Was macht Großmann beim RWE?

Eigentlich wollte ich hier nicht über den Vorstandschef des Energiekonzerns RWE, Jürgen Großmann, schreiben.  Die Personalie ist zu heikel. Zu schnell kann man sich die Finger verbrennen – für lange Zeit.

Foto: RWE

Aber: es geht nicht anders. Die Wirtschaftswoche schreibt schon vom Unmut beim RWE, der sich über den Manager auflädt. Ich weiß, dass Großmann sich auch schon mal bei RWE-Vorstands-Sitzungen zum Verdruß der übrigen RWE-Chefs von einem Vertrauten vertreten läßt. Dass er manchmal Tagelang nicht im Konzern auftaucht. Das sorgt für miese Stimmung.

Tja, und dann weiß ich, dass Großmann nicht besonders gut Späße versteht. Zumindest nicht, wenn es um den Spruch: "VoRWEg gehen" geht. Neulich gab es deswegen eine Telefonkonferenz. Manager des Konzerns wurden da gedrängt, Witze über den neuen Slogan bei ihren Untergebenen zu unterbinden. Jeder, der etwa über einen „iRWEg“ schwadroniere, oder von einem „VoRWErk“-Staubsauger spreche, müsse sich fragen lassen, ob er noch im richtigen Unternehmen arbeite. Der Slogan „VoRWEg gehen“ spiegele schließlich die Philosophie des zweitgrößten deutschen Energiekonzerns wieder. Das sei ernst gemeint, hieß es noch. Kurze Zeit später wurde auf einer Tagung ein Zettel herumgereicht. Darauf stand: „Kein Unfug! Sonst eRWErbslos“.

Für Jürgen Großmann läuft es auch acht Monate nach seinem Dienstantritt noch nicht rund beim Energieriesen RWE, das kann keiner sagen. Immer noch wandern Hunderttausende Kunden ab, der Verkauf der Wasser-Sparte in Amerika bringt weniger als erwartet und dann bricht auch noch Streit mit den wichtigsten kommunalen Anteilseignern aus.

Viel Pech für nur einen Mann. Dabei hat Großmann einige Erfolge vorzuweisen. Der Manager hat den Konzern aus seiner Starre gerissen und mit der Gründung von RWE Innogy den längst überfälligen Einstieg in die Erneuerbaren Energien geschafft. Auch der angekündigte Verkauf der Gastransportnetze bringt dem Konzern neue Freiheiten. „Das Gasgeschäft können wir trotzdem wie geplant entwickeln. Besser noch, wir werden wieder politisch handlungsfähig“, heißt es aus dem Umfeld des Konzernlenkers. „Wir müssen handeln, solange wir können. Wenn wir gezwungen werden, ist es zu spät.“ Großmann bewegt.

Doch gerade die Anstöße sorgen im weit verzweigten Netz des RWE für teils unkontrollierbare Schwingungen. Da wird zum Beispiel genüsslich aus dem Aufsichtsrat kolportiert, dass der Milliardär und Eigentümer des Stahlwerks Georgsmarienhütte sich seinen zwei Millionen Euro schweren Beitrag zur Alterssicherung aufs Privatkonto überweisen lässt. Und zwar jedes Jahr zusätzlich zu seinem Gehalt von sechs bis sieben Millionen Euro. Normalerweise würde man eine Pensionsrücklage erwarten. Sein Gehalt über die Vertragslaufzeit von fünf Jahren beträgt damit rund 40 Mio Euro. Ein Spitzenwert in der deutschen Wirtschaft.

Aber es sind nicht diese Sticheleien, die Großmann zusetzen. Der Kapitalmarkt ist härter. Selbst die durchaus anerkannten Erfolge reißen Analysten wie Theo Kitz von der Privatbank Merck & Finck nicht mehr vom Hocker: „Im Vergleich geht E.on vor und RWE zieht nach. RWE ist nur kleiner und immer zweiter. Das sehen auch die Anleger so.“ Der Börsenwert von RWE liegt bei rund 43 Mrd Euro. Branchenprimus E.on bringt rund 90 Mrd Euro auf das Parkett. Die Bank Merrill Lynch setzt RWE auf „Neutral“ und hält E.on auf „Kaufen“.

