeden zu verurteilen, der diese Gefahr benennt.

Ausnahmslos

Die Unterstellung, dass Rowling Transpersonen generell hasst oder fürchtet, funktioniert also nur, wenn man behauptet, dass 1. ausnahmslos jeder, der sich das Label “trans” gibt (das man ja vermeintlich selbst zuschreibt) automatisch auch wirklich trans ist und nicht einfach eine Phase durchmacht, einem Trend folgt, sich in den Vordergrund spielen will und 2. ausnahmslos jeder, der dieses nicht-hinterfragbare Label trägt, über den Verdacht männlicher Gewalt erhaben ist. Wer von Aussage 1 oder 2 eine Ausnahme für möglich hält, muss auch anerkennen, dass Frauen die Frage stellen dürfen, wie sie sich vor diesen Ausnahmen schützen dürfen.

“Nur ein Trend”

Und weil die Worte “Trend”, “Phase” und “in den Vordergrund spielen” garantiert einen Aufschrei verursachen werden: Da steht nicht, dass es bestimmt bei allen nur ein Trend ist und alles nur Hirngespinste sind. Und natürlich werden sich durch die zunehmende Präsenz und Akzeptanz Menschen trauen, ihre gefühlte Geschlechtsidentität auszuleben, die das früher nicht getan hätten. Aber das schließt doch nicht aus, dass parallel dazu auch In-den-Vordergrund-Spieler die Gunst der Stunde nutzen. Und was auch immer man von Label “non-binär” hält, es bietet definitiv Möglichkeiten, mal unverbindlich, ohne medizinische Eingriffe und sonstiges, “queer” zu sein, zu einer solidarischen Gruppe zu gehören, etwas Besonderes zu sein. Und ein so optimistisches Menschenbild kann doch niemand haben, dass man vollkommen ausschließt, dass auf diese Weise auch mal Arschlöcher den Weg in die queere Community und vielleicht in Schutzräume finden.

Drogendealer

Hier zeigt sich dann auch ein Unterschied zwischen dem obigen Beispiel mit dem drogenverkaufenden Schwarzen und den Befürchtungen von Feministinnen: Sie benennen ja eine ganz bestimmte Situation, in der ein Schutzmechanismus aufgehoben werden soll, der eigentlich allgemein gilt. Jedenfalls gegenüber allen Personen die biologisch mit dem erforderlichen Tatwerkzeug ausgestattet sind. Sie sagen ja nicht: “Transpersonen kann man generell nicht vertrauen” sondern “Transpersonen bzw. solchen, die behaupten es zu sein, kann man nicht generell genug vertrauen, um sie vom Schutzmechanismus auszunehmen”. Es ist, wenn man versuchen will, es auf das Beispiel anzuwenden, so als würde man sagen: Da es ja ein Vorurteil ist, dass Schwarze mit Drogen dealen, sollten sie, im Gegensatz zu sonstigen schulfremden Personen, ruhig Zutritt zum Schulhof bekommen. Das wäre, bei aller Liebe, unverhältnismäßig optimistisch, genau wie es unverhältnismäßig optimistisch ist, zu glauben, dass das selbst zugeschriebene Label “trans” automatisch Vergewaltigungen ausschließt.

Biologisches Geschlecht und Sprache

Der dritte inhaltliche Punkt, der damit natürlich zusammenhängt, ist der des biologischen Geschlechts bzw. der Sprache. Dazu habe ich mich hier schon mal ausführlich geäußert. Zusammenfassend sei gesagt, dass der Streit ums biologische Geschlecht unsinnig ist. Natürlich gibt es biologische Tatsachen, die sich auch durch Betrachtung von Intersexuellen oder Clownsfischen nicht ändern. Die Frage ist nicht, ob es biologische Geschlechter gibt, sondern ob wir als Gesellschaft diese zur Grundlage von Wörtern und Entscheidungen machen wollen. Frau Rowling will es, aus genannten Gründen, die anderen wollen nicht.

