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Warum mein Blick auf Gaza nicht von Mitleid geprägt ist

Israelische Opfer nach dem Terrorangriff der Hamas Foto: Kobi Gideon / Government Press Office Lizenz: CC BY-SA 3.0

Die Bevölkerung Gazas leidet unter den israelischen Angriff. Aber sie zahlt nun den Preis für eine Politik des Krieges, welche die Mehrheit von ihnen unterstützt hat.

Ich wurde wie alle, die Mitte der 60er-Jahre in Deutschland geboren wurden, mit Geschichten aus dem Krieg groß: Da war die Schwester meiner Großmutter, die zwar den Bombenangriff im Februar 1945 auf Dresden überlebt hatte, aber auf den feuchten Wiesen am Elbufer an Tuberkulose erkrankte und starb. Keine zwei Kilometer von dem Haus entfernt in dem ich aufwuchs sollen über 100 Kinder bei einem Bombenangriff gestorben sein, als ihre Schule einen Volltreffer erhielt. Immer wieder erzählte mir meine Großmutter, wie sie mit meiner Mutter auf dem Arm und einem Holzkoffer in der Hand zum Bunker rannte, während die Sirenen heulten und schon die ersten Einschläge zu hören waren.  Als Kind fand ich das alles schrecklich, als Jugendlicher nicht mehr: Auch im deutschen Teil meiner Familie hatten viele für die NSDAP gestimmt, gab es SA- und SS-Mitglieder, war man stolz auf die Siege gegen Polen und Frankreich. Für meinen Großvater, der sich selbst, obwohl gebürtiger Jugoslawe, als 180prozentigen Deutscher sah, hatten die ersten Jahre des Krieges einen eher unterhaltsamen Charakter: Fotos zeigen ihn beim Baden im Mittelmeer und Sightseeing in besetzten Städten. In seinen Alben aus dem Krieg finden sich menschenverachtende Bemerkungen über schwarze französische Kriegsgefangene.

Deutschland hatte den Krieg begonnen. Als es gut lief, war die Begeisterung groß. Dass die jüdischen Nachbarn über Nacht verschwanden und ermordet wurden, was jedem klar war, nahm man mit einem Schulterzucken hin.

Dass der Krieg in Gestalt anfangs nur britischer und später auch amerikanischer Bomberflotten nach Deutschland zurückkehrte, empfand ich immer als gerecht. So was kommt von so was. Es war meine Mutter, die mich in diesem Geist erzogen hatte, wofür ich ihr bis heute dankbar bin.

Und ich kenne, wenn auch weniger detailreich, die Geschichten der griechischen Seite meiner Familie: Die Landung der Deutschen auf Kreta, der Großvater, der als Partisan gegen sie kämpfte. Der Rest ist angelesen: Mit nur 5000 Mann banden sie mehrere Divisionen der Achsenmächte und gehörten am Ende zu den Siegern des Zweiten Weltkriegs. Deutsche Soldaten, die auf Kreta die Zivilbevölkerung massakrierten und von Menschen wie meinem Großvater mit aller Härte bekämpft wurden, waren nach dem Krieg oft traumatisiert. Kreta war nicht Frankreich. Hier kämpften sie ohne Gnade gegen die Deutschen und es gab nur  wenige Kollaborateure – sie zahlten in der Regel  für ihren Verrat mit dem Leben. Eine Insel anzugreifen, deren Bewohner seit Jahrhunderten gewohnt waren, sich gegen Besatzer zu wehren, ich erinnere mich daran, dass im Haus meiner kretischen Großmutter noch in den 80er-Jahren über dem Kamin ein Karabiner, ein Schrotgewehr und zwei Munitionsgurte hingen, ist eine Idee, für die man nun einmal einen hohen Preis zahlt. Die Kreter kämpften damals gegen die  Barbaren aus Deutschland,  Israel kämpft heute gegen palästinensische Barbaren.

Und so ist mein Blick auf Gaza auch nicht von Mitleid geprägt: 93 Prozent der Bevölkerung Gazas sind nach einer Studie der Anti-Defamation League überzeugte Antisemiten – daran sollte man sich erinnern, wenn bald die Forderung laut wird, Flüchtlinge aus Gaza in Deutschland aufzunehmen. Als die Hamas und ihre Verbündeten am 7. Oktober Israel überfiel und Juden abschlachtete, jubelten sie auf den Straßen. Die verschiedenen Terrorgruppen genießen großen Rückhalt der Bevölkerung: Die Hamas wegen ihrer Korruption etwas weniger, der Palästinensische Islamische Dschihad etwas mehr.