Eine Ursache für die Zurückhaltung im Geldhandel liegt im misslungenen Börsengang von American Water. Auch der Verkauf des zweiten Aktienpaktes Ende Mai lief nicht wie gewünscht. Statt der angebotenen 8,7 Mio Papieren konnten nur 5,17 Mio an Investoren gebracht werden. Schon der Verkauf des ersten Pakets lief schlecht. Statt der vorgesehenen 26 Dollar pro Aktie konnten nur 21,50 Dollar erlöst werden. In der Folge schmolz der Ertrag auf 1,2 Milliarden Dollar, fast die Hälfte zu den Planungen. Großmann musste eine Gewinnwarnung aussprechen.

Aus dem Großmann-Umfeld heißt es zu den Problemen: „Das Glas ist halbvoll, nicht halbleer.“ Noch gebe es genug Gründe für Optimismus. Allen voran die politische Bedeutung von RWE wird unter Großmann wieder sichtbar. Der Konzernchef ist in regelmäßigen Kontakten mit der Bundesregierung. Kanzlerin Angela Merkel akzeptiert den Manager als Ideengeber genauso wie die SPD-Mächtigen um Frank-Walter Steinmeier. Selbst mit Umweltminister Sigmar Gabriel werde nach jahrlangem Schweigen wieder gesprochen.

So kann der Konzern effektiv für eine Verlängerung der Laufzeiten der Kernkraftwerke eintreten. Unter dem Großmann-Vorgänger Harry Roels herrschte eine angeordnete politische Ruhe, die RWE zu einem Spielball der Gewalten werden lies. „Wir haben jemanden gebraucht, der uns wieder auf öffentlicher Bühne vertritt“, heißt es aus dem Konzern. Großmann setze sich mit aller Kraft für RWE ein.

Und das ist dringend nötig. In etlichen Prestige-Baustellen läuft etwas schief. Kaum hat der Konzernlenker durch den Verkauf der Gasnetze ein Kartellverfahren der EU abgewendet, wird die Nachricht herumgereicht, dass sich der Bau der transkontinentalen Gaspipeline Nabucco auf nahezu 7,5 Mrd Euro verteuert. Fast doppelt soviel wie geplant. „Das Projekt ist aber nicht gefährdet“, heißt es aus der RWE-Spitze. „Nabucco kann immer noch rentabel arbeiten.“

Selbst die Übernahme des Kernkraftwerkbetreibers British Energy wächst sich zu einem Sommertheater aus. Zunächst wurde der deutsche Konzern mit seinem vorgesehenen Partner Vattenfall als Favorit gehandelt. Gemeinsam wollten die Stromriesen den größte Energieerzeuger Großbritanniens für knapp 14 Milliarden Euro übernehmen und unter sich aufteilen. Doch dann unterband die schwedische Regierung den Einstieg des Staatskonzerns Vattenfall ins Inselreich. Pech für RWE. „Das hätte der Chef von Vattenfall besser organisieren müssen“, heißt es in der Essener Zentrale. Großmann trage da keine Verantwortung.

Allerdings muss er unter den Folgen leiden. Denn RWE könnte die acht Kernkraftwerke der Briten gut gebrauchen. Als Braunkohleverstromer stößt der Konzern das meiste Kohlendioxid in Europa aus. Ab 2013, wenn die CO2-Zertifikate noch einmal teuerer werden, drohen aus den jetzigen Geldkühe Geldfressern zu werden. Deshalb muss eine Entlastung in der Strom-Produktion schnell gefunden werden. Etwa indem die CO2-intensiven Braunkohlemeiler gegen Klimagasneutrale Kernkraftwerke austauscht werden.

Unter diesem Vorzeichen versucht Großmann auch den Verkauf des Gasnetzes voranzutreiben. Nach Informationen aus dem Konzern will er die Gasanlagen gegen saubere Kraftwerke eintauschen. Gerne auch im Ausland. „Das ist die wichtigste Aufgabe in der Zukunft“, sagt ein Insider. "Großmann packt es an."

Doch nicht nur diese Baustelle ist für den Manager Großmann wichtig. Immer wieder mehr reißen neue Löcher auf. Dann stürzt sich der Chef in die anstehenden Aufgaben, ohne die alten abgeschlossen zu haben. „Manche Mitarbeiter erwarten mehr Kontinuität“, heißt es in der RWE-Spitze. Aber die kommt nicht. „Für die Details sind andere verantwortlich“, heißt es aus dem Großmann-Umfeld.

