Es gärt im Münsterland. Kommunen tun sich zusammen gegen RWE

Foto. Flickr.com / lychee_vanilla

Das Münsterland ist flach und voller Wasserburgen. Dass man sich hier wehren muss, wissen die Menschen seit Jahrhunderten. Gerade bereiten sie sich auf einen heftigen Streit mit dem Energieversorger RWE vor. Ein Bericht von Gast-Ruhrbaron Ralf Köpke

Wie ein Rädelsführer, mit langen Haaren, zotteligem Bart und bis an die Zähne bewaffnet, wie in der Literatur beschrieben, sieht Dieter Emthaus nicht aus. Wie auch − der 59-jährige mit gelichtetem Haupthaar ist Bürgermeister der Kleinstadt Ascheberg mit rund 15 000 Einwohnern südlich von Münster. Dass ihn das Düsseldorfer Handelsblatt dennoch als „Rädelsführer“ bezeichnete, hängt damit zusammen, dass Emthaus auf die Barrikaden gegangen ist – im übertragenen Sinne, versteht sich: Er koordiniert den Widerstand von anfangs neun, mittlerweile acht Kommunen aus dem Kreis Coesfeld gegen den Energiekonzern RWE.

Das Oktett mit zusammen rund 120 000 Einwohnern will die Netze zurückkaufen und ein gemeinsames Stadtwerk gründen, Arbeitstitel: Gemeinsame oder Vereinigte Stadtwerke Münsterland (GSM). Bei der Übernahme der Netze allein soll es nicht bleiben, auch die Strom- und später die Gasversorgung soll das Gemeinschaftsunternehmen übernehmen. Wenn das geschafft ist, so der Wunsch, soll das interkommunale Stadtwerk auch die Bäder managen und schnelle DSL-Verbindungen anbieten. Denn außer mit RWE haben die Kommunen im Kreis Coesfeld auch mit der Telekom schlechte Erfahrungen gemacht. Dass manche Gewerbeansiedlung an fehlenden Internetverbindungen scheiterte, hat in der Region oft genug für Gesprächstoff und Frust gesorgt.

Das Wegbrechen von acht Kommunen aus dem RWE-Reich auf einen Schlag wäre ein Novum in der bundesdeutschen Energiegeschichte. Warum Ascheberg, Billerbeck, Havixbeck, Lüdinghausen, Nordkirchen, Olfen, Rosendahl und Senden, alles Städte mit überwiegend satten CDU-Mehrheiten in den Rathäusern, RWE die rote Karte zeigen wollen, hat einen Grund: Tiefe Verärgerung über das Geschäftsgebaren der Essener. „Wir fühlen uns zumindest von dem Unternehmen nicht ernstgenommen, falsch informiert und nicht als Partner akzeptiert“, beschreibt Emthaus die Seelenlage. „Zu Zeiten der früheren VEW sah das ganz anders aus.“

Dass RWE nach den Worten von Emthaus zunehmend Tarif- zu Sondervertragskunden umfirmiere, um so die Konzessionsabgabe zu senken, habe die Verbitterung noch gesteigert. Dagegen fällt kaum ein böses Wort über die Gelsenwasser AG, den zweiten Versorger im Kreis Coesfeld, der die Mehrzahl der Kommunen mit Gas und Frischwasser beliefert. Beim Ärgern allein wollten es die münsterländischen Gemeinden nicht belassen: Bis zum Jahr 2013 laufen bei ihnen sukzessive die Stromkonzessionsverträge aus. „Das ist eine historische Chance, damit wir nicht länger Bittsteller bleiben“, sagt Aschebergs Bürgermeister Emthaus. Sein Amtskollege aus Olfen, Josef Himmelmann, sieht in dem GSMProjekt zudem die Chance, den Kreis Coesfeld wirtschaftlich zu stärken: „Die Wertschöpfung entsteht in der Region, und wir möchten an den Entscheidungen mitwirken, die im Augenblick in Essen oder sonst wo getroffen werden.“

