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Nachgereicht: Ballett-Abend „3 by Ekman“ im Essener Aalto

„Tuplet“ (Foto: Bettina Stoess)

Bereits am 4.3. hatte „3 by Ekman“ im Essener Aalto Theater Premiere. Die Compagnie von Ben van Cauwenbergh präsentiert darin drei Arbeiten des jungen, schwedischen Choreographen Alexander Ekman aus den Jahren 2006 und 2012, um dem Essener Publikum neben der sehr konservativen Ballett-Handschrift ihres Leiters auch aktuelle Tanzstile zugänglich zu machen. Im Gegensatz zum modernen Klassiker Jiri Kylian in der vergangenen Spielzeit, ist nun mit Alexander Ekman tatsächlich eine ganz aktuelle Handschrift zu besichtigen.

Der Abend gliedert sich in zwei Hälften: „Tuplet“ und „Flockwork“ in der ersten Hälfte tragen klar die persönliche Handschrift Ekmans, während sich „Tyll“ stark aus dem Bewegungsrepertoire des ganz klassischen Balletts speist. Ekman ist kein besonders intellektueller Choreograph, sondern will sein Publikum erklärtermaßen vor allem unterhalten. Am deutlichsten zeigt sich die Bestrebung im häufigen Einsatz von Humor. Ganz ungefährlich ist das insbesondere im Tanz nicht und so zünden viele Scherze nicht recht. Wenn es allzu pantomimisch wird, wirken die Witze oft staubig und müde. Gelegentlich gelingen sie aber auch, so zum Beispiel, wenn in „Tuplet“ eine Stimme vom Band die Namen der sechs Tanzenden spricht und die diese in Bewegung übersetzen. Oder wenn in „Tyll“ das gesamte Frauenensemble an der Rampe steht und neugierig bis ratlos in den dunklen Zuschauerraum blinzelt, bis eine als Übersprungshandlung anfängt zu pfeifen. Auffällig ist, dass Ekmans Humor immer dann am besten ist, wenn er mit Text arbeitet. So zum Beispiel im kurzen Film zwischen den ersten beiden Stücken und im Off-Text in „Tyll“.

Ensemble in „Flockwork“ (Foto: Bettina Stoess)

Die beiden Stücke der ersten Hälfte sind übervoll mit Ideen. Zum einen führt das aber dazu, dass sie beide nicht so recht zu sich selbst finden, selten wirklich ein Flow entsteht und kaum der Eindruck einer geschlossenen Arbeit aufkommt, selbst wenn in „Flockwork“ Anfangs- und Schussbild eine Klammer bilden. Zum anderen wiederholen sich allzuviele der Ideen. Tanzen als Schattenriss im Gegenlicht, der von der Seite auf die Bühne wabernde Bodennebel, die Lichtquadrate auf dem Bühnenboden – wohlgesonnene Zuschauer könnten das alles als Elemente eines Personalstils sehen, vielleicht ist es aber auch schlicht die Mehrfachverwertung von einmal erprobten Effekten. So sichert auch das bruchstückhafte Collagieren wenig zusammenhängender, kaum minutenlanger Ideen zwar, dass keine Langeweile aufkommt, zeigt aber auch eine Unfähig- oder Unwilligkeit, eine Idee mal wirklich auszuarbeiten. Besonders signifikant ist das in „Flockwork“, wo in der zweiten Hälfte drei lange, fahrbare Tische auftauchen. Sehr amüsant ist die Muppetshow-Anmutung des Auftauchens und Verschwindens der Tanzenden hinter den Tischen. Da hätte man durchaus ein ganzes Stück draus machen können, aber Ekman vertraut seiner Idee nicht recht und so plötzlich wie die Tische aufgetaucht sind, sind sie auch schon wieder weggerollt.

Ensemble in „Tyll“(Foto: Bettina Stoess)

Wirklichen Stückcharakter hat dann erst „Tyll“ nach der Pause. Hier beschäftigt sich Ekman mit der Herkunft des zeitgenössischen Tanzes aus dem klassischen Ballett. Er läßt die Damen auf Spitze und mit Tutu tanzen und steckt die Herren klassisch in Strumpfhosen, touchiert den höfischen Tanz und zeigt auch ein clowneskes Harlekin-Pärchen. Mag sein, dass man die Beschäftigung mit dem Thema gerade bei Siegals „Unitxt“ in Dortmund auf klügere Art gesehen hat, aber dennoch hat „Tyll“ durchaus seinen Reiz.

Die Essener Compagnie schlägt sich wacker in den kräftezehrenden und sehr unterschiedlichen Choreographien. Ganz überzeugen kann sie allerdings nicht. In den ersten beiden Stücken stehen die Männer klar im Vordergrund, die Frauen dürfen eher als unauffälliges Füllmaterial mitlaufen. Offensichtlich interessiert sich Ekman nicht besonders für sie. Das mag daran liegen, dass er ihnen nicht recht zutraut, in seiner sehr sportlich angelegten Bewegungssprache mithalten zu können. Das insgesamt eher athletische als elegante Herrenensemble überzieht die in der Choreographie angelegte Sportlichkeit aber maßlos und stampft die ersten beiden Stücke breitbeinig herunter, als gelte es einen Bodybuilding-Wettbewerb zu gewinnen. Da fehlt es einfach an Geschmeidigkeit und souveräner Leichtigkeit.

In „Tyll“ dagegen fühlt sich das Ensemble offensichtlich weit mehr zu Hause. Im Bewegungsvokabular des klassischen Balletts finden die Herren der Compagnie auch wieder zu sich und der gebotenen Beweglichkeit. Dagegen zeigen sich leider deutlich bei den Damen, die nun mehr im Vordergrund stehen, Schwächen in der Synchronität und Sauberkeit. Die Top-Compagnien sind offensichtlich mittlerweile in anderen Städten des Ruhrgebiets zuhause.

Zuletzt sei hier noch etwas zum Publikumsverhalten in Essen gesagt. In der Vorstellung am 27.4. nervten die geneigten Ballettfreunde durch ständigen Applaus. In der ersten Hälfte wurde bei jedem Black geklatscht, als wäre gerade wieder eine Zirkusnummer vorbei. Der ohnehin brüchige Zusammenhalt der Stücke wurde dadurch gänzlich zerstört und auch das Ensemble auf der Bühne regelmäßig aus dem komplizierten Timing gekickt. Soviel Unverständnis für die Struktur eines Stückes war lange nicht mehr in einem Theater zu beobachten.

Termine und Tickets: www.aalto-ballett-theater.de

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