Warum Tao-Klarjeti wieder offiziell zu Georgien gehören sollte

Georgische Kirche Foto: Abkhazian1 Lizenz: CC BY-SA 4.0

 Von unserer Gastautorin Anastasia Iosseliani.

Geehrte Leser!

Mein letzter Beitrag «Erdogan der Heuchler» hat bei einigen türkischen Chauvinisten in der deutschsprachigen Welt für Aufregung gesorgt. Das freut mich! Das gefällt mir. Darum habe ich beschlossen nachzutreten, weil ich es mir wert bin.

Zuallererst: Ich bin schweizerisch-georgische Doppelbürgerin, mein verstorbener Vater war Schweizer, meine Mutter ist ukrainisch-jüdischer und georgischer Abstammung. Das einzig griechische an mir ist mein Vorname, der auf Griechisch «Jene, die auferstehen wird» bedeutet. Ja, ich bin Jüdin und bekennende Zionistin. Wenn man mich also beleidigen will, soll man es gefälligst richtig tun!  

Aber zurück zum Hauptthema dieses Artikels: Tao-Klarjeti, die verlorene Wiege der georgischen Zivilisation, die heute, aufgrund des Vertrags von Moskau, zur Türkei gehört und dort so verkommt, wie die politische Führung der Türkei unter dem Teekessel-Diktator vom Bosporus. Dieses Tao-Klarjeti, das bis 1921 Teil der ersten Demokratischen Republik Georgiens war, einem unabhängigen Rechtsstaat, der 1921 von der Sowjetunion einverleibt wurde, soll wieder georgisch werden. Warum? Ganz einfach, weil Tao-Klarjeti von der untergegangen Sowjetunion an die Türkei geschenkt wurde, ohne Einverständnis des georgischen Volkes. Wenn alles mit rechten Dingen zugegangen wäre, hätte Tao-Klarjeti nie Teil der Türkei werden dürfen. Aber dass Georgien von der Sowjetunion und der Türkei fragmentiert wurde, zeigt den Hang zum Chauvinismus und Imperialismus dieser gescheiterten Imperien. Und da Erdogan und seine Anhänger auch Chauvinisten mit einem Hang zum Revisionismus sind und gerne den Vertrag von Lausanne in Frage stellen, bin ich dafür, dass man zuerst den Vertrag von Moskau von 1921 überarbeitet und Tao-Klarjeti Georgien zurückgibt.

Sollte der Teekessel-Diktator, der sich gerne griechische Inseln einverleiben würde, deswegen toben, könnte man ihm sagen, dass er mit gutem Beispiel vorangehen solle, bevor er etwas einfordert. Besonders wenn man bedenkt, wie schlecht es um die Rechtsstaatlichkeit allgemein und die Rechte von Minderheiten in der Türkei steht und wie die offizielle Türkei aGebäude, wie Kirchen und Klöster, die nicht in Moscheen umgewandelt werden konnten, in Tao-Klarjeti verrotten lässt, um dann das nicht türkische, vor-islamische, kulturelle Erbe dieser Region verleugnen zu können.

Aber im Fall von Tao-Klarjeti geht es nicht nur um die vielen Unzulänglichkeiten der Türkischen Republik: Es geht um Gerechtigkeit gegenüber Georgien, gegenüber den Bürgern Georgiens, die in den letzten 100 Jahren miterleben mussten, wie ihre Heimat immer wieder okkupiert und fragmentiert wurde. Die heutige Georgische Republik ist nur noch 69 700 Quadratkilometer gross, im Vergleich dazu war die erste Demokratische Republik Georgiens 107 600 Quadratkilometer gross. Hinzu kommt, dass fast 10% der georgischen Bevölkerung heute Binnenflüchtlinge sind als Folge, des Augustkrieges 2008. D.h. Georgien braucht dieses Land, um den Binnenflüchtlingen aus der Zchinwali-Region (international bekannt unter dem Namen «Süd-Ossetien») und Abchasien menschenwürdig unterzubringen. Auf dass die Fünf-Kreuz-Flagge in Zukunft wieder über Tao-Klarjeti und ja, auch über Suchumi und Zchinwali wehen soll.

PS: Für die Erdogan-Anhänger, die bisher mit Schaum vor dem Mund diesen Beitrag gelesen haben: Nefretenizde bogulun!

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Cetin
Cetin
4 Jahre zuvor

Woher dieser Hass, Anastasia, woher diese unbändige Wut auf Türken? Mit der Muttermilch aufgesogen?

