Geschichts-Revisionisten treffen sich in Witten

Protest gegen den "Tag der Heimat" in Witten

Gestern trafen sich rund 100 Mitglieder des „Bund der Vertriebenen“ (BdV) in Witten, um ihren „Tag der Heimat“ im Rathaus zu begehen. Die Organisation war nach 1945 ein wichtiges Auffangbecken für ehemalige Nazi-Funktionäre und anderer Personen, die sich am Holocaust beteiligten. Vor allem in den ersten Jahrzehnten des Verbandes dominierten NS-Funktionäre den Verband; die ideologischen Kontinuitäten werden von Kritikern bis heute gesehen. Die Stadt Witten und die Lokalpresse hätten das wissen können.

„Die Bürgermeisterin der Stadt Witten und die Verwaltung müssen sich die Frage gefallen lassen, warum der BdV ohne weiteres den Ratssaal zur Verfügung gestellt bekommen haben“, sagt Tessa König. Die Studentin ist am vergangenen Sonntag zum Wittener Rathaus gekommen, um gegen die BdV-Veranstaltung zu protestieren. „Einschlägige Studien belegen die personelle NS-Kontinuität des Verbandes“, sagt König.

Und tatsächlich: Bis Mitte der sechziger Jahre war die Führungsriege durchzogen von NS-Verbrechern, von SA- und SS-Führern, NSDAP-Funktionären, Antisemiten und anderen Beteiligten der Judenvernichtung. Das angebliche Ziel des BdV ist es

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Flüchten ohne Inge

Samstag habe ich etwas gelernt: Man soll nicht mehr Flüchtlinge sagen, sondern Flüchtende. Der Grund für diese Sprachregelung klingt für mich diskriminierend und sexistisch.

Am Samstag machte ich mal wieder einen Fehler, und das ganz ohne ihn zu wollen: ich sprach von Flüchtlingen. Mein Gesprächspartner schüttelte freundlich und voller Nachsicht mit dem Kopf: „Das heißt nicht mehr Flüchtlinge sondern Flüchtende.“ In Flüchtlinge stecke die Endung „inge“ und das würde zu niedlich klingen.

Das ist, kurz gesagt, eine Unverschämtheit. Ich habe zwar in meinem ganzen Bekanntenkreis keine Inge, sondern nur eine Ingeborg, und das ist auch nur ihr Künstlername, aber pauschal alle Inges als niedlich abzutun ist diskriminierend und sexistisch. Nicht dass es nicht Unmengen von niedlichen Inges da draussen gibt, die bei jedem Mann, der sie sieht, für das sofortige Aussetzen der Atmung sorgen könnten, aber selbst mir ist das zu pauschal: Was ist mit den ganzen Inges in den Schießsportvereinen, den Kugelstoßerinnen,  denen mit großen tätowierten Teufelsmasken mit grünen Augen auf dem Rücken? Alle niedlich? Klar, Schönheit und Niedlichkeit liegen im Auge des Betrachters, aber niedlich hat was mit dem Kindchenschema zu tun, dem auch Erwachsene unterliegen können, und das passt ja nicht auf große Teufeltattoos.

Die Hüter der Sprache sind bei dieser Regelung auf Kosten vieler Inges weit über das Ziel hinaus geschossen…

 

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60 solidarisieren sich mit Juden

Nach zwei antisemitischen Überfällen in den letzten Tagen fand gestern unter dem Motto „Hände weg von unseren jüdischen Freunden“ eine Demonstration in Köln statt. Vom Hauptbahnhof ging es durch die Kölner Innenstadt zur Synagoge am Rathenauplatz. Die 60 Teilnehmer der Demonstration waren aus ganz Nordrhein-Westfalen angereist: In einem Bundesland mit 18 Millionen Einwohnern, in einer Stadt, in der über einer Million Menschen leben, kommen keine 100 zusammen, um gegen antisemitische Gewalt zu demonstrieren. Viele Freunde, das wurde leider deutlich, haben Juden  auch 2012 in Deutschland nicht.

