Jüdisches Museum in Dorsten: „Hier arbeitet kein einziger Jude!“

Ausstellung: Jüdische Lebenswege in Westfalen Foto: Daniel Ullrich, Threedots Lizenz: CC BY-SA 3.0
Ausstellung: Jüdische Lebenswege in Westfalen Foto: Daniel Ullrich, Threedots Lizenz: CC BY-SA 3.0


Martin Niewendick, einstiger Autor dieses Blogs und heute Volontär beim Tagesspiegel in Berlin, besuchte am Wochenende das Jüdische Museum in Dorsten. Nun hat er dem Museum einen Brief geschrieben:

Sehr geehrte Damen und Herren,

Am vergangenen Samstag war ich in ihren Räumlichkeiten Gast beim Vorbereitungstreffen einer Israel-Reise Anfang Juli. Die dortige Gruppe sollte mit zwei Referaten u.a. zur israelischen Geschichte auf die Reise eingestimmt werden. Dort wurde ich Zeuge von Aussagen, die ich so niemals in einer jüdischen Einrichtung erwartet hätte.

Eine Referentin vermittelte den Anwesenden eine vollkommen einseitige Sicht auf den Nahost-Konflikt. In ihrem Vortrag gab sie ausschließlich Israel die Schuld für das Stocken des Friedensprozesses. Das Hauptproblem sei der Siedlungsbau, die von Israel sabotierte

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Freistatt – Evangelische Zwangs-Erziehungsarbeit im Moor

Mittleres Wietingsmoor  bei Freistatt Foto: losch Lizenz:
Mittleres Wietingsmoor bei Freistatt Foto: losch Lizenz: CC BY-SA 3.0

Im Juni kommt ein von Arte mitproduzierter Film in die Kinos, der sich mit  Freistätter Jugendheimen Ende der 60er beschäftigt. Von daher möchte ich vorab einen kurzen Blick auf die „Erziehung“ auffällig gewordener Jugendlicher im Freistatt der 50er und 60er Jahre werfen. Von unserem Gastautor Thomas Weigle  

Sommer 1968 in Deutschland. Der 14 jährige Wolfgang(Louis Hofmann) wird von seinem Stiefvater Heinz (Uwe Bohm) in das Erziehungsheim „Freistatt“) abgeschoben. Dort herrscht militärischer Drill. Die Erzieher zwingen die Jungen zu Arbeitseinsätzen in den Mooren. Doch der rebellische Wolfgang gibt seine Sehnsucht nach Freiheit nicht auf. Mit seinem Freund
Anton(Langston Ubel) wagt er den Aufstand. Regisseur Marc Brummund vereint in seinem sensiblen Jugenddrama den Kontrast von Liberalisierung und repressiven System Ende der 1960er. Ab 25.Juni im Kino“.

„Heiligenstatt lag im Moor. Es war bedeutend größer als das Landesjugendheim, Heiligenstatt war eine ganze Gegend, rechts oder links von der Bundesstraße, je nach dem von welcher Seite man kam. Hinter dem Gutshof begann das Moor, eine weite, mit niedrigen Birken und Büschen

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Streit um Raubkunst in Gelsenkirchen

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2010 erwischte eine Nachricht das Kunstmuseum Gelsenkirchen recht überraschend. In der Sammlung gab es Raubkunst. Eines der Bilder aus der Sammlung »Bacchanale« des niederländischen Künstlers Lovis Corinth wurde seinen ursprünglichen Besitzern abgepresst. Bei einer Zwangsversteigerung musste es von den jüdischen Besitzern
unter Wert verkauft werden. Die Familie wurde später, bis auf eine Tochter, umgebracht. Von unserem Gastautor Chajm Guski

1957 erwarb die Stadt Gelsenkirchen das Bild dann für ihr Museum. Nahezu parallel dazu wurden die Angehörigen durch die Zahlung weniger hundert Mark »entschädigt«. Der Verbleib des Bildes schien damals unbekannt gewesen zu sein.

Doch, anders als man vielleicht erwarten könnte, geschah 2010 zunächst einmal gar nichts. Das Kunstmuseum schien nicht zu reagieren. Der Anwalt der Familie S., deren Vorfahren bestohlen worden waren, Prof. Dr. Fritz Enderlein wandte sich deshalb 2012 an den Oberbürgermeister der Stadt Gelsenkirchen mit der Bitte, Verhandlungen über die Rückgabe des Bildes zu führen. Erst 2014 wurde der Fall durch den Lokalteil der WAZ publik.

Der Stand der Verhandlungen war für die Öffentlichkeit nicht einsehbar oder transparent. Die Stadt habe angeboten, so die WAZ, das Bild abzugeben, allerdings Bedingungen an die Rückgabe geknüpft.

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Ruhrgebiet International

Zeche  Zollveverein
Zeche Zollveverein

Seit gestern findet auf Zollverein in Essen eine internationale Konferenz statt, die einen weltweiten Vergleich von Stadtregionen und deren Zukunftsstrategien mit dem Ruhrgebiet als größtem europäischem Transformationsraum wagt. Von unserem Gastautor Dieter Nellen.