Beispielsweise bei dem Kampf um neue Kunden. Seit Januar haben mindestens 200.000 Haushalte ihre Verträge mit RWE gekündigt, berichtet RWE-Finanzvorstand Rolf Pohlig. Im vergangen Jahr hatte der Konzern bereits eine Viertelmillion Kunden verloren. Der Menschenstrom hat bereits Auswirkungen auf das Ergebnis des Konzerns. Der Betriebsgewinn ging im ersten Quartal um neun Prozent auf 2,5 Milliarden Euro zurück. Der für die Dividenden entscheidende Nettogewinn brach gar um fast die Hälfte auf 809 Millionen Euro ein, neben dem gescheiterten Börsengang von American Water sei dafür auch der Kundenschwund verantwortlich, bestätigt Pohlig.

Großmann schlägt nun immer wieder neue Angebote vor, um mehr Strom an Privatleute zu verkaufen. Die Rede ist von einer Flatrate, von Preisgarantien oder wie aktuell von einen Atomtarif im Stromhandel. Mit der Exklusivversorgung aus Kernkraftwerken könne jeder Deutschen seine Verbundenheit mit dieser Art der Stromerzeugung demonstrieren und helfen den Atomausstieg zu stoppen, sagte Großmann öffentlich. Intern kommen die Aktionen gut an. "Großmann geht neue Wege. Nur so können wir Kunden gewinnen", heißt es bei RWE. Auch wenn die Bundes-SPD den neuen Atomtarif politisch ablehnt.

Doch Werbung alleine hilft nicht den Konzern Zukunftsfest zu machen. Die Kosten müssen runter, um den Herausforderungen aus CO2-Abgaben und Regulierung zu begegenen. Großmann treibt deswegen den Umbau des Hauses voran. Alles soll schlanker werden. Die intern kritisierten „unglaublichen Hierarchien“ müssen flacher werden. Bis Oktober sollen die meisten Strukturmaßnahmen umgesetzt werden, heißt es intern. „Das ist ein Herkules-Job mit Nebenwirkungen.“

Bis jetzt sind die Kernpunkte der Maßnahmen bekannt. Allen voran soll die deutsche Vertriebstochter RWE Energy eingedampft werden. Wenn im kommenden Jahr der Vertrag mit dem Vorstandschef der Vertriebs-Sparte Heinz-Werner Ufer ausläuft, soll dessen Stelle nicht wieder besetzt werden. Gleichzeitig würden zentrale Aufgaben auf die Konzernmutter überführt, heißt es aus dem Konzern. Andere Jobs würden nach unten in die Regionalgesellschaften abgegeben. Es bliebe wenig mehr als eine Fassade vom einst mächtigen Vertrieb übrig.

In seinem Bemühen, diesen Umbau hin zu kriegen, sucht Großmann die Unterstützung der Arbeitnehmer. Er unterschrieb eine Jobgarantie bis 2012. Den Lohn erhöhte er um 3,9 Prozent. Zudem sicherte er den Betriebsräten eine weitreichende Mitbestimmung auch in den neuen Tochterfirmen zu. Vor allem zum Gesamtbetriebsratschef Günter Reppien sucht Großmann den engen Kontakt. Er lud den gelernten Elektroinstallateur in sein Osnabrücker Sternelokal "La Vie" ein. Und besuchte den Arbeitnehmervertreter in dessen Heimat Lingen. Einmal gab es einen Rathausempfang, einmal eine Stippvisite an Reppiens Arbeitsplatz im örtlichen Kernkraftwerk. Eine ungewöhnliche Ehre für einen Betriebsrat bei RWE.

Doch während an der Arbeitsfront damit Ruhe herrscht, leistet sich Großmann einen ernsten Konflikt mit seinen wichtigsten Aktionären. Ursprünglich wollten die Städte Bochum und Dortmund gemeinsam mit RWE einen neuen Stadtwerke-Konzern mitten im Pott schaffen. Unter dem Namen Unisono sollte RWE mit 20 Prozent an der gemeinsamen Holding rund um den Versorger Gelsenwasser beteiligt werden. Doch dann forderte Großmann das Wassergeschäft von Gelsenwasser für sich. Nach dem Ausstieg American Water, will er auf dieser Basis die Wassersparte in Europa ausbauen. Die Städte ließen die Gespräche verärgert platzen. „Wir lassen uns nichts diktieren“, sagt ein Spitzenbeamter.

