Ruhrgebiet: Kommunal-Soli als Chance

rex_kino

Künftig sollen die gut wirtschaftenden Städte für die finanziell klammen Kommunen in NRW zahlen. Die  Kommunal-Soli genannte Enteignungsaktion ist eine Chance für das Ruhrgebiet – allerdings anders als von der Landesregierung und den Städten im Revier erhofft.

In vielen Städten in Nordrhein-Westfalen ist die Stimmung schlecht: Die Pläne der Landesregierung die wohlhabenderen Städte zur Finanzierung vor allem der Ruhrgebietsstädte heranzuziehen, sorgt für Unmut. Viele der Städte, denen es heute gut geht, haben sich ihren jetzigen Wohlstand hart erarbeitet, haben gespart und gut investiert – und werden jetzt für diese Leistung bestraft.

Trotzdem: Der „Kommunal-Soli“ ist eine Chance für das Ruhrgebiet. Nicht finanziell, denn er wird an der Misere im Revier nichts ändern, aber er könnte eine Debatte um den Umgang der Revierstädte mit Geld anstossen, die längst überfällig ist.

Die Uneinigkeit der Ruhrgebietsstädte, das Unvermögen eng zusammen zu arbeiten und sich abzusprechen, ist ein teurer Luxus: Eitelkeit treibt die Städte zu immer neuen Prestigebauten, verhindert die Konzentration von Verwaltungen und kostet Millionen. Es gibt im Ruhrgebiet über ein Dutzend Nahverkehrsunternehmen mit üppig ausgestatteten Verwaltungen, Vorständen und Aufsichtsräten. Fast alle Kommunalpolitiker haben als Leitbild den „Konzern Stadt“, begeistern sich an ihren RWE-Aktienpaketen und lassen die Stadtwerke auf Pump für bald eine Milliarde Eure Anteile an dem Energieversorger Steag kaufen. Kein Wunder, wenn andere Städte keine Lust haben, diesen Wahnsinn mitzufinanzieren.

Der Landesregierung geht es bei dem Kommunal-Soli vor allem darum, die SPD-Strukturen im Ruhrgebiet zu stärken, es ist die Machtbasis, die es zu erhalten gilt. Koste es was es wolle.

Werden nun über die verkrusteten Strukturen im Ruhrgebiet und die Eitelkeit und Verschwendungssucht der hiesigen Politiker zum Thema, ist das eine Chance für das Ruhrgebiet.

Dir gefällt vielleicht auch:

Abonnieren
Benachrichtige mich bei
16 Comments
Oldest
Newest
Inline Feedbacks
View all comments
Dirk Schmidt
Dirk Schmidt
11 Jahre zuvor

Deine angeführte Debatte um „Eitelkeit und Verschwendungssucht“ wird doch nur eine Eliten-Diskussion bleiben. Sofern kein direkter Bezug zum Wahlbürger hergestellt wird, wird sich nichts ändern an der Steuerungsmisere kommunaler Haushalte.

Dirk Schmidt
Dirk Schmidt
11 Jahre zuvor

„Die Debatte betrifft jeden.“ Aber leider fühlt sich nicht jeder betroffen.

manfred dennes
11 Jahre zuvor

Dann könnten die „Kümmerer“ , welche die Städte in die Scheiße geritten haben,
endlich entsorgt werden.
Oder wird man die nicht mehr los ?

Richard Mayer
Richard Mayer
11 Jahre zuvor

Nun ja, ganz so einfach scheint mir die Sache dann aber doch nicht. Ich verstehe den Standpunkt im Artikel so: Keine solide wirtschaftende Kommune will die im Ruhrgebiet unterstützen und das ist auch verständlich, denn die verschleudern ständig nur Geld (steht da nicht aber am besten noch mit krimineller Energie).
Wie gesagt das scheint mir doch etwas platt. Stätte wie Gelsenkirchen etwa … könnten ihre Schulden nicht bedienen (nicht mal die Zinsen, geschweige denn die eigentlichen Kredite), selbst wenn sie mit dem heutigen Tag für nichts anderes mehr Geld ausgeben würden.

Eine Debatte ist nötig, richtig, aber viel mehr über den Status von Kommunen, ihren Lasten und ihre möglichen Einnahmequellen.

z.B. einer der größten kommunalen Kostenpunkte sind Sozialausgaben…. wird über die in der Kommune entschieden? Nein.

