
In Bücher gepresste Kindheitserinnerung – mich berührt sie kaum noch, wenn sie mal wieder als Verklärung oder verbitterte Spurensuche daherkommt, als weinerliche Familienaufstellung, als Mutterexorzismus gar und Vater-Rufmord. Interessiert mich nicht. Bis wieder einmal ein rares Erzähltalent die literarische Bühne betritt und die Re- und Dekonstruktion eigener früher Jahre so obsessiv vorführt, dass das uralte Thema kühn belebt wird durch abgründigen Humor zum Beispiel oder hellsichtigen Furor.
Es war der New Yorker Autor Frank McCourt, der zu Beginn seines autobiografischen Romans „Die Asche meiner Mutter. Irische Erinnerungen“ schrieb:
„Wenn ich auf meine Kindheit zurückblicke, frage ich mich, wie ich überhaupt überlebt habe. Natürlich hatte ich eine unglückliche Kindheit; eine glückliche Kindheit lohnt sich ja kaum. Schlimmer als die normale unglückliche Kindheit ist die unglückliche irische Kindheit, und noch schlimmer ist die unglücklich irische katholische Kindheit.“
Ersetzen Sie „irisch“ durch „bayrisch“ – und wir sind mitten in Andreas Altmanns langer Erzählung „Das Scheißleben meines Vaters, das Scheißleben meiner Mutter und meine eigene Scheißjugend“: Schlimmer als die normale unglückliche Kindheit ist die unglückliche bayrische Kindheit, und noch schlimmer ist die unglückliche bayrische katholische Kindheit.