Dabei ist die Macht der Ruhr-Kommunen im Konzern immer noch kaum zu unterschätzen. Sie beherrschen über ein Firmengeflecht nahezu 15 Prozent des RWE-Aktienkapitals. Im Aufsichtsrat sitzen gleich vier kommunale Vertreter. Mit den Arbeitnehmervertretern haben sie die Mehrheit. Um jeden Arbeitsplatz werde gekämpft. Manchmal habe Großmann keine ausreichende Unterstützung, heißt es aus dem Gremium.

Und wieder setzt es Sticheleien aus dem Konzern. Es geht um die Kunst, die im Foyer der RWE-Zentrale ausgestellt wird. Normalerweise hat das RWE für diesen Zweck eine Kooperation mit der Folkwang-Schule in Essen. Doch Großmann gefiel die Kunst nicht. Kurzerhand wollte er die Folkwang-Werke gegen Arbeiten von Markus Lüpertz aus seinem Besitz austauschen. Doch die große Geste kam nicht überall gut an. Es hieß, das RWE sei nicht Großmanns Privat-Konzern. Wenn er die Kunst tauschen wolle, müsse er wenigstens den Vorstand fragen. Großmann setzte einen schriftlichen Umlaufbeschluss in Gang. Er bekam die Zustimmung auf dem Papier. Nur: Jeder beim RWE weiß, dass gerade die Folkwang-Schule in enger Verbindung zum wahrhaften Ruhrbaron Berthold Beitz steht. Man sagt, dessen Leichen liegen alle am Grund des Baldeney-Sees. Aus dem Vorstand wurde deswegen hintenrum Kritik laut. Keiner wollte Beitz nächstes Opfer werden.

So kompliziert ist das Ruhrgebiet. Mittlerweile wird schädliches aus dem RWE-Aufsichtsrat kolportiert: „Wir haben einen Familienunternehmer zum Vorstandsvorsitzenden gemacht. Das ist ein gewisses Riskio.“ Immer wieder überschätze Großmann seine Möglichkeiten. Das müsse besser austariert werden. Zur Not müssten auch die Kommunen ein Aufsichtsrat-Mandat abgeben. „Das schlimmste für uns ist doch, wenn Großmann hinwirft.“

Rolle RWE – Aus dem Wassergeschäft heißt ins Wassergeschäft.

Der Essener Energiekonzern RWE ist zu mancher Überraschung gut. Dass allerdings nach dem teuren Ausstieg aus dem Wassergeschäft in England und den USA nun ausgerechnet die Ausweitung des europäischen Wasserhandels auf dem Plan steht, überrascht gewaltig. Eigentlich hatte ich erwartet, dass sich der Konzern den internationalen Aufgaben im Kerngeschäft stellt. Also sich zum einen von den Fesseln in Deutschland befreit – sprich, aus dem regulierten, engen Markt möglichst aussteigt. Und statt dessen so Sachen macht, wie British Energy kaufen oder Versorger in Russland.

Tja, so kann man sich irren. RWE sucht ausgerechnet nach dem Einstieg in möglichst komplizierte und teure Geschäftsfelder, die schon andere besser machen. So kündigte der Chef der RWE Vertriebstochter RWE Energy, Heinz-Werner Ufer, an, gerade in Deutschland und Osteuropa das Engagement im Wasserhandel auszubauen. „In Kommunen in Deutschland und Osteuropa, wo wir bereits Strom und Gas liefern, wollen wir auch mit Wasser einsteigen.“ Als Vehikel für die Wachstumsidee soll eine Fusion des Wassergeschäfts der Gelsenwasser AG mit den von RWE kontrollierten Rheinisch-Westfälisch Wasserwerksgesellschaft (RWW) dienen.

Die Idee ist überhaupt nicht neu, bereits im Zuge der Übernahme von Ruhrgas durch E.on sollte die Gelsenwasser AG auf RWE verschmolzen werden. Mehrfach wurde dabei über die Gründung eines internationalen Wasserkonzerns spekuliert. Allerdings scheiterten alle Pläne im Jahr 2003 mit dem Verkauf der E.on Tochter Gelsenwasser an die Stadtwerke Bochum und Dortmund. Auch die späteren Pläne aus Richtung der Stadtwerke, einen NRW.Wasser-Konzern zu errichten schlugen fehl. Zuletzt hatten die Stadtwerke Essen, mit einigen Partnern versucht, die RWW zu übernehmen.