Martin Schmitz
Martin Schmitz
11 Jahre zuvor

Der Stärkungspakt der Landesregierung soll ja das Ziel haben, die Finanzpolitik u.a. der Ruhrgebietsstädte zu ändern. Es bekommt ja nur derjenige Geld, der sich verpflichtet, seinen Haushalt zu sanieren. Die Städte, die hier als Negativbeispiel – ich mutmaße mal, dass u.a. Bochum und Dortmund gemeint sind – bezüglich Leuchttürme und Beteiligungen angeführt werden, sind übrigens keine Empfängergemeinden. Die Städte, die was kriegen, haben es bitter nötig. Sie sind Opfer des Strukturwandels.

Unter den Geberstädten befinden sich u.a. auch Städte, die wirtschaftliche Probleme haben, z.B. Grevenbroich und sich in einem Haushaltssicherungskonzept befinden. Dies sind die Städte, die nicht haushalten können, weil sie zwar ein starkes Steueraufkommen besitzen, sich aber dennoch unnötig verschulden.

Womit ich jetzt nicht sagen will, dass im Ruhrgebiet alles gut läuft. Dass es mehr Kooperation unter den Städten geben muss und mehr Dienstleistungen der vielen Gemeinden zusammengefasst werden sollten, teile ich. So lassen sich wirklich Kosten sparen, vor allem aber auch effektivere Leit- und Detailpläne bezüglich ÖPNV, Wirtschaftsförderung etc. umsetzen, als wenn jeder seine eigene Suppe kocht.

TuxDerPinguin
TuxDerPinguin
11 Jahre zuvor

„Viele der Bürger, denen es heute gut geht, haben sich ihren jetzigen Wohlstand hart erarbeitet, haben gespart und gut investiert – und werden jetzt für diese Leistung bestraft.“…Yeah. Flat-Tax für alle…

Wer verallgemeinert, hat eigentlich immer Unrecht. Die unterschiedlichen Situationen der Kommunen haben nicht allein damit zu tun, dass Ruhrgebiets-Kommunen zu hohe/unsinnige Ausgaben tätigen…

Dass der Soli helfen könnte, eine Ruhrgebiets-Stadt bzw einen Regierungsbezirk Ruhrgebiet zu gründen bzw das Ruhrparlament aufzuwerten zwecks besserer Zusammenarbeit, darauf hoffe ich aber auch.
Auch wenn sich dadurch nicht so hohe Einsparungen ergeben würde, als dass die Ruhrgebiets-Kommunen keine Soli-Empfänger mehr wären…
aber es wäre für die zukünftliche Entwicklung wichtig.

Wobei ich, wenn ich mal die Debatte anschneide, die mein Vorredner anführt, für eine Aufwertung von Kommunen bin.. bei gleichzeitiger Abschaffung der Länder. Kommune, Bund, EU reichen als Verwaltungsebenen. Hätten die Kommunen auch mehr Möglichkeiten an ihren Haushaltssituationen zu arbeiten.
Und wir hätten ein einheitliches Bildungssystem, wodurch keine probleme beim Umzug mehr entstünden…

Dirk Schmidt
Dirk Schmidt
11 Jahre zuvor

zu #4 … Genau das müsste dann die Konsequenz sein.

Arnold Voss
11 Jahre zuvor

Das finanzielle Strukturproblem der überschuldeten Kommunalhaushalte liegt in der Regel in der überdurchschnittlich hohen lokalen Arbeitslosigkeit und den damit verbundenen sozialen Folgekosten. Ihre Ursachen liegen jedoch nur zu einem kleinen Teil in der lokalen Politik begründet sondern sind Auswirkungen ökonomischer Prozesse die auf lokaler Ebene nur sehr sehr begrenzt beeinflusst werden können.

Eine Kommune die durch solche überlokalen Investitions- und/oder Wirtschaftspolitikentscheidungen in die Misere geraten ist, wie z.B. viele Ruhrgebietsgemeinden durch den massiven Abbau industrieller Arbeitsplätze, kommt selbst mit der härtesten Sparpolitik nicht aus dieser ökonomischen Schieflage heraus.

