Lammert, die CSU und der adlige Ken

Norbert Lammert

CSU-Innenexperte Stephan Mayer glaubt, Norbert Lammerts (CDU) Kritik an Karl Theodor zu Guttenberg wäre parteischädigend gewesen.  Eine fast schon absurde Verdrehung der Tatsachen.

Es gab nur wenige Christdemokraten, die sich während der Guttenberg-Affäre nicht bis auf die Knochen blamiert haben. Annette Schavan Zum Beispiel. Und Norbert Lammert. Der Bundestagspräsident und langjährige Vorsitzende der Ruhrgebiets CDU hatte die Guttenberg Affäre als einen Sargnagel für die Demokratie bezeichnet.

Ob sie diese Bedeutung hat sei einmal dahingestellt, aber auf jeden Fall hat diese Affäre der CDU im Bürgertum einen beachtlichen Reputationsverlust bescheert. Wer an einem Betrüger festhält, wer alle bürgerlichen Ehrbegriffe mit einem fröhlichen Hurra über Bord wirft, kann sich kaum als Partei der bürgerlichen Mitte bezeichnen. Norbert Lammert hat da nicht mitgemacht. Er zeigte als einer der wenigen in der CDU bürgerliche Tugenden: Er ließ sich nicht einfach in ein Kollektiv zwingen, beharrte auf Werten wie Ehrlichkeit und dem Leistungsprinzip. Was sind das noch für bürgerliche Parteien, in denen   solche Verhaltensweisen parteischädigend sein sollen? Wenn es jemanden gab, der sich parteischädigend verhalten hat, war es der adlige Ken mit der Gelfrisur.

Dir gefällt vielleicht auch:

Abonnieren
Benachrichtige mich bei
12 Comments
Oldest
Newest
Inline Feedbacks
View all comments
Katharina
Katharina
13 Jahre zuvor

Soviel ich weiß, sind die Abgeordneten erstmal ihrem Gewissen, dann dem Volk und dann erst der Partei verpflichtet.

der, der auszog
der, der auszog
13 Jahre zuvor

Norbert Lammert hat mit seiner Schelte getan, was er als Bundestagspräsident tun mußte, immerhin nutzte Guttenberg für seine Doktorspielchen den Wissenschaftlichen Rat des Bundestages, dessen oberster Dienstherr Lammert ist und dessen Inanspruchnahme den Parlamentariern für ihre Parlamentsarbeit, nicht jedoch für private Zwecke, wie das Erstellen von Doktorarbeiten oder juristisch anmutender Belletristik erlaubt ist.

Spannend fände ich die Frage, welche Konsequenzen Lammert für Guttenbergs unrechtmässige Nutzen des Wissenschaftlichen Rates in Betracht zieht, oder ob man als Christdemokratischer Bundestagspräsident bei einem christdemokratischen Fehlschläger dann doch lieber ein Auge zudrückt. Dass Strafen der politisch zweitwichtigsten Person in Deutschland mitunter recht happig ausfallen können, konnte man hin und wieder im Zusammenhang mit illegalen Parteispenden sehen. Soll man Lammerts Empörung ernst nehmen, müßte von ihm auf jeden Fall noch eine Strafe in Sachen Guttenberg kommen.

Eva
Eva
13 Jahre zuvor

Was Lammert und Schavan gemacht haben, nennt sich Zivilcourage. Damit haben sie sich sich wohltuend von der Schar der Parteilemminge abgehoben.