Nun hat also RWE im Zuge der Verhandlungen mit den Stadtwerken über die Gründung eines neuen Stromversorgers das Wassergeschäft wieder auf den Tisch gebracht. Eigentlich wollen die Stadtwerke unter dem Dach der Gelsenwasser AG einen bundesweit agierenden Energieversorger schaffen – um so dem Wettbewerbsdruck begegnen zu können. Dabei müssen sich die Kommunalbetriebe allerdings mit RWE einigen. Denn der Essener Energieriese ist mit 47 Prozent an der Stromtochter der Dortmunder Stadtwerke beteiligt. Und diese Beteiligung müsste in den neuen Stromversorger eingebracht werden.

Ursprünglich hatten die Stadtwerke RWE eine 20 Prozent-Beteiligung an der neuen Gelsenwasser Holding angeboten. Doch dies wies RWE-Chef Jürgen Großmann in einem persönlichen Gespräch mit den Oberbürgermeistern von Dortmund und Bochum zurück, wie Teilnehmer der Runde berichteten. Stattdessen forderte Großmann die Wassersparte von Gelsenwasser als Gegenleistung für die Zustimmung zum neuen Energieversorger. Die Städte lehnten dies allerdings ab. Die Verhandlungen wurden abgebrochen.

RWE-Energy Vorstand Ufer schlug nun vor: „Die Städte könnten das Geschäft in der Region betreiben mit der Verantwortlichkeit für Strom, Gas und Wasser.“ Alle darüber hinaus bestehenden Wasseraktivitäten sollten unter dem RWE-Dach gebündelt werden.

Nach ersten Informationen aus den Gemeinden, lehnen alle Beteiligten auf kommunaler Seite diese Idee ab. "Das ist kalter Kaffee, den keiner trinken will."

Der Rückzug aus dem Wassergeschäft in Großbritannien und den USA hatte RWE Milliarden gekostet. Hohen Investitionen standen nur geringe Margen gegenüber. Erst im April musste der Konzern nach einer verpatzten Platzierung von gut einem Drittel der Anteile an American Water an der Börse einen Verlust von rund 600 Millionen Euro verbuchen.

RWE-Vorstand gibt weitreichenden Kündigungsschutz

Für die Beschäftigten des Energieversorger RWE haben die Gewerkschaften Verdi und IGBCE eine Insel der Sicherheit im wilden Ozean der Globalisierung geschaffen. Bei RWE darf nämlich bis Ende 2012 nicht mehr gekündigt werden. Das haben die Betriebsräte und Gewerkschaften mit dem RWE-Vorstand ausgehandelt.

Eine so weitreichende Garantie ist fast ohne Vorbild in Deutschland. Aus einem Papier der Gewerkschaften Verdi und IGBCE, das mir vorliegt, geht hervor, dass sich der Konzern verpflichtet hat, auch im Zuge der Restrukturierung keinen Angestellten rauszuschmeißen. Angeblich habe der RWE-Vorstand unter seinem Chef Jürgen Großmann das Papier kurz vor Hauptversammlung in der vergangenen Woche unterschrieben. Personalvorstand Alwin Fitting sagte dazu: "Wir freuen uns, dass wir gemeinsam mit den Arbeitnehmern die Basis für eine solide Entwicklung legen konnten."

Der Konzern hat sich in der Vereinbarung dazu verpflichtet, die Beschäftigungsgarantie auch auf Tochtergesellschaften auszudehnen, für die bislang „keine oder nur eine kürzere Zusage“ galt. Weiter wird allen Beschäftigten garantiert, dass ihre „Sozialstandards" und "sozialen Leistungen“ nicht angegriffen werden. Sollte es doch zum Stellenabbau kommen, werde der „sozialverträglich“ gestaltet.

Im Zuge der RWE-Reform, die Großmann in Angriff genommen hat, kam es in den letzten Wochen zu Unruhe in der Belegschaft. So hatte der Manager die Tochter für erneuerbare Energien, die RWE Innogy, gegründet, ohne vorab den Aufsichtsrat oder die Betriebsräte zu informieren. Zudem sorgte die angekündigte Zerschlagung der Dienstleistungstochter RWE Systems und die Aufgabenanalyse in der Vertriebstochter RWE Energy für Aufregung. Auch hier fühlten sich die Arbeitnehmervertreter nicht ausreichend informiert. Sie befürchteten, dass es zu einem Abbau von Stellen, der Verlagerung von Standorten und zu betriebsbedingten Kündigungen kommen könnte.