Auf dem Weg zu den Stadtwerken Münsterland erreichten die acht Kommunen im März einen ersten wichtigen Meilenstein: Alle Stadtoberhäupter unterzeichneten eine Rahmenvereinbarung für die künftige Zusammenarbeit. Dass sich der Rat in Nottuln im vergangenen Oktober gegen die geplante gemeinsame Netzbetriebsgesellschaft entschieden hatte, wurmt Aschebergs Bürgermeister heute noch. Emthaus stellt aber klar: „Für Nottuln steht die Tür jederzeit offen.“

Anfang Mai sollen nun die Verträge für die Netzbetriebsgesellschaft, an der jede der acht Kommunen den gleichen Anteil hält, unterzeichnet werden, für Emthaus der zweite Meilenstein: „Von diesem Vertrag können die Räte dann nicht mehr zurück.“ Was wichtig ist: Die bevorstehende Kommunalwahl in Nordrhein-Westfalen könnte zu neuen Mehrheiten im Kreis Coesfeld führen und eventuell den einen oder anderen Politiker noch einmal zum Nachdenken bringen. Nottuln lässt grüßen. Bislang gibt es aber einen parteiübergreifenden Konsens für die GSM-Gründung, was beispielsweise eine Stellungnahme der Sozialdemokraten aus Senden zeigt. „Wir begrüßen ausdrücklich den einstimmigen Beschluss für die Gemeinsamen Stadtwerke Münsterland in unserem Haupt- und Finanzausschuss“, sagte Ortsvereinsvorsitzender Lothar Lonz.

Mit der Gründung der Netzgesellschaft allein ist es nicht getan. Da den acht Gemeinden jegliche Erfahrung im Energiesektor fehlt, suchen sie einen strategischen Partner für die GSM. „Das Interesse ist bundesweit riesengroß“, berichtet Emthaus von zahlreichen Anfragen. So würden allzu gerne die Stadtwerke Münster oder die Kommunalversorger aus Coesfeld und Dülmen, die einzigen beiden Stadtwerke im Kreis Coesfeld, bei GSM einsteigen.

Interesse haben aber auch Branchengrößen wie der Veolia-Konzern oder die Stadtwerke Düsseldorf signalisiert. „Es wird ein ergebnisoffenes, transparentes und europaweites Ausschreibungsverfahren geben, das wir Ende Mai starten werden“, beschreibt Martin Brück von Oertzen von der Sozietät Wolter-Hoppenberg mit Sitz in Hamm das weitere Vorgehen. Die Auswertung der Angebote wird nicht die einzige Arbeit für den Energierechtsspezialisten, der die Kommunen berät, bleiben. Absehbar ist nach seinen Worten, dass es mit RWE zu Streitigkeiten bei der Bewertung des Netzkaufpreises kommen wird.

Auch im Kreis Coesfeld gehe es um die noch nicht höchstrichterlich entschiedene Frage, ob die Netze auf Basis des so genannten Sachzeit- oder des Ertragswertes zu bewerten seien. Wenn Anfang Mai die Netzbetriebsgesellschaft gegründet wird, sieht auch Anwalt Brück von Oertzen juristisch keinen Weg mehr, die Abnabelung vom RWE-Konzern zu stoppen: „Der Zug ist in Bewegung gekommen.“ Wann es die Stadtwerke Münsterland wirklich geben wird, kann nicht einmal Initiator Emthaus genau sagen: „Mir geht das alles nicht schnell genug, am liebsten wäre mir die Gründung im ersten Halbjahr 2009 gewesen.“

Absehbar ist nur, dass Aschebergs Bürgermeister die GSM-Gründung nicht mehr als Stadtoberhaupt erleben wird. Bei der bevorstehenden Kommunalwahl hat der parteilose Verwaltungschef, der mittlerweile zwölfeinhalb Jahre im Amt ist, auf eine erneute Kandidatur verzichtet. Die Fundamente seien aber gelegt, auf die seine Nachfolger die GSM aufbauen könnten. Die GSM-Gründung hat für Emthaus Signalwirkung: „Unser Vorgehen wird an vielen Orten mit besonderem Interesse verfolgt. Ich weiß, dass es auch bei Kommunen im Kreis Warendorf und Steinfurt gärt, da auch dort die Unzufriedenheit mit RWE sehr groß ist.“

RWE nimmt wichtige Hürde bei Essent-Kauf

Es ist das wichtigste Geschäft des RWE seit der Fusion mit dem Dortmunder Regionalversorgers VEW. Die Übernahme des holländischen Energieunternehmens Essent. Und jetzt ist RWE einen großen Schritt vorangekommen. Gestern abend stimmte das Regionalparlament der Provinz Overijssel den Plänen zu, die kommunalen Anteile an RWE zu verkaufen. Die Provinz Overijssel hält rund 20 Prozent an Essent.