Ja, das Schicksal der Palästinenser ist hart, auch wenn sich ihre Opferzahlen dank des rücksichtsvollen militärischen Vorgehens der israelischen Armee in Grenzen halten. Selbst wenn die Zahl von 6000 Toten stimmen sollte, ist sie für fast vier Wochen Krieg niedrig. Beim Bombenangriff der Allliierten auf Bochum kamen am 4. November 1944  1200 Menschen innerhalb weniger Stunden um.

Aber meine Gedanken sind so wenig bei ihnen wie ich je Mitleid für das Los meiner deutschen Familie während des Zweiten Weltkriegs empfand. Sie sind bei den Juden in Deutschland, die zunehmend antisemitischen Angriffen ausgesetzt sind, sie sind bei den Opfern der Hamas in Israel, den über 200 Geiseln und den Soldatinnen und Soldaten der israelischen Armee, die in Gaza eine Schlacht schlagen müssen, die eine Mischung aus dem Häuserkampf in Stalingrad und der Eroberung der Tunnel- und Bunkerinsel Iwo Jima sein wird.

Thomas Mann sagte nach dem Bombenangriff auf seine Heimatstadt Lübeck: „Ich habe nichts einzuwenden gegen die Lehre, dass alles bezahlt werden muss“. Nun ist es an den Palästinensern, den Preis zu zahlen.

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CTemt
5 Monate zuvor

Es gibt sehr wohl Menschen in Gaza, die ganz genau wissen, wem sie die Bombardierung verdanken. Hier ein kurzes Video aus dem Gaza. wo eine Frau ruft „All das ist den Hunden der Hamas zu verdanken!“ bevor ihr jemand den Mund zu hält – so wie viele Menschen bei uns, denen solche Stimmen nicht ins moralische, politische Konzept passen und sie gerne genau so zum Schweigen bringen.

https://twitter.com/Aras_Nathan/status/1719841657137352978

Aimee
Aimee
5 Monate zuvor

„…Als die Hamas und ihre Verbündeten am 7. Oktober Israel überfiel und Juden abschlachtete…..“,

was dabei vergessen wird, es waren Bewohner aus Gaza, die den Islamisten der Hamas folgten. Nicht um erste Hilfe zu leisten, sondern um alles zu plündern und nach Gaza zu schleppen.

Judenhass ohne Unterschied und totale Verrohung!

Es mag sein, dass es in Aza auch Unschuldige gibt, nur die Opfer sowohl auf dem Festival als auch in den Kibbuzim waren keine Nationalreligiöse, sondern i.d.R. Pazifisten und Friedensaktivisten.

Wolfram Obermanns
Wolfram Obermanns
5 Monate zuvor

Es ist mir egal, was welcher Mensch in Gaza weiß, oder welche Mitwirkung er an den Unmenschlichkeiten der Hamas hat, die Menschen in Gaza haben mein Mitgefühl.

  1. Weil ich genau nicht wie der menschliche Hamasabschaum sein will.
  2. Steht es mir meiner Auffassung nach grundsätzlich nicht zu, aus der Ferne darüber zu entscheiden, wie welche Partei abzuurteilen ist.

Dies bedeutet nicht, daß ich nicht akzeptieren könnte, wie das israelische Militär vorgeht. Menschen haben das Recht sich zu verteidigen. Staaten haben das Recht sich gegen äußere Feinde zu verteidigen. Wenn dieser Feind auf maximalen Schaden auch für die eigene Gruppe setzt, ist dies das bedauerliche Schicksal dieser Gruppe und im Rahmen der Verhältnismäßigkeit eben akzeptabel.
Wenn Gaza seit 2007 die disfunktionale Spielwiese von Psychos ist, die sich als Freiheitskämpfer zu entschuldigen suchen, dann braucht es dafür fehlenden ausreichenden Widerstand der Bevölkerung in Gaza. Politisch ist sie damit mitverantwortlich.
Es gibt aber auch andere soziale, zwischenmenschliche Verantwortlichkeiten, die ich nicht ignoriere. Ich halte es für den Erhalt der eigenen Mitmenschlichkeit für geboten, die schlimme Ambivalenz der Situation auszuhalten.