Klaus Lohmann
Klaus Lohmann
4 Jahre zuvor

@Cetin: Offensichtlich verwechseln Sie "Hass auf Türken" mit der Wut auf einen machtgeilen, arrogant-heuchlerischen Autokraten. Aber das ist den Erdo-Fanboys ja schon immer eine Soße gewesen.

nussknacker56
nussknacker56
4 Jahre zuvor

#1

Leider scheinen etliche Menschen aus der Türkei, besonders wenn sie dem Despoten Erdoğan nahe stehen, eine Doppelmoral zu vertreten, wenn es um Grenzen geht. Die Grenzen von anderen Staaten werden ständig infrage gestellt (Zypern, Griechenland) , ganz anders verhält man sich bei den türkischen Grenzen.

Insbesondere das Beispiel Israel wird gerne vorgebracht, ohne offenzulegen, dass die dortigen Grenzen u.a. das Ergebnis des völkerrechtswidrigen arabischen Krieges gegen den israelischen Staat war. Es ging weder den Arabern damals noch den Erdoğan-Türken heute um angeblich strittige Grenzverläufe, sondern um nichts anderes als die Vernichtung bzw. Delegitimierung Israels.

Erdoğan wedelt vor der UN mit einem schönen großen Tintenstrahlerausdruck (ehrlich erworbenes Gerät oder von einem Gülen-Anhänger geklaut?) herum, mit dem er zu beweisen versucht, dass seine Wahnvorstellungen keine sind. Beim kleinen Staat Israel reißt er gefahrlos sein Maul gerne weit auf, ganz anders wenn es um seine in Lager gepferchten Glaubensbrüder in China geht. Da kommt – nichts.

Ganz anders beschaffen ist der begründete Einwand der Autorin Anastasia Iosseliani, die mehrfach wegen ihrem griechisch-klingenden Namen angepöbelt wird. Die sowjetische Diktatur „schenkt“ der Türkei einen Teil von Georgien, das ist dann für obige Erdoğan-Fans auf einmal völlig in Ordnung. Alles was der Türkei nutzt oder ihr Gebiet vergrößert, wird ohne Nachfrage angenommen. Soweit zum Thema Grenzverständnis der Türkei.

Nichts anderes hat die Autorin klargestellt. In Ermangelung jeglicher Argumente, wie sie Cetin im Beitrag #1 beispielhaft zeigt, wird versucht, der Autorin Türkenhass zu unterstellen. Gegen Kritik sind sowohl die Fans des türkischen Despoten, als auch er selber, extrem dünnhäutig.

paule t.
paule t.
4 Jahre zuvor

Ich hab auf Wikipedia mal versucht nachzuvollziehen, wann dieses Tao-Klarjeti mal zu welchem Staatswesen gehörte. Ist mir nicht richtig gelungen. Wohl habe ich gesehen, dass es in diesem Raum immer wieder wechselnde Grenzen zwischen Russland, Osmanischem Reich, einem vorher und nachher mal unabhängigen Georgien und anderen Ländern gab, sodass diverse Gebiete hin- und herwechselten. In welchem Zusammenhang das mit der Demographie stand, konnte ich nicht erkennen, bloß das halt mal viele Muslime ein Gebiet verließen, während Gruppen aus Russland nachrückten, und wohl auch mal umgekehrt. Kurz, wohl das übliche, was es an diversesten europäischen Grenzen so an Geschichte gibt.

Und jetzt will halt eine Nationalistin, die andere Nationalisten beschimpft und von anderen Nationalisten beschimpft wird, an einer bestimmten Stelle für ihr Land günstige Grenzen von vor hundert Jahren wiederherstellen, mit argumentativem Bezug aufs Mittelalter. Warum jetzt speziell dieser Grenzverlauf für den jetzigen Zeitpunkt "richtiger" sein soll als irgendein anderer aus den vergangenen tausend Jahren, kann ich dagegen nicht erkennen.

Eh. Braucht man so was heute?

paule t.
paule t.
4 Jahre zuvor

Übrigens war das oben abgebildete Varzahan-Kloster laut Wikipedia keine georgische, sondern eine armenische Kirche. Und wenn ich mir den Grenzverlauf der damaligen Demokratischen Republik Georgien anschaue, lag es (wenn ich mich nicht irre) auch damals nicht dort, sondern in der Türkei. (Nicht sehr wichtig, aber interessant beim sehr lauten Vorwurf nationalistischer Heuchelei …)

Zweites "Übrigens": Was die Rechte religiöser Minderheiten angeht, scheint mir die Geschichte Georgiens nach dem Zerfall der Sowjetunion auch nicht gerade vorbildhaft zu sein, wenn ich ebenfalls Wikipedia Glauben schenken darf. (Dito …)

Drittens "Übrigens": Kann mir jemand den Begriff "Teekessel-Diktator" erklären? Man liest öfters bei der Autorin, aber ich weiß nicht, was das sein soll. Ich finde ihn per Google auch nur bei deren Texten.