Es wäre deswegen grundsätzlich besser, wenn die Kommunen komplett von den durch Arbeitslosigkeit verursachten Sozialkosten befreit und diese auf den Bundeshaushalt verlagert würden. Dies wäre für alle Kommunen, und natürlich ganz besonders für die überschuldeten, ein nachhaltiger Befreiungsschlag, der zugleich den Bund, gemeinsam mit den Ländern, viel mehr als bisher zwingen würde, sich vorrangig um die Bekämpfung der Ursachen der Arbeitslosigkeit zu kümmern.

Die lokale Wirtschaftsförderung hätte sich in diesem Rahmen nur noch um die Bestandspflege zu kümmern, bzw. würde sie, was Neuansiedlungen und größere Standorterweiterungen betrifft komplett auf der Landesebene konzentriert. Da wo es Regionalverbände gibt, böte sich auch diese als zentrale überlokle Steuerungseinheiten an.

Die andere Seite dieses finanziellen Entlastung ist die wirtschaftspolitische Entmachtung der Kommunen. Ich halte diese jedoch nicht für eine Schwächung, sondern für die Befreiung von einerlokalen Illusion. Selbst die großen Städte dieser Republik verfügen alleine weder über die Macht noch das Know How hochkomplexe weltweite Ansiedlungspolitik zu betreiben. Stattdessen konkurrieren sie sich, wie auch viele der kleineren Kommunen, diesbezüglich zu Tode, bzw. retten sich die einen in der Regel auf Kosten der anderen.

Arnold Voss
11 Jahre zuvor

Das stimmt natürlich, Stefan. Dass jenseits der hohen Arbeitslosigkeit auch auf kommunaler Ebene erhebliche Fehlinvestitionen und Fehlausgaben geschehen, ändert aber nichts an der Tatsache, dass die dauerhaft hohe Arbeitslosigkeit das weitaus größte finanzielle Problem der Kommunen ist, die davon betroffen sind.

Kommunaler Filz, Misswirtschaft und Prestigeausgaben lassen sich im Übrigen durch die Abwahl der Verantwortlichen ändern. Wenn das die Wähler nicht tun, dann sind sie Teil des Problems. Die kommunale Arbeitslosigkeit kann man dagegen, selbst wenn man es wollte, nicht einfach abwählen.

Volker Steude
11 Jahre zuvor

Das eigentliche Problem des Solis ist, dass er ein planwirtschaftliches Verteilinstrument ist, was weder seriös wirtschaftende Kommunen belohnt, noch nur den Kommunen das Geld abnimmt, das sie aufgrund eines Sonderstatuses (z.B. Landeshauptstadt) einnehmen.

Der ordnungspolitische Rahmen muss sich ändern. Dazu gehört, dass die bereits genannten Kosten für Transferleistungen vom BUND übernommen werden, aber auch, dass die Kommunen mehr Rechte bekommen eigene Einnahmequellen zu erschließen, dass die Kommunen einen größeren Anteil von den Steuereinnahmen erhalten, dafür aber auch weniger projektbezogene Subventionen vom Land erhalten, dass es neue regionale Strukturen (Regierungsbezirk Ruhrgebiet) gibt u.a.m..

So bekommen die Kommunen mehr Eigenverantwortlichkeit, müssen mehr selbst entscheiden, müssen aber auch für ihre Fehler gerade stehen und können sie nicht immer auf andere schieben. Gleichzeitig kann sich endlich eine Ruhrgebietsinfrastruktur entwickeln.

Ich komme gerade aus Wales, auch ein Land, dass insbesondere im Süden einen massiven Strukturwandel hinter sich hat. Dort hat man einen anderen Weg gewählt bzw. wurde zu diesem gezwungen. Die Subventionen insbes. in den Steinkohlebergbau wurden 1984 praktisch auf einen Schlag eingestellt. Das bedeutete die Erforderlichkeit des Strukturwandels quasi über Nacht. Der Niedergang war dramatisch, zog aber auch den unmittelbaren Zwang zum Handeln nach sich (Die Art und Weise wie Thatcher diesen Strukturwandel erzwungen hat, ist sicher stark diskussionswürdig, dafür fehlt jetzt aber hier leider der Platz).

