Rote Zahlen statt rosaroter Brille – das Waltroper Parkfest in der Krise

Die Ankündigung des Waltroper Parkfests 2025 kam etwas bieder daher – so wie das Programm. Archiv-Foto: Robin Patzwaldt

Das Eingeständnis kam spät – aber es kam. Nachdem die ‚Waltroper Zeitung‘ das Parkfest über Jahre hinweg mit einer Mischung aus Durchhalteparolen, Erfolgsmeldungen und wohlwollender Schönfärberei begleitet hat, musste sie in dieser Woche erstmals offen einräumen, was viele Besucherinnen und Besucher längst spüren: Das Parkfest läuft wirtschaftlich nicht so gut, wie es immer dargestellt wurde.

Rote Zahlen, trotz angeblich wieder steigender Besucherzahlen und trotz eines „tollen Programms“. Plötzlich steht das traditionsreiche Stadtfest am Scheideweg. Für viele vor Ort ist das allerdings keine Überraschung, sondern eher eine verspätete Bestätigung.

Die Realität holt die Jubelberichte ein

Denn wer sich in den vergangenen Jahren nicht nur auf Pressemitteilungen und Jubelberichte verlassen hat, sondern mit den Menschen gesprochen hat, die tatsächlich Jahr für Jahr durch den Moselbachpark gehen, der konnte den schleichenden Verlust an Attraktivität kaum übersehen. Zu wenig Abwechslung, zu wenig Mut, dafür zu viel Wiederholung – und das alles bei stetig steigenden Preisen. Ein Problem, das nun offenbar auch betriebswirtschaftlich nicht mehr zu kaschieren ist.

Eintritt hoch, Bier teuer – der Preis der Gewohnheit

Unser Vorbericht aus diesem Sommer zeichnete schon ein Bild eines Festes, das unter enormem Druck steht. Die Eintrittspreise sind kontinuierlich gestiegen: 14 Euro im Jahr 2022, 16 Euro im Vorjahr, nun 17 Euro – pro Tag. Dazu kommen Getränkepreise, die für ein Stadtfest dieser Größenordnung kaum noch vermittelbar sind. 3,50 Euro für 0,3 Liter Bier bedeuten einen Literpreis von 11,66 Euro. Das ist keine Randnotiz mehr, sondern ein klares Signal: Das Parkfest ist teuer geworden. Punkt.

Das Line-up der sicheren Bank – bloß nichts riskieren

Gleichzeitig wirkt das Programm 2025 erstaunlich ambitionslos. Alphaville als Headliner – zweifellos eine Band mit Geschichte, aber eben auch eine, die bereits 2013 in Waltrop aufgetreten ist. Kasalla, deren größte Erfolge ebenfalls schon einige Jahre zurückliegen. Und Mambo Kurt, der gefühlt jedes Jahr zum Inventar gehört. Überraschungen? Fehlanzeige. Besondere Highlights? Nicht erkennbar. Was bleibt, ist der Eindruck eines Line-ups, das eher aus der Not geboren wurde als aus einer Vision heraus.

Schön gerechnet, lang geschwiegen – die Rolle der Lokalzeitung

Natürlich kann man – und sollte man – die Rahmenbedingungen berücksichtigen: steigende Sicherheitsauflagen, höhere Gagen, explodierende Kosten. All das ist real. Aber genau hier liegt der Kern des Problems: Wenn steigende Preise nicht mit einem spürbaren Mehrwert einhergehen, wenden sich die Menschen ab. Besonders irritierend ist dabei die Rolle der Lokalzeitung. Über Jahre wurden Besucherzahlen von „deutlich über 100.000“ gefeiert, Kritik marginalisiert oder als Nörgelei abgetan. Erst jetzt, da offenkundig rote Zahlen geschrieben werden, ändert sich der Ton.

Der Scheideweg ist längst erreicht

Der Vergleich mit dem eingestellten Dattelner Kanalfest drängt sich auf. Auch dort begann der Niedergang nicht mit einem großen Knall, sondern mit kleinen Einschnitten, wachsender Beliebigkeit und dem Verlust eines klaren Profils. Wenn in Waltrop nun selbst 20 Euro nicht mehr ausreichen, um Eintritt und ein einziges Bier zu bezahlen, dann ist das mehr als eine Anekdote – es ist ein Warnsignal.

Das Parkfest steht nicht erst jetzt am Scheideweg. Es steht dort bei zuletzt offenkundig nahezu halbierter Besucherzahl (zuletzt rund 60.000 am gesamten Wochenende) im Vergleich zur Blütezeit schon länger. Die Frage ist nur, ob man bereit ist, das ehrlich anzuerkennen – und Konsequenzen zu ziehen. Weniger Selbstbeweihräucherung, mehr kritische Analyse. Weniger Wiederholung, mehr Mut. Denn eines ist klar: Noch ein paar Jahre weiter wie bisher – und das traditionsreiche Stadtfest könnte schneller Geschichte sein, als es vielen lieb ist.

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