Mit der nun vorgelegten Vereinbarung soll diesen Sorgen die Spitze genommen werden. Der RWE-Vorstand garantiert, dass in allen Geschäftsbereichen, die neu aufgebaut werden, die Mitbestimmung aufrechterhalten wird. Auch Angestellte neu gegründeter Firmen sollen wie die angestammte RWE-Belegschaft behandelt werden. Weiter heißt es in dem Papier: „Die Betriebsräte werden frühzeitig in die Planung und Umsetzung des Umstrukturierungsprozesses, insbesondere der Personalplanung eingebunden.“ Auch die Verlagerung von Standorten werde mit den Betriebsräten „erörtert“.

Der Vorstand verpflichtet sich, weitgehend auf die Beschäftigung von Leiharbeitern oder Fremdfirmen zu verzichten. Im Gegenteil. „Bisher extern vergebene Aufgaben werden (…) im Fall eines eventuellen Personalanpassungsbedarfs auf ihre Insourcing-Tauglichkeit überprüft.“

Umweltschützer gegen RWE erfolgreich

 

Umweltschützer in Bulgarien stehen vor einem großen Erfolg gegen den deutsche Energieversorger RWE. Wie ich zuverlässig aus dem RWE-Aufsichtsrat erfahren habe, drängen kommunale Vertreter und Arbeitnehmer auf eine Überprüfung des Kernkraftwerkbaus in Belene. Das Ziel dabei: Die Aufgabe des Atomprojektes.

Nach Ansicht der Aufsichtsräte erfülle weder die verwendete russische Atomtechnik noch der Standort die hohen Sicherheitsansprüche des Konzerns. Auf der Jahreshauptversammlung hatte auch der zuständie Vorstand Ulrich Jobs betont, die Sicherheit habe bei dem Projekt Belene absoluten Vorrang. Zuvor hatten sich auch mehrere deutsche Banken wegen Umweltbedenken aus der Finanzierung des Projektes verabschiedet. Ein Konzernsprecher wollte sich zu den Informationen nicht äußern.

Die bulgarische Regierung sucht derzeit einen Käufer für 49 Prozent an dem im nord-bulgarischen Belene geplanten Atommeiler. Den Kontroll-Anteil will der Staat Bulgarien halten. Die Investition wird auf rund 4 Milliarden Euro geschätzt. RWE galt bislang als Favorit für den Einstieg.

Bulgarien hatte seine aus der kommunistischen Ära stammenden Reaktoren abschalten müssen, um in die EU aufgenommen zu werden, und so seine Rolle als Stromlieferant über die eigenen Grenzen hinweg eingebüßt. Das an der Donau geplante Kraftwerk Belene soll 2000 Megawatt Strom erzeugen können. Gebaut werden soll die Anlage von einer Tochter der russischen Gazprom, Areva aus Frankreich und Siemens.

Kritik an dem Projekt wurde von Anwohner, den Kommunen vor Ort und Regionalparlamenten geäußert. Nach ihren Angaben solle Belene in einer erdbebengefährdeten Region errichtet werden. Die bulgarische Regierung hatte das bestritten. Allerdings gab es zuletzt Ende der 70er Jahre ein Erdbeben in Belene. Auf der Hauptversammlung des RWE n Essen demonstrierten Umweltschützer vor dem Versammlungsgebäude. Einige konnten als Aktionäre Reden auf der Hauptversammlung contra Belene halten. Ihre Argumente scheinen gezündet zu haben. Auf der Aufsichtsratssitzung im Zuge der Hauptversammlung sagten die kommunalen Vertreter und die Arbeitnehmer, es sei nicht vermittelbar, wenn man in Deutschland versuche, mit erneuerbarer Energie Sympathie zu gewinnen, und im osteuropäischen Belene einen Atommeiler baue.

Für RWE gehört Osteuropa zu den erklärten Wachstumsmärkten. Das Unternehmen hatte bereits im Juni sein Interesse an den zwei 1000-Megawattblöcken in Belene erklärt. Den Kreisen zufolge hat RWE eine Sofortinvestition von 400 Millionen Euro zugesagt, so dass mit Bau bald begonnen werden könne. Diese Entscheidung steht nund wieder auf der Kippe.

Der Bau von Belene war 1985 begonnen worden. Nach der politischen Wende musste das Vorhaben 1992 aufgegeben werden. Erst nach einem Machtwechsel 2003 wurde der Bau des Kernkraftwerkes wieder in Angriff genommen.