Jens
13 Jahre zuvor

Wobei Schavan anfangs ja das ganze doch nicht so schlimm fand. Meine Vermutung: Erst ein weiteres Gespräch mit der Frau Bundeskanzlerin brachte Schavan zum öffentlichen schämen.

michaelibach
13 Jahre zuvor

Frau Merkel glaubt dabei immer noch, sie brauche nur ein wenig relativieren und bagatellisieren, und schon laufen die Dinge so, wie es dem Machterhalt ihrer Koalition nützlich scheint. Im Falle von zu Guttenbergs jedoch hätte ihr spätestens auffallen müssen, daß zumindest der Widerstand aus den akademischen Reihen das gewünschte Ergebnis nicht mehr hergibt. Und daß der beliebte politische PR-Schachzug des für-blöd-verkaufens dann immerhin an ernstzunehmende Grenzen stößt, wenn der allgegenwärtige BILD-Faktor essentiell an Bedeutung verliert.

Frank (frontmotor)
13 Jahre zuvor

@Jens: Stimmt, das kann so gewesen sein.

@Stefan: Ja, die Union hat bürgerliche Werte verraten und in den Leserkommentaren von FAZ und Welt konnte man das nachlesen.

Aber CDU und CSU haben sich obendrein anti-intellektuell gezeigt. Manche ehrlich bekennend – mangels eigener Ressourcen – andere ganz gezielt am rechten Rand fischend.

Frank (frontmotor)
13 Jahre zuvor

@Eva: Wenn es dazu inzwischen schon Zivilcourage braucht, dann sind wir auf unserer Schussfahrt ins Tal ja schon ziemlich weit gekommen..

michaelibach
13 Jahre zuvor

@ Frank

Diese Anti-Intellektualität kommt auch nicht von ungefähr:

Erstens weiß man an relevanter politischer Stelle sehr genau, daß in der Breite des Volkes wissenschaftliche Kriterien von völlig untergeordneter Bedeutung sind. Damit sind sie auch für die Meinungsbildung überwiegend unerheblich, was in den massenmedial kolportierten Umfrageergebnissen deutlich geworden ist und noch wird.

Und zweitens ist es nach wir vor so, daß sich die meisten Menschen von der Kraft der Bilder leiten lassen. Ein entscheidendes Bild in der politischen Sphäre hat von zu Guttenberg bewusst geprägt: Das vom stets überzeugend wirkenden, jugendlich-anpackenden, eherne Prinzipien und Werte verkörpernden sowie volkstribunenhaften Sunnyboy, der machen konnte was er wollte, am Ende überstrahlte seine gar liebliche messianische Sonne alles.

Benedikt
Benedikt
13 Jahre zuvor

Für ein schnelles Comeback von Gutti wäre das beste jetzt die Fresse zu halten und dafür zu sorgen, das die Strafverfahren mit Geldbußen schnell beendet werden!
So macht die CSU richtig Werbung für die SPD und Grüne. In ein paar Monaten wird kaum einer mehr an den XXL Aufschwung glauben. Dann sehe ich als ehemaliger CDU Stammwähler Schwarz für die Regierung. Es wird dann wieder eine Stimmung, wie bei der Kohl abwahl geben.

Thomas
Thomas
13 Jahre zuvor

Ich finde es interessant, dass nach wie vor die CDU/CSU als eine Partei gesehen wird, denen Werte etwas bedeuten. Wenn man die Wertedebatten der letzten Jahre betrachtet, die die Union angestossen hat, dann wurden die formulierten Werte ausschlieelich gegen Dritte in Stellung gebracht, als Wege der gesellschaftlichen Einflussnahme außerhalb von Recht und Gesetz.

Dass diese Werte auch für sie selbst und ihre Wähler gelten sollen, das versteht weder die Union noch ihre Sympathiesanten so. Deswegen kann z.B. Helmut Kohl eine geistig-moralische Wende ausrufen und gleichzeitig als Kanzler persönlich Millionen für schwarze Kassen entgegennehmen, ohne dass bei ihm oder seinen Wählern ein Gefühl von Unrecht aufkommt. Der Mann wird nach wie vor gerade von denjenigen gefeiert, die immer wieder gerne „Werte“ einfordern.

Nach dem selben Drehbuch verläuft die Guttenberg-Affaire, wenn auch ein paar Nummern kleiner.

Werbung