Zuvor hatten sich gerade Abgeordnete der holländischen Arbeiterpartei kritisch zu dem Verkauf geäußert. Es hieß, RWE tue nicht genügend für den Umweltschutz. Unter anderem aus diesem Grund hatte auch das Regionalparlament der Provinz Brabant den Verkauf seines Anteils von rund 30 Prozent abgelehnt. Hier sind allerdings nicht die Stimmen der Abgeordneten entscheidend, sie geben lediglich eine Empfehlung ab. Die Provinzregierung von Brabant wird in der kommenden Woche über den Verkauf bestimmen. Das Geschäft hat ein Volumen von insgesamt rund 9,3 Mrd. Euro.

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Netzsperre: SPD-Fraktion zensiert mit

Viel Aufregung herrscht im Internet um die Frage der Netzsperren. Vor allem Familienministerin "Zensursula" von der Leyen steht im Mittelpunkt der Kritik. Dabei kann sie sich bei ihren Plänen auf die SPD verlassen.

Dass die von der Bundesregierung geplanten Netzsperren im Kampf gegen Kinderpornographie kaum mehr als symbolische Ersatzpolitik sind, hat sich mittlerweile herumgesprochen und glaubt man den twitternden Genossen die fröhlich Zensursula bespötteln und dem Schleswig-Holsteinischen SPD-Chef Ralf Stegner wissen selbst weite Teile der SPD, dass das Gestz nichts bringt.

Die SPD-Bundestagsfraktion wird das jedoch nicht hindern, dem unsinnigen Gesetz der CDU-SPD Bundesregierung zuzustimmen: "Der effektive Schutz von Kindern und Jugendlichen vor sexueller Gewalt und Ausbeutung gelingt nur mit einer Gesamtstrategie. Stoppschilder im Internet sind dabei nur kleine Bausteine, die alleine nicht ausreichen", heißt es in einer soeben veröffentlichten Pressemitteilung der SPD-Fraktion zum  "10-Punkte-Plan zum Schutz von Kindern und Jugendlichen vor sexueller Gewalt". Die Entscheidung das vom Bundeskabinett eingebrachte Gesetz zu untetsützen fiel auf der gestrigen Fraktionssitzung und ist keine wirkliche Überraschung.

Dass erwähnten Stoppschilder nichts bringen und  deswegen gar nicht erst eingeführt werden sollten,  diese Erkenntnis hat die SPD-Bundestagsfraktion offensichtlich noch nicht erreicht.  Die Zustimmung zu Gesetzentwurf der großen Koalition scheint klar zu sein: "Der Bundestag wird noch in dieser Legislaturperiode ein Gesetz zur Bekämpfung der Kinderpornografie in Kommunikationsnetzen verabschieden, mit dem die deutschen Zugangsanbieter verpflichtet werden, Maßnahmen gegen den Aufruf kinderpornografischer Angebote im Internet durch ihre Nutzerinnen und Nutzer zu ergreifen."

Ansonsten bietet der 10-Punkte Plan ein paar gute Ansätze wie verbindliche Vorgaben für die Tourismuswirtschaft zur Bekämpfung der sexuellen Ausbeutung von Kindern, einen Ausbau der beratungsangebote im Bereich des Opferschutzes und  die Entwicklung einer Gesamtstrategie  im Bereich der neuen Medien. Warum man allerdings erst einmal ein gefährliches und wirkungsloses Gesetz  ohne  eine Gesamtstrategie verabschiedet – das bleibt ein Geheimnis dieser Bundesregierung. Wir werden nun einmal von Laien regiert. 