Gerd
Gerd
4 Jahre zuvor

"Teekessel-Diktator" ist eine Übersetzung aus dem Englischen. Siehe 'tin pot dictator'.

https://en.wiktionary.org/wiki/tin-pot_dictator

Helmut Junge
4 Jahre zuvor

Den Namen Ögedei Khan wird wohl kaum jemand kennen. Aber zur Zeit des 2. mogolischen Khans hatte das Mongolenreich eine Ausdehnung bis nach Schlesien und umfaßte auch China auf der anderen Seite. Wenn alte Territorialansprüche gegenseitig aufgerechnet werden dürfen, hätten die mongolen die allergrößten Rechte von allen Völkern. Und wir hätten zwischen Japan und Deutschland nur einen gemeinsamen Nachbarn mit den Japanern, nämlich die Mongolei.
Ach so, und Georgien? Hätte dann wohl zu china gehört, weil die Mongolen das unterworfene China später unter Kublei Khan zu ihrem Hauptland gemacht haben. Soviel zum Nationalismus.

paule t.
paule t.
4 Jahre zuvor

@gerd #6: Danke für den Hinweis auf den Begriff "tinpot dictator", dann verstehe ich immerhin den Bezug. Nur dass es dann falsch übersetzt ist ("tinpot" heißt nun mal nicht "Teekessel") und daher "Teekesseldiktator" auf Deutsch nicht nur den englischen Begriff nicht wiedergibt, sondern auch insgesamt einfach unsinnig und unverständlich ist.

LEO übersetzt mit "Westentaschendiktator", das wäre verständlich. (In der Häufung, wie von der Autorin der "Teekesseldiktator" gebraucht wird, wäre es aber wohl immer noch nervig.)

@#6 Helmut Junge:
Wenn alle Gebetsansprüche aufgerechnet würden, bräuchten wir jeden Landstrich wahrscheinlich durchschnittlich ca. 3-6 mal … 🙂

Gerd
Gerd
4 Jahre zuvor

@8:

Deutsch ist nicht ihre Muttersprache bzw hauptsächlich benutzte Sprache? Ich ertappe mich auch ab und zu bei Anglizismen.

Nina
Nina
4 Jahre zuvor

@#9 Gerd: Sprachen sind stets dynamisch, sie bleiben in ihrer Entwicklung nicht stehen (wie manche Menschen leider). Deutsch hätten Sie vor Jahrhunderten nicht verstanden. Nahezu kein Wort. Und bei manchen deutschen Dialekten heute, wenn richtig losgelegt wird, verstehen Sie mit Sicherheit ebenfalls kaum ein Wort.
Es ist ein Irrtum anzunehmen, dass Einflüsse anderer Sprachen die eigene Sprache gefährden. Das ist aktueller Stand der Sprachforschung.
Wer natürlich mit Angst und MiMiMi durchs Leben geht, wird immer genau das finden, wovor er sich fürchtet.

Gerd
Gerd
4 Jahre zuvor

@10:

Angst? Paule hat den Ausdruck schlicht nicht verstanden, weil die wortwörtliche statt der sinngemäßen Übersetzung verwendet wurde.

paule t.
paule t.
4 Jahre zuvor

@#11 "Teekessel-Dikatator" _ist_ keine wörtliche Übersetzung von "tinpot dictator", weil "tinpot" nicht "Teekessel" heißt (was ich in #8 auch schon schrieb). Der Ausdruck ist also _sowohl_ im Deutschen unverständlich _als auch_ als Anglizismus Quatsch.

Stephan Beck
Stephan Beck
4 Jahre zuvor

Liebe Leser ,
Es gibt gewisse Dinge, die kann ich erst gar nicht verstehen:
1. Woher kommt dieser Hass in einer aufgeklärten Welt? Woher ein solch radikaler Nationalismus? Gibt es in der Geschichte nicht genug Beispiele, dass diese Art die zu sehen und damit umzugehen und nur zu neuem Hass und Krieg führen?
2. Aus welchem Grund hat es eine Zeitung nötig einen solchen Gastartikel überhaupt zu drucken? Was ist der hintergedanke? Was soll dabei erreicht werden? Ich halte bereits das Verbreiten von solchen Ansichten für fahrlässig und ethisch fragwürdig.

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