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Neues Logo für RWE – Und die Stille danach

Mit seinem neuen Auftritt hat der Energiekonzern RWE einen mutigen Schritt getan. Ist also quasi "voRWEg" gegangen. Als der Konzernchef Jürgen Großmann das neue Logo am Donnerstag auf der Hauptversammlung präsentierte, war zunächst Sekundenlang Stille. Absolute Stille in der Grugahalle.

Es war leiser, als um vier Uhr morgens nach einem Popkonzert, wenn der Müll schon lange rausgekehrt ist. Erst als Großmann sagte, das sei das offizielle Roll-Out des Logos gewesen, kam es zu Beifall der rund 6000 anwesenden Aktionäre. Und der war höfflich, nicht enthusiastisch. Dann sagte Großmann noch, niemand müsse sich Sorgen machen. Der Slogan werde nicht auf den RWE-Häusern stehen.

RWE selbst lobt seinen neuen Claim. Es heißt:

VoRWEg gehen steht für die Neuausrichtung des Konzerns: RWE denkt und geht voraus – RWE übernimmt Verantwortung – RWE ist innovativ."

Ich frage mich, wie das aussieht, wenn nach einem Unfall oder Unglück, sei es in einem Kraftwerk oder auf einer Baustelle, das Logo vor einem brennenden Kran leuchtet. "voRWEg gehen". Kann schnell ein Querschläger werden, das Logo. Oder ein "irRWEg".

Gelsenwasser Deal geplatzt?

Nach Informationen aus Dortmund und Bochum sperrt sich der Konzern RWE gegen die kommunale Zusammenarbeit der Ostruhrstädte unter dem Dach der Gelsenwasser AG. Eigentlich sollte hier ein neuer Energiekonzern entstehen. Wow.

Foto: Wikipedia

Das ist ein herber Schlag. Bereits zum zweiten Mal droht damit die Fusion/Kooperation der Bochumer und Dortmunder Stadtwerke zu scheitern. Und das, obwohl die beiden Städte mitlerweile erprobt und stabil im Unternehmen Gelsenwasser zusammenarbeiten. Beim ersten Mal war übrigens die Kirchturmspolitik der auslösende Brechpunkt.

Der Hebel, den das RWE jetzt offenbar nutzen kann, ist eine Minderheitsanteil am Dortmunder Energieversorger DEW 21, den der Konzern nutzt. Die Mehrheit von DEW 21 gehört den Stadtwerken Dortmund. Siehe auch den Bericht in der WAZ.

Eigentlich sollte gerade die DEW 21 in Gelsenwasser aufgehen.

Die Gründe warum sich RWE sperrt, sind noch im unklaren.

Auch ist unklar, ob die Weigerug des RWE eine neue Ohrfeige für den Dortmunder Oberbürgermeister Gerhard Langemeyer (SPD) ist. Grundsätzlich arbeitet Dortmund in den DEW 21 gut mit RWE zusammen. Andererseits konnte auch Langemeyer als RWE-Aufsichtsrat und einflussreichster Vertreter der kommunalen RWE-Aktionäre nicht verhindern, dass RWE Systems nun zerschlagen wird. Und das Unternehmen hat seinen Sitz in Dortmund.

Hintergrund des Versuches einen neuen Ruhrversorger zu konstruieren ist eine kartellrechtliche Besonderheit. So muss 2014 die 47-Prozent-Beteiligung des RWE an DEW 21 neu vor den Behörden verhandelt werden. Dabei könnte es unter den gegenwärtigen Bedingungen gut sein, dass RWE seinen Anteil abgeben muss, um nicht gegen Wettbewerbsrecht zu verstoßen.

Im Gelsenwasser-Deal sollte nun RWE seinen DEW 21-Anteil gegen eine 20-Prozent-Beteiligung am neuen Ruhrversorger aufgeben.

Eigentlich müste die Nummer beim RWE gut angesehen sein. Denn mit dem neuen Versorger wäre der Verbund aus Kommunen und RWE im Kernmarkt des Konzern festgehämmert. Auch wenn die städtischen Beteiligungen ihre Sperminorität am RWE verloren haben.

E.ons Befreiungsschlag setzt RWE unter Druck

E.on bietet den Verkauf des Stromnetzes an. Foto: Ruhrbarone

Um ein Kartellverfahren der EU zu beenden, hat der Düsseldorfer Stromkonzern E.on angeboten, Kraftwerke mit einer Leistung von 4800 MW, das sind zwei Kernkraftwerke, sowie die deutschen Übertragungsnetze zu verkaufen.