Schlesinger jr.
Schlesinger jr.
5 Monate zuvor

Angesichts der täglichen Bilder des Grauens und einer selbst für Gaza noch nie dagewesenen Dimension der Zerstörung und des Tötens ist Ihr „Blick nicht von Mitleid geprägt“?!

Das wäre nachvollziehbar, wenn es um Bilder von getöteten Hamas-Kämpfern oder überzeugten Anhängern ginge.

Nur: Wähler der Hamas haben ihr ganz sicher kein Mandat gegeben, die ungeheuren Schandtaten des 7. Oktober zu begehen. Die Menschen in Gaza sind auch nicht „zu 93% Antisemiten“ (lt. der Anti-Defamation League, die doch nur ein verlängerter Arm der Hasbarah ist? Gute Güte). Sehr wohl aber dürften 99% radikale Gegner der Abschottung sein.

Was Ihnen aber völlig entgangen ist: Benjamin Netanjahu hat schon immer eine Hamas benötigt und nie ernsthaft bekämpft.

Warum? Weil Netanjahu seine absolute politische Priorität verfolgen muss: Teile zwischen PLO/Fatah und Hamas (und Islamischer Jihad) – und herrsche.

Ziel: Es darf NIE (!) zu einem Staat Palästina kommen.

Diese Einschätzung ist in Israel und politischen Beobachten in USA, England usf. seit langem bekannt. Wer das nicht angemessen berücksichtigt, kann zu keinen richtigen Ergebnissen kommen, was die Gründe für diese furchtbare Lage betrifft.

https://www.timesofisrael.com/for-years-netanyahu-propped-up-hamas-now-its-blown-up-in-our-faces/
https://www.telegraph.co.uk/world-news/2023/10/16/how-benjamin-netanyahu-empowered-hamas/

„Bibi“ hat übrigens seinen Hass gegen alles Arabische in seinem pathetisch-radikalen Weltanschauungswerk „A Place among the Nations“ ausgiebig dargestellt (aus gutem Grund wird es nicht mehr verlegt).

https://www.cafetelaviv.de/israel/gaza-krieg-2023/

nussknacker56
nussknacker56
5 Monate zuvor

Wer jetzt weiter arabische Rechtsradikale oder palästinensische Nazis nach Deutschland einreisen lässt, und nicht alles unternimmt, um das zu verhindern, liefert die hier lebenden Juden skrupellos ans Messer.

Dafür gibt es keine Entschuldigung – wenn nötig, müssen Gesetze geändert werden. Das ritualisierte „Rassismus“-Geplärre der Terrorversteher und -relativierer ist zu ignorieren.

Wenn das nicht umgesetzt wird, sind sämtliche Gedenkveranstaltungen zum Nationalsozialismus und sämtliche Bekenntnisse eines „Nie wieder!“ der pure Hohn. Die Glaubwürdigkeit der jahrzehntelangen Aufarbeitung in Deutschland ist dann komplett dahin.

Was die Opferzahlen aus Gaza anbelangt, müssen diese mindestens um den Faktor 10 reduziert werden, sie sind Teil der Hamas-Propaganda. Und noch etwas: Die Hamas hat 2011 das Leben eines Juden (Gilad Schalit) gegen 1027 palästinensische Mörder und Verbrecher festgelegt. Also 1:1000. Niemand der Moralapostel von heute hat das jemals kritisiert oder als unverhältnismäßig bezeichnet.

Ich verzichte darauf, die grausigen Dokumente aus Israel zu verlinken, die zeigen wie die Hamas und(!) die sogenannte „Zivilbevölkerung“ aus Gaza gewütet haben. Sie machen eines deutlich: Die Hamasbestien müssen gnadenlos gejagt werden. Wo und wann immer sie sich zeigen, muss in Zukunft ohne jede Vorwarnung ein Angriff(!) erfolgen. Das gilt besonders auch für ihre Anführer, die sich bei ihren Kumpanen in der Türkei (Erdogan), in Katar und wo auch immer verkrochen haben.

Das kleine Land kämpft nicht zuletzt auch für die trägen und satten Demokratien des Westens. Sie haben jede Solidarität verdient.

Arnold Voss
5 Monate zuvor

@Schlesinger jr,

„Was Ihnen aber völlig entgangen ist: Benjamin Netanjahu hat schon immer eine Hamas benötigt und nie ernsthaft bekämpft.“ Wenn das stimmt, warum tut er es jetzt? Und was genau war an den bisherigen militärischen Schlägen gegen die Hamas nicht ernsthaft?

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