Heute fast 30 Jahre später, ist man in Südwales mit dem Strukturwandel jedoch deutlich weiter als in unserer Region. Die Wirtschaftsdaten zeigen nach oben. Die Infrastruktur ist in einem deutlich besseren Zustand als hier. „Derzeit weist diese Region eine weit überdurchschnittliche Entwicklungsdynamik auf. Die Ursachen werden in einer äußerst erfolgreichen Akquirierung ausländischer Direktinvestitionen als auch in Bestrebungen gesehen, intraregionale Netzwerke zwischen innovierenden Unternehmen sowie zwischen Forschungseinrichtungen und Unternehmen zu initiieren.“ (Analyse regionaler Innovationspotentiale und innovativer Netzwerke in Europas Peripherie – das Beispiel Süd-Wales/ UK).

Bei uns hängt man immer noch viel zu sehr am Althergebrachten und man beginnt den beschriebenen Weg erst jetzt etwas konsequenter einzuschlagen. Dass dem so ist, haben aber die Kommunen im Ruhrgebiet höchstselbst mit verschuldet. Deshalb sind sie nur sehr bedingt Opfer des Strukturwandels. Die Verantwortung für die Misere liegt zum größeren Teil bei den Ruhrgebietskommunen selbst.

Man hat bei uns den Strukturwandel nicht aktiv befördert, sondern sich regelmäßig nur passiv den äußeren Entwicklungen angepasst. Auch ist der Glaube in den Kommunen auch heute noch sehr verbreitet, man kann einfach so weiter machen wie immer, und irgendwann kommt einer mit frischem Geld und dann geht’s wieder weiter. Und diese Haltung wird ein Soli leider nur bestärken.

Robert Müser
Robert Müser
11 Jahre zuvor

Tolle Aussichten!

Ich freue mich schon jetzt auf das kommende Opernhaus in Bochum, dass durch diese neuen Finanzmittel eine perfekte Ergänzung zum Prestigebau Musikzentrum sein wird.

Das Geld für die Bürger verwenden? Warum, man muss als Stadtspitze bleibende Denkmäler für sich hinterlassen …

🙁

Wie gesagt:
Tolle Aussichten!

Klaus Lohmann
Klaus Lohmann
11 Jahre zuvor

Achja, die „große Chance“… Seit Dortmunds Kämmerer Stüdemann vor kurzem erklärte, „jetzt endlich“ Controlling ala Operations Research in der Verwaltung einzuführen, um Ausgaben auch nach geplanten Zielen und Erfolgen bewerten zu können, überkommt mich gerade im Ruhrgebiet so ein DejaVue zu der Zeit, als man hier lange nach Erfindung von Twitter-Vorläufern bei Providern nachfragte, ob man denn auch Öffnungszeiten der Bezirksverwaltungsstellen in diesem komischen „Webb“ veröffentlichen könne…

Deutschland hängt in der „Neuzeit“ immer so ca. 5 Jahre hinter techn. Entwicklungen in USA oder Japan hinterher, das Ruhrgebiet dann nochmal so 15 Jahre hinter allem anderen…

trackback
11 Jahre zuvor

Links anne Ruhr (26.08.2013)…

Duisburg: Vorwürfe gegen die Polizei nach In-den-Peschen Einsatz (Ruhrbarone) – Bochum: News-Update zum neuen alten Semesterticket (Liste B.I.E.R.) – Dortmund: Lauf der Farben: Color Run an den Westfalenhallen ist ein buntes Spektakel …

der, der auszog
der, der auszog
11 Jahre zuvor

@Richard Mayer

Wenn jetzt hier schon die Stadt Gelsenkirchen als Beispiel angeführt wird, dass der Vorwurf, die Ruhrgebietsgemeinden würden Geld verschleudern, als „doch etwas platt“ relativiert wird, wie soll dann die Finanzspritze der Pleitestadt Gelsenkirchen an den Pleiteverein Schalke 04 von mehr als 20 Millionen Euro Deiner Meinung nach beurteilt werden?

Kannst Du Dir vorstellen, dass man einer Kommune, die aus Tradition heraus bettelt und die Hand aufhält, um anderweitig Geld abzugreifen, nur schwer glauben mag, dass sie alles in ihrer Anstrengung Mögliche unternimmt, um von ihren Schulden herunterzukommen?

zur Erinnerung ein Artikel aus der WAZ:
https://www.derwesten.de/staedte/gelsenkirchen/stadt-hilfe-fuer-schalke-beschaeftigt-den-landtag-id58217.html

Werbung