„Eine Torte bleibt eine Torte“

Wegen eines kleinen Tortencomics steht der Betreiber des Online-Magazins Bo-Alternativ bald vor Gericht. Eine Unterschriftenaktion zeigt Solidarität.

Vorsicht vor der Terrortorte

Ein kleiner Außerirdischer mit einer Torte, veröffentlicht im Zusammenhang mit einem Aufruf gegen eine NPD-Demo im vergangenen Herbst auf der Homepage des Online-Magazins Bo-Alternativ – für die Staatsanwaltschaft Bochum kein Zeichen bürgerschaftlichen Engagements, sondern ein Aufruf  zur „schweren und gefährlichen Körperverletzung". Am 14. Mai startet der Prozeß gegen Martin Budich, den Betreiber von der Seite. Auch wenn Außerirdische, die Torten werfen, sicher zu den erschütternsten Problemen der Gegenwart gehören, mag so mancher das Vorgehen der Bochumer Staatsanwaltschaft nicht nachvollziehen. So fordert das Bochumer Bündnis gegen Rechts einen Freispruch für Martin Budich:  "Die Anklage ist nicht nur ein Eingriff in die Pressefreiheit sondern vor allem ein ganz gezielter Einschüchterungsversuch gegen all diejenigen, mit denen Martin Budich z. B. im Friedensplenum, im Bündnis gegen rechts oder im Sozialforum für eine andere Welt kämpft. Staatsanwaltschaft und Polizei kennen dieses langjährige gewaltfreie Engagement ebenso. Deshalb ist es umso empörender, wenn die Staatsanwaltschaft eine Torte zur Bombe macht und ihm anlastet, öffentlich zur „schweren und gefährlichen Körperverletzung" aufgerufen zu haben. Das wird weder dem objektiven Aussagegehalt der Karikatur noch der Person Martin Budichs gerecht."

Auch wenn ich kein Freund der "anderen Welt" bin, für die sich Martin Budich einsetzt, habe ich den Aufruf für ihn unterschrieben. Eine Torte bleibt nun einmal eine Torte und Zensur bleibt Zensur…

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Opel III: 18.000 Mitarbeiter zu viel…FAZ

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Studiengebühren: Offensichtlicher Betrug…Duckhome

Kommunalwahl: Skeptische Richter in Münster…WDR

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Fotos: Becher BIlder…Bild

Kultur: Klavierfestival Ruhr…Bild

 

Kurzvorstellung: Ich liebe das Web und seine Beta-2.0-Anwendungen

Groß. Ein Franzose versucht, einen angeblich deutschen Punk-Song (klick und höre) aus den 90ern zu singen, damit er den Song-Titel erfährt. Das dürfen bei der Beta-Version der Website www.watzatsong.com viele, allerdings ist der französische Kollege bisher für die beste Performance zuständig.

Ansonsten gibt es dort bewährte Web 2.0 Qualitäten: Quizspiele, Ranglisten unter den Mitgliedern etc. Bin auf die Seite gestoßen, weil ich "Barracuda Girl" von Calvin (7) gesucht habe. Irgend so ein Wave-Stück aus den Achtzigern. Gab es da aber leider auch nicht. Wenn es vielleicht jemand von den geneigten Lesern für mich einsingen mag? Ich trau mich nicht, denn der französisch-deutsche Punk-Song ist bestimmt nicht zu toppen. Schade, dass er sich hier nicht Web 2.0-mäßig einbetten lässt. Kommt bestimmt noch. Gute, lustige Seite jedenfalls…

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Neuer Job gesucht? Seriös und gerade hier eingegangen:




 

 

Stellenangebot:

 

• •Die Mitarbeier sind gesucht. Der Arbeitstag ist 2-3 Stunden, gleitende Arbeitszeit. Ihre Aufgabe besteht darin die Zahlungen (Bankuberweisungen) von useren Kunden entgegenzunehmen und das Geld unseren Mitarbeiter weiter zu leiten. Als Provision erhalten Sie 20 % des Geldes. Sie werden es bekommen, sobald Sie die Gelduberweisung auf Ihr Konto bekommen. Arbeitsankommen ist nur von Ihnen selbst abhangig. Je mehr Gelduberweisunge Sie abheben und weiter leiten, desto mehr Sie verdienen. Von Ihnen sind die Arbeitswille, Verantwortlichkeit und das Bankkonto gefragt.