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Ein Prinz sieht rot

Foto: Privat

Hans Dreher inszeniert in der Bochumer Rottstraße Lessings Antikriegs-Drama PHILOTAS als intensives Kammerspiel

Ein schwarz-violetter Raum, ein paar archaische Pferdeköpfe, ein kleiner Altar und starke, eindringlich gespielte Charaktere ergeben die konzentrierte Reflektion eines sehr persönlichen inneren Konflikts ausgelöst durch einen äußeren: Krieg.

Der Königssohn Philotas wird in seiner ersten Schlacht vom gegnerischen Herrscher gefangen genommen. Dadurch wird sein Vater erpressbar, Philotas sieht sich als Verräter an seinem Volk, das Dilemma ist komplett. Was er erst später erfährt: auch der Sohn des gegnerischen Königs ist eine Geisel. Es entsteht eine klassische Pattsituation. Trotzdem fasst der heißblütige junge Prinz einen radikalen Entschluss, in der Hoffnung seinem Vater im Konflikt zur Oberhand zu verhelfen – Selbstmord.

Psychologie einer Reise: vom jammernden Verlierer zum überzeugten Selbstmörder

Lessings Trauerspiel von 1759 beschreibt facettenreich menschliches Denken und Handeln auf zwei Ebenen, die zeitloser kaum sein könnten. Zum einen geht es um die große Bühne, auf der Macht, Herrschaft, Verantwortung, Moral und Krieg ihren Schauplatz finden. Zum anderen um die Emotionen der Figuren, die in ihrer menschlichen Schwäche mit diesen Dingen umgehen müssen, die in ihrer Verwicklung in große Konflikte oder in ihrer Position als Machthaber (oder als Sohn eines solchen) von Zweifeln, Wahn, Angst, fehlgeleitetem Pflichtbewusstsein oder pulsierendem jugendlichem Übereifer getrieben sind. Es ist eine Außenansicht der Strukturen großer Politik und eine Innenansicht der persönlichen Konflikte von Menschen, die mit dieser konfrontiert sind.

Felix Lampert stellt als Philotas überzeugend die Psychologie einer Reise vom jammernden Verlierer zum entschlossenen

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„Es wird ungemütlicher hier in Deutschland für uns Juden“

Es wird ungemütlicher in Deutschland für Juden. Das liegt vor allem an dem deutschen Judenhass, es liegt aber auch an einigen jungen Muslimen mit und ohne Migrationshintergrund und ihrem sehr eigenen, und leider sehr gefährlichem Antisemitismus. Und es liegt an den Beschwichtigern, Relativierern und Kleinrednern in den jeweils eigenen Gemeinschaften, die lieber Dinge unter den Teppich kehren. Von unserer Gastautorin Ramona Ambs/Publikative.

Ich bin Jüdin. Meine Haarfarbe ist schwarz, meine Muttersprache deutsch. Ich komme einigen Leuten spanisch vor. Aber das ist nur äußerlich. Ich verstehe kein Wort spanisch. Ich verstehe ein bisschen englisch, ein bisschen fränzösisch, ein bißchen hebräisch, ein bisschen dänisch und ein bisschen türkisch. „Yahudiler domuz“ zum Beispiel. Wenn ich das höre, weiß ich, dass es besser ist, dass ich den Leuten spanisch vorkomme und nicht etwa jüdisch.

Yahudiler domuz“ – das hör ich ab und an. Auf Straßen, in Cafes oder Clubs. Und wenn man das hört, dann ist man fast froh, nicht alles zu verstehen. Wobei diese Freude dann auch nur kurz währt, denn mittlerweile hört man`s eh auch variantenreich auf Deutsch. „Du Jude“ ist ein absolut gängiges Schimpfwort. Auch ohne das rosa Tier mit dem Ringelschwänzchen.

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