Die wissenschaftlich-planerische Initiative geht vom Fachgebiet Städtebau der TU Dortmund/Fakultät Raumplanung aus – namentlich flankiert von regionalen und internationalen Kooperationspartnern wie der Universität Luxemburg und der ETH Zürich. Die Konferenz wird von einem größeren Kreis von Unterstützern, bestehend aus dem zuständigen Bundesministerium, regionalen Verbänden und der Mercator Stiftung finanziert.

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Paternalismus: Bewusstsein wecken durch Verbote

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Fast täglich erklingen neue Verbotsforderungen. Mit deren Hilfe wollen zahlreiche Kampagnen Bewusstsein für ihre Botschaften wecken. Um welche Ziele es dabei geht, wird im großen Verbotsreigen beliebiger denn je. Unser Gastautor Frank Furedi ist Professor für Soziologie an der Universität Kent.

Verbote gegen bestimmte Publikationen oder Traditionen oder subversive Äußerungen zu fordern, war früher Westentaschendiktatoren, religiösen Fanatikern, illiberalen Richtern oder schreckenerregenden Inquisitoren vorbehalten. Im 21. Jahrhundert sind Verbotsforderungen jedoch Allgemeingut geworden: Nun kann buchstäblich jeder mit einem Internetzugang ein Verbot verlangen – und tut dies vielfach auch.

In Großbritannien geben Studentenvereinigungen nur Lebenszeichen von sich, indem sie die Zensur anstößiger Dinge fordern. Online- und Offline-Kampagnen rufen zu Verboten auf, um ihre „Botschaft“ zu propagieren. Einfallslose Politiker verlangen Verbote, um damit feste

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2. Juni 1957-Erstklassig nach Europa

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Steigen wir heute in einen Eurocity, um von „Hier“ nach „Dort“ zu fahren, werden die wenigsten wissen, dass das Label Eurocity, neben dem IC, einen weiteren sehr ehrenwerten, aber einklassigen Vorfahren hat, der vom 2.Juni 1957 an auf Europas Schienen für viel Aufsehen und Bewunderung sorgte. Von unserem Gastautor Thomas Weigle

Vor jenem Datum oblag der grenzüberschreitende Reisezugverkehr in der Regel langen und schweren Reisezüge, deren eh schon recht geringe Reisegeschwindigkeit noch durch das Ein- und -ausstellen von Kurswagen verlängert wurde, dafür aber vielen Reisenden das Erlebnis einer Rangierfahrt im Gleisvorfeld eines Großstadtbahnhofs verschaffte, auch inländischen Schnellzüge führten Wagen mit unterschiedlichen Destinationen mit sich.. Auf die Bundesrepublik bezogen gab es rühmliche Ausnahmen. Da war der Paris-Ruhr-Express, der mit dem neuen Verbrennungstriebwagen 08(VT08) gefahren wurde, dem 54er WM-Zug, der eine Eintagesfahrt von der Ruhr an die Seine ermöglichte, inklusive einiger Stunden Aufenthalt in Paris. Auch vom Main an die Seine und von der Limmat an die Alster fuhren gut Betuchte in der 2. Klasse, die erst 1956 zur 1. Klasse wurde. Das gemeine Volk fuhr „Holzklasse“, also in Klasse drei, die allerdings auch zunehmend gepolstert war und ebenfalls 1956 zur heutigen 2. Klasse wurde.

Wollten die Bahnen Europas auf der Höhe der Zeit bleiben, sich der Konkurrenz von Auto und Flugzeug halbwegs erfolgreich stellen, musste zumindest in den Staaten der sich abzeichnenden EWG gehandelt werden. Der Chef der niederländischen Staatsbahnen, F. den Hollander schlug deshalb 1953 vor, eine übernationale Bahngesellschaft zu gründen, um einen europaweiten Schienenverkehr für den Geschäfts-und gehobenen Reiseverkehr auf die

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Öko-Landbau: Nicht besser, sondern „anders“

Französische Biobauern im 19. Jahrhundert
Französische Biobauern im 19. Jahrhundert


Seit 17 Jahren wird der Ökolandbau gefördert. Das Ziel ist die Agrarwende. Dennoch kommt die Branche nicht in Schwung: Nur vier Prozent der Lebensmittel stammen von ihr. Hannelore Schmid fragt: Welchen Vorteil hätte der Steuerzahler von der neuen Landwirtschaft? Von unserer Gastautorin Hannelore Schmid

Schon Renate Künast hatte sich das ehrgeizige Ziel gesetzt. Jetzt nimmt Agrarminister Christian Schmidt neuen Anlauf. Zwanzig Prozent Öko-Landbau [1] soll es auf Deutschlands Feldern geben. Das fordert auch die Nachhaltigkeitsstrategie der Bundesregierung. Wann das Ziel erreicht sein soll, sagt Christian Schmidt nicht; die Erfahrungen von Künast, die sich zehn Jahre Zeit dafür nahm, haben ihn vorsichtig gemacht. Denn bis heute, 17 Jahre nach der Künastschen „Agrarwende“, konnte der Flächenanteil des Öko-Landbaus lediglich von drei auf 6,4 Prozent [2] gesteigert werden. Mit den Marktanteilen sieht es noch bescheidener aus. Trotz werblichen Dauerfeuers erreichen Bio-Produkte gerade einmal vier Prozent [3]; und dies nur deshalb, weil die großen Handelsketten mit Bio-Billig-Importen den Markt überschwemmen.