Die Beschreibung:

•  Wir vereinbaren im voraus den Termin, wann Sie die Gelduberweisug bekommen.

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•  Die restliche Summe leiten Sie weiter per Western Union auf unsere Angaben.

•  Sobald Sie uns Western Union senden, vereinbaren wir den Termin der Gelduberweisung, auf diese Weise konnen Sie diese Tatigkeit mit Ihrer Hauptarbeit vereinbaren.

Wenn Sie sich fur unsere Angebot interessiert haben, senden Sie uns Ihren kurzen Lebeslauf (Name, Lebensort (Land, Stadt), Lebensalter, Telefonnummer) und unser Manager wird mit Ihnen schnellmoglichst in Verbindung treten. Unsere e-mail Adresse: jo*********@******de.net

 

Wir bringen die Entschuldigungen vor, wenn unser Bericht Ihnen irgendwelche Ungelegenheiten zugefugt hat. Ihre e-Mail Adresse haben wir aus offenen Quellen bekommen. Wenn Sie mehr keine Mailbriefe von uns bekommen wollen, senden Sie e-Mail auf de*@******de.net.

 

 

 

 

Die andere Urbanität der Ruhrstadt…

…oder wie lässt sich’s ohne Mitte auch gut leben

Weder Metropole noch Provinz

Das Ruhrgebiet spielt im nationalen und europäischen Rahmen eine urbanistische Sonderrolle irgendwo zwischen den oder jenseits der Kategorien  Metropole und Provinz. Wahrscheinlich helfen diese beiden Urbanitätsmaßstäbe aber im Falle dieser Art von Stadtlandschaft  überhaupt nicht weiter. Denn trotz nachholender soziokultureller Mittenbildung bleibt die Multipolarität ihrer Grundstruktur sehr wahrscheinlich auch die nächsten hundert Jahre erhalten. Zumindest was die vier „Hauptstädte" Duisburg, Essen, Bochum und Dortmund betrifft. Ebenso wird deren  bandartige Aneinanderreihung unveränderlich bleiben. Einzig und allein ihr noch weiter gehendes Zusammenwachsen durch zusätzliche Bebauung ist – trotz wahrscheinlich abnehmender Bevölkerung – absehbar. Eine klassische Stadtmitte als urbanes Zentrum ist von daher selbst bei der verwaltungsmäßigen Zusammenführung aller Ruhrstädte zu einer Ruhrstadt  nicht realisierbar und, wenn man die Besonderheit dieser Stadtlandschaft berücksichtigt , auch gar nicht wünschenswert.

Das Puzzle und der Dschungel

Hilfreicher zur Beschreibung dieser Realität sind  da eher der Begriff des Puzzles und der des Dschungels. Urbanität setzt sich der Bewohner von Ruhr, sofern man eine Stunde Mobilitätszeit für eine Großstadt des 21. Jahrhunderts für durchschnittlich annimmt, jeweils nach seinen Bedürfnissen räumlich selbst zusammen, und das, in Ermangelung eines Zentrums, durch die Mobilität selbst. Es kann je nach Ausgangspunkt und Anspruch eine großes und sehr vielfältiges oder ein eher kleines und weniger vielfältiges sein. Fahren ist jedoch in jedem Fall die wesentlich Voraussetzung dafür, es zusammensetzen zu können.  

Damit wird der Weg das eigentliche Medium der Urbanität. Die Ruhrstadt bleibt dabei das, was das Ruhrgebiet wahrnehmungsmäßig immer schon war: Ein Roadmovie. Etwas, was man nur in Bewegung begreifen und zugleich räumlich bewältigen kann.
Entscheidend für die Zukunft von Ruhr ist damit der Umgang mit der Mobilität selbst und das erst recht im Zeichen des Klimawandels. Ihre Steigerung ist, verbunden mit ihrer gleichzeitiger Ökologisierung, das Non Plus Ultra der kommenden Stadtentwicklung. Und genau hier  kommt der Begriff des Dschungels ins Spiel.

