Hinterhof, Unterhaus, Wuppertal

Foto: Archiv

"Die eher schlechteren Bedingungen im Stadion am Zoo, wo halt kein Bundesliga-Rasen liegt, hätten eher für uns gesprochen." (Georg Kreß, Fußballmanager, Wuppertaler SV)

Wuppertal ist ein Stausee aus Straßen, Stahl und Steinen. Ein Häuserfjord, aus dem Baumberge wachsen. Tausendfach geflickte Autobahnen, Flutlicht. Sonst Finsternis und über die Wupper gehen. Nur Ortsunkundige denken an Tod und Gottweißwas. Die anderen wissen, man macht sich nur die Hosenbeine nass in dem Bachbett.

Wuppertal ist interessant. Ich kenne es kaum, dabei liegt es nur dreißig Kilometer weg. Beim Durchfahren ist es wie die Emscherzone, ein Subventionsloch, trist, versoffen, dreckig. Ungeschminkt. 

Einmal holte ich eine Badewanne von dort. Ich wusste es vorher: Sie rauchen Van Nelle, sie färben sich die Haare mit Henna, trinken Schwelmer Altbier, hören Bots, kochen wie Horst Lichter – wenn es gut geht – und stellen Karusselfiguren in ihre Wohnungen. Beziehungsweise Lagerräume.

Sie sind nett im Hinterhof zwischen Dortmund und Düsseldorf, im Bergischen Land. Sie sagen du, sagen dufte, sagen Menno. Verscherbeln ihr Zeug auf Ebay, der Bucht, dem Tal. Kriegen nichts dafür, kommen trotzdem, hundemüde: Sie waren hier schließlich mal Kaufleute, Unternehmer. Bewohner eines Landstriches, der industriell was hermachte, als Oberhausen noch leise vor sich hin kokelte.

Niemand nimmt Anteil am Tal der Trauer. Längst so kaputt wie das Nordruhrgebiet, wie Gelsenkirchen. Schlimmer noch: Der Wuppertaler SV hat sich am Dienstag die Schalke-Arena zu Gelsenkirchen angemietet für das Pokalspiel gegen Bayern München. So weg vom Schuss ist Wuppertal, so verzweifelt.

Im Stadion am Zoo, der ehemaligen Radrennbahn, wo die Böschung rutscht, und das Kasino zerschmissene Fensterscheiben hat, hätten sie eine Chance gehabt, auf Regionalligamatsch gegen Toni Klose. Stattdessen spielen sie auf dem Luxus-Schieberasen, verkaufen den Heimvorteil an die Revier-Bazis, weil es gegen die Bayern geht. Müssen Kasse machen, die armen Schlucker aus dem Unterhaus. Ich mag, was Mike Rietpietsch sagt, der rechte Läufer beim WSV: "Den Pokal werte ich als Bonbon, das lutschen wir, dann geht es weiter." Der Drops ist gelutscht.

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Daniel Ullrich
16 Jahre zuvor

Wuppertal ist wirklich ein Loch… aber das Bild ist in dem Zusammenhang geschmacklos, da sind immerhin 5 Menschen gestorben

Ruhrbaron Thomas
Ruhrbaron Thomas
16 Jahre zuvor

>Der Wuppertaler SV hat sich am Dienstag die Schalke-Arena zu Gelsenkirchen angemietet für das Pokalspiel gegen Bayern München.

Wenn die lütten Hütten nicht mehr hinreichen, infolge der Größe des Gegners, müssen halt größere Hütten genommen werden.

Damit viele auffm Platz mitfiebern können. Ist doch cool.

Eredivisie-Mittelfeldler Venlo etwa verhandelt immer noch mit dem MSV, um die nächsten großen Heimspiele, etwa gegen Ajax, Eindhoven und Feyennoord an der Wedau austragen zu können.

In Venlos Stadion, de Koel, passen nämlich nicht wirklich viele Nasen rein. Nur etwa 6000.

War am letzten Jahresende mal da, Ajax gucken. Und Venlo hielt sich sehr wacker.

War aber eher schwierig, ne Karte zu kriegen. Bzw. reinzukommen. Weil: Das Spiel war natürlich zwei Sekunden nach der Spielplanpublizierung der Eredivisie ausverkauft. (:

Und wenn Ajax bald auswärts gegen Venlo heimisch in DU spielt, ich hab‘ das Stadion quasi in Torschrei-Hörweite, ich muß nur aus dem Fenster gucken und seh‘ das Flutlicht – da leck‘ ich mir doch die Finger nach.

Und guck‘ mir das dann aus der Kurve an.

Endlich wäre dieser Hellmich-Bau zu was nutze. Auch in a long run, weil die Zebrazossen natürlich absteigen werden. Venlo aber ganz sicher nicht.

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