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Hamas in Bochum

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EIne Szene aus Bochum-Stadt, ein Straßenfest am Sonntag, Humboldstraße, hinter dem neuen Konzerthaus. In der Straße gibt es seit langem eine Moschee, eher im Hinterhof gelegen, aber die Gemeinde öffnet sich. Von unserem Gastautor Henning Schlüter.

Sie zählt sich zur IGMG, der „Islamischen Gemeinschaft Milli Görüs“. Milli Görüs ist derjenige Dachverband, der beharrlich in die Demokratie hinüber geschmeichelt wird. Man könnte sagen: mit Teilerfolgen. Mit Hüpfburg, Köfte und Teezelt, mit Spiel und Spaß für Klein und Groß, mit Discomusik und Mädchen, die Tänze aufführen, mit einem echten Clown und Jungs, die hinter farbigen Fahnen herlaufen. Es sind zwei, das eine die Flagge der Türkei, das andere die bundesdeutsche? die europäische? die der HAMAS. Die Straße rauf, die Straße runter und nochmal rauf und nochmal runter, eine Szene wie aus Gaza-Stadt, wenn die C-Jugend des Terrors paradiert.

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Per Amtsausstattung in die vorinstallierte Überwachung

Unser Gastautor Torsten Sommer, MdL der Piratenpartei. (Quelle: http://wiki.piratenpartei.de/Datei:Toso.jpg#filelinks)
Unser Gastautor Torsten Sommer, MdL der Piratenpartei. (Quelle: http://wiki.piratenpartei.de/Datei:Toso.jpg#filelinks)

Die Mitglieder des NRW-Landttags bekommen eine neue IT-Ausstattung, für viele Parlamentarier ein Grund zur Freude. Nicht so für unseren Gastautort Torsten Sommer. Der Landtagsabgeordnete der Piraten warn vor der vorinstallierten Überwachung.

Für viele Mandatsträger herrscht so etwas wie Weihnachtsstimmung im Landtag. Denn es gibt eine funkelnagelneue Amtsausstattung. Mit potenten Laptops, 13 und 15 Zoll, ein PC mit 22″ Monitor, sogar Hybriden wie ein Surface und ein Lenovo Helix stehen zur Auswahl. Alle technisch gut ausgestattet und Nagel neu.

Ein Grund sich zu freuen? Für die Hersteller der Hard- und Software sowie die diversen Dienste schon. Denn im Gegensatz zur letzten Amtsausstattung ist es diesmal nicht möglich ein alternatives Betriebssystem auf den Rechnern zu installieren. Dank vorgesetztem BIOS- oder besser UEFI-Passwort. Und zusätzlich ist sowohl das TPM Modul aktiviert, die Schnittstellen werden überwacht und jeder neu verbundene Datenträger wird gescannt. Alles im Zeichen der „Sicherheit“.

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Walther Bensemann und die europäische Fußballjugend

Walther Bensemann im Jahre 1896. Quelle: Wikipedia, Lizenz: gemeinfrei
Walther Bensemann im Jahre 1896. Quelle: Wikipedia, Lizenz: gemeinfrei

Unser Gastautor Thomas Weigle erinnert in seinem heutigen Gastbeitrag unter dem Titel „Walther Bensemann und die europäische Fußballjugend“ einmal mehr an die Sport- und Fußballvergangenheit:
Wie ja auch hier bei den Ruhrbaronen schon öfters festgestellt, gehörte die Aufarbeitung der NS-Vergangenheit zumindest bis 1970 zu den besonders trüben Kapiteln, auch und besonders im Fußball, wo es sich besonders zog. Umso erstaunlicher ist der folgende Artikel, der im Sportmagazin 20/48 am 18.5.1948 erschien und den ich hiermit einer interessierten Leserschaft in Auszügen nahe bringen möchte und in dem es um ein jährliches Turnier zu Pfingsten geht.
Unter der Überschrift „Dem Gedenken Bensemann“ erinnert man an den Fußball-Kosmopoliten, der das „Ballraufen der wilden Knaben“ nach Deutschland brachte: „Das große internationale Jugendfußballturnier um den Walther-Bensemann Pokal in Wien erweckt die Erinnerung an den großen deutschen Fußball-Pionier und aufopfernden Freund der Jugend. Das Sportmagazin gibt nachstehend aus der Feder Otto Jenners aus Straßburg, bekannt als „Schang“ ein Charakterbild des berühmten Fußball-Weisen: den Alten als Erinnerung, den Jungen als leuchtendes Vorbild.

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