Erneute Verschiebung als Trick

Es wiederholt sich das Argumentationsmuster, nach dem es bereits transphob wäre, überhaupt darauf zu beharren, dass es diese Unterschiede gäbe und die Wörter für Mann und Frau zu benutzen, die die Menschheit seit zehntausend Jahren benutzt. Man kann gerne alternative Konzepte zur Debatte stellen. Aber die Unterstellung, dass jemandem die Rechte abgesprochen werden sollen, wenn man diese radikalen Konzepte nicht teilt, ist unfair.

Um zu unterscheiden, ob man es mit verbohrter Ideologie oder legitimer Debatte zu tun hat, kann es helfen, die Gegenprobe zu machen: Wenn dies, wie behauptet, nicht Kritik sondern Hass ist – wie könnte denn eine legitime Kritik aussehen? Die genannten transphoben Accounts, die entwertende Memes posten, üben keine legitime Kritik (auch wenn sie solche vielleicht zusätzlich verbreiten). Aber das, was Rowling von sich gibt, sind genau die Argumente, die man plausiblerweise gegen die Forderungen von Transaktivisten ins Feld führen kann. Welche Argumente dann mehr Gewicht haben, ist etwas, das die Gesellschaft klären muss. Aber wenn man der Argumention von Vox.com folgt (die typisch ist für Vieles, was tagtäglich in sozialen Medien gesagt wird), dann gibt es gar kein legitimes Gegenargument. Nicht mal Transpersonen selber könnten anderer Ansicht sein, denn es ist ja ausgemacht, dass die Sicht, bei der das Geschlecht ausschließlich selbst zugeschrieben wird, die einzig richtige ist und dass, wer es anders sieht, nicht diese Interpretation, sondern die Menschenwürde von Transpersonen generell ablehnt.

Zusammenfassung

Zusammenfassend muss ich sagen: Ich weiß nicht, ob Frau Rowling Transpersonen hasst. Ich halte es für möglich. Die Argumentation auf Seiten derer, die es behaupten, ist jedenfalls unredlich und kompromisslos. Sie stehen moralisch auf der richtigen Seite, wenn sie für eine benachteiligte Minderheit kämpfen wollen, aber sie entscheiden sich stattdessen dafür, Windmühlen zu bekämpfen und Diskussion zu verunmöglichen. Schade.

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Wolfram Obermanns
Wolfram Obermanns
23 Tage zuvor

1. Wenn es z.B. mit den WCs so easy ist, warum mussten dann seinerzeit Unternehmen entsprechende einrichten?
2. Die meisten sexuellen Übergriffe ereignen sich im familiären Umfeld. Diese Übergriffe sind wie alle anderen sind in den seltensten Fällen spontan. Die überwältigende Überzahl der sexuellen Übergriffe folgen einer ebenso systematisch, strategischen wie langfristigen Vorbereitung. Dies beginnt z.B. mit der Wahl eines Gelegenheit bietenden Berufs mit schützendem Nimbus in hierarchischen Organisationen wie Chefarzt, Priester, Pädagoge etc..
Welche zusätzlichen Optionen schafft dabei das Selbstbestimmungsgesetz? Wie ist in diesem Lichte die Haltung Rowlings einzuordnen?
3. Wir haben oder hatten schon einen Grünen Abgeordneten, der über die Frauenquote ins Amt gekommen ist.
4. Im Sport sind Gewichtsklassen und Geschlechtertrennung simple Verfahren um leidliche Chancengleichheit herzustellen. Die Gründe sind physikalischer und physiologischer Natur.

Mein Fazit:
Ist Frau Rowling vielleicht überängstlich? Vielleicht.
Ist sie transphob? Eher nicht.
Sind die biologisch männlichen Transaktivisten misogyn? Wahrscheinlich.

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[…] einigen Tagen machte mein werter Kollege, Robert von Cube, sich auf diesem Blog auf die Suche nach Beweisen, die Joanne K. Rowling (JKR) des Transhasses überführen […]

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