Es gibt nämlich keine mir bekannte Agglomeration dieser Größenordnung auf der ganzen Welt, in dem Stadt und Land so eng ineinander verwoben und verschachtelt sind. Wer im Sommer einmal einen ganzen Tag durch das „grüne Meer“ geradelt ist, in dem ganze Städte fast komplett verschwinden begreift, dass es sich bei der Ruhrstadt nicht um eine Stadtlandschaft im übertragenen, sondern im ganz realen Sinne handelt. Das ist eine städtebauliche und vor allem sozialräumliche Qualität, nach der echte Metropolen dieser Welt trotz oder gerade wegen ihres andauernden Bevölkerungs- und Publikumserfolgs händeringend suchen. Nur, dass sie sie aus dem selben Grunde auf niemals in diesem Maße erreichen können, ohne dabei ihre angestammten Urbanitätsvorteile durch Dichte zu verlieren.

Die Ausbreitung der Wildnis in der Stadt

Neben dieser starken Verwobenheit von Natur und Stadt, die selbst in Zentrennähe Bauernhöfe und Weizenfelder zu ihren Landschaftsformen zählt, ist in diesem Zusammenhang ein Landschaftselement besonders hervorzuheben, das dem Dschungelbild auch in der realen Botanik und Physis sehr nahe kommt: das der Wildnis. Sie findet sich zum einen in immer noch fast unberührter Weise in den nicht besiedelten und der graduellen Versumpfung anheim gestellten Teilen des Emscherbruchs und zum anderen als "Industrienatur" auf den von der Produktion verlassenen Gebieten sowie auf den renaturierten Waschberge- und Müllhalden. Letztere sowohl in der "kulturalisierten" Form des  Landschaftsparks als auch als "verbotene" Stadt der ungestalteten Brache. Diese noch nicht als Erholungsraum domestizierten und landschaftsgestalterisch ästhetisierten Gebiete sind , ähnlich wie die Sumpfgebiete des Emscherbruchs, im wahrsten Sinne des Wortes Stadtdschungel, ohne feste Wege und zum Teil sogar undurchdringlich.

Vertikale Landmarken und horizontale Ankerpunkte als urbanes Entwicklungskonzept

Leider versuchen Stadt- und Landschaftsarchitekten auch diese ganz besondere und besonders typische Seite dieser Stadtregion in ihrem Gestaltungswahn zu domestizieren und, wenn auch ökologisch unterfüttert, in eine Parklandschaft zu überführen. Dem ist auch in Anbetracht der kommenden Bevölkerungsschrumpfung Einhalt zu gebieten, denn genau in diesem Zusammenhang ergeben sich neue städtebauliche Chancen, die diese besondere räumliche Qualität der Ruhrstadt zusammen mit der Erweiterung und Renaturierung von Kanälen und Flussläufen zu vergrößern in der Lage sind.

Stattdessen bedarf es  in diesem so erweiterten  Dschungel vermehrt der eher vertikalen städtebaulichen Orientierungspunkte und der Attraktivierung der „Puzzle-Urbanität“ durch dezentrale „Clusterbildung“.  Beim Ersteren hat die IBA Emscherpark durch ihr Landmarkenkonzept einen wichtigen Anstoß gegeben, den es fortzuführen und zu entfalten gilt. Beim zweiten Punkt könnte das Konzept der Dezentralen Zentralisierung weiter entwickelt werden. Dezentrale urbane Cluster können dabei zwar nicht über die Gesamtvielfalt eines Gesamtzentrums, jedoch über eine ausreichende Teilvielfalt und Mischung verfügen, die sich jeweils um ein spezielles Thema räumlich bündelt.

Wenn dazwischen das System des linienbezogenen öffentlichen Nahverkehrs ausgebaut und verstärkt mit dem flächenorientierten und hoch individualisierten Fahrrad  kombiniert wird, könnte sich das ganze dann doch noch zu einer „Metropole neuen Typs“  auswachsen.