Das ist ein Befreiungsschlag des größten deutschen Versorgers, der vor allem RWE unter Druck setzt.

Sollte E.on mit dem freiwilligen Verkauf der Kraftwerke und Netze Milliardenschwere Strafen abwenden, muss auch RWE eine eigene Lösung anzubieten, um ebenfalls EU-Kartellermittlungen zu beenden. Sollte sich RWE ebenfalls dem Druck aus Brüssel beugen, würde der E.on-Vorschlag die gesamte Versorgungslandschaft in Deutschland bahnbrechend verändern. Mit großen Auswirkungen auf das Ruhrgebiet.

Hier die E.on-Erklärung im Wortlaut:

"E.ON hat der Europäischen Kommission strukturelle Maßnahmen vorgeschlagen, um alle laufenden Auseinandersetzungen mit der EUKommission im Strombereich konstruktiv zu beenden und um dem Wettbewerb im deutschen Strommarkt im Interesse der Haushaltsund Industriekunden noch stärkere Impulse zu geben. E.ON bietet an, die eigenen Übertragungsnetze an einen Betreiber zu veräußern, der nicht im Bereich der Stromerzeugung oder Stromversorgung tätig ist.

Zudem will E.ON 4.800 MW Kraftwerksleistung an Wettbewerber veräußern.

Die Kommission hatte in der Folge ihrer Sektorenuntersuchung im Energiebereich (Energy Sector Inquiry) eine Reihe von Wettbewerbsverfahren gegen Energieunternehmen durchgeführt, unter anderem in zwei Fällen gegen E.ON.

Die EU-Kommission hat die Vorschläge ausdrücklich begrüßt, da sie die gegen E.ON erhobenen Vorwürfe und Bedenken ausräumen. Die EU-Kommission wird einen Markttest durchführen, um eine Entscheidung nach Artikel 9 der Verordnung 1/2003 herbeizuführen. Nach diesem Verfahren wären die von E.ON gemachten Vorschläge durch Entscheidung der Kommission rechtlich unmittelbar bindend, und die EU-Kommission würde in diesem Fall die derzeit laufenden Kartellverfahren gegen E.ON einstellen."

RWE im Streit mit der Gewerkschaft

RWE-Hauptsitz in Essen. Foto: Ruhrbarone

Der Stromriese RWE ringt nach wie vor mit Verdi um den richtigen Kurs. So zeigten die Gewerkschafter in einem internen Papier zwar Verständis dafür, dass nur die Vertreter der Anteilseigner im Konzernaufsichtsrat der von  Großmann geplanten Neustrukturierung des Stromriesen zustimmen müssen. Gleichzeitig werfen die Belegschaftsvertreter ihrem obersten Chef Großmann vor, die Unwahrheit gesagt zu haben. Anders als vom Konzernlenker behauptet seien sie nicht im Dezember über die Umstrukturierung detailliert unterrichtet worden. Das sei falsch und entbehre jeder Grundlage. "Eine solche Information ist nicht erfolgt."

Die Gewerkschafter fordern endlich konkrete Verhandlungen über ein Eckpunktepapier. Demnach soll der Vorstand ein Bekenntnis dazu ablegen, die Mitbestimmung im Konzern nicht zu schwächen. Betriebsbedingte Kündigungen sollen "bis 31.12.2018" ausgeschlossen werden. Zudem soll nach dem Prinzip "Eigenbeschäftigung vor Fremdbeschäftigung" die Anstellung von Leiharbeitern wie im Nokia-Werk unterbunden werden.

Mit ihrem Angriff kämpft die Gewerkschaft vor allem gegen Pläne, die Dienstleistungstochter RWE Systems zu zerschlagen, Teilgeschäfte des Unternehmens zu verkaufen und gleichzeitig Filetstücke aus den Sparten RWE Energy und RWE Power auf Innogy zu übertragen.

Der Konzern hat nun einen eigenen Beauftragten beschäftigt, der sich um die Kommunikation zwischen Konzernlenker Großmann und den Betriebsräten kümmern soll. Auf einer Versammlung der Arbeitnehmervertreter am Mittwoch stellte sich der Kommunikationsprofi vor. Er sagte, er würde sich bemühen das Denken des Unternehmers mit dem Denken der Konzern-Belegschaft zu verbinden.

 

 

 

 

 

 

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